Markenbildung bei Krankenkassen


Mémoire (de fin d'études), 2002

106 Pages, Note: 1,0


Extrait


Gliederung

I. Problemstellung

II. Marken

III. Dienstleistungen
3.1. Einordnung der Dienstleistung in die allgemeine Wirtschaftsordnung
3.2. Begriff der Dienstleistung
3.3. Merkmale und deren marketingrelevanten Auswirkungen
3.4. Systematisierung von Dienstleistungen

IV. Die gesetzliche Krankenversicherung
4.1. Einordnung in das Dienstleistungssystem
4.2. Bedeutung der gesetzlichen Krankenversicherung
4.3. Besonderheiten der gesetzlichen Krankenversicherung
4.3.1. Abgrenzung des Marktes
a) Anbieter
b) Nachfrager
4.3.2. Produkte
4.3.3. Wettbewerbsparameter
4.3.4. Wettbewerb kontra Solidarität

V. Dienstleistungsmarken
5.1. Definition und Besonderheiten von Dienstleistungsmarken
5.2. Bedeutung von Marken
5.3. Ziele von Marken
5.3.1. Grundlagen
5.3.2. Markenfunktionen für den Anbieter
5.3.3. Markenfunktionen für den Nachfrager
5.3.4. Gesellschaftliche Funktionen

VI. Konsumentenverhalten
6.1. Veränderung des Umfeldes
6.2. Trends
6.2.1. Preis – Qualitätsorientierung
6.2.2. Convenience - Orientierung
6.2.3. Erlebnis- und Sinnorientierung
6.2.4. Gesundheit und Wellness
6.2.5. E-Shopping und virtueller Konsum
6.3. Einflussgrößen

VII. Markenaufbau und Markendreiklang
7.1. Aufbau
7.2. Bekanntheit
7.3. Sympathie / Image
7.3.1. Imageaufbau
7.3.2. Markenpersönlichkeit
7.4. Handlungstendenz und Kaufentscheidung

VIII. Elemente und Instrumente der Markierung
8.1. Grundlagen
8.2. Träger der Markierung
8.3. Der Markenname
8.4. Das Logo
8.5. Die Farbe
8.6. Der Slogan

IX. Markenkommunikation
9.1. Kommunikationsbedingungen
9.2. Mittel der Kommunikation – Marketingmix

X. Schlussbetrachtung
10.1. Stand der Markenbildung in der gesetzlichen Krankenversicherung
10.2. Schlussfolgerung für das Management von Krankenkassen
10.3. Zusammenfassung

I. Problemstellung

Der Markt der Krankenversicherung hat sich in den letzten Jahren immer stärker etabliert. Nötig wurde dies durch die Einführung des Wettbewerbs der Krankenkassen mit dem Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) von 1992 und seinem Inkrafttreten am 01.01.1996.

Die Einführung des Gesetzes war die „Reaktion auf Wettbewerbsverzerrungen unter Verteilungs- und Gerechtigkeitsgesichtspunkten“.[1] Die immensen Beitragssatzunterschiede der Krankenkassen und die Priveligierung von freiwilligen Mitgliedern bzw. Diskriminierung von Arbeitern war mit dem freiheitlichen Grundgedanken nicht länger vereinbar.[2]

Es bestanden zwar schon vorher wettbewerbliche Beziehungen, aber ohne konzeptionelle Rahmenbedingungen. So führte z.B. das Nebeneinander von Zuweisungszwang und Wahlmöglichkeit zu einer „Risikoselektion via Gesetz“,[3] da gute Risiken die Möglichkeit des Abwanderns hatten und so eine immer größere Schieflage in der Landschaft der gesetzlichen Krankenversicherer entstand.

Seit dem 01.01.1996 ist nun ein Wettbewerb unter den Krankenkassen entstanden, den der Gesetzgeber so gewollt hat. Nach einer Umfrage des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen im Jahre 1999 stuften 71% der Bundesbürger den Wettbewerb unter den Krankenkassen als wichtig bis sehr wichtig ein.[4]

Der geschaffene Markt unter den Krankenkassen war die Ergänzung zur freien Wahl der eigentlichen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser, Apotheken usw.)[5]

Die Folge mündete ökonomisch gesehen im effizienten Umgang mit den knappen Ressourcen und das gesellschaftliche Streben nach größtmöglicher Handlungs- und Wahlfreiheit[6] bzw. die Entwicklung zu wettbewerbsorientierten Dienstleistern mit dem Risiko des Verschwindens vom Markt.[7]

Dieses Risiko kann nur vermieden werden, indem sich eine Krankenkasse bemüht, ihre Attraktivität zu erhöhen. Sie muss auf der Seite der Nachfrager ansetzen, Präferenzen erzeugen und Aktionsparameter zur bestmöglichen Befriedigung der Bedürfnisse ihrer Versicherten schaffen.[8]

Folglich ist mit dem Wandel der Krankenkassen vom „payer“ zum „player“[9] auch die Veränderung der Versicherten vom Bittsteller zum souveränen Kunden vollzogen worden. Er entscheidet durch seine Wahl, welcher Kasse er sein Vertrauen schenkt und damit letztendlich über deren Größe (Leistungsfähigkeit) und deren Fortbestehen am Markt.[10]

Doch was kann eine Krankenkasse tun, um ihre Produkte gegenüber ihrer Konkurrenz hervorzuheben?

Der Wettbewerb wurde durch gesetzgeberische Maßnahmen eingeschränkt. Aus Gründen des Erhalts des Solidarprinzips und der damit verbundenen Eindämmung einer Risikoselektion sind den Kassen in vielen Bereichen die Hände gebunden.[11]

Die Folge ist, dass sich der Wettbewerb unter den Krankenkassen vor allem auf der Preisebene, dem Beitragssatz, abspielt. Gewinner dieser Entwicklung sind hauptsächlich die „virtuellen“ Betriebskrankenkassen.[12]

Aus verschiedenen Gründen, vorrangig aber durch eine bessere Risikostruktur ihrer Mitglieder, können diese mit einem niedrigen Preis in den Markt treten und ziehen so besonders junge, gesunde und gut verdienende Mitglieder an.

Abbildung 1: Mitgliedergewinne und –verluste seit Beginn des Wahlrechts

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: BKK – Bundesverband, http://www.bkk.de/Ihre_bkk/statistiken/download/mitgliedergewinne.pdf - Anlage 1

Die Ersatzkassen, die AOK und bestimmte Innungskrankenkassen sind diesem Trend hilflos ausgeliefert und weitestgehend vom Risikostrukturausgleich, der die ungleichen Zusammensetzungen ausgleichen soll, abhängig.

