Das Verhältnis von türkischem Nationalismus und Islam - Die Geschichte einer langen und nicht immer einfachen Beziehung


Magisterarbeit, 2006

90 Seiten, Note: 2,2


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Türkischer Nationalismus
2.1. Zum Begriff Nationalismus
2.2. Kemalismus; der türkische Nationalismus
2.2.1. Die Jungtürken
2.2.2. Die sechs Grundprinzipien des Kemalismus
2.2.3. Kemalismus heute
2.3. Geschichte des türkischen Nationalismus im Spiel der Kräfte des Islams nach 1923
2.4. „Vater der Türken“: Mustafa Kemal Atatürk
2.5. „Türkisieren, Islamisieren, Modernisieren“. „Der Vater des türkischen Nationalismus“: Ziya Gökalp. Theorie und Ideologie
2.6. Die Institutionen des türkischen Nationalismus: Türk Tarih Kurumu („Amt für die türkische Geschichte“) und Türk Dil Kurumu („Amt für die türkische Sprache“)
2.7. Fazit

3. Stellung der türkischen Religion(en)
3.1. Islam als Gegenspieler des Nationalismus
3.2. Religionsgemeinschaften in der Türkei: Diskriminierung durch den Staatsislam?
3.2.1. Türkischer Laizsimus
3.3. Diyanet Işleri Başkanliği („Präsidium für Religionsangelegenheiten“)
3.4. Politischer Islam in der Türkei
3.5. Fazit

4. Islam, Nationalismus und Politik am aktuellem Beispiel
4.1. Die MHP (Milliyetçi Hareket Partisi – „Partei der nationalistischen Bewegung ")
4.1.1. Parteientwicklung und Geschichte
4.1.2. Die grauen Wölfe
4.1.3. Ideologie und die zwei Grundpfeiler der MHP
4.1.3. Die MHP und der Islam
4.2. Die „Türkisch-Islamische Synthese"
4.3. Fazit

5. Zusammenfassung und Ausblick

Begriffserklärung / Glossar

Literaturverzeichnis

Bibliographische Hinweise:

Die Deutsche Morgenländische Gesellschaft setzt die Regularien, nach denen Übersetzungen aus dem Arabischen erfolgen. Ausnahme bilden dazu Begriffe, wie z.B. Koran oder Scharia, die bereits in deutscher Orthographie verbreitet sind. Zur Vereinfachung des Lesers eine kurze Beschreibung der türkischen Aussprache:

c: dsch;

ç: tsch;

ı: dumpfer als das deutsche i;

ğ: zwischen Vokalen nicht hörbar; nach hellen Vokalen wie das deutsche j;

ş: sch;

y:j

1. Einleitung

Die Türkei war schon lange für den westlichen Beobachter die Pforte in das islamische Abendland. Sie war geheimnisvoll, ein wenig fremd und zuweilen undifferenziert bedrohlich. Demjenigen allerdings, der das Land bereiste, wurde schnell klar, dass es zwei Gesichter hat, zum einen traditionell und eher ärmlich, zum anderen modern und westorientiert. Dabei spielte und spielt der Islam in beiden Teilen der Türkei, dem Traditionellen und dem schnelllebigen Modernen, eine wichtige Rolle.

Vor allem in der jetzigen Zeit, der aktuellen Diskussion um die Mohammed-Karikaturen und die Ausschreitungen, die selbst nicht vor der Türkei halt machten, ist es wichtig zu beobachten, wie die Türkische Republik mit dem Islam umgeht. Obwohl sich die Türkei als laizistisches Land sieht und das Militär sich als der Garant laizistischer Stabilität versteht, gehört der Islam zur Türkei, nicht zuletzt auch gestützt durch die konservativ-islamistische Regierungspartei AKP. Das Bild einer islamisch geprägten Nation, das die Medien derzeit präsentieren, ist ein Bild von radikal fundamentalistischen Islamisten, die alles daran setzen den Westen zu zerstören. Dies ist grundsätzlich falsch, da der Islam zunächst eine gewaltlose Religion ist, die, wie es auch in der Geschichte des Christentums zu finden ist, von Führern breiter Massen für ihre Ziele ausgelegt wird und somit den Radikalismus heraufbeschwört, der zu den Aktionen führt, die täglich die Medien beschäftigt. Anders so zurzeit in Deutschland. Neben weiteren gewaltlosen Demonstrationen sind auch hier in Bonn am Samstag, 11.Februar2006 Islamisten auf die Strasse gegangen, um friedlich für ihre Würde zu demonstrieren.[1] Am Beispiel der Türkei lässt sich zeigen, dass es auch dort möglich ist, die Religion für die Gläubigen zu lenken, ohne Radikalismus heraufzubeschwören und ohne extremistische Aktionen zu fördern. Dies war in der Türkei zwar nicht immer der Fall, aber sie bewegt sich m.E. mit inzwischen sicheren Schritten in die richtige Zukunft.

Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan hat die Türkei als Vermittler zwischen dem Okzident und dem Orient angeboten.[2] Vor allem aus der Unsicherheit im Umgang mit dem Islam in der deutschen Gesellschaft heraus, ist es gerade zur jetzigen Zeit wichtig, die Verwirrung und Vorurteile um den Islam aufzuklären. Die aufgestauten Ängste, die sich seit den radikal islamistischen Terroranschlägen zunehmend auch in Europa breit machen, zwingen sich mit der Frage nach dem Rolle des Islams zu beschäftigen. Gerade an der türkischen Republik, mit ihrer auch den Islam betreffenden wechselreichen Geschichte, kann ein machbarer Weg im Ungang mit dieser Religion deutlich gemacht werden. Sie steht an den Toren der EU und hat uns in Deutschland durch die Gastarbeiter-Kultur der 60er Jahre, und dem massiven Familiennachzug nach dem Anwerberstopp von 1973, türkische Mitbürger und ihre Religion zu treuen Händen und verantwortungsvollem Miteinander beschert. Um unsere Ängste zu bewältigen, aber auch um dem Vorwurf vorzubeugen, wir nähmen unsere Minderheiten nicht mit dem nötigen Ernst und Verständnis auf, müssen wir uns intensiv und umfassend mit dem Thema Islam und Staat befassen.

