Vermarktung von Arzneimitteln und Impfstoffen. Die Besonderheiten des Pharma-Marketings


Etude Scientifique, 2018

32 Pages, Note: 2,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.2. Besonderheiten des Pharma-Marketings

2. Pharmaunternehmen Sanofi - Aventis Deutschland GmbH
2.1. Kurzdarstellung des Unternehmens
2.1.1. Sanofi-Pasteur Deutschland
2.2. Angebotene Produkte der Geschäftseinheit Sanofi-Pasteur
2.3. Zielgruppe der Grippenschutz Impfung
2.4. Wettbewerber
2.4.1. Wettbewerb Definition – Duden
2.4.2. Direkter Wettbewerber
2.4.3. Indirekte Wettbewerber

3. Die größten Herausforderungen der Pharmabranche in Deutschland
3.1. Gesundheitspolitik
3.2. Demografische Entwicklung – drohender Fachkräftemange

4. Die größten Herausforderungen der Impfstoff-Branche
4.1. Aktuelle rechtliche Lage bei Empfehlung/Finanzierung von Impfstoffen: Das Impfsystem in Deutschlan
4.2. Das Impfverhalten der Bevölkerung in BRD

5. Situationsanalyse

6. Stärken-/Schwächen-Analyse (organisationsintern/Produktspezifisch)
6.1. Stärken von Vaxigrip Tetra® vers. Influsplit®Tetra
6.2. Schwächen von Vaxigrip Tetra® vers. Influsplit®Tetra

7. Chancen-/Risiken-Analyse (organisationsextern)
7.1. Chancen
7.2. Risiken

8. Marketingziele
8.1. Marketingziele: Definition
8.1.1. Strategische Marketingziele bei Vermarktung von Vaxigrip Tetra®
8.1.2. Operative Marketingziele bei Vermarktung Vaxigrip Tetra®
8.1.3. Qualitative Marketingziele bei Vermarktung Vaxigrip Tetra®
8.1.4. Quantitative Marketingziele bei Vermarktung Vaxigrip Tetra®

9. Marketingstrategien
9.1. Marketingstrategie zur strategischen Marketingziel – „Erweiterung der Zielgruppe für Vaxigrip Tetra®“ (Lobbyarbeit)
9.2. Marketingstrategie zur operativen Marketingziel – „erfolgreicher Vorverkauf von Vaxigrip Tetra® “ (Starkes Außendienst)
9.3. Marketingstrategie zur qualitativen Marketingziel – „Image von Impfungen allgemein verbessern, Bekanntheitsgrad von Vaxigrip Tetra® zu erhöhen“ (Public Relations)
9.4. Marketingstrategie zur quantitativen Marketingziel – „Marktführer im Bereich von Quadrivalenten Grippen Impfstoffen“ (Perfekter Marketing-Mix)

10. Marketing-Instrumente
10.1. Kommunikationspolitik in Vermarktung von Vaxigrip Tetra®

11. Fazit

Literaturverzeichnis

Internetquellenverzeichnis

Abbildung-/Tabelle-/Diagrammverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

Bei der hier vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine Fallstudie im Bereich Marketing. Marketing beschreibt bekanntlich die Vermarktung von Produkten, Firmen, Dienstleistungen oder Einzelpersonen. Es umfasst meistens eine Vielzahl von Maßnahmen, die als Marketing-Mix bezeichnet werden und dazu dienen, die Vermarktung und den Verkauf zu fördern. Marketing ist damit nicht einfach gleichzusetzen mit Werbung. Das Ziel von Produktmarketing ist, eine oder mehrere Eigenschaften des zu vermarktenden Gegenstandes herauszuarbeiten, um sich von vergleichbaren Produkten abzugrenzen. So soll die eine bestimmte Wertigkeit, Qualität oder Sympathie vermittelt werden. Eine ausgearbeitete Marketing-Strategie soll erfolgreiche Vermarktung des Produktes sichern.