Die Krankenkassen bewegen sich auf einem Markt verschiedener Güter und Dienstleistungen. Ihre Hauptaufgabe ist zunächst die Risikoübernahme und dann die Versicherungsleistung. Der Versicherungsschutz wird vom Versicherten selbst kaum wahr genommen.[13] Der Inhalt der Leistungen hingegen ist nur minimal zu beeinflussen, da ca. 95 % im SGB V (Sozialgesetzbuch fünf) gesetzlich vorgeschrieben sind. Sie sind von allen Krankenkassen gleichermaßen zu gewähren und bewirken letztlich, dass sich diese nicht mehr voneinander unterscheiden.[14] Die Produkte der Krankenkassen sind folglich kaum wahrnehmbar oder homogen.[15]

In solchen Situationen befindet sich der größte Teil aller Anbieter von Produkten und Dienstleistungen. Überall begegnet man gesättigten Märkten mit fast homogenen Gütern. Entscheidendes Kriterium für den Kunden ist bei undifferenzierten Leistungen dann nur noch der Preis.

Durch den Aufbau von Präferenzen auf der Seite der Nachfrager kann es aber gelingen, das Kaufkriterium des Preises in den Hintergrund zu drängen. Als mögliche Lösung wurde hier das Instrument der Marken geschaffen.[16] Die Bildung von Marken soll in Markentreue und -bewusstsein münden. Der Wettbewerb wird so auf ein anderes Niveau gehoben, auf dem sich verschiedene Anbieter in einem breiten Spektrum von Kriterien voneinander unterscheiden und bestimmte Motive und Bedürfnisse der Kunden bedienen können. Der Beitragssatz ist von den Krankenkassen ja auch nur bedingt beeinflussbar, da er in langwierigen Prozessen von der Aufsichtsbehörde zu genehmigen und unter vorgeschriebenen Richtlinien zu berechnen ist.[17]

Den Krankenkassen bleiben nur Leistungsparameter, wie Beratung, Service und Information. Auf diesen Ebenen können sie sich etablieren und sich hier im Wettbewerb um zufriedene Kunden herausheben.[18]

Im allgemeinen Wirtschaftleben hat es sich in den letzten Jahrzehnten erwiesen, dass der Aufbau von Marken nicht nur, wie ursprünglich geplant, auf den Märkten für Sachgüter anzuwenden ist, sondern sich gerade im Dienstleistungssektor übertragen und anwenden lässt.

Allerdings ergeben sich hier aus der Beschaffenheit der Güter oft andere Voraussetzungen, Kriterien und Besonderheiten, auf die ich noch genauer eingehen werde.

In meiner speziellen Betrachtung könnte man diesen Erläuterungen allerdings die Besonderheit des gesetzlichen Auftrags der Krankenversicherung und deren Ausrichtung auf das Solidarprinzip als Hemmnis bzw. als Marktversagen entgegensetzen.[19] Die Übertragbarkeit und Anwendbarkeit der Lehren des Marketing, insbesondere des Aufbaus von Marken, bildet hierbei den Schwerpunkt meiner Untersuchungen. War im Wettbewerb nicht vielmehr die Aufgabe zu lösen, effizienter und effektiver zu wirtschaften?

Da jede Form des wirtschaftlichen Auftretens zu einer Haltung und zu einer Einordnung des Anbieters in ein gedankliches Schema des Nutzers führt, ist hier bereits die Vorstufe zu einer Markenbildung gegeben.

Die Praxis zeigt, dass es auch Krankenkassen gelingt, sich mehr und mehr als Marken zu etablieren. Meine Ausführungen sollen die Besonderheiten von Dienstleistungsmarken herausstellen und deren Übertragung und Anwendung auf den besonderen Markt der gesetzlichen Krankenversicherer in Deutschland prüfen. Eine kritische Würdigung der Erfolge bzw. das Aufdecken und Analysieren von Merkmalen und Anwendungen der Markenbildung sollen hierbei eine zentrale Rolle spielen.

Dabei möchte ich darauf hinweisen, dass sich die Subsumierung wissenschaftlicher Themen auf konkrete Beispiele im Krankenkassenmarkt oft auf eigene Beobachtungen stützt.

Ob diese gewonnenen Schlüsse den tatsächlichen Zielen der Unternehmen entsprechen, war unter Berufung auf interne Unternehmenspolitik allerdings nicht zu ermitteln.

II. Marken

Bereits Karl Marx bemerkte 1867 in seinem „Kapital“ am Kaufverhalten seiner Frau, „dass der Gebrauchswert der Ware kein Mysterium ist, aber der Auftritt der Ware es in ein sinnlich übersinnliches Ding verwandelt“ und beschrieb das Phänomen als die „Aura des Produkts“.[20]

Laut Duden wird die Marke als ein „Zeichen, Handels- , Waren- und Wertzeichen“[21] bezeichnet. Das entsprechende Herkunftswörterbuch erklärt, dass das Wort „Marke“ dem französischen „Marque“ entlehnt ist und für „Kennzeichnung“, „auf einer Ware angebrachtes Zeichen“ steht und aus dem alten Kaufmannswort, dem Verb „marquer“ für „kennzeichnen, bezeichnen oder merken“ stammt.[22]

Die Legaldefinition ergibt sich aus dem Gesetz:

So heißt es im § 23 Abs. 2 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen): „Markenwaren ...sind Erzeugnisse, deren Lieferung in gleichbleibender oder verbesserter Güte von dem preisempfehlenden Unternehmen gewährleistet wird und ... mit einem ihrer Herkunft kennzeichnenden Merkmal (Firmen-, Wort- oder Bildzeichen) versehen sind.“

Es werden also lediglich zwei Merkmale der Marke herausgestellt. Zum einen soll die Markierung die Herkunft signalisieren, andererseits für gleichbleibende Qualität sorgen. Im § 3 Abs. 1 MarkenG (Markengesetz) wird seit 1995 festgehalten: „Als Marke können alle Zeichen, insbesondere Wörter, einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Hörzeichen, dreidimensionale Gestaltungen, einschließlich der Form einer Ware oder deren Verpackung sowie sonstige Aufmachungen, einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen geschützt werden, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.“

Aus rechtlicher Sicht sind Marken also zunächst Warenzeichen, die kraft Eintragung ins Deutsche Patentamt München vor Missbrauch, Kopie und Nachahmung geschützt werden.[23]

Diese Aussagen reichen aber aus heutiger Sicht längst nicht mehr aus, um eine „Marke“ zu definieren. Sie sind nicht bloß ein Zeichen für die Bestimmung der Herkunft eines Produkts, sondern stellen die bedeutendste Marketingleistung eines Unternehmens dar und sind „eine Kunst und zugleich Eckpfeiler im Marketing“.[24]

Heute existieren verschiedene Ansätze in der Literatur. Die wichtigsten lassen sich in vier Kategorien einteilen, in den objektbezogenen, den anbieterbezogenen, den nachfragebezogenen und den integrierten Ansatz.[25]

Diese Ansätze sind sehr eng mit der historischen Entwicklung von Marken zu erklären. Dabei sind Marken keine Erfindungen unserer modernen Zeit. Schon in der Antike haben Hersteller ihre Waren mit Zeichen versehen, um im internationalen Handel die Herkunft und die Echtheit von Gefäßen zu dokumentieren.[26] Auch im Mittelalter wurde mit dem Auftragen eines Zeichens die Echtheit und so ein bestimmter Wert symbolisiert.[27] Eines der ältesten Markenzeichen sind hier die Schwerter beim Meißner Porzellan oder die Signets berühmter Maler und Künstler.

