Wie kann man den Massenmord an den europäischen Juden darstellen, ohne in die Falle einer wie auch immer gearteten Ästhetisierung von Auschwitz zu tappen, um damit der Rationalisierung und Vereinnahmung Vorschub zu leisten? Welche Worte, welche poetischen Mittel kann und muß man finden, um den Unbeschreiblichkeitstopos, der über Auschwitz liegt, zu umgehen? Wie ist es möglich, das Unsagbare sagbar zu machen, wenn doch das Schweigen unmöglich ist? Ist es überhaupt möglich, dem unbeschreiblichen Leiden, dem unwiederbringlichen Verlust eine Art von Form und damit einen Sinn zu verleihen? Die von Adorno, in Form seines Diktums aufgeworfene Frage, inwieweit ästhetische Äußerungen nach Auschwitz überhaupt noch zulässig sind, hat Paul Celan auf seine eigene poetische Art beantwortet. Diese einzigartige Poetik soll, neben der Einschätzung und Verortung des adornitischen Diktums, im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen.
Der Zugang zu beiden Autoren erfolgt über deren Biographie, denn Denken und Leben lassen sich hier am wenigsten trennen, sind beiden doch die Erfahrungen des 20.Jahrhunderts mit Nationalsozialismus und Exil immanemt eingeschrieben. Der erste Teil beschäftigt sich mit dem Diktum und dessen Verortung im Denken von T.W. Adorno, um herauszuarbeiten, was ihn zu dieser Aussage veranlasste, - wollte er doch mit seinem Satz keineswegs der Lyrik oder anderen ästhetischen Gebilden die Existenzberechtigung absprechen, sondern auf die unheilvolle Verbindung von Kulturindustrie und Kultur/Kunst hinweisen - und welchen Ausweg, - der nur in der Verrätselung und Hermetisierung der Gebilde, in der Wiedererlangung der ästhetische Autonomie, - er sah.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zwischen Sprechen und Schweigen
- Hauptteil
- Adornos Satz
- Biographische Skizze T. W. Adorno (1903 - 1969)
- Celan poetisches Konzept
- Biographische Annäherung
- Gespräch im Gebirg
- Meridian - Bremer Rede
- Gemeinsamkeiten des Denkens? Hermetik als Konsequenz von Ausch-
- Zusammenfassung
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Beziehung zwischen Adornos Diktum „Alle Kultur nach Auschwitz … ist Müll“ und Celans Poetik, insbesondere im Hinblick auf das Schweigen und die Möglichkeit, den Holocaust in der Kunst darzustellen. Sie untersucht, wie Celans Poetik, die sich zwischen Sprachverweigerung und Sprachnegation bewegt, auf Adornos These reagiert.
- Die Unmöglichkeit der Ästhetisierung von Auschwitz
- Adornos Diktum und seine Einordnung in die Kulturkritik
- Celans poetisches Konzept und dessen Auseinandersetzung mit dem Diktum
- Das Verhältnis von Kunst und Kulturindustrie nach Auschwitz
- Die Rolle von Hermetik und Sprachverweigerung in der Kunst nach Auschwitz
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit dar: Wie kann man den Holocaust in der Kunst darstellen, ohne ihn zu ästhetisieren? Sie führt die beiden Autoren, Adorno und Celan, ein und skizziert ihre jeweiligen Zugänge zum Thema. Der Hauptteil analysiert zunächst Adornos Diktum, seine Entstehungsgeschichte und seine Einordnung in seine Kulturkritik. Anschließend wird Celans Poetik anhand seiner theoretischen Schriften und seines Prosastücks „Gespräch im Gebirg“ untersucht. Im Fokus stehen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Denkern im Hinblick auf das Schweigen, die Hermetik und die Möglichkeit der Kunst nach Auschwitz. Der letzte Abschnitt behandelt die Beziehung zwischen Adornos Diktum und Celans Poetik.
Schlüsselwörter
Adorno, Celan, Auschwitz, Holocaust, Kulturkritik, Kulturindustrie, Hermetik, Sprachverweigerung, Poetik, Ästhetik, Schweigen, Kunst, Moderne, Dialektik, Verdinglichung.
- Arbeit zitieren
- Manuela Lück (Autor:in), 2003, Zwischen Sprechen und Schweigen - Eine Auseinandersetzung zwischen Adornos Diktum und der Poetik Paul Celans, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/54863