Einfluss der demographischen Entwicklung in den europäischen Industrienationen auf die Kapital- und Immobilienmärkte


Dossier / Travail, 2003

38 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundlagen
2.1. Die demographische Entwicklung in den europäischen Industrienationen bis
2.2. Die volkswirtschaftliche Abhängigkeit von demographischen Entwicklungen

3. Auswirkungen auf den Kapitalmarkt
3.1. Volkswirtschaftliche Implikationen
3.2. Auswirkungen auf Aktien- und Renten-Markt
3.3. Rolle der Altervorsorge
3.4. Auswirkungen auf das Privatkundengeschäft
3.4.1. Retail-Banking
3.4.2. High Net Worth Individuals
3.5. Auswirkungen auf das Firmenkundengeschäft
3.6. Zwischenfazit

4. Auswirkungen auf den Immobilienmarkt
4.1. Aktuelle Marktlage
4.2. Wohnungsmärkte
4.3. Büro- und Kommunalimmobilien
4.4. Zwischenfazit

5. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Internetverzeichnis

Anhang

Ehrenwörtliche Erklärung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Gemäß Berechnungen der Vereinten Nationen wird die Bevölkerung Europas von derzeit 726 Mio. Personen bis 2050 auf 632 Mio. zurückgehen.[2] Die OECD erwartet einen Rückgang in ihren Staaten Europas (ohne Türkei) von 465 Mio. in 2000 auf 420 Mio. Menschen.[3] Das Statistische Bundesamt erwartet in seiner jüngst veröffentlichten Bevölkerungsvorausberech-nung allein in Deutschland bis 2050 einen Rückgang zwischen 2% und 19%.[4] Neben diesem Bevölkerungsschwund wird eine deutliche Verschiebung in der Altersstruktur prognostiziert. Europaweit wird es in den kommenden Dekaden mehr Ältere und weniger Kinder geben.[1]

Die Auswirkungen dieser Vorausschätzungen für die europäischen Nationen der OECD sind gravierend und beherrschen zunehmend die aktuelle Tagespolitik. Dies zeigen die Debatten um die zahlreichen Reformansätze und -vorschläge bezüglich der Renten-, Gesundheits- und Arbeitsmarktsysteme. Auch die Finanzdienstleister erkennen zunehmend die Problematik der unabwendbar bevorstehenden demographischen Veränderungen. Darauf weisen Artikel in den Fachzeitschriften, wissenschaftliche Arbeiten durch die Researchabteilungen und Diskus-sionen wie kürzlich auf der European Banking and Insurance Fair hin.

Die vorliegende Hausarbeit will die Auswirkungen der demographischen Entwicklungen in den europäischen Industrienationen auf die Kapital- und Immobilienmärkte darstellen und so den Handlungsbedarf für Politik, Kreditinstitute und Investoren klären.

Aufbauend auf der Darstellung der wahrscheinlichen Bevölkerungsentwicklung bis 2050 (Ka-pitel 2.1.) sollen die Interdependenzen von Änderungen in der Bevölkerungsanzahl und volks-wirtschaftlicher Größen betrachtet werden (2.2). Dies soll Grundlage für die nähere Betrach-tung der Kapital- und Immobilienmärkte in den Kapiteln 3 und 4 sein. Schwerpunkte werden auf die veränderten Anforderungen im Privatkundengeschäft (3.4.) sowie die Möglichkeiten der Optimierung des Investitionsverhaltens gelegt. Abschließend soll in der Schlussbetrach-tung der Kreis geschlossen und ein Ausblick auf die weitere Entwicklung gewagt werden.

