Im vergangenen Jahr löste der Tod von Papst Johannes Paul II. weltweit nicht nur innerhalb der katholischen Glaubensgemeinschaft tiefe Trauer aus, ebenso pilgerten Millionen vornehmlich junger Nicht-Katholiken nach Rom. Und auch trotz der erzkonservativen Ansichten des ehemaligen Papstes bezüglich Sexualität u. ä, aufgrund derer er häufig der Kritik besonders der jungen Generationen ausgesetzt war, schien in den Tagen nach seinem Tod all diese vergessen, seine Heiligsprechung wurde gefordert.
Zwar mag ein Vergleich des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy mit Papst Johannes Paul II. gewagt erscheinen, doch ergeben sich bei näherer Betrachtung in der Tat Parallelen: So löste die Ermordung John F. Kennedys im November 1963 nicht nur Trauer und Bestürzung in der westlichen Welt aus, sondern auch in der UdSSR und den anderen Ostblock- Staaten zeigte man sich ehrlich betroffen. War auch Kennedys außenpolitisches Vorgehen besonders in Bezug auf Deutschland und der Berlinkrise von deutscher Seite heftig kritisiert worden, so ist hiervon nach seinem plötzlichen Tod kaum mehr etwas wahrzunehmen. Im Gegenteil: Nach Kennedys Erfolg in der Kubakrise 1962, neigte man noch zu seinen Lebzeiten auch in Deutschland zu dessen Glorifizierung als Retter der Welt.
Hat man sich jedoch eingehend mit der Geschichte und den Hintergründen der Berlinkrise beschäftigt, mag diese Tatsache etwas befremdlich wirken. Kennedy war nämlich der erste amerikanische Präsident, der erstmals direkt klar werden ließ, die deutsche Wiedervereinigung sei nicht das außenpolitische Primärziel der USA. Ferner scheute er sich nicht, in der Berlinkrise die Absperrung der östlichen Sektorengrenzen zu Gunsten eines Modus vivendi mit der UdSSR zu akzeptieren. Trotz dieses offenen „Verrates“ wurde der amerikanische Vizepräsident Lyndon B. Johnson eine Woche nach dem Mauerbau mit Jubel und Begeisterung von der Berliner Bevölkerung empfangen. Wie lässt sich dieser Widerspruch erklären, zumindest nachvollziehen? Zahlreiche Forschungen aus heutiger Zeit bieten aufgrund der Freigabe von immer neuen Akten zur Berlinkrise Auskunft über viele damals von der Öffentlichkeit unbemerkte Details und Entscheidungsvorgänge, die im Nachhinein Licht in diesen Widerspruch bringen. Dabei muss man sich aber stets der Tatsache bewusst sein, dass wir auch über alle weiteren Ereignisse und Konsequenzen der Berlinkrise Bescheid wissen und die Dinge somit aus der Rückschau bewerten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Vorgeschichte: Wahrnehmung der Ereignisse von Juni bis August 1961
- Die Woche vom 14. bis 22. August 1961: Berichterstattung und Beurteilung der Vorgänge
- Die Einschätzung von John F. Kennedy und der Berlinkrise nach dessen Tod und in Willy Brandts „Begegnungen mit Kennedy“
- Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die zeitgenössische Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung über die Berlinkrise im August 1961 und die Einschätzung von John F. Kennedy in diesem Kontext. Im Fokus stehen die Wochen vom 13. bis 22. August 1961 sowie die Reaktionen nach dem Attentat auf Kennedy im Jahr 1963. Ziel der Arbeit ist es, zu analysieren, wie die Süddeutsche Zeitung die Ereignisse um den Mauerbau und die Reaktionen Kennedys wahrnahm und welche Beurteilung des US-Präsidenten und der Berlinkrise sich in der Berichterstattung widerspiegelte.
- Wahrnehmung der Berlinkrise in der Süddeutschen Zeitung
- Die Rolle von John F. Kennedy in der Berlinkrise
- Die deutsche Reaktion auf die Ereignisse und die Einschätzung Kennedys
- Die Berlinkrise im Kontext des Kalten Krieges
- Die Bedeutung der Süddeutschen Zeitung als Quelle für die historische Rekonstruktion der Berlinkrise
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Berlinkrise und die Bedeutung von John F. Kennedy ein. Sie beleuchtet die Parallelen zwischen der Reaktion auf den Tod Kennedys und dem Tod von Papst Johannes Paul II. und zeigt auf, wie die Berlinkrise in der zeitgenössischen Wahrnehmung der Ereignisse oft anders bewertet wurde als aus heutiger Sicht. Das zweite Kapitel analysiert die Vorgeschichte der Berlinkrise und beleuchtet die Ereignisse von Juni bis August 1961, insbesondere Kennedys Rede vom 25. Juli 1961 und die Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung darüber. Das dritte Kapitel konzentriert sich auf die Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung während der entscheidenden Woche vom 13. bis 22. August 1961, in der der Mauerbau erfolgte. Es untersucht, wie die Zeitung die Ereignisse berichtete und die Handlungen von Kennedy und den Westmächten bewertete. Das vierte Kapitel befasst sich mit der Einschätzung von John F. Kennedy und der Berlinkrise nach dessen Tod und bezieht sich dabei vor allem auf die Erinnerungen von Willy Brandt, die in seinem Buch "Begegnungen mit Kennedy" festgehalten wurden.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Berlinkrise, John F. Kennedy, Süddeutsche Zeitung, Mauerbau, Kalter Krieg, Zeitgenössische Berichterstattung, Westmächte, Willy Brandt, „Begegnungen mit Kennedy“.
- Arbeit zitieren
- Jacqueline Emmerich (Autor:in), 2006, John F. Kennedy und die Berlinkrise in der zeitgenössischen Berichterstattung der Süddeutschen Zeitung (13.- 22. August 1961 und nach dem Attentat 1963), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56237
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