In dieser Arbeit wird die Vermarktung eines Impfstoffes der Firma Sanofi Pasteur analysiert. Es wird eine Sondersituation beschrieben, da die Vermarktung von Arzneimitteln stark durch den Gesetzgeber reguliert ist und sich dadurch Einschränkungen und Bedingungen ergeben, die sich vom Konsumgütermarketing wesentlich unterscheiden. Die komplizierten und langwierigen Entwicklungs- und Zulassungsphasen eines Arzneimittels werden in dieser Arbeit nicht berücksichtigt und bearbeitet. Da es sich die Lage auf dem Arzneimittelmarkt oft sehr schnell ändert ist es von Bedeutung drauf hinzuweisen, dass es sich aktuellen Daten in der Arbeit auf Quellen bis zum 15.04.2018 beziehen. Für spätere z.B. rechtliche o.ä. Änderungen kann in dieser Arbeit nicht mehr Rücksicht genommen werden.

1.2. Besonderheiten des Pharma-Marketings

Für die Regulation und Einschränkung des Pharma-Marketings sind besonders das Arzneimittelgesetz (AMG) und Heilmittelwerbegesetz (HWG) aber auch das Sozialgesetzbuch 5 (SGB V) von Bedeutung, da durch jene die Leistungserstattung durch die gesetzlichen Krankenkassen geregelt ist1.

Eine grundsätzliche und entscheidende Aufteilung der Arzneimittel ist die Einteilung in verschreibungspflichtige (rezeptpflichtige) und verschreibungsfreie (Selbstmedikation) Arzneimittel. Der wesentliche Unterschied liegt in wesentlichen in der Kostenübernahme des Arzneimittels. Dieser Unterschied ist also die Basis aller Marketingaktivitäten des Pharma-Marketings, denn die Interessenslage der beteiligten Parteien (KV, GKK und Private KK, Ärzte, Apotheker, Krankenhäuser, Patienten…) muss genau untersucht werden.

2. Pharmaunternehmen Sanofi - Aventis Deutschland GmbH

2.1. Kurzdarstellung des Unternehmens

Die Sanofi-Aventis Deutschland GmbH ist ein Unternehmen der Sanofi-Gruppe, eines weltweit führenden Gesundheitskonzerns. Sanofi beschäftigt weltweit mehr als 100.000 Mitarbeiter, in Deutschland etwa 9.800. Davon sind circa 8.600 bei der Sanofi-Aventis Deutschland GmbH beschäftigt, die übrigen bei anderen Tochterunternehmen des Konzerns.

Mitarbeiter der Sanofi-Aventis Deutschland GmbH widmen sich der Erforschung der Ursachen von Krankheiten und der Suche nach Ansatzpunkten für deren medikamentöse Behandlung ebenso wie der Arzneimittelentwicklung, der Wirkstoffproduktion und Arzneimittelfertigung bis hin zur Auslieferung und dem Versand von Fertigarzneimitteln in die ganze Welt.

Die Sanofi-Aventis Deutschland GmbH erwirtschaftete im Jahr 2016 einen Umsatz von 4.723 Millionen Euro: mit modernsten, innovativen Arzneimitteln und etablierten Originalpräparaten, mit frei verkäuflichen Medikamenten (over the counter – OTC) sowie mit Generika. Davon entfielen 976 Millionen Euro auf das inländische Apotheken- und Krankenhaus­geschäft und 3.143 Millionen Euro auf den Export von Wirkstoffen und Fertigarzneimitteln, die in Deutschland hergestellt wurden.2

Weitere Geschäftseinheiten der Sanofi Deutschland Gruppe sind z.B. Genzyme GmbH in Neu-Isenburg, Zentiva Pharma GmbH in Berlin sowie Sanofi- Pasteur auch in Berlin, auf die sich diese Arbeit fokussiert.

2.1.1. Sanofi-Pasteur Deutschland

Seit dem 02.01.2017 hat Sanofi-Pasteur nach 25 Jahren Joint Venture mit MSD (früher also SPMSD) ein eigenes Impfstoffgeschäft in Europa und somit auch eines in Deutschland. Unter dem Namen Sanofi-Pasteur kümmert sich die neue Geschäftseinheit des Sanofi-Aventis Unternehmens ausschließlich um die Impfstoffe. Die Geschäftseinheit hat ihren Sitz in Berlin.

