Gleichberechtigung trotz Hierarchie und Uniform? Stellung der Frau in der Heilsarmee


Dossier / Travail de Séminaire, 2006

19 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Heilsarmee. Ein Einstieg

2. Die Heilsarmee- kurzer Abriss zu ihrer Entstehung und Entwicklung

3. Stellungnahmen der Heilsarmee zu „frauenrelevanten“ Themen
3.1 Ehe und Scheidung
3.2 Sexualität
3.3 Familie und Erziehung

4. Herausragende Frauengestalten ganz oben in der Heilsarmee
4.1 Catherine Booth – Die Mitbegründerin
4.2 Evangeline Booth – Die erste Frau an der Spitze
4.3 Dr. Eva Burrows – Die zweite Generalin

5. Stellung der Frauen in der Heilsarmee heute

6. Fazit

7. Literaturangaben

1. Heilsarmee. Ein Einstieg

Die Heilsarmee stellt sich in der Öffentlichkeit immer wieder als eine der ersten Freikirchen dar, in denen auch Frauen das Recht zu predigen zugestanden wurde. Gleichberechtigung wird von den Mitgliedern als ein Menschenrecht angesehen. Die Frau sei von Anfang an dem Mann gleichgestellt und habe in der „evangelistischen wie sozialen Arbeit Hervorragendes geleistet(.)“[1], so heißt es in einer Selbstdarstellung der Gemeinschaft. Wie sieht es aber in der Wirklichkeit aus? Ist die Frau möglicherweise auf den sozialen Arbeitsbereich der Heilsarmee in den zugehörigen Sozialwerken beschränkt? Die streng hierarchische Ordnung der Gemeinschaft, lässt die These zu, dass Frauen nur in den unteren Bereichen, beispielsweise nur ehrenamtlich als Soldatinnen, tätig sind und sich hier sozial engagieren. Weiterhin kann man, da es sich um eine Armee handelt, vermuten, dass es für Frauen möglicherweise schwieriger ist hohe Ämter zu übernehmen und ihre Mitarbeit eher im praktischen sozialen Feld erwünscht ist. Zwei ehemalige Generalinnen, also höchste Leiterinnen der Heilsarmee, die diese bisher vorweisen kann, sind vielleicht nur Ausnahmen von Frauen, die sich ihr Ziel hart und aufopferungsvoll erkämpfen mussten. Auch die Heilsarmee ist Teil einer Gesellschaft, die Frauen zwar offiziell gleiche Rechte zugesteht, aber dennoch eine traditionelle Erwartungshaltung an sie stellt. Das Bild der Frau als Erzieherin, Mutter und Haushälterin ist noch lange nicht vollständig aus den Köpfen verschwunden. Ist es möglich, dass sich eine religiöse Gemeinschaft konsequent von den Vorstellungen der Gesellschaft, in der sie existiert, loslösen kann? Diese Arbeit möchte nun versuchen einige Fragestellungen zu beleuchten und gleichzeitig einen Einblick in die Tradition und Werte der Heilsarmee geben. Stellung und mögliche typische Arbeitsbereiche der Frau in einer freichristlichen Gemeinschaft, bestehend aus Soldaten und Offizieren sollen hier nun herausgearbeitet werden.