„Das Verhältnis von türkischem Nationalismus und Islam – Die Geschichte einer langen und nicht immer einfachen Beziehung“ lautet der Titel dieser Arbeit. Im Mittelpunkt steht die nicht immer einfache Beziehung zwischen dem türkischem Nationalismus und dem Islam.

Zunächst wird zu klären sein, wie sich diese Beziehung generell darstellt und wo genau die Unterschiede zwischen beiden Elementen liegen. Im weiteren gilt es dann zu untersuchen, wo und wieweit der türkische Nationalismus Hand in Hand mit dem türkischen Islam geht.

Die Arbeit wird sich danach damit beschäftigen aufzuzeigen, wie die Türkei als laizistisches Land funktioniert und wo darin die religiös islamischen Kräfte greifen. Diese Arbeit soll anschließend analysieren, wie kemalistische Prinzipien in der Neuzeit überleben, bzw. wie sie unter Einfluss des Islams angepasst werden. Dies wird am aktuellen Beispiel der rechtsextremen Partei MHP deutlich gemacht.

Die Gliederung zeigt zwei Teilbereiche auf: Im ersten Teil wird die ideengeschichtliche Herkunft und die Entwicklung des türkischen Nationalismus erklärt, der, wie wir wissen, nicht unbedeutend durch den Islam geprägt ist. Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Fragestellung, wie sich Islam, Nationalismus und Politik gegenseitig beeinflussen.

Der erste Teil ist wiederum in zwei Bereiche unterteilt, da es wichtig ist, die Termini Nationalismus und Islam einzeln zu erklären, allerdings immer mit Blick auf die Türkei. Es gilt über den generellen Begriff des Nationalismus zum Kemalismus als dem türkischen Weg zum Nationalismus zu kommen. Hier wird die geschichtliche Einordnung und Diskussion um den Kemalismus erforderlich, um zu erkennen, wie und warum er sich entwickelt hat und warum er heute noch greift. Zu erwähnen sind dabei das Osmanische Reich und die Jungtürken, die ein neues Nationalverständnis geprägt haben und auf deren Ideen Mustafa Kemal Atatürk die sechs Grundprinzipien des Kemalismus begründete.

Wenn man sich mit der Entstehung des türkischen nationalen Selbstverständnis beschäftigt, ist es unausweichlich, dass man, neben einem ausführlichen Werdegang Mustafa Kemal Atatürks, auf einen bedeutenden türkischen Denker zu sprechen kommt, der das Nationalismusverständnis wesentlich geprägt hat: Ziya Gökalp, Primus inter Pares bei den erwähnten Jungtürken. Darüber hinaus ist für das Verständnis des türkischen Nationalismus vor allem die Kenntnis über zwei Regierungsbehörden (Türk Tarih Kurumu „Amt für die türkische Geschichte“ und Türk Dil Kurumu „Amt für die türkische Sprache“) wichtig, auf die deshalb heut näher eingegangen wird.

Der Einfluss des Nationalismus auf die Religion, bzw. umgekehrt, wird anhand von Quellen dieser beiden Regierungsbehörden verdeutlicht. Sie besitzen im Verbund mit dem Präsidium für Religionsangelegenheiten („Diyanet İşleri Başkanlığı“) die ausschließliche Kontrolle über das Verhältnis von Staat und Religion, also auch über die Ausprägung des Laizismus.

Schon im ersten Teil dieser Arbeit wird die Rolle des Islams als Auslöser für den türkischen Laizismus aufgezeigt. Hierbei wird besonders auch auf das bereits erwähnte Präsidium für Religionsangelegenheiten eingegangen, da es explizit dafür eingerichtet worden ist, die Religion zu kontrollieren und den Laizismus zu erhalten. Dabei ist es angemessen aufzuzeigen, wie es sich mit der Diskriminierung von Minderheiten auch anderen Glaubens verhält.

Anschließend werden Islam, Nationalismus und Politik am Beispiel der türkischen Partei MHP (Milliyetçi Hareket Partisi) und ihrer Kommandoorganisation „Graue Wölfe" (Bozkurts) dargestellt. Bewusst wurde die MHP ausgewählt, da man bei ihr die Übername alter panturkischer Elemente, also nationalistischer Konzepte, die schon im Osmanischen Reich durch die Jungtürken geboren wurden, nachweisen kann. Darüber hinaus ist die MHP ein gutes Beispiel für die Verbindung von Nationalismus und Islam in der türkischen politischen Wirklichkeit heutiger Tage.

Wichtig bei der Diskussion über Nationalismus und Islam in der Türkei ist vor allem die türkisch-islamische Synthese (TIS), die man als Zusammenfassung verschiedener Ideologien verstehen muss und die den türkischen Nationalismus und Islam miteinander verbindet. Sie ist der Versuch, eine neue türkische Identität herzustellen, in der islamische und national-türkische Elemente aufeinander einwirken und zusammenarbeiten. Die Synthese, die auch vom türkischen Militär getragen wird, prägt die allerdings zunehmend unzeitgemäße rassistische Ideologie der MHP.