2.2. Angebotene Produkte der Geschäftseinheit Sanofi-Pasteur

Sanofi Pasteur stellt Impfstoffe für die Grundimmunisierung, die Auffrischimpfung sowie für die Bereiche Reisemedizin und Grippeschutz her und vermarktet diese auch.

Sanofi steht damit für die erfolgreiche Behandlung von vielen Krankheiten und auch für das Ziel, die Impfraten zu erhöhen, um mehr Menschen vor Infektionskrankheiten zu schützen.3

Die Impfstoff Produkt-Palette ist sehr umfangreich und ich werde mich in meine Arbeit dem Grippenschutz widmen. Dieses Thema ist momentan aktueller denn je und bietet sehr viel Verbesserungspotential.

2.3. Zielgruppe der Grippenschutz Impfung

Diese Impfung ist die wichtigste Vorsorgemaßnahme gegen die Influenza, also die „echte Grippe“, die besonders für chronisch Kranke, Ältere über 60 Jahre und immungeschwächte Personen eine sogar lebensbedrohliche Erkrankung seien kann. Zudem sollten sich Schwangere und all jene impfen lassen, die aus beruflichen Gründen viel Kontakt zu anderen Menschen haben wie beispielsweise medizinisches Personal.4

Von zuständigen Institutionen, in Deutschland ist es die STIKO (Ständige Impfkomission im Robert Koch Institut), ist eine Grippenschutz Impfung generell für die o.g. Gruppen offiziell empfohlen und somit ist dies eine Pflichtleistung den Krankenkassen. Die Kosten für den Impfstoff, aber auch für die Applikation, werden von den Krankenkassen übernommen. Diese Empfehlung bezieht sich aktuell immer noch fast ausschließlich auf die trivalenten Impfstoffe, die deshalb nach wie vor die Mittel der Wahl sind. Jeder Impfling, der nicht zur der o.g. Gruppe gehört kann sich natürlich in Eigenleistung mit einem von mehreren tri- oder quadrivalenten zugelassenen Impfstoffen impfen lassen.

Der Impfstoff, um den sich in dieser Arbeit handelt ist ein moderner quadrivalenter Impfstoff Vaxigrip Tetra® der seit November 2017 für Personen ab dem 6. Lebensmonat in Deutschland zugelassen ist.5

2.4. Wettbewerber

2.4.1. Wettbewerb Definition – Duden

Wettbewerb ist etwas, woran mehrere Personen (Unternehmen) im Rahmen einer ganz bestimmten Aufgabenstellung, Zielsetzung in dem Bestreben teilnehmen, die beste Leistung zu erzielen, Sieger zu werden, wobei der höhere Zielerreichungsgrad eines Akteurs einen niedrigeren Zielerreichungsgrad des anderen bedingt. Es wird dabei ein Kampf um möglichst gute Marktanteile, hohe Profite, um den Konkurrenten zu überbieten, auszuschalten.6

Konkurrenten, die dieselben oder sehr ähnlichen Produkten anbieten sind dann die „Direkten Wettbewerber“. Dagegen „Indirekte Wettbewerber“ bietet ein „Ersatz“ Produkt, der dieselben oder ähnlichen Bedürfnisse stillt und dadurch von Konsumenten als gleichwertiges Ersatzgut angesehen wird.

2.4.2. Direkter Wettbewerber

Da es sich bei der Gripenschutzimpfung Vaxigrip Tetra® um eine neue, moderne Impfung handelt, gibt es aktuell in der gleichen Kategorie nur eine vergleichbare Impfung, die in Deutschland aktiv vertrieben wird. Dieser Impfstoff der Firma GSK, Influsplit®Tetra, ist in Deutschland bereits seit Saison 2013/2014 zugelassen. Außerdem sind noch weitere zwei Impfstoffe in Deutschland zwar zugelassen, aktiv spielen diese momentan aber keine Rolle.

Die beiden aktuell relevante Impfstoffe (Vaxigrip Tetra®und Influsplit®Tetra) sind in Wirksamkeit, Sicherheit, Verträglichkeit aber auch Preis vergleichbar, trotzdem kann Vaxigrip Tetra® der Firma Sanofi Pasteur einige bedeutsame Alleinstellungsmerkmale nachweisen auf die ich später bei „Stärken-Schwächen-Analyse“ detailliert eingehe.