Im Sinne des Staatskirchenrechts handelt es sich bei der Heilsarmee um eine evangelische Freikirche. Die Heilsarmee selbst versteht sich jedoch im Gegensatz zu den meisten anderen Glaubensgemeinschaften nicht als solche. Der Begriff Freikirche bezeichnet eine „rechtlich und verwaltungsmäßig(e) selbständige Glaubensgemeinschaft(en).“[2] Im Unterschied zu den Staatskirchen, deren Mitglieder durch die Verbindungen zwischen Kirche und Staat beispielsweise Steuererleichterungen u.ä. Vorteile erhalten, bestehen die Freikirchen auf eine strikte Trennung von Kirche und Staat.[3] Die Heilsarmee sieht sich als eine Heiligungs- und Erweckungsbewegung, die konfessionsunabhängig ist. Deshalb kommt der Heiligung hier auch eine sehr große Bedeutung zu. Der Gläubige ist Teil der Welt und soll sich als Bekehrter für Gottes Schöpfung und ein würdiges Leben seiner Mitmenschen verantwortlich fühlen und einsetzen.[4] Dies spiegelt sich besonders in der großen sozialen Verantwortung der Heilsarmee wider. So unterhält die Heilsarmee in zahlreichen Ländern Obdachlosen- und Mädchenheime, sowie Heime für entlassene Strafgefangene und andere soziale Randgruppen. Außerdem leitet sie Krankenhäuser, Polikliniken, Schulen und Kindertageseinrichtungen, nicht nur in Missionsländern.[5] Allein in Deutschland existieren 42 Sozialwerke. Die Gemeinschaft engagiert sich seit Jahrzehnten auch politisch und hat nach eigenen Angaben schon einiges auf diesem Sektor erreicht. So wurden u.a. auf Drängen der Heilsarmee tausende japanische Prostituierte freigelassen und sie erreichten 1938 die Schließung einer Strafkolonie der Franzosen.[6]

Die Heilsarmee ist stark hierarchisch organisiert. Oberster internationaler Leiter ist ein General oder eine Generalin (neben Evangeline Booth, Tochter des Gründers, gab es eine weitere Generalin, nämlich die Australierin Dr. Eva Burrows, die 1993 abgelöst wurde[7] ), der oder die vom „Hohen Rat“ gewählt wird. Dieser besteht aus Kommandeuren und Leitern aus allen Ländern in denen die Heilsarmee vertreten ist.[8] General oder Generalin haben die Aufgabe einen Stabschef zu ernennen, welcher dann der zweite Kommandierende der Armee ist.[9] Weiterhin ernennt der/die General/in alle höheren Offiziere unter Beratung der Leiter der Nationalen Hauptquartiere, den Kommandeuren, welche wiederum die Offiziere bis zum Majorsrang ernennen dürfen.[10] Diese Offiziere sind hauptberuflich für die Heilsarmee tätig. Neben den Berufsoffizieren, die auf entsprechenden Offiziersschulen ausgebildet werden, gibt es noch Lokaloffiziere. Diese haben einen bürgerlichen Beruf und übernehmen zusätzliche Aufgaben, während die Soldaten, unterste Einheit der Heilsarmee, nur ehrenamtlich aus innerer Überzeugung heraus tätig sind.[11]

Die Heilsarmee ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, weiterhin ist sie stilles Mitglied im Ökumenischen Rat. Außerdem arbeitete sie in der Evangelischen Allianz mit und hat Gaststatus in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Deutschland.[12] Das Nationale Hauptquartier der Heilsarmee befindet sich in Köln, am Salierring 23.

2. Die Heilsarmee – kurzer Abriss zu ihrer Entstehung und Entwicklung

William Booth, späterer Mitbegründer der Heilsarmee, wurde 1829 in Nottingham geboren. Recht schnell schloss er sich einer Methodistengemeinde an und wurde dort zu einem Erweckungsprediger[13]. Er entwickelte jedoch zusehends eine eigene Vorstellung von Kirche und wandte sich 1861 von den Methodisten ab[14]. Er war der Auffassung man sollten den Menschen aus christlicher Nächstenliebe heraus bessere Lebensbedingungen vermitteln, was nur möglich war, indem man auf der Straße, also bei den Ärmsten, das Evangelium verkündete und ihnen „Suppe“, „Seife“ und „Seelenheil“ verschaffte[15].

