Die Ölkrise 1973. Hintergründe und Konsequenzen. Ein Vergleich mit der Situation im Jahr 2004


Dossier / Travail de Séminaire, 2004

32 Pages, Note: 1,5


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffsbestimmung

3 Die erste Ölkrise
3.1 Verlauf und Gründe
3.2 Exkurs: Club of Rome
3.3 Auswirkungen der Ölkrise 1973
3.3.1 Auswirkungen auf die Energiepolitik seit 1973
3.3.2 Auswirkungen auf den Anstieg der Arbeitslosigkeit
3.3.3 Gesellschaftlich-umweltpolitische Auswirkungen

4 Das Jahr 2004
4.1 Die politische und wirtschaftliche Lage im Sommer 2004
4.2 Deutscher Energiemix
4.2.1 nach Bezugsquellen
4.2.2 nach Energieträgern
4.3 Rohstoffpreise
4.4 Der Markt: Angebot und Nachfrage
4.5 US-Dollar und Inflation in den Industrieländern
4.6 Aktuelle Auswirkungen in anderen Ländern
4.7 Andere Meinung

5 Resümee

6 Abbildungsverzeichnis

7 Literaturverzeichnis.
7.1 Monografien, Sammelbände und Nachschlagewerke
7.2 Zeitungen und Zeitschriften.
7.3 Internet

1 Einleitung

Das Ölembargo von 1973 war die erste Ölkrise mit globalen Auswirkungen. Ihr folgten 1979 und 1990 noch zwei weitere. In der Tagespresse und anderen Medien fiel in den letzten Wochen und Monaten immer wieder und mit zunehmender Intensität der Begriff „Ölkrise“, um den zuletzt stark gestiegenen Ölpreis zu beschreiben. Diese Arbeit soll untersuchen, ob es auch heutzutage gerechtfertigt ist, diesen Terminus zu benutzen. Dabei sollen im Folgenden nicht nur die ökonomische Folgen, sondern auch gesellschaftliche Veränderungen durch die erste Ölkrise betrachtet werden.

Beginnend mit einer Auseinandersetzung um den Begriff „Ölkrise“ folgt eine kurze Darstellung der ersten Ölkrise 1973 sowie deren Gründe. Anschließend werden einige wichtige der sich damals ergebenden Folgen aufgezeigt. Hierbei liegt der Fokus auf den gesellschaftlichen Veränderungen in der Bundesrepublik. Wir werden sehen, dass sich das Arbeitsleben veränderte, da die Arbeitslosigkeit damals nicht für möglich erachtete Höhen erklomm. Die notwendig gewordene Umgestaltung der Energieversorgung und das entstandene Umweltbewusstsein führten ihrerseits zum Aufkommen einer gesellschaftlichen Diskussion und bürgerlichen Protestbewegungen, teilweise mit der Folge eines massiven Konfliktes dieser Gruppen mit dem Staat und schließlich zur Bildung einer neuen Partei.

Im zweiten Teil dieser Arbeit wird unsere heutige Situation analysiert und mit den entsprechenden Aspekten aus den 70er Jahren verglichen. Während im ersten Teil hauptsächlich gesellschaftliche Folgen und Veränderungen betrachtet wurden, werden für das Jahr 2004 im Wesentlichen ökonomische Aspekte untersucht. Dies liegt darin begründet, dass sowohl wirtschaftliche Ursachen als auch Auswirkungen schneller sichtbar sind, während soziale Folgen erst später, im weiteren Verlauf eines Ereignisses zu Tage treten.

Neben gelegentlichen Ausblicken auf mögliche Zukunftsszenarien um weitere Konfliktpotentiale aufzuzeigen, wird zum Ende noch eine von der Meinung des Autors abweichende Ansicht zur Begründung des derzeitig hohen Ölpreises vorgestellt. Aufgrund der Aktualität wurde im zweiten Teil der Arbeit hauptsächlich auf wirtschaftspolitische Tageszeitungen (Handelsblatt und Financial Times Deutschland) als Referenz zurückgegriffen.

2 Begriffsbestimmung

Da diese Arbeit untersucht, ob auch die derzeitige Situation die Bezeichnung „Ölkrise“ verdient, ist es notwendig zuerst zu definieren, was eine Ölkrise ist.
In der Literatur wurden die Geschehnisse im Oktober 1973 und den folgenden Monaten übereinstimmend als Ölkrise bezeichnet. Was charakterisierte diese Ölkrise?

