Leseprobe
Das Mahnverfahren
I. Einleitung
Das Mahnverfahren ist in den § 688ff. der ZPO geregelt und hat in der Praxis eine große Bedeutung. Es gibt dem Antragsteller die Möglichkeit, bei passivem Verhalten des Gegners (kein Widerspruch oder Einspruch) zu einem Vollstreckungstitel, dem Vollstreckungsbescheid, §§ 700, 794 Abs. 1 Nr. 4, zu gelangen, ohne die Beschwerlichkeit und längere Dauer eines streitigen Verfahrens hinnehmen zu müssen. Viele Gläubiger probieren daher erst einmal, auf diesem bequemen Weg zum Titel zu kommen. Legt allerdings der Antragsgegner Widerspruch gegen den Mahnbescheid (§ 694) oder Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid (§§ 700 Abs. 1, 338) ein, so beginnt jetzt erst (nach Abgabe, §§ 696, 700 Abs. 3) das streitige Urteilsverfahren: Das gesamte Verfahren dauert dann also länger als bei normaler Klageerhebung (§ 253), nämlich um die Dauer des vorgeschalteten Mahnverfahrens.
II. Überblick
Das Mahnverfahren beginnt, indem der Antragsteller bei dem für ihn ausschließlich zuständigen Gericht (§ 689 Abs. 2) einen Mahnantrag mit dem Inhalt des § 690 stellt. Darin muß er insbesondere, damit ein späterer Vollstreckungsbescheid materielle Rechtskraft erlangen kann, gemäß § 690 Abs. 1 Nr. 3 den behaupteten Anspruch kurz nach Sachverhalt und Daten so individualisieren, dass in Abgrenzung von anderen Streitgegenständen eindeutig festgestellt werden kann, worüber entschieden wurde. Weiter muß er nach § 690 Abs. 1 Nr. 5 das für ein streitiges Verfahren (Urteilsverfahren) zuständige Gericht bezeichnen. Das kann ein örtlich bzw. sachlich ausschließlich zuständiges Gericht, der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten (§§ 12, 13) oder ein Wahlgerichtsstand sein (§§ 32, 35). Nach Widerspruch (bzw. Einspruch) wird das Verfahren nach § 696 Abs. 1 (§ 700 Abs. 3) direkt und ohne Zuständigkeitsprüfung an das vom Antragsteller benannte Gericht abgegeben. Das Gesetz ermöglicht noch eine weitere Flexibilität: vor der Abgabe können die Parteien übereinstimmend auch ein anderes als das vom Antragsteller zunächst benannte Gericht als künftiges Streitgericht benennen. Das Gericht, das die abgegebene Sache erhält, ist durch diese Abgabe nicht gebunden, § 696 Abs. 5 (§ 700 Abs. 3). Eine Weiterverweisung – die dann aber bindend ist, § 281 – ist also möglich, für den Antragsteller aber nicht mehr zwecks Aufsuchung eines Wahlgerichtsstandes, denn diese Wahl (§ 35) ist mit der freien Gerichtsstandsbestimmung im Mahnantrag verbraucht.
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- Arbeit zitieren
- Dr. iur. Lars Jaeschke (Autor), 2006, Das Mahnverfahren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56162
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