1865 ließ sich Booth mit seiner Verlobten Catherine im ärmsten Viertel Ost-Londons nieder um dort das Evangelium zu verkünden und auch sozial zu wirken.[16] Beide gründeten 1869 die „Christliche Mission“, die sehr schnell durch feste Satzungen und mit Booth als Generalsuperintendent militärische Züge annahm. Begründet wurde dies durch die schwere Missionsarbeit in den Elendsvierteln und die daher erforderliche enge Zusammenhaltung der Mitglieder.[17] 1878 nannte man die „Christliche Mission“ in Salvation Army (Heilsarmee) um und die militärische Organisation wurde deutlicher.[18] Die Heilsarmee verstand sich von Anfang an nicht so sehr als eine Kirche, sondern eher als eine „militia Christi[19] “.Insbesondere die Benennung der Angehörigen zu Soldaten und Offizieren, sowie die Verwendung von Fahnen und das Tragen von Uniformen machen dies offensichtlich. In den Kirchen und auch in der Öffentlichkeit stieß dies zunächst auf große Ablehnung wurde jedoch nach und nach akzeptiert.

1880 startete die Heilsarmee international. Zunächst breitete sie sich in den USA und Australien aus, kam ein Jahr später nach Frankreich, schließlich nach Kanada, Indien, Schweden und in die Schweiz.[20] 1886 begann die Heilsarmee erstmals ihre Arbeit in Deutschland und wurde auch hier von Staat und Kirche sehr skeptisch betrachtet.[21] 1887 wurde in Berlin das erste Mädchenheim eingerichtet und die Skepsis wurde sehr langsam von Dankbarkeit und Respekt abgelöst. In den USA hat die Heilsarmee ihre bisher größte Ausbreitung gefunden.[22] Hier finden sich auch die Reste der bedeutendsten Abspaltungen der Gemeinschaft, welche ihren Ursprung ebenfalls in London haben. Zu nennen sind hier zum einen die „Volunteers of America“, die sich besonders der Betreuung von Strafgefangenen in den USA widmen, sowie des Weiteren die „Church Army“, die besonders in den Ländern des Commonwealth tätig ist.[23] In Deutschland blieb die Heilsarmee stets eine recht kleine Gemeinde, was auf die ablehnende Haltung im Kaiserreich gegenüber einer predigenden Frau zurückzuführen ist. Bedeutend für diese Entwicklung war auch die feindliche Haltung der Arbeiterschaft, also der eigentlichen Zielgruppe, gegenüber Religion allgemein.[24]

So blieb die Heilsarmee in Deutschland stets eine kleine christliche Randgruppe.

Da die Heilsarmee nicht das Recht hat Kirchensteuer einzuziehen, ist sie auf Spenden ihrer „Mitglieder, Freunde und Gönner“[25] angewiesen. Diese machen den größten Teil der reinen Einnahmen aus. Zwar zieht die Heilsarmee ihre größte Summe aus der Sozialarbeit, diese Einahmen sind zum jedoch Teil staatliche Gelder und werden auch fast vollständiger wieder in diese investiert. 2004 hatte die Heilsarmee Deutschland einen Bilanzgewinn von 75921,08 €, u.a. aufgrund hoher Spenden und gestiegener Erbschaftsübertragungen.[26]

3. Stellungnahmen der Heilsarmee zu „frauenrelevanten“ Themen

Die Heilsarmee hält für ihre Mitglieder, ebenso wie jede andere christliche Gemeinschaft, bestimmte Vorschriften oder vielmehr Empfehlung bezüglich des eigenen Verhaltens bereit. So ist beispielsweise einer der wichtigsten Grundsätze für die Mitglieder der Heilsarmee der Verzicht auf jegliche Art von Suchtmitteln, wie z.B. auch Alkohol und Zigaretten. Die Gemeinschaft verpflichtet ihre Mitglieder, wenn sie aufgenommen werden wollen, auf die Kriegsartikel, in denen der völlige Verzicht auf Alkohol und Nikotin ausdrücklich erwähnt wird. Ein Umgehen der Kriegsartikel oder der Stellungnahmen der Heilsarmee ist nicht möglich. Die Stellungnahmen der Heilsarmee zu Dingen des heutzutage (fast) alltäglichen Lebens beruhen auf Versen und Absätzen aus der Bibel, die entsprechend ausgelegt werden. Da es sich bei der Heilsarmee um eine Heilungsbewegung handelt, wird der einzelne, der sich eines Vergehens schuldig gemacht hat, nicht sofort ausgeschlossen. Die anderen Mitglieder haben stattdessen die Aufgabe ihn wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Da die Heilsarmee die Sakramente, also auch die Kindstaufe ablehnt, entscheiden sich die Mitglieder meist selbstständig in einem mündigen Alter für den Eintritt und die damit verbundenen Rechte, Verpflichtungen, Ansichten und Einstellungen der Heilsarmee. Diese bewusste Entscheidung wird Bekehrung genannt. Da die meisten Mitglieder durch Familienangehörige schon im Kindesalter engen Kontakt zur Heilsarmee haben, ist diese Bekehrung für viele besonders wichtig. Nach meinen Informationen gibt es bei einem Wandel der eigenen Einstellungen oder anderen Differenzen aber auch keine Probleme für Mitglieder wieder aus der Heilsarmee auszutreten.