Prägende Kennzeichen dieser Ölkrise waren das unvorhergesehene, überraschende Eintreten der Angebotsverknappung durch die OPEC und das Fehlen einer Alternative für die betroffenen, d.h. Erdöl importierenden, Länder. Die Industriestaaten waren auf Öllieferungen angewiesen und diese kamen zu einem überragenden Anteil aus den OPEC-Ländern. Ein weiteres wichtiges Element einer Krise könnte eine einsetzende Diskussion über Handlungsalternativen, wie man den als Krise bezeichneten Zustand verändern könnte, sein. Diese Diskussion war 1973 durch die Veröffentlichungen des „Club of Rome“ im Gang und wurde durch die Geschehnisse im Oktober und den folgenden Wochen bestärkt und hielt noch über Jahre hinaus an.

Eine Verknappung des Angebots alleine ist nur eine notwendige Bedingung für eine Krise, jedoch noch keine hinreichende. Wäre dies der Fall, wäre jeder Nachfrageüberhang auf einem Markt als Krise anzusehen.

3 Die erste Ölkrise

3.1 Verlauf und Gründe

Der Ökonom Jean-Marie Chevalier[1] teilt die Ölkrise in zwei Phasen auf: die erste Phase datiert er von 1970 bis zum Beginn des israelisch-arabischen Krieges im Oktober 1973. Sie ist durch eine Vielzahl von Abkommen gekennzeichnet. Die zweite Phase beginnt nach Chevalier mit dem Oktoberkrieg und endet mit der Aufhebung des Ölembargos Anfang 1974.

Im ersten Abkommen einigten sich die USA mit den Ländern des Persischen Golfs am 14. Februar 1971 in Teheran auf einheitliche Preise, den Wegfall aller Rabatte und auf bestimmten Qualitätsstufen für Rohöl. Mit den Mittelmeerländern kommt es am 02. April1971 in Tripolis zu einem vergleichbaren Abkommen.

Im Sommer desselben Jahres am 15. August das Bretten-Woods-System[2] und hoben die Goldeinlösepflicht des Dollars auf. Hierauf kam es zu einer starken Abwertung der US-Währung, die wiederum zu einem Kaufkraftverlust der ölexportierenden Ländern führt. Im Abkommen von Genf vom 20. Januar des folgenden Jahres wurde die Dollar-Abwertung durch eine Anhebung der in Dollar notierenden Listenpreise um 8,49 Prozent teilweise kompensiert. Im Juni 1973 wurde als Reaktion auf eine erneute Dollar-Abwertung ein neues Abkommen in Genf unterzeichnet, das eine sofortige Anhebung der Listenpreise um 11,9 Prozent vorsah.

Im Oktober 1973 brach zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn ein neuer Krieg aus. Als der arabische Angriff nicht zum erwarteten Sieg führte, beschlossen am 16. Oktober mehrere Erdöl exportierende Länder Öl als Waffe einzusetzen: die Exporte wurden mit sofortiger Wirkung um mindestens fünf Prozent gesenkt, um dann jeden Monat, den die im Sechstagekrieg eroberten arabischen Gebiete noch nicht befreit waren, um weitere fünf Prozent. Tatsächlich lag der Rückgang der Ölförderung im Oktober 1973 aber weit über den veranschlagten fünf Prozent. Besonders die wichtigen Förderländer Saudi-Arabien, Irak und Kuwait drosselten ihre Förderung um über 20 Prozent.[3] Mit einem Lieferboykott gegen die USA und die Niederlande sowie der Drosselung der Ölförderung sollte Druck auf das Ausland ausgeübt werden, dass es seine Unterstützung für Israel einstellte. Zugleich wurde die Angebotsverknappung genutzt, um den Erdölpreis um mehrere Hundert Prozent anzuheben[4] um sowohl die eigene Gewinnmarge zu erhöhen als auch die Inflation und Dollar-Abwertung auszugleichen. In der Folge kam es zu Zahlungsbilanzdefiziten der erdölimportierenden Länder und einer Umverteilung des Realeinkommens zugunsten der OPEC.[5] In den Jahren 1970 bis 1973 kamen die OPEC-Länder zu einem Zahlungsbilanzüberschuss von 10 Milliarden US-$. In den Jahren 1974 bis 1977 stieg der Überschuss auf 160 Milliarden US-$.[6]