Die Türkei stellt in der islamischen Welt eine einmalige, sowie besonders exponierte Staatsform dar. Sie ist seit vielen Jahren bemüht, Mitglied der Europäischen Union zu werden und im Gegensatz zu ihren Nachbarn, prowestlich zu sein. Die türkische Staatsführung sieht die Zukunft der Republik in Europa. Nicht zu vergessen ist, dass die Türkei ein sehr wichtiger Bündnispartner der NATO ist. Zur Zeit des „Kalten Krieges“ war die strategische Lage (Kontrolle des Schwarzmeerausgangs, gemeinsame Grenze mit der Sowjetunion) sehr wichtig. Besonders aber in unserer Zeit der asymmetrischen Auseinandersetzung zwischen einer islamischen Teilwelt und der von ihr propagierten Welt der Ungläubigen, kommt der Türkei wegen ihrer besonderen Staatsform, aber auch wegen der trotzdem typischen kulturellen und religiösen Nähe zur restlichen islamischen Welt eine strategische Bedeutung für Europa zu, die heute noch zumeist unterbewertet scheint. Trotz der historischen Verbindungen durch das Osmanischen Reichs in die arabische und asiatische Welt, ist der Islam in der Türkei heute anders eingebunden, als in anderen Ländern des Nahen Ostens. Auch dies soll in dieser Arbeit nachgewiesen werden.

Die Literatur- und Quellenlage zu dem Thema dieser Arbeit ist sehr umfangreich. Vor allem seit dem 11. September 2001 sind vermehrt populärwissenschaftliche Arbeiten publiziert worden und haben die Büchertische gefüllt. Schlagworte wie „Extremismus“, „Terrorismus“, „Islamismus“ sind nur einige, die die Diskussion um den Islam belasten und oft den Weg zur Objektivität verstellen. Dies ist auch in der deutschen Diskussion um den türkischen Islam der Fall, sicher auch wegen der großen Anzahl an türkischen Mitbürgern. Für die Darstellung des Themas dieser Arbeit werden als Quellen Standartwerke und das Internet herangezogen. Vor allem das Internet hat bei diesem höchst aktuellen Thema einen hohen Stellenwert, da man hier Originalton aus der Türkei, so z.B. die Alltagsdiskussion der einzelnen Parteien abgreifen kann. Die Ausführungen über religiöse Grundlagen sind aus islamwissenschaftlichen Standardwerken entnommen. Am Ende der Arbeit befindet sich ein Glossar, dass zum Verständnis wichtig ist.

2. Türkischer Nationalismus

„Der türkische Nationalismus entwickelte sich als Reaktion auf die nationalistischen Bewegungen des 19. Jahrhunderts in Europa. Er verfolgte die Idee der Einheit aller Türken als Gegenentwurf zum multiethnischen Osmanischen Reich. Er zeigte die "Rückständigkeit" des Osmanischen Reiches auf und wollte diese durch die Übernahme wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Ideen nach westeuropäischen Vorbildern überwinden. Insofern kam dem türkischen Nationalismus die Rolle einer Modernisierungsideologie zu. Als erkennbar wurde, dass weder Osmanismus noch Panislamismus das Osmanische Reich vor dem Zerfall retten konnten, gewann in der letzen Phase des Reiches der Nationalismus allmählich an Bedeutung.“[3]

Die neuzeitliche türkisch-nationale Geschichtsschreibung sieht Mustafa Kemal Atatürk als den Vater ihres neuorientierten Nationalismus an, da er am 29.Oktober 1923 die Türkische Republik gründete. In der politischen Sprache fand ein gesteuerter Wandel statt. Wörter wie „Vatan“ (Vaterland), „Millet“ (Nation) und „Türk“ (Türke) wurden die neuen Schlüsselbegriffe in der politischen Kommunikation.[4] Der Bezeichnung „Türk" (Türke)[5] verlieh Mustafa Kemal Atatürk dabei ein neues Gewicht und gab so seinen türkischen Landsleuten ein neues Eigenwertgefühl. Die Menschen konnten sich zum ersten Mal ohne Scham Türken nennen. Atatürk hatte erreicht, aus einem negativ belegten Begriff eine Bezeichnung des Ehrgefühls zu machen. In allen Schulen des Landes hängt auch heute noch sein Ausspruch an den Wänden:

„Ne mutlu Türküm diyene.“[6]

In diesem Sinne hatte schon der Dichter Mehmed Emin Bey 1897 während eines Feldzuges in einem Gedicht geschrieben:

„Ben bir Türk-üm, dinim, djinsim ulu-dur.“[7]

Der Kemalismus ist somit die Ideologie, die der Türkei verhalf, sich als ein moderner Nationalstaat herauszubilden. Er begründet sich auf den sechs Pfeilern, nämlich dem Nationalismus (milliyetçilik/ulusçuluk), dem Laizismus (laiklik), dem Republikanismus (cumhuriyetçilik), dem Etatismus (devletçilik), dem Revolutionismus (inkılapçılık) und dem Populismus (halkçılık).[8]

Um den Kemalismus zu verstehen, ist es zunächst notwendig, den ihm zugrunde liegenden Begriff des Nationalismus zu erläutern.

2.1. Zum Begriff Nationalismus

Der Begriff Nationalismus[9] versteht sich darin, dass verschiedene Gruppen von Menschen Bedeutung in einer nationalen Ganzheit finden, die den Ursprung einer gemeinsamen einheitlichen Geschichte, Kultur, Sprache und Tradition hat. Dies alles findet sich dann in dem Konstrukt der Nation wieder, welches eine größere Gruppe von Menschen, die gleichwohl einheitlich strukturiert ist, zu einer Gemeinschaft zusammenfasst. Dem Begriff Nationalismus hängt zuweilen ein stark negativer Beigeschmack an. Man denkt an extreme Ideologien, Unterdrückung und Imperialismus[10].

Der, erst im 18. Jahrhundert entstandene Nationalismus geht u.a. aus Revolutionen hervor; aus „kritischen Phasen‚ fundamentaler Verunsicherung“,[11] aber aus dem Zerfall von Machtstrukturen, wie dem des Osmanischen Reiches während/und nach dem Ersten Weltkrieg.