Die Heilsarmee hält natürlich auch Anweisungen und Empfehlungen zu Themen bereit von denen, besonders Frauen betroffen, und durch die, sie in anderen Kirchen sogar benachteiligt sind. Diese Stellungnahmen sollen nun eingehend hinterfragt werden.

[...]


[1] Was glauben die anderen?, 1977, S. 93-94.

[2] Religionen in Deutschland, 1994, S. 36-37.

[3] vgl.: ebd, S. 37

[4] vgl.: Kirchenlexikon, 1990, S. 96den.

[5] vgl.: Was glauben die anderen, 1977, S. 91.

[6] vgl.: ebd

[7] vgl.: Religionen in Deutschland, 1994, S. 54.

[8] vgl.: Was glauben die anderen?, 1977, S. 93.

[9] vgl.: ebd.

[10] vgl.: Handbuch religiöser Gemeinschaften, 1985, S. 131.

[11] vgl.: ebd.

[12] Kirchenlexikon, 1990, S. 98-99.

[13] vgl.: Kirchenlexikon, 1990, S. 97.

[14] vgl.: ebd

[15] vgl.: Handbuch religiöser Gemeinschaften, 1985, S. 125.

[16] vgl.: Kirchen, Sondergruppen und religiöse Vereinigungen. Ein Handbuch, 1986, S. 75.

[17] vgl.: Handbuch religiöser Gemeinschaften, 1985, S. 126.

[18] vgl.: ebd

[19] Kirchen, Sondergruppen und religiöse Vereinigungen. Ein Handbuch, 1986, S. 75.

[20] vgl.: Religionen in Deutschland, 1994, S. 53.

[21] vgl.: ebd

[22] vgl.: Kirchenlexikon,1990, S. 98.

[23] vgl.: Handbuch religiöser Gemeinschaften; 1985, S. 126.

[24] vgl.: Geldbach/Kenning, 2003, S. 68f.

[25] Jahresbericht der Heilsarmee 2004, S. 12.

[26] vgl.: Jahresbericht der Heilsarmee 2004, S. 10-11.

Fin de l'extrait de 19 pages

Résumé des informations

Titre
Gleichberechtigung trotz Hierarchie und Uniform? Stellung der Frau in der Heilsarmee
Université
University of Cologne  (Erziehungswissenschaftliche Fakultät)
Cours
Religiöse Minderheiten im Kölner Raum
Note
1,7
Auteur
Année
2006
Pages
19
N° de catalogue
V55843
ISBN (ebook)
9783638506960
ISBN (Livre)
9783638765824
Taille d'un fichier
445 KB
Langue
allemand
Annotations
Allgemeine Informationen über die Heilsarmee sowie spezielle Details zur Stellung und Selbstpositionierung der Frau in der Heilsarmee.
Mots clés
Gleichberechtigung, Hierarchie, Uniform, Stellung, Frau, Heilsarmee, Religiöse, Minderheiten, Kölner, Raum
Citation du texte
Andrea Kuschel (Auteur), 2006, Gleichberechtigung trotz Hierarchie und Uniform? Stellung der Frau in der Heilsarmee, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55843

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