Außerdem ist eine Nasale Grippenimpfung (Verabreichnung durch sprühen in die Nase) in Deutschland zugelassen (Fluenz Tetra – Firma Astra Zeneca) die aber seit August 2017 aufgrund der nachweislich geringeren Wirksamkeit vom STIKO nur noch für Patienten zwischen 2 und 17 Jahre alt die unter eine Spritzenphobie leiden, empfohlen ist.7 Diese ist also als Wettbewerber eher irrelevant.

2.4.3. Indirekte Wettbewerber

„Indirekte Wettbewerber“ klingt fast nach ungefährlich oder sogar unbedeutsam. In diesem Fall ist es aber definitiv nicht so. Es handelt sich bei dieser Konkurrenz um Trivalente Grippenimpfstoffe die für die Grippensaison 2017/2018 durch die Kassenärztliche Vereinigung bzw. gesetzlichen Krankenkassen als quasi einzige abrechnungsfähige Grippenschutzimpfung gilt und somit ist diese Impfung gezwungener Weise ein Mittel der Wahl, obwohl die Zusammensetzung des Impfstoffes nachweislich keinen ausreichenden Schutz gegen Influenza in diesem Jahr bietet. Sogar die STIKO hat in Angesichts der aktuelle Grippewelle Entwicklung die Empfehlung für laufende Saison zu Gunsten den quadrivalenten Impfstoffen geändert. Diese muss aber noch durch Gemeinsamen Bundesausschuss genehmigt werden (mit Frist bis zu 3 Monaten) um in Kraft zu treten. Da es sich seitens der KV und GKK bei den Trivalenten Grippenimpfstoffen um eine „bindende Empfehlung“ für die ganze Saison handelt, ist es kaum möglich, mit wenigen Ausnahmen, den wirksameren quadrivalenten Impfstoff flächendeckend zu Impfen ohne dass die Ärzte eine spätere Bestrafung durch Regress fürchten müssen. Dieser Eingriff der Mehrzahl der KV´s und GKK in den Wettbewerb und deren Inflexibilität, führt also im diesem Jahr zur einen besonders fatalen Situation.

3. Die größten Herausforderungen der Pharmabranche in Deutschland

Der Pharmamarkt befindet sich in einem tiefgreifenden strukturellen Umbruch. Die Ausgaben für Gesundheitsleistungen steigen enorm, bedingt durch die älter werdende Bevölkerung und den medizinischen Fortschritt. Der Staat hat daher Maßnahmen zur Kostenkotrolle eingeführt, die über die GKV durchgesetzt werden. Die Gesundheitspolitik des Staates mit ihren Regulierungen und ein zunehmend komplexeres Marktumfeld drücken deshalb auf die Gewinnmargen der Pharmaunternehmen. Zudem verpflichtet sich die forschende Pharmaunternehmen freiwillig zur Einhaltung des s.g. „Verhaltenskodex“, was Beschränkungen in Umgang mit medizinischen Fachkreisen und Patientenorganisationen regelt. Diese alle Maßnahmen erschweren die Vermarktung von Arzneimitteln immer mehr.

3.1. Gesundheitspolitik

Pharmaindustrie ist einerseits vergleichsweise konjunkturunabhängig, andererseits aber von gesundheitspolitischen Vorgaben und Regulierungen beeinflusst.

Pharmaindustrie ist ausgesprochen forschungsintensiv. Durch ihren Beitrag zur Therapie von Krankheiten sowie zum medizinischen Fortschritt ist die Pharmaindustrie eine Schlüsselbranche. Allerdings ist der Pharmamarkt in Deutschland, wie auch in anderen Ländern, in hohem Maße von gesundheitspolitischen Vorgaben und Regelungen abhängig.