Die dargestellten Gründe für den Ölpreisschock lassen sich in nachfolgender Tabelle überblicksartig darstellen. Am Ende des nächsten Kapitels, das das Jahr 2004 betrachtet, kann die Tabelle vervollständigt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Gründe für den Ölpreisanstieg 1973

Auf die beiden Punkte mit „nein“ beantworteten Gründe wurde nicht im besonderen eingegangen, da bei der Literaturrecherche weder Indizien für eine jahreszeitlich außergewöhnlich hohe Nachfrage noch für ein technisch begründetes beschränktes Angebot gefunden wurden.

3.2 Exkurs: Club of Rome

Der Aufbruchstimmung und Neuerungen der ersten Hälfte der 70er Jahre in den Bereichen Technik (Roboter und Computer), Gesellschaft (antiautoritäre Erziehung, Fernreisen) und Politik (hochgradige Politisierung, neue Ostpolitik) folgte in der Mitte des Jahrzehnts die Ernüchterung in Gestalt eines scharfen Konjunktureinbruchs und des aufflammenden Terrorismus.[7] Den Anfang dieser neuen Bewusstseinsbildung machte die vom Club of Rome[8] in Auftrag und von Dennis L. Meadows und anderen verfasste Studie über die Grenzen des Wachstums.

In vier Argumentationsschritten[9] legen die Forscher des MIT ihre These dar:

1.Wachstum ist mit einem zunehmenden Ressourcenverbrauch verbunden
2.diese Ressourcen sind begrenzt
3.durch Wachstum werden die Grenzen des Wachstums erreicht
4.zur Verhinderung der Krise ist ein globales Gleichgewicht nötig

und kommen zu dem Schluss, dass

„wenn die gegenwärtige Zunahme der Weltbevölkerung, der Industrialisierung, der Umweltverschmutzung, der Nahrungsmittelproduktion und der Ausbeutung der natürlichen Rohstoffen unverändert anhält, werden die absoluten Wachstumsgrenzen auf der Erde im Laufe der nächsten hundert Jahre erreicht. Mit großer Wahrscheinlichkeit führt dies zu einem ziemlich raschen und nicht aufhaltbaren Absinken der Bevölkerungszahl und der industriellen Kapazität.“[10]

Der Philosoph Heinz-Ulrich Nennen bezeichnet dieses Ereignis in seinem Überblick über die Geschichte der Ökologie als „ökologische Wende“[11] und führt aus:

Dieser erste, der ´Berichte´ des Club of Rome ´zur Lage der Menschheit´, ist in erster Linie ein Medienereignis. Der apokalyptische Charakter der Aussagen, die gewisse Aura des ‘Club of Rome’, die an Geheimlogen denken läßt, der Einsatz des Computers, der in den Berichten zum Sinnbild für Wissenschaftlichkeit wird, und nicht zuletzt der geschickte, fast virtuos zu nennende Einsatz der Medien -der Bericht erschien in elf Sprachen gleichzeitig -, verfehlten die beabsichtigte Wirkung nicht.“[12]

Die intensiv geführte Diskussion über diesen Bericht trug stark dazu bei, dass das Thema Umweltschutz in den Fokus einer breiten Öffentlichkeit kam. Dies wird auch deutlich an der in den späten 70er Jahren erfolgten Welle der Medialisierung von Umweltkatastrophen und rückte die Thematik damit weiter in den Blickpunkt: Die Leute von Gomorrha, Der Atomkrieg von Weihersbronn, Der Atomstaat oder Ökotopie sind nur eine kleine Auswahl hierfür.

