Die Thematik des Todes in der neueren Kinder- und Jugendliteratur. Zu Irina Korschunows 'Die Sache mit Christoph' und Mirjam Presslers 'Stolperschritte'

Eine Untersuchung


Dossier / Travail, 2006

20 Pages, Note: 2.0


Extrait


Gliederung

1. Einleitung

2. Der Tod, ein schwieriges Thema in der Adoloeszenzphase
2.1. Begriff der Adoleszenz
2.2. Die Begegnung mit dem Tod: Ein Einschnitt in die Persönlichkeitsentwicklung?

3. „Die Sache mit Christoph“
3.1. Zur Erzählung
3.1.1. Figurenkonstellation
3.1.2. Charakterisierung der Figur Martin
3.2. Der Umgamg mit dem Tod

4. „Stolperschritte“
4.1. Zur Erzählung
4.1.1. Figurenkonstellation
4.1.2. Charakterisierung der Figur Thomas
4.2. Der Umgang mit dem Tod

5. Der Vergleich

6. Fazit

7. Literatur

1.Einleitung

In unserer Gesellschaft wird es immer „beliebter“, das Thema Tod und besonders das Sterben zu verdrängen. Da der Umgang mit dem Tod aber eine menschliche Grunderfahrung ist und deshalb nicht verschwiegen werden darf, halte ich die Möglichkeit, die sich mit der Literatur bietet, nämlich diese Thematik immer wieder ins Bewusstsein der Leser zu rücken, für äußerst wichtig.

Der Tod ist ein Teil des Lebens. Er betrifft uns alle irgendwann, ob im Bewusstsein der eigenen Vergänglichkeit oder durch den Verlust einer nahe stehenden Person. Doch wie gehen wir damit um? Wie kann man sich darauf vorbereiten und vor allem, wie bereiten wir unsere Kinder darauf vor?

Die Literatur kann einen Weg aufzeigen und zu dieser Thematik hinführen. Sie kann vermitteln und dem Menschen zeigen, dass er nicht allein mit seinen Gefühlen und Ängsten ist, außerdem kann die Literatur dem Leser genügend Spielraum lassen um seinen eigenen Weg für den Umgang mit dem Tod zu finden. Natürlich ist es bei Kinder-und Jugendbüchern wichtig, den Leser mit seinen Gedanken und Gefühlen nicht allein zu lassen. Das Gelesene muss besprochen und mit dem alltäglichen Leben verknüpft werden.

Während einiger Seminare im Bereich Kinder- und Jugendliteratur fiel mir auf, dass durchaus viele Autoren auf unterschiedlichste und interessante Weise das Thema Tod für ihre Erzählungen wählen. Ein häufiges Thema ist der Tod einer nahe stehenden Person, so auch in den beiden Jugendbüchern „Die Sache mit Christoph“ von Irina Korschunow und „Stolperschritte“ von Mirjam Pressler. Anhand dieser beiden Erzählungen möchte ich untersuchen, wie die beiden Hauptfiguren mit dem Tod in ihrem unmittelbaren Umfeld umgehen. Wie verarbeiten sie ihren Schmerz? Welche Erfahrungen machen sie mit ihrer Umwelt? Wie schaffen sie es mit diesem Schicksalsschlag weiterzuleben? Welche Trauerphasen durchleben sie? Verändern sie sich? Welche Handlungsmuster zur Bewältigung eines solchen Problems werden aufgezeigt und welche Einstellung zum Tod wird in diesen Erzählungen vermittelt?

Einleitend möchte ich Informationen über die Adoleszenz und dem Erleben eines Todesfalles in dieser schwierigen Lebensphase geben. Danach werde ich kurz etwas zu den Erzählungen sagen um dann anschließend mit den Bewältigungsstrategien der Hauptfiguren und ihrem Umgang mit dem Tod in den jeweiligen Erzählungen fortzufahren. Abschließen möchte ich meine Betrachtungen mit einem Vergleich bezüglich meines Untersuchungsschwerpunktes.

2. Der Tod, ein schwieriges Thema in der Adoleszenzphase

Der Körper wird erwachsen, die Psyche noch nicht oder umgekehrt. In der Adoleszenzphase herrscht bei einem jungen Menschen meist emotionales Chaos.

Kommt zu dieser inneren Verwirrung dann noch ein Todesfall, welcher die gewohnte Lebenswelt aus den Fugen bringt, ist das Chaos „perfekt“.

Warum die Adoleszenzphase eine solch schwierige Zeit in der Entwicklung eines Menschen darstellt und ein einschneidendes Erlebnis, wie der Tod eines nahe stehenden Menschen, alles noch schwieriger macht, werde ich im Folgenden beschreiben.