Die Entwicklung von Marken nahm offensichtlich unterschiedliche Verläufe an. Während in den USA vorrangig Alltagsprodukte, also Massenwaren, wie Heinz – Ketchup, Uncle Ben’s Reis oder Kellogg’s Cornflakes zu den Pionieren unter den Marken gehören,[28] entstanden in Deutschland zuerst Marken für Gebrauchsgüter, wie Zwilling, für Luxusgüter, wie Mercedes oder 4711 und für neue Produkte, wie Maggi, Persil, Odol und Nestle.[29]

In den 60 Jahren haben Marktforscher, wie Mellerowicz versucht, Markenartikel über deren Merkmale, bezogen auf das Objekt zu definieren. Er verstand unter „Markenartikel“ „für den privaten Bereich geschaffene Fertigwaren“ die sich vor allem durch ein, ihrer Herkunft kennzeichnendes Merkmal, einer Marke, in einem größeren Absatzraum unter einheitlicher Aufmachung, gleicher Menge sowie gleichbleibender oder verbesserter Güte präsentieren. Sie sind überall erhältlich und haben sich durch die für sie betriebene Werbung eine Verkehrsgeltung der beteiligten Wirtschaftskreise (Verbraucher, Händler und Hersteller) erworben.[30]

Damals wurde verstärkt der Blick auf materielle Produkte und Waren gerichtet. Aber durch die immer stärkere Entwicklung des Markenbewusstseins und des Hinzutretens immaterieller Marken sind diese Thesen heute nicht mehr vertretbar.

Einige dieser Merkmale würden bestehende Marken relativieren oder sogar ausschließen. Das Wort „Fertigwaren“ beispielsweise würde Produktionsgüter, Dienstleistungen, Personen und Regionen nicht als Marken verstehen.[31]

Wenn man „öffentlich“ als Gegenteil von „privat“ bezeichnet, bleibt z.B. unverständlich, warum Marken nicht auch für staatliche Einrichtungen, für Universitäten, die Bundeswehr und Polizei oder Behörden allgemein zu nutzen sind.[32]

Der anbieterorientierte Ansatz geht weiter als Mellerowicz und definiert Marken als ein Bündel typischer Marketingelemente und Instrumente eines Anbieters, als ein geschlossenes Absatzkonzept.[33]

Dieses Konzept wird u.a. von Becker als Präferenzstrategie bezeichnet, welches das Gegenstück zur Preis – Mengen – Strategie darstellt.[34] So wird hier auf überdurchschnittliches Produktniveau, hohe Werbung, hohe Distribution, also Überallerhältlichkeit und konsequenter Marketingeinsatz gesetzt.

Dieser Ansatz ist jedoch zu deterministisch. Beispielsweise kann das Merkmal der Ubiquität, also überall erhältlich zu sein, nur bedingt auf alle Marken übertragen werden.

Gerade Luxusmarken, wie Armani, Rolls Roys oder Käfer streben ja danach, nicht überall, sondern nur in bestimmten exklusiven Geschäften erhältlich zu sein und würden damit nicht als Marke gelten.

Andere Verfasser, wie Kotler/Armstrong reduzieren die Marke zunächst auf „ein Name, ein Begriff, ein Zeichen, ein Symbol, ein Produktdesign oder eine denkbare Kombination aus diesen, die dazu verwendet wird, Produkte oder Dienstleistungen eines Anbieters ...zu identifizieren.“[35] Er erklärt dann aber, das Marken nicht nur funktionelle Bedürfnisse befriedigen, sondern auch psychologische Wünsche erfüllen. Sie erlangen dadurch einen nicht greifbaren Wertanteil für den Kunden. Dieser Wert inspiriert einerseits den Käufer, von vornherein eine höhere Qualität dieses Erzeugnisses zu erwarten, andererseits stellt sie aber auch für die Firma ein schwer messbares, aber dennoch sehr hohes Kapital dar.[36]

Der Deutsche Markenverband e.V. beschreibt Markenartikel in seiner Definition als „Produkt, das die Marke des Herstellers trägt und stets gleichbleibende oder verbesserte Qualität und Ausstattung bietet“[37]. Mit dem Wort „Ausstattung“ versucht man Dienstleistungen einzubeziehen. Deren Produkt, also der Dienst am Kunden, kann zwar nicht immer gleichbleibend sein, man ist aber bemüht, ein standardisiertes, gewohntes Potential bereit zu erhalten, um gleiche Ausgangslagen zu schaffen.

Berekoven hingegen versucht eine Abkehr von den merkmalsbezogenen Erklärungen und subsumiert diese Art der Definitionen eher unter den Begriff Markentechnik. Er betrachtet Marken eher nach deren Wirkung und Erfolg auf den Konsumenten. Diese Sichtweise wird deshalb nachfragebezogen oder wirkungsbezogen genannt. Er versteht unter einem Markenerzeugnis eine erbrachte unternehmerische Leistung, die eine größere Zahl von Menschen kennt und der sie ein bestimmtes Maß an Wertschätzung entgegenbringen.[38] Die Marke entsteht, wenn diese Leistung in Form eines Produktes oder einer Dienstleistung ein positives Image bei den Konsumenten aufbaut und somit ein unverwechselbares, fest verankertes Vorstellungsbild in der Psyche der Verbraucher erzeugt hat.[39] Marken sind also eher als emotionale Reize zu verstehen, die mit deren Wiedererkennung sofort Assoziationen in Form von Bildern, Gefühlen, Eigenschaften oder Verwendungen auslösen.

Als entscheidendes Merkmal gilt also allein die positive Wirkung beim Abnehmer. Eine Marke ist: „the consumer’s idea of a product“.[40] So formulierte es David Ogilvy bereits 1951 kurz und knapp. Er reduziert das Produkt oder die Dienstleistung auf die einzigartige Eigenschaft, die der Verbraucher letztlich wahrnimmt. Die positive Wirkung zu operationalisieren ist das Hauptproblem dieser Sichtweise. So ist sowohl die Dimension der Markenwirkung, aber auch dessen Inhalt schwer zu bestimmen und in der Literatur umstritten.