Im vergangenen Jahrzehnt sind auch in Deutschland verschiedene Maßnahmen zur Kostensenkung im Gesundheitswesen eingeführt worden, die die Rahmenbedingungen und Entwicklungspotenziale der Branche, gerade auch die hoch innovativen Unternehmen, beeinflussen. So beobachtet bspw. der Verband Forschender Arzneimittelhersteller eine rückläufige Tendenz bei der Markteinführung von Medikamenten mit neuen Wirkstoffen und eine sinkende Tendenz bei den Arzneimittelpreisen in Deutschland. Hierbei machen sich diverse gesetzliche Regelungen zur Kostendämpfung bei den Arzneimittelausgaben sowie zur Stärkung des Wettbewerbs im Gesundheitswesen bemerkbar. Das Geschäftsmodell der forschenden pharmazeutischen und biotechnologischen Industrie ist geprägt von langen Entwicklungszeiten von bis acht bis zehn Jahren und enormen Aufwendungen von bis zu US$ 900 Mio. bis ein Medikament zur Marktreife gebracht werden kann. Daraus wird ersichtlich, dass das unternehmerische Risiko im Vergleich mit anderen Wirtschaftszweigen signifikant grösser ist und die Investoren auch entsprechend honoriert werden müssen. Die Kosten für die klinische Forschung, die Entwicklung und die Marktzulassung sind in den letzten Jahren wegen wachsender behördlicher Anforderungen und erhöhter Komplexität der Medikamente explodiert. Investitionen in die Forschung und Entwicklung von Medikamenten sind hoch und risikobehaftet. Um diese Aufwendungen während der Patentlaufzeit ausreichend amortisieren zu können, sind angemessene Gewinne für die forschende Pharma- und Biotechindustrie von existenzieller Bedeutung. Die Medikamentenpreise sollen deshalb immer die Strukturkosten, die wirtschaftliche Fähigkeit und die Kaufkraft eines Landes berücksichtigen. Wird dies in einem Land längerfristig nicht gewährt, wird es seine Attraktivität als Forschungs- und Entwicklungsstandort verlieren. Deutschland ist das jüngste Beispiel dafür. Der Inlandsumsatz der Pharmaindustrie entwickelt sich bereits seit 2008 tendenziell rückläufig und lag 2012 fast 1,5 Mrd. (gut 12 %) niedriger als 2008. Dies reflektiert die Auswirkungen der verschärften gesundheitspolitischen Regelungen in Deutschland. Hingegen ist der Auslandsumsatz im selben Zeitraum um rund 20 % gestiegen.8 Vergleichbare Tendenz ist auch aktuell sichtbar.

Gerade die mittelständisch geprägten Pharmaunternehmen werden durch hohe Investitionen und zusätzlich noch durch Zwangsabschlägen und Rabattgewährleistungen besonders hart getroffen, denn in der Regel können sie die Verluste nicht durch Quersubventionierung mit anderen Sortimentsteilen abfedern. Die politischen Eingriffe hemmen die von der Politik vielfach proklamierte Mittelstandsförderung. Staatliche Eingriffe beschleunigen die Marktkonsolidierung zu Gunsten von größeren Unternehmen bzw. von Vollsortimentern.

Wenn ein pharmazeutisches Unternehmen eine Ausschreibung nicht gewinnt, wirkt sich dies wie ein partieller Marktausschluss aus, da die rabattgeregelten Arzneimittel über die Laufzeit der Rabattverträge (meist zwei Jahre) Vorrang bei der Abgabe in der Apotheke haben, so dass die Arzneimittel des „Verlierers“ fast nicht mehr abgegeben werden. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen sind die Unternehmen in diesem Fall häufig gezwungen, ihr Portfolio zu bereinigen und die Produktion unrentabel gewordener Arzneimittel einzustellen. Der Wettbewerb krankt mithin zunehmend an der schrumpfenden Anbieterzahl – letztlich auch ein Risiko für die Versorgung. Dies haben wir in Deutschland in letzte Zeit in verschiedenen Indikationen und Bereichen zu oft erleben müssen.

Das zum 13. Mai 2017 in Kraft getretene GKV-Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG) hat zwar vor diesem Hintergrund für bestimmte Versorgungsbereiche, wie Impfstoffe und Zytostatikazubereitungen, in Bezug auf Rabattverträge neue Rahmenbedingungen geschaffen, nicht jedoch für den patentfreien Markt. Aber auch diese Regelung scheint für die Impfstoff- und Zytostatikahersteller nicht optimal oder weniger risikoreich zu sein, denn der EuGH hat mit seinem Urteil vom 2. Juni 2016 zur vergaberechtlichen Einordnung eines sogenannten Open-House-Modells zur Vergabe von Arzneimittelrabattverträgen eine weitere attraktive Möglichkeit für Krankenkassen eröffnet, Rabatte ohne aufwendige vergaberechtliche Ausschreibung zu erhalten.9 Die kassenärztliche Vereinigungen und GKKs sind gerade dabei diese Mittel in Anspruch zu nehmen und damit erneut massiv in Pharmamarkt einzugreifen, künstlich unfairen Wettbewerb zu erzeugen um Arzneimittelpreise zu drücken.