2.1. Der Begriff der Adoleszenz

Der Begriff Adoleszenz kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „die Reifezeit“. Damit wird der Abschnitt der Entwicklung eines Jugendlichen im Übergang vom Jugend- zum Erwachsenenalter bezeichnet.[1]

Das markanteste Unterscheidungsmerkmal zwischen Kindheit und Jugend ist die Pubertät. Das Eintreten der Geschlechtsreife ist ein tiefgreifender Einschnitt in die Phase der Persönlichkeitsentwicklung eines Menschen, denn in der Pubertät kommt es zu einem „abrupten Ungleichgewicht in der psycho-physischen Struktur der Persönlichkeit.“[2] Der ganze Körper unterliegt anatomischen, physiologischen und hormonellen Veränderungen, was eine komplette Neuorientierung in der körperlichen, seelischen und sozialen Ebene notwendig macht.

Weitere Merkmale der Adoleszenz sind zum einen die innere Ablösung von den primären Bezugspersonen, sprich den Eltern, und zum anderen der Aufbau von eigenen Bewältigungsmechanismen um die gesellschaftsabhängigen Entwicklungsaufgaben zu meistern.

Da Jugendliche in dieser Phase ihre soziale und psychische Identität aufbauen, hinterfragen sie oftmals vorhandene Sozial- und Wertestrukturen der Gesellschaft nach Sinn und Bedeutung und stellen diese mitunter fundamental in Frage.

Um diese Anforderungen zu bewältigen, suchen viele Jugendliche häufiger Unterstützung bei Gleichaltrigen als im eigenen Elternhaus.[3]

Das Erwachsenwerden besteht aus Integration in die Gesellschaft (Anpassung an Werte , Normen, Verhaltensstandards und Anforderungen) und Individuation (Aufbau einer individuellen Persönlichkeit). Diese Porzesse werden durchaus vom Individuum bewusst wahrgenommen und können, wenn die Bewältigugngsstrukturen nicht funktionieren, zu Belastungen führen.[4]

Instabile oder gestörte Familienbeziehungen sind, laut Hurrelmann[5], der wohl größte Risikofaktor für die Entwicklung eines jungen Menschen, denn beim Auftreten eines schwierigen Umstands, wie zum Beispiel eines Todesfalls in der Familie oder im Freundeskreis, suchen Jugendliche dort Rückhalt und Sicherheit. Wird dies nicht gegeben, können sie sich nicht über ihre Ängste und über die Trauer austauschen, es kann dann zu einer Verdrängung der Probleme führen, welches schwerwiegende Folgen haben könnte.

2.2. Der Tod: Ein Einschnitt in die Persönlichkeitsentwicklung?

Gerade in der Pubertät sind viele Jugendliche emotional durcheinander, labil und verwundbar. Da sie sich in dieser Zeit mit ihrer Umwelt vermehrt auseinandersetzen, wird der Tod zu einem wichtigen und schwierigen Thema. In dieser Zeit prägen sich ihre Vorstellungen und Einstellungen zum Tod. Viele Jugendliche verlieren in der Adoleszenszeit ihre Großeltern und müssen lernen mit diesen Emotionen umzugehen. Ihnen wird wahrscheinlich erst in dieser Phase die Endlichkeit jeglichen Lebens richtig bewusst. Der Verlust eines Elternteils z.B. kann den gesamten weiteren Lebensweg beeinflussen, essentielle Existenzängste können auftreten, Schuldgefühle werden vielleicht nie verarbeitet und Trauer verdrängt, all dies kann zu psychischen Problemen führen. Die ganze weitere Entwicklung eines Menschen kann problematisch verlaufen.

Deswegen finde ich es besonders wichtig, dass trotz der Tendenz den Tod zu verdrängen, sich viele Autoren gegen diese Bewegung sträuben, unter anderen auch Irina Korschunow und Mirjam Pressler mit ihren Erzählungen. Den Tod zu verkraften und richtig zu trauern ist für alle Menschen schwer, jeder tut es auf unterschiedliche Weise, doch es lassen sich grob vier Phasen der Trauerarbeit unterscheiden.[6] Zur ersten Phase zählt das „Nicht-wahr-haben-wollen“ des Todes. In der zweiten Phase werden die Trauernden von ihren Gefühlen mitgerissen. Es treten sehr verschiedene und auch gegensätzliche Gefühle auf, wie Wut, Hass, Zorn, Angst, Selbstzweifel und -vorwüfe, das Gefühl von großer Leere, Existenzängste und Sehnsucht nach der verstorbenen Person. Diese seelischen Schmerzen sind vergleichbar mit körperlichen Schmerzen und äußern sich zum Teil auch auf diese Art. In der dritten Phase ziehen sich die Betroffenen von der Welt zurück, sie brauchen eine unbestimmte Zeit um den Verlust zu akzeptieren. Die Realität holt sie wieder ein und damit beginnt auch die vierte und letzte Phase. In dieser treten sie wieder in die Welt ein und wollen leben. Es existiert vielleicht eine gewisse Angst vor der Zukunft, aber indem sie wieder an die Zukunft denken, hören sie auf in der Vergangenheit zu leben und kommen in die Gegenwart zurück, was sehr wichtig für die Trauerarbeit ist.