2. Grundlagen

Demographische Prognosen basieren auf einer Fortschreibungsmethode.[5] Unter der Betrach-tung der historischen Entwicklung verbunden mit Annahmen zu Fertiliät (Geburtenhäufigkeit – angegeben als Anzahl der Kinder pro Frau), Mortalität (Lebenserwartung) und Migration (Wanderungsbewegungen) wird die zu einem Stichtag bekannte Bevölkerungsstruktur fortge-

schrieben. Ob solcher Annahmen bleiben Bevölkerungsvorausberechnungen mit Unsi-cherheiten verbunden. Einschneidende Ereignisse, wie Kriege oder Naturkatastrophen, sind kaum zu berücksichtigen. Dennoch können dem aktuellen Bevölkerungsaufbau strukturinhä-rente Entwicklungsvarianten dargestellt werden.

2.1. Die demographische Entwicklung in den europäischen Industrienationen bis 2050

In den nächsten 47 Jahren wird sich die Erdbevölkerung von rund 6,3 Mrd. auf 8,9 Mrd. erhö-hen.[6] Besonders ob sinkender Fertilitätsraten und der höheren Annahme von Todesfällen aufgrund von HIV[7] bedeutet dies ein deutlich verlangsamtes Wachstum gegenüber den Prog-nosen früherer Dekaden. Um 2100 wird sich die Erdbevölkerung bei circa 11 Mrd. ein-pendeln.[8]

Während die Fertilität in den meisten Regionen derzeit um 2,23 – i.e. die Höhe des natürli-chen Reproduktionsniveaus[9] – liegt und erst in den 30er Jahren dieses Jahrhunderts leicht da-runter fallen wird, ruhte sie in den europäischen Nationen und Japan spätestens seit Beginn der 1970er Jahre deutlich unterhalb dieses Stands.[10] Dies deutet an, dass sich die Bevölkerung weltweit unterschiedlich entwickelt. Sie wird insbesondere in den wenig entwickelten Regio-nen vorerst ferner dynamisch wachsen, wohingegen sich in Europa ein anderes Bild mit ein-schneidenden Tendenzen zeigt:

Zunächst wird die Bevölkerung bis 2015 (in Frankreich und Großbritannien bis 2025) zuneh-men, nach einer Phase der Stagnation jedoch bis 2050 schrumpfen.[11] Gründe: Die Menschen werden von einer steigenden Lebenserwartung infolge eines starken Sterblichkeitsrückganges profitieren.[12] Die durchschnittliche Lebenserwartung wird 2050 beispielsweise in Deutschland um 4 bis 8 Jahre für Neugeborene über dem Niveau von 2000 von 74,8 Jahren für Jungen und 80,8 für Mädchen liegen.[13] Wenngleich die steigende Lebenserwartung für eine steigende An-zahl an Personen spricht, so wird dieser Effekt verbesserter Medizin deutlich durch die zu ge-ringe Fertilität konterkariert. Wegen des Sterbeüberschusses aufgrund des geringen Geburten-niveaus wird die Gesamtbevölkerung sinken[14] und der Anteil der über 60-Jährigen stetig steigen – in den Industrienationen Europas von derzeit 19% auf über 32%. Somit wird es 2050

mehr als doppelt so viele über 60-Jährige wie unter 15-Jährige geben.[15] In Deutschland und Italien wird der Anteil der Personen über 80 Jahren über den der unter 20-Jährigen steigen.[16]

Die Verschiebung in der Altersstruktur wird das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Jungen und Alten grundlegend ändern und die bekannte Bevölkerungspyramide in eine Urnenform[17] wandeln. Ausdruck findet dies in überdurchschnittlich steigenden Medianaltern[18] der europä-ischen Nationen. Es wird beispielshalber in Spanien 2050 bei geschätzten 54,3 (gegenüber 37,9 in 2000), in Frankreich bei 43,9 (37,6) und in Deutschland bei 48,4 (40,0) liegen.[19]