Zum ersten Mal tauchte der nationale Gedanke im revolutionären Unabhängigkeitskampf der nördlichen Niederlande auf, als sich die Provinzen gegen die spanische Herrschaft zur Zeit Phillipps II auflehnten und sich 1581 lossagten. Als nächste folgte die Englische Revolution (zwischen 1642 und 1659) mit dem Ausruf des Commonwealth und die Amerikanische Revolution, besser bekannt als der Unabhängigkeitskrieg, der die Vereinigten Staaten von Amerika hervorbrachte, die 1783 völkerrechtlich anerkannt wurden.[12] Die Französische Revolution von 1789 hat eine sehr große Bedeutung, da sie, ähnlich wie die Republikgründung der Türkei, das alte System konzessionslos abwarf, eine Republik ausrief, und den Laizismus in der Staatsdoktrin verankerte. In Folge der Französischen Revolution entstand auch der Begriff Volkssouveränität. Keine dieser Nationaltheorien jedoch, lebte in der ursprünglichen reinen Form weiter. Sie alle wurden vom Wechsel der Zeiten gezeichnet. So auch der türkische Nationalismus:

„Der türkische Nationalismus (milliyetçilik) ist kein einheitliches Gebilde und wurde im Laufe seiner Geschichte immer wieder neuinterpretiert.“[13]

Bevor man einer staatlichen Struktur den Titel „Nation“ geben kann, muss untersucht werden, ob ein „Prozess nationaler Vergemeinschaftung“[14] vorausgegangen ist. Um eine Nation zu bilden, sollte ein Volk sich durch eine gemeinsame Kultur und ein nationales Bewusstsein zusammenfinden. Dieser Prozess enthält zwei politische Impulse, die Bewusstwerdung und die Selbstbestimmung:[15] Das Bewusstwerden, einer politischen und sozialen Gemeinschaft anzugehören, und dies dann auch selbstbestimmt darzustellen. Dieser „Nationalstaat“ ist nicht zu verwechseln mit dem „Kulturstaat“. Zur Selbstbestimmung formulierten dann tragende Nationalbewegungen in der Regel die Zielvorstellungen ihres Nationalstaates. Danach verkörperte er für die Träger dieses Gedankengutes aber auch für andere mit ihnen assoziierte politische Kräfte und Bewegungen das höchste zu erreichende Gut.[16]

Worin liegt nun der Unterschied zwischen Volk und Nation? Die Antwort ist Die Nation ist das politisch mobilisierte Volk.“[17] Max Weber beschreibt den Begriff Nation damit, dass „gewissen Menschengruppen ein spezifisches Solidaritätsempfinden anderen gegenüber zuzumuten sei.“[18]

Die verständliche Erklärung von Peter Alter lässt sich aber weiter aufschlüsseln. Der Begriff Nation, wie er im Mittelalter oder in der frühen Neuzeit zuweilen benutzt wurde, bezog sich auf landsmannschaftliche Vereinigungen von Studenten, Handwerkern, Kaufleuten, Adeligen oder dergleichen, die eine gewisse Region für sich beanspruchten. Erst der moderne Nationalismus rechtfertigte, dass eine Nation sich sinngemäß so nennen konnte.[19] Max Weber differenzierte allerdings und hatte zu dem Begriff „Nation“ anzumerken:

„‚Nation’ ist im üblichen Sprachgebrauch nicht identisch mit ‚Staatsvolk’, d.h. der jeweiligen Zugehörigkeit einer politischen Gemeinde. […] Sie ist ferner nicht identisch mit Sprachgemeinschaft, […]“[20]

Die häufig auch bemühte These, nach der eine Nationalsprache einen Nationalstaat begründen kann, ist m.E. abwegig. Vielmehr der Umkehrschluss ist richtig: die in einem Kulturkreis und einer staatlichen Struktur verbundene Gesellschaft kreiert sich ihr Kommunikationsmedium, die Sprache. Diese ist zwar Identitätsmerkmal des Nationalstaates, nicht aber sein begründendes Element.[21]

Es lassen sich vier Typen des Nationalismus[22] unterscheiden, wobei sich diese Arbeit auf den Reform-Nationalismus[23] stützt, da dieser als Basis für den Kemalismus in Frage kommt. Die anderen drei Typen sind: der integrale Nationalismus,[24] der auch gleichzeitig der Gegentyp zum Risorgimento-Nationalismus[25] ist und der integrierende Nationalismus.[26] Verständlicherweise ist es nicht möglich, den Nationalismus eines Landes uneingeschränkt einem Typ zuzuordnen. Meistens tauchen Mischformen auf.[27]

„Ähnlich wie beim Risorgimento-Nationalismus zielt der Reform-Nationalismus auf eine Art staatliche Wiedergeburt.“[28]

Der Staat besteht schon vorher, fühlt sich aber anderen Mächten unterlegen. Diese andere Form des Nationalismus begründete sich auf der Furcht vor fremden und zerstörenden Einflüssen. Seinen Vertretern, die als Träger eines Reformnationalismus, z.B. in der Türkei aus den bis dahin staatstragenden Reihen von Armee, Adel und höherer Bürokratie kamen, ging es in erster Linie um den Erhalt traditioneller Normen und bewährter Werte ihrer Gesellschaft. Sie glaubten, durch ihre eigene Form der Reformation des Nationalismus den Charakter von Staat und Gesellschaft zeitgemäß anpassen und so ihre kulturelle und nationale Unabhängigkeit bewahren zu können. Ihr Ziel war ein moderner Nationalstaat, ihre Vorbilder waren aus dem Westen herbeigeholte und auf sie adaptierte Wege, Ideologien und Werte. Nur sie, die Schalter und Walter ihres Landes konnten den reformierten Nationalismus durch eine Revolution von oben initiieren und gegen die zu erwartenden Widerstände durchsetzen.[29]

So hat es Mustafa Kemal Atatürk getan. Er hatte durch Reformen ein veraltetes System in den Kemalismus gewandelt.