Auf welche Weise dies die Hauptfiguren in den beiden Erzählungen tun, soll im Folgenden geschildert werden.

3. „Die Sache mit Christoph“ von Irina Korschunow

„Selbstmord? [...]. Nicht direkt, das nicht. Aber er ist gefahren wie jemand, dem es egal ist, was passiert.“[7], sagt Martin zu seinem Mathematiklehrer, als dieser mit ihm über Christoph reden will. Christoph war Martins Klassenkamerad und Freund, er kam vor wenigen Tagen bei einem Autounfall ums Leben. Doch wer war er, was dachte er und warum kam es zu diesem tragischen Unfall? War es Schicksal oder mehr? Und wie wird sein Freund Martin mit allem fertig?

3.1. Zur Erzählung

In der Erzählung „Die Sache mit Christoph“ von Irina Korschunow, aus dem Jahre 1978, muss der 16 jährige Martin mit dem Tod seines Freundes zurechtkommen. Dabei stellt er sich selbst viele Fragen und arbeitet die ganze Beziehung zu Christoph auf.

Die Geschichte spielt in einem kleinen Dorf und der Leser erfährt die Geschichte aus der begrenzten Sicht Martins, welcher als Ich-Erzähler fungiert und seine Erlebnisse niederschreibt.[8] Durch eingeschobene Rückblenden lässt er seine Freundschaft mit Christoph noch einmal aufleben und muss feststellen, dass dieser öfter über den Tod und die Vergänglichkeit alles Irdischen nachgedacht und gesprochen hatte. Doch solche essentielle Fragen gehören zum Erwachsenwerden, zur Pubertät, aber bei Christoph ist alles schwieriger, denn er hat ein großes Problem mit seinem Vater.

Martin hat auch Probleme zu Hause, aber er weiß, dass seine Eltern ihn lieben und dass sie hinter ihm stehen. Christoph dagegen hat diesen Rückhalt nicht! Selbst seine Mutter steht ihm nicht zur Seite. Das Fehlen der elterlichen Liebe führt dazu, dass er verunsichert ist und keinen festen Halt in seinem Leben hat. Er übersteht diese Zeit nicht, jedoch aber sein Freund Martin. Dieser muss sich nun allein zurechtfinden und den Tod seines Freundes verarbeiten.

[...]


[1] Vgl. Brockhaus, 1999

[2] Vgl. Hurrelmann, Klaus: „Lebensphase Jugend“ S. 31

[3] Vgl. Hurrelmann, S. 40

[4] Vgl. Hurrelmann, S. 74ff

[5] Vgl. Hurrelmann, S. 193

[6] Trauer - Kinder begegnen dem Tod von anderen: http://www.bleibergquellenkolleg.de/projekt/kol/loos.html

vom 20.12.2005 und

Die vier Trauerphasen: http://www.medizinfo.de/kopfundseele/depression/deprtrauer.htm vom 20.12.2005

[7] Korschunow „Die Sache mit Christoph“ S. 108

[8] Korschunow, S. 101

Fin de l'extrait de 20 pages

Résumé des informations

Titre
Die Thematik des Todes in der neueren Kinder- und Jugendliteratur. Zu Irina Korschunows 'Die Sache mit Christoph' und Mirjam Presslers 'Stolperschritte'
Sous-titre
Eine Untersuchung
Université
University of Potsdam  (Institut für Germanistik)
Cours
Adoleszenzromane der neueren KJL
Note
2.0
Auteur
Année
2006
Pages
20
N° de catalogue
V54148
ISBN (ebook)
9783638494144
ISBN (Livre)
9783656796404
Taille d'un fichier
433 KB
Langue
allemand
Annotations
Diese Arbeit vergleicht die genannten Kinderbücher diesbezüglich, wie deren Hauptfiguren (Martin/Thomas) mit dem Tod einer ihnen nahe stehenden Person umgehen.
Mots clés
Eine, Untersuchung, Thematik, Todes, Kinder-, Jugendliteratur, Erzählungen, Sache, Christoph, Irina, Korschunow, Stolperschritte, Mirjam, Pressler, Adoleszenzromane
Citation du texte
Marlies Eberding (Auteur), 2006, Die Thematik des Todes in der neueren Kinder- und Jugendliteratur. Zu Irina Korschunows 'Die Sache mit Christoph' und Mirjam Presslers 'Stolperschritte', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54148

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