Einig ist man sich jedoch über die Kriterien, die den Erfolg einer Marke messen lassen. Hierzu gehören Bekanntheitsgrad, Image und Präferenz.[41] Das Wissen und das Image, ergeben eine Wirkungskette, die von Bekanntheit, Sympathie zur Verwendung des Produkts führt.[42]

Diese Kette wird auch als Markendreiklang bezeichnet.[43]

Der Soziologe Norbert Bolz und Imre Grimm gehen sogar noch weiter.[44]

Sie sehen im Markenbewusstsein heute fast eine Art Ersatzreligion, einen „Gottesdienst am Kunden“. Bei jedem Kauf eines Markenprodukts gibt der Käufer ein Statement ab, indem er die immateriellen Eigenschaften, die aufgrund der Markenpositionierung mit dem Produkt assoziiert werden auf sich bezieht. So soll die Umwelt auf die eigene Person, mittels Marken auf einen bestimmten Lebensstil, Wertevorstellungen und Eigenschaften schließen.

Diese Anforderungen sind bei starken Produktmarken, wie Coca – Cola, Mercedes, Nokia, Lacoste usw. auch unumstritten.

Doch gelten diese Statements auch für die Marken AOK, DAK oder Barmer?

Das soll meine Arbeit im Folgenden untersuchen.

Alle Definitionsansätze sind realitätsbezogen ausgerichtet. Die unterschiedlichen Sichtweisen hängen eng mit der Entwicklung der Marken zusammen. Immer wieder traten in der Geschichte Güter hervor, die subjektiv als Marke wahrgenommen wurden, den gültigen Definitionen aber ungenügend unterlagen.

Folglich wurden die theoretischen Erklärungen immer wieder angepasst.

Inzwischen hat sich der integrierte Ansatz der Definition des Begriffs „Marke“ etabliert. Er versucht verschiedene Aspekte vorheriger Thesen zu kombinieren und aufeinander abzustimmen. Im Kern entspricht die These weitestgehend der nachfragerbezogenen Sicht, enthält aber einige Merkmale, die als wichtige Eckpunkte der Marke angesehen werden.[45]

Zusammenfassend ist eine Marke ein Name, ein Begriff, ein Zeichen, ein Symbol, eine Gestaltungsform oder eine Form, die bestimmten Nachfragern bekannt ist, die im Vergleich zu anderen eigentlich homogenen Konkurrenzprodukten ein differenziertes Image trägt und deshalb Präferenzen der Nachfrager auslöst.[46]

Dieser Ansatz soll auch Gegenstand meiner weiteren Betrachtung werden.

Markenartikel als deren Träger sind Leistungen/Produkte, die aus diesen Assoziationen Nutzenerwartungen bestimmter Zielgruppen entwickeln. Sie sollten zur Identifikation ein einheitliches Zeichen tragen und in stets gleichbleibender (bzw. erwarteter) oder verbesserter Qualität angeboten werden.[47]

Demnach ist alles „Käufliche“ zunächst eine Marke. Aber auch andere Güter, die als geeignet erscheinen, mittels eines Images Präferenzen und Identitäten zu erzeugen, über die dann wiederum Produkte und Dienstleistungen vertrieben werden, werden als Marke bezeichnet.[48] So können auch Orte, wie Urlaubsländer oder Skiorte, die ein bestimmtes Image und damit bei einer bestimmten Zielgruppe Präferenzen entwickeln, Marken sein. Personen, wie Michael Schumacher für Fan – Artikel, historische Figuren, wie Goethe für Weimar oder Filmtitel, wie „Titanic“ für Merchandising sind Marken.

III. Dienstleistungen

Einer der stärksten Trends unserer Wirtschaft ist der wachsende Dienstleistungssektor. In den großen Staaten Westeuropas, in Amerika und Japan arbeiten inzwischen mehr Personen im Dienstleistungssektor als in den übrigen Wirtschaftszweigen zusammen.[49]

So waren laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2000 im Bereich Handel/Gaststätten und Verkehr 23 % und in übrigen Dienstleistungsberufen sogar 41,24 % der rd. 36,6 Mill. Erwerbstätigen in Deutschland beschäftigt.[50] Neben klassischen Dienstleistern zählt man hier auch Personen, die innerhalb des produzierenden Gewerbes als Designer, Juristen, Verkaufsförderer oder Werber tätig sind.

Die Nachfrage an Dienstleistungen wächst vor allem durch die Veränderungen in unserer Gesellschaft. Durch die verbreitete Berufstätigkeit der Frauen und der damit verbundenen Zeitknappheit, durch eine Zunahme älterer Personen sowie durch den Einsatz von technischen Anlagen wurde es nötig, durch gestiegenen Wohlstand und Einkommen auch möglich, Dinge, die zuvor innerhalb der Familie verrichtet wurden, durch fremde Personen erledigen zu lassen.[51]

3.1. Einordnung der Dienstleistung in die allgemeine Wirtschaftsordnung

Zunächst gehören Dienstleistungen aus Sicht der Volkswirte in den tertiären Bereich der Wirtschaftssektoren.[52]

Der primäre Sektor beinhaltet ausschließlich Bereiche der Grundversorgung der Bevölkerung, der Urproduktion, also Land-, Forstwirtschaft, Tierhaltung und Fischerei.

Im sekundären Bereich sind die Wirtschaftszweige zu finden, die aus den natürlichen Rohstoffen durch Weiterverarbeitung mittels industrieller Produktion Erzeugnisse schaffen und vor allem für die Erwirtschaftung des Bruttosozialproduktes Bedeutung haben. Hierzu gehören Bergbau, verarbeitendes Gewerbe jeglicher Art, vom Handwerk bis hin zur Schwerindustrie und das Baugewerbe.

Der Systematik des Statistischen Bundesamtes[53] folgend sind dann im tertiären Sektor die Dienstleistungen, die sechs der insgesamt 10 festgelegten Wirtschaftsbereiche ausmachen.

Unter dem letzten, mit der Ziffer 9 beschriebenen Wirtschaftszweig verbergen sich Gebietskörperschaften und Sozialversicherungen. Sie gehören also nicht in den Zweig mit der Nummer sechs, der die Überschrift „Kreditinstitute und Versicherungsgewerbe“ trägt.

In den meisten Lehrbüchern werden Dienstleistungen als eine besondere Form von Produkten einer Unternehmung, also als deren Kategorie genannt.[54] Hier werden die Dienstleistungen in einer funktionalen Betrachtung von Produkten neben Sachprodukte, Energie und Rechte gestellt.(vgl. Abbildung 2)

Abbildung 2: Funktionale Einteilung von Produkten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: nach Koppelmann: Produktpolitik, Berlin, 1997, S. 5, Abb.: 4

Andere Autoren benutzen das Wort „Produkt“ synonym für materielle Güter und teilen so den Begriff „Güter“ oder „Wirtschaftsgüter“ nach deren Beschaffenheit zunächst in materielle und immaterielle ein. Letztere stellen dann wiederum Dienstleistungen, Rechte usw. dar.(vgl.: Abbildung 3)

Demnach sind Dienstleistungen Realgüter, die aber im Gegensatz zu materiellen Produkten immaterieller Art sind.