Hierin ruhen schließlich die besonderen Belastungen für unsere derzeit auf der Umlagefinan-zierung basierten Sozialsysteme begründet. Denn der Altenquotient steigt. Dieser gibt die Re-lation der Personen im rentenfähigen Alter (i.e. die über 60- bzw. 65-Jährigen) zu 100 Perso-nen im Erwerbsalter (i.e. zwischen 15 bzw. 20 und 60 bzw. 65 Jahren) an.[20] Seine Bedeutung zeigt ein einfaches Rechenexempel. Verdoppelt sich der Altersquotient – wie für die europäi-schen Industrienationen vorausberechnet – heißt dies für die umlagefinanzierten Alterssiche-rungssysteme, dass c. p. das Rentenniveau um 50% gekürzt oder die Beitragslast um 100% erhöht werden müssten. Am stärksten hiervon betroffen werden Spanien und Italien sein mit Altersquotienten von 0,99 bzw. 0,92. Für die USA wird er währenddessen nur um 0,49 prog-nostiziert.[21] In Deutschland wird er sich auf 0,78 fast verdoppeln.[22] Ein um 7 Jahre längeres Erwerbsleben (Renteneintritt einheitlich mit 67 Jahren) würde den Quotienten auf unter 0,50 drücken. Dies scheint aufgrund der real deutlich gesunkenen Eintrittsalter in den letzten 50 Jahren[23] vorerst ebenso unwahrscheinlich wie eine Erhöhung der jährlichen Arbeitszeit.[24]

Dies zeigt hier bereits deutlich die sich zukünftig ergebene Belastung für das nunmehr dop-peldeutig alte Europa. Insbesondere deshalb, da der steigende Altenquotient ein sinkendes Er-werbspersonenpotential andeutet[25]. Laut IBA erreicht das Potential in Deutschland 2010 ein Maximum mit 42 Mio. Berufstätigen und sinkt bis 2040 auf 34 Mio.[26] Die Auswirkungen der demographischen Entwicklungen auf Märkte, Wirtschaft und Gesellschaft werden dadurch ungleich höher sein, zumal die Anzahl der real Erwerbstätigen unterhalb des Potentials liegt

(in Frankreich, Spanien und Italien unter 70%[27] in 1999, in Deutschland aktuell bei circa 75%).

Wo die Anzahl Erwerbstätiger nicht erhöht werden kann, steigt die Notwendigkeit von Arbeit substituierenden, kapitalintensiven Produktionsformen enorm.

2.2. Die volkswirtschaftliche Abhängigkeit von demographischen Entwicklungen

Die Probleme einer alternden und schrumpfenden Bevölkerung bleiben, wie angedeutet, nicht auf die Altersicherungssysteme beschränkt. Es ergeben sich ebenso Auswirkungen auf das ge-sellschaftliche Wertesystem, die Umwelt, Preise für Arbeit und Kapital, den Arbeitsmarkt sowie auf das Potential wirtschaftlichen Wachstums.[28]

In einer alternden Bevölkerung ist ein Wandel der gesellschaftlichen Werte auf vielen Ebenen wahrscheinlich[29]. Dies wird auch auf die Konsumpräferenzen der Wirtschaftssubjekte zutref-fen. So werden die Unternehmer und Dienstleister verstärkt mithilfe demographischen Marke-tings[30] den Bedürfnissen Älterer folgen müssen, um am Markt zu bestehen.

Auswirkungen auf die Umwelt ergeben sich plausibler weise aus der Überlegung, dass weni-ger Menschen – bei gleich bleibenden Lebensstandards – weniger Ressourcen verbrauchen, was die Umwelt tendenziell weniger belastet, welches positive Einflüsse wiederum auf die Mortalität hat und vice versa.