2.2. Kemalismus; der türkische Nationalismus

Der Kemalismus entstand aus dem jungtürkischen Nationalismus. Dieser entwickelte sich in der letzten Phase des osmanischen Reiches, „führte [aber] letztlich zu einer politisch-ideologischen Zersplitterung, deren Hauptströmungen der Panturkismus/Turanismus und der Turkismus waren.“[30]

Der Kemalismus griff diese Grundgedanken wieder auf und schuf mit ihnen die Basis für die moderne Republik. Wenn auch die volkstragende Religion in der Türkei der Islam war, hatte sich das Land nach seiner Staatsgründung als laizistischer Staat etabliert,[31] so dass Laizismus, als fester Bestandteil des Kemalismus zu sehen ist, der wie die fünf anderen Prinzipien des Kemalismus[32], die 1937, nach der Abschaffung des Kalifates und nach der Republikgründung, in der Verfassung verankert wurden.[33]

Um den Kemalismus richtig einordnen zu können, muss im Folgenden kurz näher auf seine sechs Grundprinzipien und die Bewegung der Jungtürken eingegangen werden.

2.2.1. Die Jungtürken

Schon Mitte des 19. Jahrhunderts entstand aufgrund von Missständen innerhalb der gehobenen Klasse und des Offizierkorps Kritik, die sich gegen das despotische Regime des Sultans wandte und Unzufriedenheit an der desolaten Lage des Reiches äußerte. Ein „Komitee für Einheit und Fortschritt“ wurde aus diesem Umfeld von Intellektuellen und Mitgliedern des Offizierkorps 1889 gegründet – ein Geheimbund aus denen, die eine bürgerliche Revolution anstrebten und radikalnationale Ansichten vertraten. Diese Bewegung der „Jungtürken“ sah im ausländischen Einfluss einen Hemmschuh für das eigene daniederliegende Land und forderte u.a. eine staatliche Förderung der eigenen Industrie. Sie traten für die folgenden drei Ziele ein:

1. Sturz des Sultans (Abdülhammit II);
2. die Wiedereinsetzung der Verfassung von 1876;[34] und
3. Die Nichtberücksichtigung der Arbeiter und Nichtanerkennung des nichttürkischen Unabhängigkeitskampfes der Araber, Griechen, Armenier und Kurden, die zudem lautstark als Vaterlandsverräter gebrandmarkt wurden.[35]

1908 kam es in Saloniki zu einem Militäraufstand mit der Hauptmotivation, den Zerfall des Reiches zu stoppen. In dessen Verlauf wurde 1909 der Sultan gestürzt und das Komitee für Einheit und Fortschritt übernahm die Macht mit Mehmet V. Resat als neuem Sultan.[36]

Da die Hauptnutznießer der jungtürkischen Revolution die bestehende Bourgeoisie war, kam es zu keinen tief greifenden gesellschaftlichen Umwälzungen.

Das Regierungsprogramm der Jungtürken kann in zwei Hauptpunkten zusammengefasst werden:

1. Reine Zentralisierung, die der türkischen Volksmehrheit die Alleinherrschaft zuerkannte. Die Repressionspolitik des vorher amtierenden Sultans wurde also fortgesetzt, obwohl gerade dessen Führungsstil den Unmut der Jungtürken geweckt hatte.
2. Der Islam als spirituelle Grundlage des Osmanischen Reiches.[37]

Auch die Jungtürken allerdings konnten den Zerfall des Reiches nicht aufhalten, sie verloren im Balkan riesige Gebiete. Als Reaktion wurde der Turanismus zur Staatsdoktrin erhoben. Streitigkeiten u.ä. waren schließlich auch der Grund, dass sich sehr schnell eine Opposition bildete, die wiederum eine Konfrontation mit den Jungtürken anstrebte. Nach Unstimmigkeiten riss das Komitee für Einheit und Fortschritt im Januar 1913 die Macht an sich.

Die Revolution der Jungtürken 1908/09 „beendete zwar das autokratische Regime des Sultans, aber erst der Kemalismus mit seinem politischen und kulturellen Reformprogramm legte die Grundlagen für den türkischen Nationalstaat europäischer Prägung.“[38]

2.2.2. Die sechs Grundprinzipien des Kemalismus

1. Türkischer Nationalismus
2. Laizismus
3. Republikanismus
4. Etatismus
5. Revolutionismus
6. Populismus

Das Prinzip des türkischen Nationalismus‘ betonte die ruhmreiche türkische Geschichte und das Recht der Türken auf einen eigenen, modernen und souveränen Staat. Die Türken seien durch dieses Prinzip innerhalb der Türkei wie auch im Ausland brüderlich verbunden.[39]

Mit der Aufnahme des Prinzips Laizismus, dem in der Folge besondere Bedeutung zukommt, kam es zu besonders umfangreichen Veränderungen im zivilen Leben. Der Religion und ihren Würdenträgern wurden Einfluss und Zugriff auf Legislative, Exekutive und Bildung im Staat verwehrt. Sie verloren damit, wenn auch nur zeitweise, ihren Einfluss auf die Gesellschaft.

Republikanismus als Prinzip betont die Prämisse der Volkssouveränität. Im Osmanischen Reich gehörte die Souveränität absolut und bedingungslos dem Sultan, während das Volk unter seiner Herrschaft stand.[40]

Der Etatismus, der die staatliche Lenkung der Wirtschaft mit dem Ziel der schnellen wirtschaftlichen Entwicklung propagiert, hat seine Wurzeln in Ziya Gökalps Forderung nach Modernisierung.[41] Der Etatismus hat sich aber im Laufe der Geschichte gewandelt und einen eher wirtschaftsliberalen formalen Charakter angenommen.[42]

Das Prinzip des Revolutionismus beschreibt, dass alle zur Modernisierung notwendigen Maßnahmen sofort und in vollem Umfang, mit dem Ziel der Entwicklung einer modernen türkischen Gesellschaft, vollzogen werden sollen. Dieser wird in der Literatur auch gerne „Reformismus“[43] oder als Motor der „Modernisierungsbestrebungen“[44] beschrieben.