Dienstleistungen und Arbeitsleistungen grenzen sich zunächst gegenüber Rechten und Informationen durch ihren Verrichtungscharakter ab. Hier nimmt also eine Person oder eine Maschine eine Handlung an einem Objekt vor.

Dienstleistungen und Arbeitsleistungen unterscheiden sich wiederum durch den Input originärer Faktoren bei der Arbeit und abgeleiteter Faktoren bei der Dienstleistung. Bei der Arbeitsleistung verrichtet der Leistende etwas mit den Vorkombinationen des Nachfragers (Arbeitgebers). Mit dessen Mitteln und Ausstattung, also internen Faktoren, wird die Leistung erbracht.

Der Dienstleister hingegen kombiniert selbst die nötige Ausstattung vor und erbringt die Leistung an der Person des Nachfragers oder an dessen Objekten, an externen Faktoren.[55]

Abbildung 3: Systematik der Wirtschaftsgüter

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: nach Bieberstein: Dienstleistungsmarketing, Ludwigshafen, 1995, S. 27, Abb.: 7

Das „Gut“ oder das „Produkt“ allgemein wird als absatzwirtschaftliche Leistung verstanden, welches aus Kundensicht, anhand seiner Eignung danach beurteilt wird, ob es aus subjektiver Sicht die Nutzenerwartung des Nachfragers befriedigen kann.[56]

Die Autoren der Fachliteratur finden noch weitere Einteilungsmöglichkeiten.

So teilt Kotler/Bliemel Produkte nach dem Grad der Dienstleistung in 5 Kategorien ein, die vom reinen Sachgut, bis zur reinen Dienstleistung 3 Zwischennuancen bilden.[57]

Kotler/Armstrong hingegen unterscheidet „Güter“ nach dem zu verkaufenden Objekt in Gegenstände, Dienstleistungen, Personen, Orte bzw. Räume und in Ideen und Organisationen[58] und Nieschlag/Dichtl/Hörchgen differenziert schlicht in Konsumgütern, Produktionsgütern, Investitionsgütern und Dienstleistungen.

Dabei dienen Produktions- und Investitionsgüter wiederum nur dem weiteren Erstellen von Konsum oder Dienstleistung.[59]

Es gibt noch viele weitere Wege, Produkte zu unterscheiden. Andere Sichtweisen kategorisieren wiederum psychologisch in alltägliche Produkte (Convenience goods) häufig gekaufte Produkte (Shopping goods) und selten bzw. einmalig gekaufte Produkte (Special goods).[60]

3.2. Begriff der Dienstleistung

Eine allgemein gültige, anerkannte Definition der Dienstleistung existiert nicht. Das kommt durch die große Heterogenität des gesamten Sektors. Es ist schwer, allgemeingültige Abstraktionen zu finden, die sich auf die breite Palette aller Dienstleistungen anwenden lassen. Einige Autoren haben deshalb verschiedene Ansätze der Erklärung versucht.

So werden Dienstleistungen oft enumerativ, also durch bloßes Aufzählen von Beispielen beschrieben.[61] Andererseits handelt es sich meist um Negativdefinitionen der Sachgüter. Volkswirtschaftlich und auch teilweise betriebswirtschaftlich reicht diese Erläuterung aus, um Dienstleistungen in das allgemeine Wirtschaftsleben einzugliedern. Die dritte Möglichkeit ist merkmalsbezogen und stellt konstitutive Eigenschaften heraus.[62]

Im folgenden Abschnitt werde ich auf die letzte dieser Betrachtungsweisen speziell eingehen.

Die Autoren der Fachliteratur definieren „Dienstleistung“ zwar unterschiedlich, erzeugen in ihren mehr oder minder präzisen Aussagen aber oftmals ähnliche Ergebnisse.

So definiert Nieschlag/Dichtl/Hötschgen „Dienstleistungen“ anhand von Merkmalen als „...Verrichtungen an oder zum Nutzen von Menschen oder Objekten...,die unter Vorhaltung entsprechender Ressourcen in Form einer geistigen Leistung (z.B. Rechtsberatung), manuell (z.B. Friseur) oder maschinell (z.B. Autowaschanlage) nach dem uno - actu -Prinzip ... erbracht werden...“[63]

Kotler/Armstrong erklärt es abstrakter: „Als Dienstleistungen bezeichnen wir eine immaterielle Aktivität, die ein Partner einem anderen Partner gewähren kann, und die keine Übertragung an Eigentumsrechten an irgend etwas zur Folge hat.“[64]

Eine umfassende Definition liegt von Schüller vor: „Jede menschliche Tätigkeit ist im eigentlichen und ursprünglichen Sinne eine Dienstleistung, das heißt eine Leistung im Dienste eigener und/oder anderer Interessen. Man kann auch sagen: Das, was der Mensch tut, um seine physische und psychische Arbeitskraft mit oder ohne Verbindung zur materiellen Güterwelt in den Zweckbereich der menschlichen Bedürfnisbefriedigung zu bringen, ist eine Dienstleistung.“[65]

3.3. Merkmale und deren marketingrelevanten Auswirkungen

Die verbreitetste Definition der Dienstleistung erfolgt anhand von Merkmalen.

Diese Kriterien haben sich etabliert und ergeben einige Besonderheiten beim Marketing gegenüber Sachgütern:[66] Daraus resultieren Zwänge, die für das Marketing von entscheidender Bedeutung sind.

Ich möchte diese Eigenarten der Dienstleistungen anhand der gesetzlichen Krankenversicherung erörtern.

Dienstleistungen sind nicht greifbar, also immateriell.[67]

Somit ist keine physische Wahrnehmung vor dem Kauf möglich. Der Kunde kann das Produkt vorher weder sehen, riechen, schmecken oder fühlen. Der entsprechende Anbieter gibt lediglich ein Versprechen zur Leistungserbringung ab. Das erzeugt große Ungewissheit beim Konsumenten und setzt ein hohes Maß an Vertrauen voraus, da er quasi „die Katze im Sack“ kauft. Da der Kunde die Kasse in ihren Stärken und Schwächen nur schwer beurteilen kann, orientiert er sich vielmehr am Auftreten der Mitarbeiter, an Freundlichkeit, Einfühlungsvermögen und Zuverlässigkeit, an der Ausstattung der Räumlichkeiten, an Prospekten und Formularen und am Ruf des Unternehmens. Der Anbieter wird subjektiv an dessen Image, sprich an dessen Marke, wahrgenommen.[68]

Der Versicherte kann auch die Kassenleistung vor dem Kauf nur schwer beurteilen, prüfen und vergleichen. Die Kaufunsicherheit des Kunden verlangt deshalb vom Mitarbeiter, dieses Vertrauen auszustrahlen und darzustellen. Seine Tätigkeit wirkt sich unmittelbar auf die zu erbringende Leistung aus.[69]

Wegen der Immaterialität von Dienstleistungen bleiben Ablauf und Nutzen immer erklärungsbedürftig. Besonders die Leistungen der Krankenversicherung stellen wegen ihrer Abstraktheit einen großen Erklärungsbedarf beim Kunden dar. Dem Mitgliedern muss erläutert werden, was durch das Versicherungsverhältnis abgedeckt ist und welche Leistung von einer zur anderen Kasse variiert. Vielen Versicherten ist es wichtig, welche konkrete Person die Beratung durchführt, insbesondere, wenn es sich um Fragen zur Gesundheit und Krankheit handelt, die einem hohen Sensibilitätsgrad unterliegen. Die Qualität des gesamten Unternehmens wird so auf den einzelnen Mitarbeiter reduziert.