Für weitere Ausführungen sollen folgende Annahmen gelten: (1) die gesamtwirtschaftlichen Konsistenzbedingungen auf Grundlage des Markträumungsansatzes mittels Preisen (neoklas-sisch) sowie Angebots- und Nachfragemengenrationierung (keynesianisch), (2) die Optimie-rungsmaxime der Wirtschaftssubjekte entsprechend ihrer Präferenzen unter Berücksichtigung der Budgetbeschränkungen und (3) das Bestehen eines Kreditmarktes mit einem regulativem Zinssatz i. Unter Verwendung dieser Grundsätze können die Wirtschaftssubjekte, über mehre-re Perioden betrachtet, zwischen jetzigem und späterem Konsum wählen. Für jede Einheit eines Gutes, auf welche sie heute verzichten, erhalten sie in der Zukunft mehr Einheiten. Der Mehrkonsum ist positiv abhängig von i.[31] Spiegelbildliches gilt für den Arbeitseinsatz. Bei stei-gendem i wird ein Wirtschaftssubjekt heute mehr arbeiten, um sich mehr Freizeit in späteren Perioden leisten zu können (intertemporaler Substitutionseffekt[32]). Wann Konsum und Ar-beitseinsatz erfolgen hängen also von i, aber hauptsächlich außerdem vom Planungshorizont, ab. Die Wahl des Planungshorizontes hat weitreichende Auswirkungen auf die Kapitalmärkte.

Wird die Lebenszyklusmethode[33] als Basis unterstellt, bedeutet dies in Konsequenz, die Haus-halte sparen während ihres Erwerbslebens und entsparen im Ruhestand zu Konsumzwecken ihr Vermögen völlig. Alternativ finanzieren sie den Konsum mithilfe von Transferzahlungen des Staates oder der Kinder. Realistischer scheint die Annahme eines unendlichen Planungs-

horizontes aus folgenden Gründen: (1) der Zeitpunkt des Todes ist unbekannt, (2) die Haus-halte wollen für eventuelle Härtefälle im hohen Alter gewappnet sein (Pflegebedürftigkeit) und (3) es besteht Verantwortungsbewusstsein für die Folgegenerationen (Vererbungsmotiv).

Werden die Volkswirtschaften der europäischen Industrienationen in einem Zeitpunkt (steady-state) betrachtet, so ergibt sich bei einem Bevölkerungsrückgang künftiges Bild: Bei der mit einer schrumpfenden Bevölkerung verbundenen sinkenden Anzahl von Haushalten und Unter-nehmen steht den Wirtschaftssubjekten bei Beibehaltung ihrer Präferenzen kumuliert mehr Kapital zur Verfügung. Dadurch sinkt das Grenzprodukt des Kapitals unter seinen steady-state-Wert. Im Ergebnis sich einstellender sinkender aggregierter Nettoinvestitionsnachfrage wäh-ren somit geringere Werte für Produktivität, Arbeitseinsatz und Konsum die Folge (negatives steady-state-Wachstum).[34]

Verschärft wird dieses Bild durch die Alterung der Gesellschaften, da die Anzahl der erwerbs-tätigen, wie gezeigt, deutlich sinken wird. Dies wird gravierend, wenn die so genannten Baby-Boomer[35] ab 2020 in Rente gehen. So wird die Anzahl gut ausgebildeter und studierter Fach-kräfte zurückgehen.[36] Die Notwendigkeit an die heute hoch gepriesene Mobilität und schnelle Anpassungsbereitschaft auf neue Umwelteinflüsse könnte zurückgehen.[37] Zum einen, weil im Ergebnis verbesserter Informations- und Kommunikationstechniken das Arbeiten von zuhause aus alltäglich werden könnte. Zum anderen, weil die Arbeitskräfteverknappung zu einem grö-ßeren Jobangebot führt, was eine ineffiziente Differenzierung in den Lohnhöhen wahrschein-lich werden lässt. Somit könnte das Lohnniveau ohne den Gleichgang einer Produktivitätser-höhung erheblich steigen[38], verbunden mit den Gefahren der Erhöhung inflationärer Tenden-zen.[39] Dabei würde ein erhöhtes Lohnniveau eine zusätzliche Steigerung der Opportunitäts-kosten Kinder zu zeugen bedeuten.[40]

