Ex post Moral Hazard - Theorie und empirische Evidenz


Seminararbeit, 2005

21 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Symbolverzeichnis

1. Problemstellung und Motivation

2. Ex post moralisches Risiko in theoretischer Betrachtung
2.1 Einordnung und Bestimmung des ex post moralischen Risikos
2.2 Ursachen und Wirkungen ex post moralischen Risikos
2.3 Optimale Versicherungsverträge bei ex post moralischem Risiko
2.3.1 Versicherer kann exogenes Risiko beobachten
2.3.2 Versicherer kann exogenes Risiko nicht beobachten

3. Praktische Relevanz
3.1 Betroffene Versicherungsbereiche
3.2 Empirische Untersuchung von Dionne und St-Michel

4. Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Unfallgruppen

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Problemstellung und Motivation

Asymmetrische Information zwischen Versicherungsunternehmen (VU) und Versicherungsnehmern (VN) ist in weiten Teilen der Versicherungswirtschaft ein bedeutendes Thema, da hierdurch problematische Verhaltensanreize für VN entstehen können.

Asymmetrische Information kann dabei als Spielfeld eines potentiellen Spannungsverhältnisses zwischen den beteiligten Vertragspartnern bezeichnet werden. Innerhalb dieses Spannungsverhältnisses werden die VU auch durch ex post moralisches Risiko immer wieder mit Forderungen nach Versicherungsleistungen konfrontiert, denen eigentlich kein entsprechend versicherter Schaden gegenübersteht. In einer Untersuchung zum Thema Versicherungsbetrug in einem amerikanischen Kfz-Versicherungsmarkt wird das Ausmaß des generellen Problems betrügerischer Ansprüche deutlich:

Es wurde herausgefunden, dass 10 % der Schadenmeldungen betrügerische Ansprüche zu Grunde liegen und fast 40 % der Reparaturrechnungen von 18-34 jährigen um rund 50 % überhöht sind.[1]

Im Folgenden soll daher ex post moralisches Risiko grundsätzlich erläutert und die Anreizwirkung hierdurch aufgezeigt werden. Eine empirische Untersuchung soll zudem darstellen, inwiefern ex post moralisches Risiko zu betrügerischen Ansprüchen tatsächlich beiträgt.

2. Ex post moralisches Risiko in theoretischer Betrachtung

2.1 Einordnung und Bestimmung des ex post moralischen Risikos

Das Phänomen des moralischen Risikos stellt einen Unterpunkt des Themenbereichs asymmetrischer Information dar: Moralisches Risiko ist in Prinzipal-Agenten Situationen von Bedeutung, in denen ein Vertragspartner das Handeln des Anderen nicht beobachten kann. Die Handlungen und Anstrengungen des Agenten sind für den Prinzipal weder beobachtbar, noch lassen sich durch die erzielten Ergebnisse eindeutige Rückschlüsse auf das Handeln ableiten. Für den Agenten entsteht hier nach Vertragsabschluss ein Verhaltensspielraum. Eben durch die mangelnde Beobachtbarkeit bestehen Anreize für den Agenten, diesen Verhaltensspielraum zu seinem eigenen Interesse auszunutzen.[2]

Moralisches Risiko im Versicherungsverhältnis besteht, wenn der VN die Eintrittswahrscheinlichkeit oder die Schadenhöhe nach Vertragsabschluss durch sein Verhalten beeinflussen kann. Zusätzlich darf das VU nicht in der Lage sein, eben dieses Verhalten oder die realisierten Umweltzustände isoliert zu beobachten. Vielmehr darf das VU nur das Ergebnis der Kombination Umwelt und Handlung beobachten und die Versicherungsleistung eben auf diese Größe beziehen. In diesem Fall bestehen zum Beispiel Anreize für den VN ein geringes Sorgfaltsniveau zu wählen. Hierdurch kann er seinen Nutzen unmittelbar steigern, da er eben den Aufwand für Sorgfalt einsparen kann, während der höhere Erwartungsschaden von der Versicherung zu tragen ist. Diese Verhaltensanpassung wird nach Arrow durch den Begriff moralisches Risiko beschrieben.[3]

Ex post moralisches Risiko bezieht sich auf den nicht beobachtbaren Handlungsspielraum des VN, der sich nach Eintritt des Schadens bietet. Die Handlungen des VN können im ex post moralischem Risiko daher nur Einfluss auf die Schadenhöhe und nicht auf die Eintrittswahrscheinlichkeit haben.[4] Der beschriebene Handlungsspielraum ist von besonderer Bedeutung, da durch das Verhalten des VN nach Schadeneintritt die Schadenhöhe noch in erheblichem Maße beeinflusst werden kann. Dabei kann der VN durch die Wahl seiner Handlungen auch legale Verhaltensspielräume verlassen und durch kriminelle Handlungen Versicherungsbetrug begehen.[5]

Die dem ex post moralischem Risiko zugrunde liegende asymmetrische Information besteht darin, dass das VU den Eintritt eines exogen zufälligen Umweltzustandes nicht beobachten kann, während dem VN der Umweltzustand nach Eintritt bekannt wird. Das VU ist in diesem Fall gezwungen, die Versicherungsleistung auf Größen abzustellen, die im Einflussbereich des VN liegen. Dies kann zu erheblichen Anreizen seitens des VN führen, eine möglichst hohe Schadenzahlung zu erreichen. Diese übersteigt eine des zugrunde liegenden Schadenereignisses angemessene Höhe.

