Antiocheia in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts - Das Ende einer spätantiken Stadt


Hausarbeit, 2004

20 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Antiocheia heute: Archäologische Grabungen geben Aufschluss

3. Antiocheia bis zum 6. Jahrhundert: Der Aufstieg einer syrischen Stadt

4. Antiocheia: Eine spätantike Großstadt

5. Die großen Katastrophen des 6. Jahrhunderts
5.1 Das Feuer von 525
5.2 Das Beben von 526
5.3 Das Beben von 528
5.4 Der Persereinfall und die Eroberung der Stadt 540 n. Chr.
5.5 Der mühsame Wiederaufbau durch Justinian

6. Schlussfolgerungen

Quellen- und Literaturverzeichnis

1.Einleitung

Kaum jemandem, verfüge er auch über eine gute Allgemeinbildung, dürfte die Stadt Antakya bekannt sein. Das sollte auch nicht verwundern, handelt es sich doch hierbei um eine in der südlichen Türkei, an der Grenze zu Syrien gelegene Menschensiedlung mit gerade einmal 109.000 Einwohnern. Doch blickt man nicht im gegenwärtigen Zustande auf die Stadt, sondern verlagert den Blickpunkt auf die Vergangenheit dieses Ortes, so kann man seiner, wenn auch längst vergangenen Bedeutung gewahr werden.

Unter dem Namen Antiocheia oder lateinisch Antiochia erlangte er in der Antike und besonders in der Spätantike eine im Römischen Reich herausragende Stellung und gehörte neben Rom, Konstantinopel und Alexandria zu den größten und bedeutendsten Städten des Reiches. Schon früh wurde Antiocheia ein wichtiges Zentrum christlicher Religion, war Bischofssitz und Konzilort.[1] Günstig, nämlich keine 30 Kilometer vom Mittelmeer entfernt und sich südwestlich an einen Fluss, den Orontes[2], anschließend, gelegen, behielt Antiocheia sein typisch spätantikes Stadtbild bis ins 6. Jahrhundert hinein. Während die Städte im Weströmischen Reich viel früher von den Auflösungserscheinungen des einstigen Imperiums und dessen Folgen betroffen waren und ihr ehemals klassisches Stadtbild verloren oder wandelten, bestand Antiocheia, wie die Städte des Oströmischen Reiches im Allgemeinen, in seiner Erscheinung einer spätantiken Siedlung lange Zeit weiter fort.[3] Das nunmehr Byzantinische Reich vermochte es dem Zerfall seiner Strukturen und Ordnung länger standzuhalten. So lässt sich anhand der spätantiken Entwicklung Antiocheias exemplarisch nachvollziehen, wie das spätantike Erbe überlebte, aber letztlich ebenso seine Bedeutung verlor, wie im Westen. In der ersten Hälfte des 6. Jahrhundert führten schließlich verheerende Naturkatastrophen und der Einfall eines feindlichen Volkes zur völligen Zerstörung der Stadt. Aber nicht nur die Bauten fielen dieser Zeit zum Opfer, sondern auch die vielen Menschen, die in ihnen lebten. Endet die, ihre Stadtgeschichte, zumindest die spätantike, also hier, verlor sie endgültig ihre klassische Prägung oder ist es nur eine andere Art der Existenz, die die Metropole nun erwartete?

Besonders in Hinblick auf die ersten 50 Jahre jenes 6. nachchristlichen Jahrhunderts, die wohl die unglücklichsten der Stadt bis dahin waren, versucht sich diese Arbeit den Geschehnissen dieser Zeit anzunähern und diese einzuschätzen. Dabei werden sowohl relevante Primärliteratur, wie die Aufzeichnungen des Prokop von Cäsarea, des Evagrius sowie Libanios, als auch grundlegende Sekundärliteratur, wie die von Glanville Downey verfasste Monografie und der zuletzt von Christine Kondoleon erschienene Sammelband, berücksichtigt.

Zuerst soll kurz auf den Wert heutiger archäologischer Grabungen sowie die städtische Entwicklung im Ganzen, den Werdegang Antiocheias bis zum 6. Jahrhundert, eingegangen werden. Sodann wird ihre vielfältige urbane Erscheinung als spätantike Metropole herausgestellt, die den Ausgangspunkt einer fortzuführenden Betrachtung bildet, welche die Zerstörung der Stadt in den 520ern Jahren und 540 dokumentiert und eine Einschätzung dazu in Hinblick auf den jeweiligen Wiederaufbau erlaubt. Daran schließt sich abschließend ein zusammenfassender Blick an, der eine mögliche Antwort auf die zentrale Fragestellung zu geben versucht.

2. Antiocheia heute: Archäologische Grabungen geben Aufschluss

Wie in Ephesos oder Aphrodisias[4] gab es in den letzten Jahrzehnten ebenso archäologische Grabungen und Forschungen in Antiocheia. Auch wenn diese weniger spektakuläre Baustrukturen als anderswo zu Tage brachten, konnten Wissenschaftler dennoch wichtige Erkenntnisse gewinnen.