Die Auswirkungen alternder Beschäftigter auf die Produktivität sind aber umstritten. Zwar liegt bei Älteren die Ausbildungszeit länger zurück und die physischen Kräfte sind geringer,

jedoch positiv auf das Humankapital wirken Erfahrung und lebenslanges Lernen.[41]

Der altersbedingte Produktivitätsverlust erfordert also Investitionen in die Bildung der Ar-beitskräfte und somit einen größeren Kapitaleinsatz. In Verbindung mit forcierten technischen Neuerungen ist so weiterhin auch bei sinkender Bevölkerung Pro-Kopf-Wachstum[42] und schließlich ein steady-state-Wachstum möglich.[43]

3. Auswirkungen auf den Kapitalmarkt

Bei der Untersuchung der Wirkungen demographischer Entwicklungen auf die Kapitalmärkte wird das Geschäft um die Altersvorsorge oft zentral betrachtet. Aufgrund ihrer Bedeutung für Finanzdienstleister soll sie auch im Folgenden ein Schwerpunkt sein. Gleichzeitig ist mit der demographischen Entwicklung die Befürchtung eines Melt-Downs verbunden. Mit dieser Hy-pothese ist der signifikante Rückgang der Kapitalerträge aus Finanzanlagen gemeint, der sich aufgrund des Abzugs von Kapital der Baby-Boomer-Kohorten nach deren Renteneintritt und als Ergebnis verminderter volkswirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ergäbe. So erwartet die Hypo-Vereinsbank das vollständige Verschwinden des heute noch bestehenden Überschusses von Kapitalanlegern gegenüber ‑nachfragern am Aktienmarkt bis 2040.[44] Wie wahrscheinlich das Abschmelzen der Renditen ist, soll zusammenfassend im Abschluss dieses Kapitels beant-wortet werden.

3.1. Volkswirtschaftliche Implikationen

Die Alterung der europäischen Volkswirtschaften betrifft die Kapitalmärkte direkt und indi-rekt. Gesamtwirtschaftliche Haushaltsersparnis, Renditen und internationale Kapitalströme re-sultieren aus dem vielschichtigen Wechselspiel zwischen Angebot und Nachfrage.

Kapitalangebotsseitig ist für die folgende Betrachtung bedeutend: Die Ersparnisanlage erfolgt final in Produktivkapital. Dieses kann sich sowohl im In- als auch im Ausland befinden. Bei international offenen Volkswirtschaften führt dies dazu, dass Kapitalströme in die Regionen fließen, wo risiko- und steueradjustierte Renditen am höchsten sind.[45] Langfristig wird diese Entwicklung theoretisch durch den Ausgleich der Renditen aller Regionen begrenzt. Druck auf die Erträge üben steigende Anlagevolumina, zum Beispiel im Ergebnis erhöhter Haus-haltsersparnis, aus, da das Kapitalangebot gegenüber der Nachfrage steigt.[46]

Nachfrageseitig treten am Kapitalmarkt Unternehmen und Staaten auf. Die künftige Nachfrage

letzterer hängt im Wesentlichen von ihrer Fähigkeit ab, die derzeit, demographisch betrachtet, vergleichsweise günstige Situation zur Konsolidierung der Staatshaushalte und Implementie-rung kapitalgedeckter Sicherungssysteme zu nutzen. Besonders relevant ist schließlich die Quintessenz, dass das für Investitionen zur Verfügung stehende Kapital der Summe aus Er-sparnissen einer Volkswirtschaft und den Kapitalströmen aus dem oder in das Ausland ent-spricht. Im Euroraum ist die dafür grundlegende Kapitalmobilität schon heute fast perfekt.[47]

Im Folgenden wird auf Überlegungen bezüglich der Auswirkungen auf Wechselkurse ver-zichtet. Fraglos zum einen, da sie innerhalb der Eurozone keine Rolle spielen, zum anderen finden Wechselkurse ihre Charakteristik in der Kurzfristigkeit. Sie gleichen vor allem aktuelle Differenzen aus.[48] Langfristig entscheidender für die Entwicklung der Kapitalmärkte sind je-doch fundamentale Größen wie die gesamtwirtschaftliche Entwicklung einer Nation.