Diese Beratung kann zwar durch Prospekte oder didaktische Hilfsmittel (Skizzen) visualisiert werden, die Beratung als solche bleibt aber immer unsichtbar.

Während sich Anbieter von Sachprodukten häufig immaterieller Güter, wie Service, Lieferzeit, Finanzierung usw. bedienen, müssen die Anbieter immaterieller Güter hier auf Dinge materieller Art zurückgreifen, um der Dienstleistung sichtbar, transparenter und somit vertrauenswürdiger erscheinen zu lassen und um eine Markierung der Leistung zu ermöglichen.[70]

Qualitätsverluste können somit vor allem durch die Art des Anbieters, durch den einzelnen Mitarbeiter, entstehen. Da immer andere Personen mit unterschiedlichem Wesen, Charakter, Tagesform bzw. Leistung und Auftreten die Leistung erbringen, kann die Qualität der Leistung sehr stark variieren.[71]

Eine Qualitätsplanung und -prüfung ist hier sehr schwer, aber entgegen der benutzten Quelle nicht unmöglich.[72] Natürlich ist jede Kasse bemüht, den Mitgliedern stets eine gleichbleibende Qualität zu liefern. Diese Vorgabe ist aber in der Realität nur bedingt umzusetzen, da gerade bei persönlich erbrachten Diensten die Identifikation von Erbringer und Leistung wichtig sind. Vorgabe und Kontrolle gleicher Verhaltensmuster sind unmöglich bzw. würden die Beratung sterilisieren und somit einen erheblichen Qualitätsverlust darstellen.

Dienstleistungen als solche sind nicht lagerfähig, aber oft deren Ergebnis. Als Beispiele sind Fähigkeiten immaterieller Art, wie Tanz- oder Fahrkenntnisse, materielle Formen, beispielsweise der Führerschein oder eine CD eines Konzerts oder das Leistungspotential an einem Trägerobjekt, wie ein gestrichenes Haus, zu nennen.[73]

Nicht lagerfähig heißt, die Leistungserbringung und deren Konsum müssen nicht nur zeitgleich, sondern auch am selben Ort erfolgen, obwohl diese Hürden oft durch technische Anlagen, wie die telefonische Beratung oder die Fernsehübertragung eines Theaterstücks überwunden werden. Dennoch ist für einen Dienstleister die Standortfrage von entscheidender Bedeutung. Der Betrieb muss an seinen nachfragenden Markt heranrücken. Nur durch die Präsens des Anbieters erfolgt auch eine Nachfrage.[74] Demzufolge ist der Weg, den der Versicherte zu seiner Krankenkasse in dringenden Fällen bestreiten muss sehr wichtig, um die gewünschte Leistung zu konsumieren.

Die Frage ist hier: Kann er hier das Internet oder das Telefon benutzen oder ist eine persönliche Beratung in einem 4 – Augen – Gespräch nötig?

Beide dieser Kriterien bezeichnet man auch als uno – actu – Prinzip, das bedeutet die gleichzeitige Produktion und Konsum der Dienstleistung. Eine Wiederholung und Korrektur ist meist nicht mehr realisierbar. Somit ist auch keine Vorratsproduktion möglich, was zur Folge hat, dass sich Nachfrageschwankungen direkt niederschlagen.[75] Das kann erhebliche Kapazitätsüber- bzw. -unterlastungen nach sich ziehen. In Spitzenzeiten könnten so durch Improvisationen Qualitätsverluste auftreten, bei Unterlastungen wohlmöglich Aspekte von Unwirtschaftlichkeit entstehen.

Verlängerte Öffnungszeiten, Gleitarbeitszeiten der Mitarbeiter, die Trennung von Beratung und Sachbearbeitung innerhalb des Hauses, Schnellschalter und telefonische Beratungen können solche Phänomene zwar entzerren, aber leider nicht verhindern. Es kann keine Leistung „vorproduziert“ werden. Das Potential kann zwar stets auf hohen Niveau gehalten werden, die Mitarbeiter können durch Schulungen angehalten werden, eine immer hohe Qualität zu erbringen, aber eine abschließende Kontrolle vor „Auslieferung“ zur Sicherung der Qualität ist nicht möglich.

Der Leistungserbringer und der Nutzer sind während der Dienstleistung untrennbar miteinander verbunden. Dabei ist zu beachten, ob die Dienstleistung in ihrer eindimensionalen Betrachtung als Haupteinsatzfaktor des Anbieters eher personendominant (z.B. persönliche Beratung) oder eher objektdominant (Autowaschanlage) ist.

Aber auch die Art des externen Faktors, der Kunden selbst, spielt eine große Rolle. Es ist wichtig, ob die Dienstleistung an einem Objekt des Kunden (Autoreparatur) oder am Kunden selbst (Beratung, Frisur) ausgeübt wird.[76] Da die Einbringung des fremden Objektes notwendig ist, sind optimale Planungen und Disponierungen nur schwer zu realisieren. Dennoch trägt die mehr oder minder starke eigene Aktivität und deren Schwankung seitens des Kunden oft entscheidend zum Erfolg der Dienstleistung bei.[77] Und nicht zuletzt die Anwesenheit weiterer Nutzer und deren Erwartungen (z.B. andere anwesende Kunden) können zum Gesamtbild eines Unternehmens eine wesentliche Rolle spielen.

Die Untrennbarkeit von Leistungserbringer und Nutzer führt unweigerlich zu Wechselwirkungen, die sich letztlich auf die Qualität der Leistung niederschlagen. Für eine Beratung ist die unmittelbare Anwesenheit des Kunden, wenn auch nur am Telefon, unumgänglich. Seine konkrete Fragestellung, also die Interaktion, welche die Leistung auslöst, die Art und Weise bzw. die Richtigkeit und die Vollständigkeit seiner Angaben tragen wesentlich zum Gelingen der Dienstleistung bei. Vorratsproduktionen, sowie nachträgliche „Reparaturen“ und „Korrekturen“ vor Auslieferung sind nicht mehr möglich.[78]

Letztlich zeichnen sich Dienstleistungen gegenüber Sachgütern dahingehend aus, dass sie aufgrund ihrer Immaterialität keinen Besitz an etwas auslösen. Die Dienstleistung geht mit ihrer Erstellung gleichzeitig unter. Sie ist somit nicht übertragbar und nicht weiter zu veräußern.[79]

3.4. Systematisierung von Dienstleistungen

Dienstleistungen können nach verschiedenen Indikatoren eingeteilt werden. Je nach dem Zweck der Betrachtung liegen hier verschiedene Modelle vor.