3.2. Demografische Entwicklung – drohender Fachkräftemangel

Während die Unternehmen der Pharmabranche in den gesundheitspolitischen Entwicklungen in Deutschland gewisse Nachteile für ihre Wettbewerbsposition am Standort Deutschland sehen, gibt es auf der anderen Seite mehrere Vorteile, die für den Standort sprechen. Hierbei ist in erster Linie die Verfügbarkeit von gut qualifiziertem Personal zu nennen. Hinzu kommen gute Forschungsbedingungen über Netzwerke mit Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und anderen Unternehmen sowie auch insgesamt die bewährten Verbundstrukturen zwischen den Herstellern pharmazeutischer Grundstoffe und Spezialitäten (Medikamente).

Gerade durch die hohe Bedeutung von Fachkräften für Forschung und Innovation muss sich auch die Personalpolitik in der Pharmazeutischen Industrie auf die Herausforderung der demografischen Entwicklung einstellen. Zwar ist die Altersstruktur in der Branche weniger ungünstig als im Industriedurchschnitt und die hohen Gehälter haben den Unternehmen schon immer Vorteile im Wettbewerb um gut qualifiziertes Personal verschafft; dennoch muss auch die Pharmabranche auf die veränderten Rahmenbedingungen reagieren. Um die Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten bis ins fortgeschrittene Alter zu erhalten, sind kontinuierliche Investitionen in das bestehende Personal gefordert (lebenslanges Lernen, Gesundheitsvorsorge und -management, Motivation). Zudem muss der Wissenstransfer zwischen ausscheidenden und nachrückenden Kräften gesichert werden10

4. Die größten Herausforderungen der Impfstoff-Branche

Wie bereits angedeutet, existieren für Impfstoff-Markt durchaus spezielle Vorgaben und Richtlinien, die sich vom Geschäft mit verschreibungspflichtigen Medikamenten unterscheiden. Schon die Tatsache, dass bei Impfstoffen kein regulären Generika Markt existiert, erfordert andere Regulierungsmaßnahmen als bei „normalen“ Medikamenten.

Gleichzeitig ist aber der Staat bestrebt die aktuell sehr schlechten Impfraten zu steigern, die Regulierungen sollen also in gesunden Maßen, an der richtige Stelle erfolgen.

4.1. Aktuelle rechtliche Lage bei Empfehlung/Finanzierung von Impfstoffen: Das Impfsystem in Deutschland

In Deutschland besteht keine Impfpflicht. Jeder Erwachsene kann also für sich und Eltern können für ihre minderjährigen Kinder entscheiden, gegen welche Infektionskrankheiten sie sich und ihre Kinder durch eine Impfung schützen. Hilfe und Sicherheit bei dieser Entscheidung bieten die unterschiedlichen Einrichtungen des Impfsystems. Das Impfsystem in Deutschland ist klar geregelt. Dazu gehören:

- Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) Hier sind die Grundlagen für Impfungen geregelt. Das Gesetz hat zum Ziel, die Bevölkerung vor übertragbaren Krankheiten zu schützen.
- Die Ständige Impfkommission (STIKO) Die Ständige Impfkommission ist ein Gremium aus Experten und Expertinnen, die Empfehlungen für Impfungen und Impftermine erarbeiten und herausgeben. Ärzte und Ärztinnen richten sich in der Regel nach den aktuellen Empfehlungen der STIKO, die in Deutschland medizinischer Standard sind. Die ehrenamtlich tätigen Mitglieder der STIKO werden gemeinsam vom Bundesgesundheitsministerium und den obersten Landesgesundheitsbehörden berufen. Spätestens innerhalb 3 Monaten nach einer Impfempfehlung der STIKO muss Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) eine Erklärung dazu geben und falls es eine Zustimmung ist, wird diese Impfung in eine Richtlinie als Standard angesehen und die Kosten der Impfung als eine Pflichtleistung von den Krankenkassen übernommen.
- Das Robert Koch-Institut (RKI)