Als ein besonderes Prinzip gilt der Populismus, da er durch den Kemalismus über die anderen Prinzipien gehoben wird. Populismus war die Idee einer großen Nationalversammlung, die alle wirtschaftlichen und sozialen Interessen vertritt. Durch die integrierte Forderung nach Ausbildung, Erziehung und Aussöhnung des gesamten Volkes, war sicher, dass keine Unterschiede zwischen Arbeitern/Bauern und der Elite mehr bestand. Diese Unterschiede waren insbesondere im Osmanischen Reich prägnant. Die Führung des Reiches war die Elite, die Mitglieder aus der Normalbevölkerung in ihren Reihen nicht zuließ. Die Klassenseparation war etwas, was es in der neuen türkischen Nation nicht mehr geben sollte. Durch den Populismus wurde auch das Bildungswesen stark gefördert. Somit musste jeder Normalbürger Lesen und Schreiben lernen, und zwar nach dem lateinischen Alphabet. Das Prinzip des Populismus stellte sich als sehr idealistisch heraus. Im Laufe der Jahre bauten die alten Eliten immer mehr Widerstände auf, die es zu überwinden galt. Dabei gilt zu bedenken, dass die türkische Revolution von der Elite des Landes durchgeführt worden war, und nicht vom Volk, obgleich dieses hinter der kemalistischen Elite stand.[45] Die Idee der Volkssouveränität blieb trotz aller Widerstände ein zentraler Bestandteil des Populismus, obwohl letzterer, genau wie das Prinzip des Etatismus mit den Jahren seinen revolutionären Schwung verlor.[46]

Diese aufgezeigten Prinzipien sind bis in die Gegenwart Kernstück des bestehenden Kemalismus geblieben, ohne sich jedoch den erforderlichen Anpassungsprozess der Moderne zu entziehen.

2.2.3. Kemalismus heute

Der Kemalismus spielt in allen Verfassungen der türkischen Republik eine wichtige Rolle, so auch in der derzeit gültigen vom 7. November 1982. Allerdings drehen sich in den letzten Jahren zahlreiche Reformdebatten, die seit der Jahrtausendwende geführt werden, im Kern um den Stellenwert des Kemalismus in der heutigen Zeit.

Die Türkei hat insgesamt einen erheblichen Prozess des Wandels bewältigt. Sie hat inzwischen in vielen Bereichen europäisches Recht übernommen,[47] um sich den europäischen Maßstäben anzunähern. Dafür ist maßgeblich die AKP unter Recep Tayyip Erdoğan verantwortlich, welche bei den Parlamentswahlen vom 3.November 2002 mit einem Erdrutschsieg[48] an die Macht gelangte. Die AKP lässt sich weder den rückwärtsgerichteten Traditionen der Refah Partisi, noch einer klassisch kemalistischen Politik zuordnen. Sie „bezeichnet sich selbst als bürgerlich-konservativ und vergleicht sich gerne mit der deutschen CDU.“[49]

Allerdings haben sich, wie vorher festgestellt, auch einige kemalistische Prinzipien im Laufe der Geschichte seit Atatürk erheblich gewandelt.

„Der Etatismus ist einem weitgehenden Wirtschaftsliberalismus gewichen, und auch das Verständnis von Laizismus ist heute ein anderes als zu Atatürks Zeiten. Atatürk hatte im traditionellen Islam und seinen Vertretern ein Hindernis für die Modernisierung des Landes gesehen. Der Laizismus war für ihn ein Instrument, die Türkei zu einem zivilisierten westlichen Staat zu gestalten. Seine Verwestlichung bezog sich auf alle Lebensbereiche, auf die Wissenschaft und die Technik, auf die Gesellschaft und selbst auf die Kleidung.“[50]

Gerade in diesen letzten Punkten ist die moderne türkische Gesellschaft kompromissfähiger geworden. Allerdings ist auch festzustellen, dass sich die Traditionalisten noch verhaltend dagegen wehren.

2.3. Geschichte des türkischen Nationalismus im Spiel der Kräfte des Islams nach 1923:

Das wichtigste Datum in der Geschichte des türkischen Nationalismus ist der 29.Oktober 1923 an dem die türkische Republik durch Mustafa Kemal gegründet wurde. Der Staat basierte auf dem nach ihm benannten Kemalismus.[51]

Aus dem Lausanner Vertrag ergab sich auch ein Minderheitenschutz gegenüber Griechen und Armeniern. Sie mussten sich zwar dem Staat unterordnen, erhielten aber in Bildung und Religion relative Freiheit und Privilegien erhalten. Die Ausübung des Islams wurde jedoch streng reglementiert.

„Der Islam galt den Modernisierern als Hindernis auf dem Weg zur Republik! Das religiöse Bildungssystem der Medresen[52] wurde aufgelöst und durch säkulare Schulen mit einheitlichen nationalen Lehrinhalten ersetzt, populäre religiöse Versammlungsorte geschlossen. Zwischen 1933 und 1948 gab es praktisch keine offizielle Möglichkeit zum Religionsstudium in diesem Land mit seiner fast ausschließlich muslimischen Bevölkerung. Der Gebetsruf erschallte in den dreißiger Jahren auf Türkisch, der Vollzug der Pilgerfahrt nach Mekka war von 1934 bis 1947 nicht erlaubt. Noch heute ist jegliche religiöse Unterweisung außerhalb der Schule und außerhalb des behördlichen Rahmens illegal.“[53]

Die Maßstäbe und Handlungsanweisungen von Koran und Sunna[54] hätten der türkischen Republik nicht ermöglicht, sich dem Fortschritt, wie er durch die westlichen Zivilisationen vorgelebt wurde, anzupassen. Um dies zu tun, musste die türkische Republik Elemente dieser Zivilisationen übernehmen. Das Kalifat repräsentierte die für eine Übernahme westlicher Vorstellungen und Einrichtungen hinderliche religiöse Durchdringung von Politik und Öffentlichkeit. Atatürk schuf daher zur Republikgründung diesbezügliche Reformen, die den Alltag veränderten: 1925 die Abschaffung des Fes und des Schleiers als Kopfbedeckung,[55] die Einführung des Gregorianischem Kalenders 1925 und des Sonntags statt des Freitags als Ruhetag; 1931 die Einführung der europäischen Maß- und Gewichtssysteme und 1934 die Einführung von Familiennamen.[56]

Obwohl Atatürk seinen Unabhängigkeitskampf im Namen der Demokratie führte, herrschte bis 1946 die CHP[57] als einzig erlaubte Partei in einem Einparteistaat. 1946 wurde dann ein Mehrparteiensystem und damit eine Demokratie nach westlichen Maßstab eingeführt.