So werden Dienstleistungen oft in primär und sekundär getrennt.[80] Bei primären Dienstleistungen steht die Leistung als solche im Zentrum der Betrachtung und bildet den Kern des Kontakts. Physische, materielle Produkte liegen dabei nicht vor oder sind nur Mittel zum Zweck der Verrichtung (Gesetzbuch, Computer bei Krankenkasse). Sekundär ist eine Dienstleistung immer dann, wenn sie den Kauf eines Sachgutes oder einer primären Leistung nur flankiert. Sie werden häufig auch als Service um die Leistung herum verstanden, wie eine Rückenschule oder ein Hausbesuch.

In den Lehrbüchern existieren verschiedene Arten der Einteilung. Zwar stimmen hier die Begrifflichkeiten überein, Uneinigkeit besteht aber offensichtlich in deren Systematisierung.

Ich möchte hier zum großen Teil den Erläuterungen nach Meffert/Bruhn folgen[81] und die Ausführungen weiterer Fachleute integrieren.

Als eine wesentliche Typologie ist die Sicht des Kunden auf die eigentliche Bedeutung der Leistung geheftet. Hier wird zwischen potentialorientierter, prozessorientierter und ergebnisorientierter Dienstleistung unterschieden.[82] Meffert/Bruhn definiert so die gesamte Dienstleistung nach dessen eigentlichem Kern in die jeweiligen Arten.[83]

Andere Autoren, wie Hilke und Bieberstein verstehen diese 3 Ebenen auch als eine Reihe aufeinanderfolgender Phasen, durch die jede Leistung von ihrer Entstehung bis zu ihrem eigentlichen Sinn verläuft bzw. in der sie zu einem früheren Zeitpunkt endet.[84]

Abbildung 4: Phasenorientierte Systematisierung von Dienstleistungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung nach Meffert/Bruhn: Dienstleistungsmarketing, Wiesbaden, 2000, S. 31ff

Hilke: Dienstleistungs-Marketing, Wiesbaden 1989, S. 10ff

Die erste Phase, auch Potentialphase genannt, ist die Vorkombination des Dienstleisters an Potentialen (Wissen, Können, Maschinen, Anlagen) um eine bestimmte Leistung bereitzuhalten und auch fähig zu sein, diese bei Bedarf zu erbringen.[85]

Potentialorientierte Dienstleistungen definieren sich also als die Fähigkeit geistiger, körperlicher und physischer Art, eine Leistung zu erfüllen.[86]

Der eigentliche Nutzen für den Kunden liegt nur in der Bereitschaft des Anbieters, personelles, geistiges und finanzielles Potential vorzuhalten, welches er selbst nicht aufbringen will oder kann, um seinen eventuell auftretenden Schaden zu mildern.

[...]


[1] Groser in Wille (Hrsg.): Wettbewerb in der gesetzlichen KV, Baden – Baden 1999, S. 73

[2] vgl.: Groser in Wille (Hrsg.): Wettbewerb in der gesetzlichen KV, Baden – Baden 1999, S. 73

[3] vgl.: Wille in Wille (Hrsg.): Wettbewerb in der gesetzlichen KV, Baden – Baden 1999, S. 120

[4] vgl: Meuer (Hrsg.): Wettbewerbsgrundsätze in: Markt und Wettbewerb, 02/2000, S. 34

[5] vgl.: Oldiges in Wille (Hrsg.): Wettbewerb in der gesetzlichen KV, Baden – Baden 1999, S. 56

[6] vgl.: Oberender in Wille (Hrsg.): Wettbewerb in der gesetzlichen KV, Baden – Baden 1999, S. 77

[7] vgl.: Wasem in Wille (Hrsg.): Wettbewerb in der gesetzlichen KV, Baden – Baden 1999, S. 15

[8] vgl.: Oberender in Wille (Hrsg.): Wettbewerb in der gesetzlichen KV, Baden – Baden 1999, S. 77

[9] vgl.: Wille in Wille (Hrsg.): Wettbewerb in der gesetzlichen KV, Baden – Baden 1999, S. 129

[10] vgl.: Curtius: Qualitätsmanagement gesetzl. KK, München, 1999, S. 53

[11] vgl.: Kap.: 4.3.4. - Wettbewerb kontra Solidarität

[12] vgl.: Specke: Gesundheitsmarkt, Starnberg 2000, S. 829ff

[13] vgl.: Curtius: Qualitätsmanagement gesetzl. KK, München, 1999, S. 51

[14] vgl.: Specke: Gesundheitsmarkt, Starnberg 2000, S. 285

[15] vgl.: Kap.: 4.3.2. – Produkte

[16] vgl.: Schubert/Scharf: Marketing, Stuttgart 1997, S. 123

[17] vgl.: Specke: Gesundheitsmarkt, Starnberg 2000, S. 135

[18] vgl.: Wille in Wille (Hrsg.): Wettbewerb in der gesetzlichen KV, Baden – Baden 1999, S. 126

[19] vgl.: Specke: Gesundheitsmarkt, Starnberg 2000, S. 76ff

[20] vgl.: Esch/Wicke in Esch (Hrsg.): Moderne Markenführung, Wiesbaden, 2001, S. 6

[21] Duden, Die deutsche Rechtschreibung, Mannheim, 1996

[22] vgl.: Duden, Etymologie: Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache, Mannheim, 1997

[23] vgl.: Nieschlag/Dichtl/Hörschgen: Marketing, Berlin 1994, S. 242

[24] Kotler/Bliemel: Marketing-Management, Stuttgart, 1999, S. 689

[25] vgl: Baumgarth: Markenpolitik, Wiesbaden, 2001, S.4ff

[26] vgl.: Sattler: Markenpolitik, Stuttgart, Berlin, Köln, 2001, S. 23

[27] vgl.: Baumgarth: Markenpolitik, Wiesbaden, 2001, S.4ff

[28] vgl.: Grimm: Kauf dir ein Gefühl in: Einbecker Morgenpost v. 14./15.07.2001, S. 8