Das RKI hat die Aufgabe, medizinische Maßnahmen zu entwickeln, um die Verbreitung von Infektionskrankheiten zu verhindern. Dazu gehören auch statistische Untersuchungen über die Ausbreitung von Infektionskrankheiten, die Erforschung der Ursachen, Diagnosen und die Vorbeugung. Die Aufgaben des RKI sind in § 4 des Infektionsschutzgesetzes festgeschrieben. Die Ständige Impfkommission hat am RKI ihren Sitz

- Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI)

Das Paul-Ehrlich-Institut ist das Bundesinstitut für Impfstoffe undbiomedizinische Arzneimittel. Die staatliche Zulassung und Überwachung von Impfstoffen sowie die Erfassung von Impfkomplikationen liegt beim Paul-Ehrlich-Institut.

- Impfärzte

Fast alle Impfungen in Deutschland werden von niedergelassenen Ärzten und Ärztinnen durchgeführt. Der Öffentliche Gesundheitsdienst, das heißt die Gesundheitsämter, sowie Betriebsärzte und -ärztinnen führen etwa 10-15% der Impfungen durch. Impfärzte und Impfärztinnen müssen ihre Patienten umfassend aufklären. Dazu gehören Punkte, wie der Nutzen der Impfung, Informationen über die Erkrankung, mögliche Nebenwirkungen der Impfung und Hinweise zu weiteren Impfterminen.

- Anerkennung von Impfschäden durch die Versorgungsämter Die Begutachtung und Anerkennung von Impfschäden gilt ausschließlich für öffentlich empfohlene (durch STIKO) Impfungen (§ 60 IfSG) und ist Aufgabe der Versorgungsämter der Länder
- Kosten für Impfungen

Die von der STIKO empfohlenen Impfungen werden von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Grundlage ist hier die Schutzimpfungsrichtlinie der GBA.Reiseimpfungen werden von einigen Krankenkassen auf freiwilliger Basis erstattet. Impfungen für Menschen mit einem erhöhten beruflichen Infektionsrisiko werden vom Arbeitgeber übernommen (§ 3, Abs. 3, Arbeitsschutzgesetz).11

Die Übersicht zeigt sehr deutlich, dass dieses System sehr komplex ist und bis die Hersteller allen Recht machen dauert es oft zu lange und es erfordert viel Energie und Durchhaltevermögen bis die nötige Akzeptanz von allen Instanzen gewährleistet ist.

4.2. Das Impfverhalten der Bevölkerung in BRD

Impfungen zählen zu den wirksamsten und kostengünstigsten Präventivmaßnahmen in der modernen Medizin. Durch Impfungen können nicht nur viele Infektionskrankheiten auf individueller Ebene verhindert werden, sondern bei von Mensch-zu-Mensch übertragbaren impfpräventablen Erkrankungen kann darüber hinaus ein so genannter Herdenschutz generiert werden. Dieser entsteht, wenn ein ausreichender Anteil von Personen in einer Population geimpft ist und die Erregerzirkulation verringert wird. Durch den Herdenschutz können so auch diejenigen Personen geschützt werden, bei denen eine Impfung aus medizinischen Gründen nicht möglich ist (z.B. Neugeborene, Immunsupprimierte).

Der Impfstatus der Bevölkerung ist ein wichtiger Indikator für gesundheitliche Prävention. In Deutschland besteht keine Impfpflicht, und repräsentative Daten zum Impfstatus werden nur im Rahmen der Schuleingangsuntersuchungen der Bundesländer erhoben. Doch auch die nicht repräsentative Daten zeigen deutlich, dass Impfraten nicht nur in Deutschland generell sehr unbefriedigend sind. Die Zahl der Impfgegner und -skeptiker nimmt in BRD ständig zu. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt bereits vor diesem Trend. Denn nichts außer sauberem Trinkwasser schütze so effizient vor gefährlichen Krankheiten wie Impfungen, betont die WHO. Impfungen haben aber in unserer Gesellschaft definitiv ein Akzeptanzproblem denn sie sind vermutlich Opfer ihres eigenen Erfolges. Werden Krankheiten ausgerottet oder zumindest zurückgedrängt, sinken in der Öffentlichkeit die Ängste vor diesen Erkrankungen. Die Nebenwirkungen von Impfungen treten in den Fokus.