Im Jahr 1952 erfolgte der NATO-Beitritt und im Jahr 1963 die formelle Aufnahme in den Anwärterkreis der europäischen Staaten. Zu einer erneuten Klarstellung im Verhältnis von Staat und Religion kam es während des Militärputsches vom 12. September 1980. Zur Bekämpfung links- und rechtsextremistischer Tendenzen und des aufkommenden politischen Islams bediente man sich des ideologischen Konstrukts der schon erwähnten TIS (Türk Islam Sentezi: Türkisch-Islamische Synthese):[58] Diese formuliert eine neue türkische Identität sowohl nationaler, aber auch islamischer Elemente. Das labile Verhältnis von Religion und Politik wurde in der türkischen Geschichte immer wieder diskutiert und war auch Gegenstand der Militärputsche von 1960, 1971 und 1980.[59]

[...]


[1] Vgl. General Anzeiger am Montag 13.02.06 Friedliche Demonstration gegen Karikaturen S.7, Bonn, 13.02.06.

[2] Vgl. Turkish Daily News: Erdoğan appeals to world leaders to calm down cartoon crisis: http://www.turkishdailynews.com.tr/article.php?enewsid=35373; 11.02.06; u. Hurriyet: Erdoğan'dan karikatürler için liderlere mektup; http://www.hurriyet.com.tr/gundem/3916842.asp?m=1&gid=69; 10.02.06; u. Sabah: Erdoğan'dan Dünya'ya "ortak tavır" çağrısı; http://www.sabah.com.tr/siy94.html; 10.2.06.

[3] „Türkischer Nationalismus: „Graue Wölfe“ und „Ülkücü“ (Idealisten)-Bewegung“ Verfassungsschutz des Landes Nordrhein-Westfalen Im Oktober 2004; http://www.im.nrw.de/sch/doks/vs/tuerkischer_nationalismus.pdf; 29.12.05.

[4] Vgl. „Türkischer Nationalismus“ ebd., u. Lewis, B.: The Emergency of modern Turkey, London 1965. S. 328ff.

[5] Im osmanischen Reich war das Wort "Türk" (Türke) ein Schimpfwort und hatte noch im osmanischen Reich rundweg die Bedeutung von „Bauer, Flegel, Tölpel“. Vgl. Enzyclopaedie des Islam Band IV S-Z, Leiden, NL 1934. S. 954.

[6] Frei übersetzt: „Ich bin stolz mich einen Türken zu nennen“.

[7] Übersetzt: „Ich bin ein Türke, meine Religion und meine Rasse sind mir erhaben.“ Vgl. Enzyclopaedie des Islam, a.a.O., S. 954-955.

[8] Vgl. Agai, B.: Islam und Kemalismus in der Türkei; http://www.bpb.de/publikationen/HW3V8L,0,0,Islam_und_Kemalismus_in_der_T%FCrkei.html; 28.09.05.

[9] Weiterführende Literatur zur Begriffsdiskussion: Alter, P.: Nationalismus, Frankfurt, 1985; Wehler, H.-U., Nationalismus: Geschichte – Formen – Folgen, München 2001; Mayer, T.: Prinzip Nation: Dimensionen der nationalen Frage am Beispiel Deutschlands, Opladen, 1986.

[10] Vgl. Alter, P., a.a.O., S.12.

[11] Wehler, H.-U., a.a.O., S. 17.

[12] Vgl. ebd. S. 18-19.

[13] Dressler, M.: Die Alevitische Religion – Traditionslinien und Neubestimmungen, Würzburg 2002. S.191.

[14] Mayer, T., a.a.O., S. 23.

[15] Vgl. ebd. S. 23ff.

[16] Vgl. Wehler, H.-U., a.a.O., S. 100.

[17] Alter, P., a.a.O., S. 16.

[18] Weber, M.: Schriften zur Sozialgeschichte und Politik, Stuttgart 1997. S. 183. Anm. d. Verf.

[19] Vgl. Wehler, H.-U., a.a.O., S. 36.

[20] Weber, M., a.a.O., S. 183-188. Anm. d. Verf.

[21] Vgl. Wehler, H.-U., a.a.O., S. 48-49.

[22] Vgl. Wehler, H.-U., a.a.O., S. 51ff.

[23] Peter Alter nennt diesen Reform-Nationalismus, während Hans-Ulrich Wehler den gleichen Typ als Transfernationalismus beschreibt. Diese Arbeit übernimmt den Begriff „Reform-Nationalismus“.

[24] Auch als extremer, reaktionärer oder auch exzessiver Nationalismus bekannt. Vgl. Wehler, H.-U., S. 52 u. Alter, P., a.a.O., S. 43.

[25] Auch „unifizierender“ Einigungs-Nationalismus; vgl. Wehler, H.-U., a.a.O., S.52; o. „liberaler“ Nationalismus; vgl. Alter, P., a.a.O., S. 33.

[26] Wie er in England, Nord-Amerika oder Frankreich durch eine innerstaatliche Revolution in seiner ersten Phase auf sich aufmerksam macht. Vgl. Wehler, H.-U., S. 52.

[27] Vgl. Wehler, H.-U., a.a.O., S. 52.

[28] Alter, P., a.a.O., S. 39.

[29] Vgl. ebd. S. 39-43.

[30] „Türkischer Nationalismus“, a.a.O., Anm. d. Verf.