3.2. Auswirkungen auf Aktien- und Rentenmarkt

Inwieweit sich die demographische Entwicklung auf Renditen auswirkt ist umstritten. Wäh-rend einige Ökonomen der Theorie folgen, es gäbe eine enge Verbindung (beispielsweise sei die überdurchschnittlich positive Entwicklung des amerikanischen Aktienmarktes Ergebnis des Sparverhaltens der starken Baby-Boomer-Kohorte), verneinen andere eine Verbindung völlig (und begründen o.g. Entwicklung mit der langen Friedenszeit und weiteren Einflüssen).[49]

In der kommenden Dekade sollten die europäischen Aktien- und Rentenmärkte vom verstärk-ten Ansparen der Baby-Boomer zum Zwecke der Altersvorsorge profitieren. Bis 2010 erwar-tet beispielsweise Goldman Sachs in den kontinental-europäischen Nationen mindestens eine Verdreifachung der Finanzanlagen in Altersvorsorgeprodukten. Allein in Deutschland, Italien, Spanien und Frankreich wird eine Kapitalzufuhr in Aktien von 4,5 Billionen USD antizipiert, während Pensionsfonds in Großbritannien verstärkt ihre Anlagen von Aktien zugunsten derer in Anleihen umschichten werden.[50]

Diese ansteigende Sparrate wird durch Schritte der Regierungen zu kapitalgedeckten Alterssi-cherungssystemen zusätzlich erhöht. Mit der zunehmenden Alterung der Bevölkerung wird jedoch die Anzahl der Entsparer etwa in 2020 größer sein als die der Hauptsparer (Erwerbs-fähige). Dies könnte zum Verkauf großer Volumina von Finanzanlagen führen, die die Baby-Boomer in ihrer Erwerbsphase angesammelt haben. Da ihnen dann weniger potentielle Käufer gegenüber stehen, entsteht ein Druck auf Renditen und Aktienkurse (Melt-Down-Hypothese).

[...]


[1] Alle weiteren verwendeten Abkürzungen wurden gemäß Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG (2001) verwendet.

[2] Vgl. United Nations Population Division (Hrsg.) (2003b), S. 1 (s. Internetverzeichnis).

[3] Diese Staaten sind zentral in den folgenden Ausführungen. Vgl. OECD (Hrsg.) (2000), Table 2 (s. Internetver-

zeichnis).

[4] Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.) (2003a), S. 48f (s. Internetverzeichnis).

[5] Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.) (2003c), Abs. 3ff (s. Internetverzeichnis).

[6] Vgl. United Nations Population Division (Hrsg.) (2003b), S. vi (s. Internetverzeichnis).

[7] Vgl. ebenda, S. 3-14 (s. Internetverzeichnis).

[8] Vgl. Bräuninger, Dieter et al. (2002), S. 6.

[9] Vgl. Schmid, Josef (2002) S. 24.

[10] Vgl. OECD (Hrsg.) (2000), Table 8 (s. Internetverzeichnis).

[11] Vgl. United Nations Population Division (Hrsg.) (2003a), Table 2 (s. Internetverzeichnis).

[12] Vgl. OECD (Hrsg.) (2000), Table 10 (s. Internetverzeichnis).

[13] Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.) (2003a), S. 13ff (s. Internetverzeichnis).

[14] Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.) (2003b), 3. Absatz (s. Internetverzeichnis).

[15] Vgl. United Nations Population Division (Hrsg.) (2003b), S. ix, 15ff (s. Internetverzeichnis).

[16] Vgl. Culhane, Maureen M. (2001), S. 7.