Die allgemeine Impfmüdigkeit zeigt sich langsam auch bei den Ärzten denn, die knapp kalkulierten Behandlungszeiten lassen die Aufklärung und oft auch aufwendige Überzeugungsarbeit fast nicht mehr zu. Vor allem bei Erwachsenen ist Thema Auffrischimpfung nur selten angesprochen. Dies könnte in jetzige Zeit der Völkerwanderung zu einem Problem werden. Die niedrigen Impfquoten lassen den Herdenschutz nach und nach verschwinden und die in Deutschland vermeintlich ausgerotteten Infektionskrankheiten könnten wieder auftreten.Trotz intensiver Kampagnen nimmt die Impfrate auch bei Schutz gegen Influenza bereits seit sieben Jahren stark ab. In der aktuellen Grippesaison 2017/18 meldeten einige europäische Länder eine massive Zunahme schwerer Grippefälle, darüber hinaus beobachteten sie eine erhöhte Mortalität vor allem bei älteren Menschen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Vergleich Impfquoten in ausgewählten OECD-Ländern 2014-201612

Zusätzlich könne sich eine stark rückläufige Nachfrage bei Grippeimpfstoffen negativ auf die weltweiten Produktionskapazitäten auswirken, sodass im tatsächlichen Pandemie-Fall nicht ausreichend Grippeimpfstoff verfügbar sei. Die WHO empfiehlt als optimale Impfraten bei Influenza 75% durchgeimpfte Bevölkerung. Davon ist nicht nur Deutschland sehr weit entfernt wie es in Abbildung 1 zu sehen ist.

[...]


1 https://www.gesetze-im-internet.de

2 http://www.sanofi.de/l/de/de/layout.jsp?scat=805F7434-10C4-45E1-AC62-84A1A65C4677

3 http://www.sanofi.de/l/de/de/layout.jsp?cnt=3C4079CF-744B-46C4-A488-DB71F91F9A2C

4 http://www.kbv.de/html/1150_31135.php

5 Vgl. Fachinformation Vaxigrip Tetra, Januar 2018

6 https://www.duden.de/rechtschreibung/Wettbewerb

7 https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2017/Ausgaben/34_17.pdf?__blob=publicationFile

8 Die Pharmazeutische Industrie- Eine Branchenanalyse; Dr. Birgit Gehrke, Friederike von Haaren

9 Vgl.: Pharmadaten 2017, S63; Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V.

10 Vgl.: Die Pharmazeutische Industrie-Eine Branchenanalyse; Dr. Birgit Gehrke, Friederike von Haaren

11 https://www.impfen-info.de/wissenswertes/impfsystem-in-deutschland/

12 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/561990/umfrage/in-deutschen-apotheken-abgegebene-impfdosen-nach-bundeslaendern/

Fin de l'extrait de 32 pages

Résumé des informations

Titre
Vermarktung von Arzneimitteln und Impfstoffen. Die Besonderheiten des Pharma-Marketings
Université
SRH - Mobile University
Note
2,3
Auteur
Année
2018
Pages
32
N° de catalogue
V542535
ISBN (ebook)
9783346160584
ISBN (Livre)
9783346160591
Langue
allemand
Mots clés
Vermarktung von Impfstofen, Besonderheiten des Pharma-Marketings, Gesundheitspolitik, Demografische Entwicklung –, Das Impfsystem in Deutschland, Aktuelle rechtliche Lage bei Empfehlung/Finanzierung von Impfstoffen, Das Impfverhalten der Bevölkerung in BRD, Situationsanalyse, Stärken-/Schwächen-Analyse, Marketingziele, Marketingstrategien, Marketing-Instrumente, Impfstoffe
Citation du texte
Marie Albrecht (Auteur), 2018, Vermarktung von Arzneimitteln und Impfstoffen. Die Besonderheiten des Pharma-Marketings, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/542535

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