[31] Die Türkei ist nach Artikel 2 ihrer Verfassung ein sozialer Rechtsstaat und eine laizistische (d.h. Staat und Religion sind vollkommen getrennt), Demokratie und Republik. Vgl. Spuler-Stegemann, U.: Die Türkei in Ende, W./Steinbach, U. (Hg.): Der Islam in der Gegenwart. 4., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. München 1996. S.235-238.

[32] Nationalismus (milliyetçilik / ulusçuluk), Laizismus (laiklik), Republikanismus (cumhuriyetçilik), Etatismus (devletçilik), Revolutionismus (inkılapçılık), Populismus (halkçılık).

[33] Vgl. Adanir, F.: Geschichte der Republik Türkei, Mannheim 1995. S. 39 ff. u. Cengiz, C.: Die Entwicklung des kurdischen Nationalismus in der Türkei von den Anfängen bis 1945. Dissertation Oldenburg, 1997. S. 50-51.

[34] Die Verfassung, die allen Menschen im Osmanische Reich die gleiche bürgerliche Freiheit und Gleichheit vor dem Gesetz garantierten und ein Parlament vorsah, das Koalitionsfreiheit und Freiheit der Presse und des Unterrichts sicherte.

[35] Vgl. Bozay, K./Aslan, F.: Graue Wölfe heulen wieder - Türkische Faschisten und ihre Vernetzung in der BRD, 1997. S. 20.

[36] Vgl. Steinbach, Udo: Die Türkei im 20. Jahrhundert, Bergisch Gladbach 1996. S. 45-49.

[37] Vgl. Bozay, K./Aslan, F., S. 21.

[38] Alter, P., o.o.A., S. 42.

[39] Vgl. Şahinler, M., Dr.: Kemalismus – Ursprung, Wirkung und Aktualität; aus dem Türkischen von Sabine Adatepe, Hückelhoven, 1997. S. 79-82.

[40] Vgl. ebd. S. 89.

[41] Dazu mehr im Punkt 2.4. dieser Arbeit.

[42] Vgl. Dreßler, M., Die civil religion der Türkei, Kemalistische und alevitische Atatürk-Rezeption im Vergleich, Würzburg 1999. S. 59-60.

[43] Vgl. ebd. S. 60.

[44] Ebd.

[45] Vgl. Şahinler, M., Dr.: a.a.O., S. 67-73.

[46] Vgl. Dreßler, M., Die civil religion der Türkei, a.a.O., S. 59-60.

[47] Das Zivilrecht basiert auf den Regelungen der Schweiz, das Strafrecht auf italienischem Recht. Vgl. Spuler-Stegemann, U., a.a.O., S.235-238.

[48] Vgl. Agai, B.: Islam und Kemalismus, a.a.O.

[49] Agai, B., ebd.

[50] Franz, E.: „Wie demokratisch ist die Türkei“ in „Die Türkei vor den Toren Europas“. Landeszentrale der politischen Bildung, Stuttgart 2000. http://www.lpb.bwue.de/aktuell/bis/1_00/tuerkei05.htm, 12.12.05.

[51] kompletter Absatz vgl. hierzu, wenn nicht anders vermerkt: Akcam, T.: From Empire to Republic: Turkish Nationalism and the Armenian Genocide Turkish Nationalism and the Armenian Genocide 2004 und Zürcher, E.: Turkey a modern history, New York 1994.

[52] Medresen sind traditionelle religiöse Schulen, die einer Moschee angegliedert sind.

[53] Agai, B., Islam und Kemalismus, a.a.O.

[54] Neben dem Koran ist die Sunna die zweitwichtigste normative Quelle des Islams. Darunter versteht man die Lebensweise, Gewohnheiten und Aussprüche des Propheten Mohammed, wie sie in so genannten „Hadithen“ (Hadith wird im Glossar beschrieben) überliefert sind. Die grundsätzliche Frage auf Authentizität der Überlieferungen ist jedoch nicht entscheidend. Entscheidend ist die ideologische Funktion, die diese innerhalb der islamischen Gesellschaften bzw. muslimischen Gemeinden einnehmen. Vgl. Radtke, B.: Der sunnitische Islam; in Ende, W./Steinbach, U. (Hrsg.): Der Islam in der Gegenwart, a.a.O., S. 63f. Weiterführend zur Sunna: Nagel, T.: Staat und Glaubensgemeinschaft im Islam. Geschichte der politischen Ordnungsvorstellungen der Muslime, Bd. 1: Von den Anfängen bis ins 13. Jahrhundert. Zürich/München 1981. – Watt, M. W./Marmura, M.: Der Islam, Bd. 1: Politische Entwicklungen und theologische Konzepte. Stuttgart 1985.

[55] Enzyclopaedie des Islam Band IV S-Z, a.a.O., S. 1047.

[56] Mustafa Kemal wurde von der "Großen Nationalversammlung" mit dem Atatürk ("Vater der Türken") geehrt.

[57] Die CHP (Cumhuriyet Halk Partisi): Republikanische Volkspartei wird im Glossar erklärend beschrieben.

[58] Die TIS wird in Punkt 4.2. dieser Arbeit besprochen.

[59] Die genauen Daten: 27.Mai 1960, 12.März 1971, 12.September 1980. Vgl. Spuler-Stegemann, U., a.a.O., S.236-238.

Ende der Leseprobe aus 90 Seiten

Details

Titel
Das Verhältnis von türkischem Nationalismus und Islam - Die Geschichte einer langen und nicht immer einfachen Beziehung
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Politisches Institut)
Note
2,2
Autor
Jahr
2006
Seiten
90
Katalognummer
V56165
ISBN (eBook)
9783638509275
ISBN (Buch)
9783638693547
Dateigröße
784 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Verhältnis, Nationalismus, Islam, Geschichte, Beziehung
Arbeit zitieren
Dennis Merklinghaus (Autor:in), 2006, Das Verhältnis von türkischem Nationalismus und Islam - Die Geschichte einer langen und nicht immer einfachen Beziehung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56165

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