Keine andere Figur in Schillers Don Karlos macht eine so tiefgreifende Wandlung durch und erfährt eine derartig grundlegende Erschütterung ihrer Existenz wie König Philipp. Der zunächst kaltherzig und grausam auftretende, allmächtige Monarch, dessen Beziehung zu ihm nahestehenden Menschen von Unterdrückung und Distanz geprägt ist, offenbart zunehmend menschliche Schwächen und Bedürfnisse, die in einem Spannungsverhältnis zu seiner Position als König stehen und wird schließlich von seinem vermeintlichen Freund Posa verraten und in seinen neuentdeckten menschlichen Gefühlen verletzt. Nachdem er Posa in blinder Rachsucht hat ermorden lassen und diesen Schritt zutiefst bereut, steht er zuletzt als greiser Infant und ohne den Glanz des absolutistischen Herrschers vor dem Großinquisitor, der ihn als ohnmächtige Marionette der Inquisition vorführt. Diese Entwicklung weist Philipp als die eigentliche tragische Figur des Dramas aus. Ungeachtet der Tatsache, dass sich der größte Teil der Literatur über den Don Karlos mit Marquis Posa beschäftigt, räumen ihm einige Forscher sogar die Stellung der zentralen Figur ein oder betrachten doch zumindest die Thematik einer Majestät, die aus dem Kreis des Menschlichen ausgeschlossen und damit ihrer Natur entfremdet wird als zentrales Motiv des Don Karlos. Die radikale Wandlung vom unnahbaren und gottähnlichen Despoten zum tragischen Charakter nachzuvollziehen und in ihren Ursachen zu analysieren ist das Ziel der vorliegenden Arbeit. Dafür ist es in einem ersten Schritt notwendig, den Charakter und die Situation Philipps darzustellen, um aufzuzeigen, worin seine Schwäche und sein Dilemma bestehen und deutlich zu machen, weshalb er Marquis Posa erliegt. In einem zweiten Abschnitt soll dann die Frage beantwortet werden, warum Philipps menschliche Schwäche seine anfangs unangreifbar erscheinende Machtposition aushöhlt und letztlich zerstört, so dass die Inquisition am Ende als die tatsächlich herrschende Macht über den König triumphieren kann.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- König Philipp: Der Konflikt zwischen „Menschsein“ und den höfischen Machtstrukturen
- Ein zwiespältiger Charakter und sein Dilemma
- “Mich lüstete nach einem Menschen“ – Philipp und Marquis Posa
- Die Vernichtung eines Königs
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Figur König Philipps in Schillers Don Karlos und analysiert dessen Wandlung vom unnahbaren Despoten zum tragischen Charakter. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie Philipps menschliche Schwächen seine Machtposition aushöhlen und letztlich zerstören. Die Arbeit beleuchtet die Spannungen zwischen Philipps „Menschsein“ und den höfischen Machtstrukturen, sowie die Rolle des Marquis Posa in der Entwicklung des Königs.
- Philipps zwiespältiger Charakter und sein Dilemma zwischen Menschsein und Herrscherrolle
- Die Beziehung zwischen König Philipp und seinem Sohn, Prinz Karlos
- Philipps Begegnung mit dem Marquis Posa und dessen Einfluss auf den König
- Die Rolle der Inquisition und ihre Macht über den König
- Philipps letztendliche Vernichtung als Folge seiner menschlichen Schwächen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt König Philipp als die zentrale tragische Figur des Dramas vor und skizziert die Zielsetzung der Arbeit. Sie beleuchtet die tiefgreifende Wandlung, die Philipp durchmacht, und weist auf die Diskrepanz zwischen seinem "Menschsein" und seiner Machtposition als König hin.
Das zweite Kapitel untersucht Philipps zwiespältigen Charakter. Es zeigt, wie Philipp, trotz seines despotischen Auftretens, menschliche Regungen und Schwächen offenbart, die ihn als eifersüchtigen Ehemann, einsamen Vater und sensiblen Menschen ausweisen. Diese menschlichen Bedürfnisse stehen jedoch in einem Spannungsverhältnis zu seiner Machtposition und führen zu einem inneren Konflikt.
Schlüsselwörter
König Philipp, Don Karlos, Friedrich Schiller, Machtstrukturen, Menschsein, Despotismus, Inquisition, Marquis Posa, Tragische Figur, Wandlung, Konflikt, Ambivalenz, Dilemma
- Citation du texte
- Tatjana Schäfer (Auteur), 2005, "So ist die Welt aus ihrer Bahn gewichen" - Zur Figur König Philipps in "Don Karlos", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54389