3.3 Auswirkungen der Ölkrise 1973

In der Bundesrepublik kam es aufgrund der angespannten Öllage zu verlängerten Schulferien, zur Schließung von Hallenbädern, Hortung von Benzin sowie Sonntagsfahrverboten.[13] Dies sind Beispiele für direkte, für jedermann spürbare Einschnitte. Sie machten auf drastische Weise die Abhängigkeit des westlichen Wohlstandes vom Öl deutlich. Es war nun nicht mehr nur eine im Nahen Osten stattfindende Krise, sie wurde in alle Industrienationen exportiert und betraf dort die gesamte Bevölkerung. Außer diesen unmittelbar auftretenden Auswirkungen gab es wie so oft auch Folgen, die erst mittelbar oder gar langfristig sichtbar wurden. Im Folgenden sollen drei solcher Aspekte beleuchtet und auf ihre Verbindung zur Ölkrise des Jahres 1973 hin untersucht werden. Dies sind Energiepolitik, Arbeitslosigkeit und „Umwellbewusstsein“. Mit letzterem ist hier gemeint, dass ein Bewusstsein über die Folgen des Gebrauchs bestimmter Materialien sowie den schonenden Umgang mit Ressourcen geschaffen wurde und neu soziale Bewegungen entstanden. Eine wichtige Basis für diese Umweltkultur war der Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit der im Folgenden zusammengefasst dargestellt wird.

[...]


[1] Vgl. Chevalier, J.-M., Energie – die geplante Krise. Ursachen und Konsequenzen der Ölknappheit in Europa, Frankfurt a.M. 1976.

[2] Auf der Konferenz von Bretton Woods (USA) im Juli 1944 konzipiertes Festkurssystem für die Nachkriegszeit. Wechselkurspolitisches Merkmal des Bretton-Woods-System war die Verpflichtung der Mitgliedsländer mit dem Internationalen Währungsfonds Paritäten zu vereinbaren und die Schwankungen ihrer Währungen innerhalb bestimmter Schwankungen zu halten.
Quelle: Gabler Bank-Lexikon, 11. Auflage, Band 1, Wiesbaden 1996, S. 306.

[3] Vgl. DER SPIEGEL, Nr. 45/2003, S. 30.

[4] Vgl. Görtermaker, M., Kleine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bonn 2004,
S. 262 f.

[5] Vgl. Siebert, H., Sinkende Ölpreise und die Weltwirtschaft, Konstanz 1986, S. 8.

[6] Vgl. Deutsche Bank, OPEC. Fünf Jahre nach der Erdölverteuerung. Informationen und Analysen, Frankfurt am Main 1978, S. 16.

[7] Vgl. Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, Politik und Unterricht. Die siebziger Jahre, Heft 2/2003, http://www.lpb.bwue.de/aktuell/puu/2_03/a21-a25.htm, Stand, 05.08.2004.

[8] Der „Club of Rome“, 1968 gegründet, ist ein globaler „Think Tank“, dessen handverlesene Mitglieder sich aus Wissenschaftlern, Ökonomen, Managern und Politikern aus allen Kontinenten rekrutieren. Deutsche Mitglieder sind u.a. Richard von Weizsäcker und Liz Mohn. Der Club beschäftigt sich mit ökonomischen, ökologischen und sozialen Strategien und sieht seine Aufgabe darin, die Probleme die mit dem Fortschritt einhergehen, der Öffentlichkeit bewusst zu machen.

[9] Vgl. Universität Münster, Grenzen des Wachstums,

http://www.uni-muenster.de/Umweltforschung/dokumente/grenzwa.pdf, Stand: 27.04.2004.

[10] Vgl. Meadows, D. / Meadows D. / Zahn, E. / Milling, P., Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit, Hamburg 197, S.17.

[11] Nennen, H.-U., Ökologie im Diskurs, Opladen 1991, S. 81.

[12] Ebenda, S. 82.

[13] Vgl. DER SPIEGEL, Nr. 48/1973, S. 142.

Fin de l'extrait de 32 pages

Résumé des informations

Titre
Die Ölkrise 1973. Hintergründe und Konsequenzen. Ein Vergleich mit der Situation im Jahr 2004
Université
University of Constance
Cours
Hauptseminar: Die siebziger Jahre - Aspekte einer Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Note
1,5
Auteur
Année
2004
Pages
32
N° de catalogue
V54233
ISBN (ebook)
9783638494854
ISBN (Livre)
9783656411550
Taille d'un fichier
553 KB
Langue
allemand
Mots clés
Hintergründe, Konsequenzen, Vergleich, Situation, Jahr, Hauptseminar, Jahre, Aspekte, Geschichte, Bundesrepublik, Deutschland
Citation du texte
Sven Wettach (Auteur), 2004, Die Ölkrise 1973. Hintergründe und Konsequenzen. Ein Vergleich mit der Situation im Jahr 2004, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54233

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