[29] vgl: Kotler/Bliemel: Marketing-Management, Stuttgart, 1999, S. 696

[30] vgl.: Mellerowicz: Markenartikel, München-Berlin, 1963, S. 39

[31] vgl.: Baumgarth: Markenpolitik, Wiesbaden, 2001, S. 4

[32] vgl.: Nieschlag/Dichtl/Hörschgen: Marketing, Berlin 1994, S. 244

[33] vgl.: Baumgarth: Markenpolitik, Wiesbaden, 2001, S. 4

[34] vgl.: Becker: Marketing - Konzeption, München, 1993, S. 487f

[35] Kotler/Armstrong: Grundlagen des Marketing, München 1999, S. 540

[36] vgl .: Kotler/Armstrong: Grundlagen des Marketing, München 1999, S. 539

[37] vgl .: Markenverband e.V. (Hrsg.): Markenartikel,

http://www.markenverband.de/verband/markenartikel.htm

[38] vgl.: Nieschlag/Dichtl/Hörschgen: Marketing, Berlin 1994, S. 244

[39] vgl.: Esch/Wicke in Esch (Hrsg.): Moderne Markenführung, Wiesbaden, 2001, S. 11

[40] vgl.: Biel in Esch (Hrsg.): Moderne Markenführung, Wiesbaden, 2001, S. 63

[41] vgl.: Baumgarth: Markenpolitik, Wiesbaden, 2001, S. 5

[42] vgl.: Becker: Marketing - Konzeption, München, 1993, S. 63

[43] vgl.: Kap.: VII. – Markenaufbau und Markendreiklang

[44] vgl.: Grimm: Kauf dir ein Gefühl in: Einbecker Morgenpost v. 14./15.07.2001, S. 8

[45] vgl.: Baumgarth: Markenpolitik, Wiesbaden, 2001, S. 6

[46] vgl.: Baumgarth: Markenpolitik, Wiesbaden, 2001, S. 6

[47] vgl.: Scharf / Schubert: Marketing, Stuttgart 1997, S. 123

[48] vgl.: Biel in Esch (Hrsg.): Moderne Markenführung, Wiesbaden, 2001, S. 63

[49] vgl.: Kotler/Armstrong: Grundlagen des Marketing, München 1999, S. 577f

[50] vgl.: Statistische Bundesamt 2002: www.destatis.de/basis/d/erwerb/erwerbtab1.htm

[51] vgl.: Kap.: VI. – Konsumentenverhalten

[52] vgl.: Meffert/Bruhn: Dienstleistungsmarketing, Wiesbaden, 2000, S. 8f

[53] vgl: Bieberstein: Dienstleistungsmarketing, Ludwigshafen, 1995, S. 17, Abb.: 1

[54] vgl.: Koppelmann: Produktmarketing, Berlin 1997, S. 5

[55] vgl.: Meffert/Bruhn: Dienstleistungsmarketing, Wiesbaden, 2000, S. 20

[56] vgl.: Schubert/Scharf: Marketing, Stuttgart 1997, S.64

[57] vgl.: Kotler/Bliemel: Marketingmanagement, Stuttgart, 1999, S. 720

[58] vgl.: Kotler/Armstrong: Grundlagen des Marketing, München 1999, S. 527

[59] vgl: Nieschlag/Dichtl/Hörschgen: Marketing, Berlin 1994, S. 34

[60] vgl.: Nieschlag/Dichtl/Hörschgen: Marketing, Berlin, 1994, S. 154

Mayer/Illmann: Markt- und Werbepsychologie, Stuttgart, 2000, S. 55

[61] vgl.: Bieberstein: Dienstleistungsmarketing, Ludwigshafen, 1995, S. 27

[62] vgl.: Bieberstein: Dienstleistungsmarketing, Ludwigshafen, 1995, S. 26

[63] Nieschlag/Dichtl/Hörschgen: Marketing, Berlin, 1994, S. 34

[64] Kotler/Armstrong: Grundlagen des Marketing, München 1999, S. 579

[65] vgl.: zit.: Schüller, nach: Meffert/Bruhn: Dienstleistungsmarketing, Wiesbaden, 2000, S. 27

[66] vgl.: Kotler/Armstrong: Grundlagen des Marketing, München 1999, S. 579ff

[67] vgl.: Bieberstein: Dienstleistungsmarketing, Ludwigshafen, 1995, S. 53ff

[68] vgl.: Schubert/Scharf: Marketing, S.58

[69] vgl.: Curtius: Qualitätsmanagement gesetzl. KK, München, 1999, S. 52

[70] vgl.: Kotler/Armstrong: Grundlagen des Marketing, München 1999, S. 580

[71] vgl .: Kotler/Bliemel: Marketing-Management, Stuttgart, 1999, S. 725

[72] vgl.: Curtius: Qualitätsmanagement gesetzl. KK, München, 1999, S. 52

[73] vgl.: Meffert/Bruhn: Dienstleistungsmarketing, Wiesbaden, 2000, S. 51

[74] vgl: Bieberstein: Dienstleistungsmarketing, Ludwigshafen, 1995, S. 54

[75] vgl.: Schubert/Scharf: Marketing, Stuttgart 1997, S. 58

[76] vgl.: Meffert/Bruhn: Dienstleistungsmarketing, Wiesbaden, 2000, S. 38ff

[77] vgl.: Schubert/Scharf: Marketing, Stuttgart 1997, S. 58

[78] vgl.: Curtius: Qualitätsmanagement gesetzl. KK, München, 1999, S. 52

[79] vgl.: Kotler/Armstrong: Grundlagen des Marketing, München 1999, S. 584

[80] vgl.: Nieschlag/Dichtl/Hörschgen: Marketing, Berlin 1994, S. 34

[81] vgl.: Meffert/Bruhn: Dienstleistungsmarketing, Wiesbaden, 2000, S. 31ff

[82] vgl.: Meffert/Bruhn: Dienstleistungsmarketing, Wiesbaden, 2000, S. 33

[83] vgl.: Meffert/Bruhn: Dienstleistungsmarketing, Wiesbaden, 2000, S. 27f

[84] vgl.: Bieberstein: Dienstleistungsmarketing, Ludwigshafen, 1995, S. 29f, und

Hilke: Dienstleistungs-Marketing, Wiesbaden, 1989, S. 10ff

[85] vgl.: Meffert/Bruhn: Dienstleistungsmarketing, Wiesbaden, 2000, S. 28

[86] vgl.: Hilke: Dienstleistungs-Marketing, Wiesbaden, 1989, S. 11

Fin de l'extrait de 106 pages

Résumé des informations

Titre
Markenbildung bei Krankenkassen
Université
Administrative and Economic Academy Göttingen
Note
1,0
Auteur
Année
2002
Pages
106
N° de catalogue
V5430
ISBN (ebook)
9783638133029
Taille d'un fichier
1132 KB
Langue
allemand
Annotations
Benotung durch Prof. Bernd Schubert, Hochschule Harz, Wernigerode
Mots clés
Markenbildung, Krankenkassen
Citation du texte
Steffen Globig (Auteur), 2002, Markenbildung bei Krankenkassen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5430

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