Es ist auch möglich, dass das die Versicherungsleistung allein auf eine beobachtbare Handlung des VN bezogen werden muss, da der Schaden überhaupt nicht beobachtbar ist. Dies kann in der Krankenversicherung der Fall sein: Hier hat der VN erheblichen Handlungsspielraum bezüglich der Behandlung seiner Erkrankung. Es handelt sich also auch um Handlungsspielraum (Behandlungsart) nach Eintritt des Schadens (der Erkrankung). Das VU kann anhand der Arztrechnung nicht feststellen, ob die Behandlung notwendig war, da sie den eigentlichen Schaden nicht beobachten kann. Hier wird die Versicherungsleistung also direkt auf das Handeln des VN bezogen.[6]

Ex post moralisches Risiko beschreibt also die Gefahr, dass ein VN nach Schadeneintritt ein anderes Verhalten wählt, als er es ohne Versicherungsschutz wählen würden. Das Hauptproblem des ex post moralischen Risikos besteht für die Versicherungswirtschaft in den überhöhten Versicherungsleistungen. Diese sind Ausdruck des erhöhten Konsums von Leistungen durch die Versicherten.[7]

2.2 Ursachen und Wirkungen ex post moralischen Risikos

Wenn das VU den tatsächlich realisierten Umweltzustand oder Schaden nicht beobachten kann und der VN ex post Einfluss auf die Höhe des Schadens hat, muss das VU die Versicherungsleistung an eine für sie beobachtbare Größe (eingereichte Schäden, Rechnungen) koppeln. Es ist anzunehmen, dass höhere Versicherungsleistungen einen höheren Nutzen für den VN bedeuten.

Wäre keine Versicherung vorhanden, so wird in dem Maße das betreffende Gut/ Schadenbehebung konsumiert, bis sich Grenzkosten und Grenznutzen entsprechen. Durch eine vollständige Versicherung eines Risikos werden die Grenzkosten des Konsums aber auf Null gesenkt. Unter angenommenen Informationsasymmetrien maximiert der VN jetzt seinen Nutzen, indem er den Konsum anpasst, bis der Grenznutzen den Grenzkosten in Höhe von Null entspricht. Solange die Nachfrage nach dem Gut nicht völlig unelastisch ist, wird er den Konsum ausdehnen.[8] In eben dieser Ausdehnung des Konsums versicherter Leistungen wird das ex post moralische Risiko greifbar.

Es ergibt sich ein sozial ineffizientes Konsumniveau des Gutes, weil die sozialen Grenzkosten den Grenznutzen übersteigen. Eine Verminderung des Konsums/Schadenbehebung würde Wohlfahrt steigernd wirken.

VU müssen also von versicherungsinduzierten Verhaltensänderungen seitens der VN für den Fall elastischer Nachfrage ausgehen. Um keine Verluste zu erleiden, muss die Prämie den gesteigerten Versicherungsleistungen nach oben angepasst werden. Pauly spricht in diesem Zusammenhang von einem Gefangenen- Dilemma, da für jeden einzelnen VN die bessere Strategie im erhöhten Konsum liegt, während kollektiv effizienter Konsum Wohlfahrtsverbesserungen zuließe.[9]

Analog lässt sich das Auftreten ex post moralischen Risikos in Bezug auf Schadenbegrenzung oder Sorgfaltsniveau nach Schadeneintritt erklären: Ohne Versicherung wird ein Sorgfaltsniveau nach Schadeneintritt gewählt, bei dem der private Grenznutzen (verminderter Schaden) den privaten Grenzkosten des Sorgfaltsniveaus entspricht. Durch eine vollständige Versicherung des Risikos vermindert sich aber der private Grenznutzen des Sorgfaltsniveaus: Zwar mindert Sorgfalt immer noch die Schadenhöhe, reduziert aber gleichzeitig die Höhe der Versicherungsleistung. Daher ist es bei entsprechend vollständiger Versicherung für den einzelnen VN rational, Schadenbegrenzung oder Sorgfalt zu reduzieren, bis sich privater Grenznutzen und Grenzkosten wieder entsprechen.

[...]


[1] Zweifel / Eisen (2000), S. 295.

[2] Mas-Colell / Whinston / Green (1995), S. 477 f.

[3] Arrow (1963), S. 21 f.

[4] Zweifel / Eisen (2000), S. 294.

[5] Zweifel / Eisen (2000), S. 293 f.

[6] Nell (1993), S. 119.

[7] Nell (1993), S. 122.

[8] Pauly (1968), S. 532.

[9] Pauly (1968), S. 534.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Ex post Moral Hazard - Theorie und empirische Evidenz
Hochschule
Universität Hamburg  (Institut für Versicherungsbetriebslehre)
Veranstaltung
Seminar zur Versicherungsnachfragetheorie
Note
2,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
21
Katalognummer
V55085
ISBN (eBook)
9783638501293
ISBN (Buch)
9783656780373
Dateigröße
428 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Moral, Hazard, Theorie, Evidenz, Seminar, Versicherungsnachfragetheorie
Arbeit zitieren
Julien Kleiner (Autor:in), 2005, Ex post Moral Hazard - Theorie und empirische Evidenz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55085

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