[17] Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.) (2003a), S. 30 Schaubild 10 (s. Internetverzeichnis).

[18] Medianalter = Alter in Jahren, bei welchem 50 % der Bevölkerung älter und 50% jünger sind.

[19] Vgl. OECD (Hrsg.) (2000), Table 7 (s. Internetverzeichnis).

[20] Die unterschiedlichen Altersabgrenzungen resultieren aus den verschiedenen statistischen Zählweisen der

genutzten Quellen.

[21] Vgl. Bräuninger, Dieter et al. (2002), S. 9.

[22] Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.) (2003a), S. 32 Schaubild 11 (s. Internetverzeichnis).

[23] Vgl. Culhane, Maureen M. (2001), S. 8.

[24] Vgl. Jackson, Richard (2003), S. 21f.

[25] Vgl. Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit (Hrsg.) (1999), S. 3ff.

[26] Vgl. Gruber, Karin (2003b), S. 22.

[27] Vgl. Culhane, Maureen M. (2001), S. 9f.

[28] Vgl. Bräuninger, Dieter et al. (2002), S. 4f.

[29] Vgl. Deutsches Institut für Altersvorsorge (Hrsg.) (2003), S. 65-75.

[30] Vgl. Weis, Hans C. (1990), S. 43f.

[31] Vgl. Barro, Robert J. (1992), S. 10-12.

[32] Vgl. ebenda, S. 74ff.

[33] Planungshorizont der Wirtschaftssubjekte entspricht deren erwartete individuelle Restlebenszeit.

[34] Vgl. ebenda, S. 281ff.

[35] Geburtenstarke Nachkriegskohorten der heute 35- bis 45-Jährigen.

[36] Vgl. Wagner, Petra (2000), S. 4.

[37] Vgl. Neumann, Manfred (1994), S. 111f.

[38] Vgl. Bräuninger, Dieter et al. (2002), S. 25f.

[39] Vgl. Neumann, Manfred (1994), S. 112.

[40] Unter anderem Kosten aufgrund entgangener Löhne während Erziehungszeit, Bildungs-, Ernährungskosten.

[41] Vgl. Wöhe, Günther/Döhring, Ulrich (2000), S. 240f .

[42] Vgl. Neumann, Manfred (1994), S. 109ff und Beckstein, Günther (2002), S. 17.

[43] Vgl. Walter, Norbert (2003), S. 9.

[44] Vgl. mot (2003), S. 24.

[45] Vgl. Börsch-Supan, Axel (o.J.), S. 23f.

[46] Vgl. Börsch-Supan, Axel/Ludwig, Alexander/Winter, Joachim (2003), S. 15.

[47] Vgl. Börsch-Supan, Axel (o.J.), S. 18.

[48] Beispielsweise sei der kürzliche Verfall des USD gegenüber dem Euro in der Befürchtung eines

Handelskrieges zwischen den USA und China genannt.

[49] Vgl. Davis, E. Philip/Li. Christine (2003), S. 7ff.

[50] Vgl. Culhane, Maureen M. (2001), S. 29ff.

Fin de l'extrait de 38 pages

Résumé des informations

Titre
Einfluss der demographischen Entwicklung in den europäischen Industrienationen auf die Kapital- und Immobilienmärkte
Université
Berlin School of Economics  (Berufsakademie Berlin Fachbereich Bank)
Note
1,3
Auteur
Année
2003
Pages
38
N° de catalogue
V56014
ISBN (ebook)
9783638508209
ISBN (Livre)
9783638718967
Taille d'un fichier
713 KB
Langue
allemand
Mots clés
Einfluss, Entwicklung, Industrienationen, Kapital-, Immobilienmärkte
Citation du texte
Dipl.-Volkswirt Stephan Bartke (Auteur), 2003, Einfluss der demographischen Entwicklung in den europäischen Industrienationen auf die Kapital- und Immobilienmärkte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56014

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