Die Untersuchungen begannen 1932 auf eine Initiative der Princeton University hin. Sie stützen sich insbesondere auf Texte von Zeitgenossen und frühen Historikern, wie Malalas und Libanios, zwei bedeutende Literaten der Stadt. Sie beschrieben mitunter ausführlich die Gestalt der spätantiken Metropole und gaben den Archäologen wichtige Anhaltspunkte für ihre Arbeit. Die von ihnen genannten bedeutenden Bauwerke galt es wieder zu entdecken, jedoch konnten bisher nur wenige nachgewiesen werden. Es zeigten sich aber Hinweise auf über 80 Gebäude, die, bis auf wenige Ausnahmen, auf zivile Wohnstätten schließen lassen. Daneben wurden Reste eines Theaters, Hippodroms, zweier Kirchen und sechs Bäder freigelegt. Einen herausragenden Wert stellen allerdings die annähernd über 300 gefundenen Mosaike der Wohnhäuser dar. Sie geben anschaulich Aufschluss auf die Lebensweisen ihrer Bewohner. Außer dem eigentlichen Stadtgebiet, welches aus den historischen Schriften nachzuvollziehen ist, wurde auch die Umgebung, das damals zur Stadt gehörende Gebiet, näher erkundet. So ergibt diese, mit Vororten, einem Hafen und Dörfern, ein historisches Gesamtbild, das, um die Bedeutung der einstigen Großstadt zu ermessen, unverzichtbar ist.[5]

3. Antiocheia bis zum 6. Jahrhundert: Der Aufstieg einer syrischen Stadt

Es gibt mehrere Städte mit dem Namen „Antiocheia“[6], aber keine erlangte mehr Bedeutung als jene am Fluss Orontes. Ihre Geschichte begann mit der Gründung 300 v. Chr. durch Seleukos I., einem Diadochen, der die Stadt zu Ehren seines Vater Antiochos benannte. Sie wurde zur Hauptstadt des Seleukidenreiches und gewann aufgrund ihrer guten Lage schnell an Bedeutung. Auch nach der Eroberung durch die Römer 64 v. Chr. änderte sich dies nicht. Antiocheia wurde Hauptstadt der römischen Provinz Syrien und somit Sitz des dortigen Statthalters. Die Kaiser mochten die Stadt, besuchten sie oft und versahen sie immer wieder mit prächtigen Bauwerken.[7] Im 3. Jahrhundert ist ein vorübergehender Niedergang festzustellen, der mit der Eroberung durch die Perser 256 und 230 seinen Höhepunkt fand. Doch schon 272 gelang die Rückeroberung unter Aurelian und die Stadt blieb militärisches Hauptquartier für den fortdauernden Kampf gegen die Perser und damit wichtiger Etappenort im Osten.[8]

Frühzeitig wurde sie ebenso ein Zentrum des Christentum und war unter anderem Ziel der Missionsreisen des Paulus. Die Christenverfolgung unter Diokletian wurde überwunden und neue, architektonisch überragende Kirchen entstanden. Mehrere Kirchenkonzile fanden statt.[9] Bis in das ausgehende 5. Jahrhundert hinein hielt diese, wenn auch von einigen Rückschlägen, wie Persereinfälle und Erdbeben begleitete Prosperität an und bescherte Antiocheia den ersten Rang unter den Städten des Ostens und einen Platz unter den ersten vier des Reiches.[10] Im 4. Jahrhundert lässt sich die Bevölkerungszahl auf bis zu 200.000 beziffern.[11] Doch dann setze in der ersten Hälfte des 6. Jahrhundert ein rascher Niedergang ein, an dessen Ende die völlige Zerstörung der Stadt steht.

Bevor jedoch auf diese verheerenden Ereignisse einzugehen sein wird, gilt es, die städtische Erscheinung, das Stadtbild, so wie es lange Zeit bestand hatte und Antiocheia als Großstadt auszeichnete, ausführlicher zu betrachten. Dies muss der nötige Ausgangspunkt einer Einschätzung sein, die versucht, den Niedergang der Stadt gleichsam darzulegen und zu erfassen.

[...]


[1] Vgl. Klose, D. O. A., Antiocheia/Antakya/Hatay, Art., in: Brodersen, K. (Hrg.), Metzler-Lexikon, Antike Stätten am Mittelmeer, Stuttgart/ Weimar, S. 460 [im Folgenden zitiert als: Brodersen, Lexikon].

[2] Wie die Stadt selbst, so trägt auch der Fluss heute einen anderen Namen: Asi Nehri.

[3] Vgl. Liebeschuetz, J. H. W. G., Decline and Fall of the Roman City, Oxford 2001 , S. 74.

[4] Siehe dazu: „Journal of Roman Archeology, Supplementary Series Number Forty-Five, Parrish, David (Hrg.), Urbanism in Western Asia Minor. New Studies on Aphrodisias, Ephesos, Hierapolis, Pergamon, Perge and Xanthos, Portsmouth, Rhode Island 2001.

[5] Vgl. Kondoleon, C., The City of Antioch: An Introduction, in: Kondoleon, C., Antioch. The Lost Ancient City, Princeton 2000, S. 5-7 [im Folgenden zitiert als: Kondoleon, Introduction].

[6] Zu nennen sind u. a. Antiocheia in Pisidia und Antiocheia am Maiandros in Karia.

[7] Vgl. Brodersen, Lexikon, S. 460.

[8] Vgl. Kondoleon, Antioch, Chronology xiii und Claude, D., Die byzantinische Stadt im 6. Jahrhundert, München 1969, S. 245 [im Folgenden zitiert als: Claude, byzantinische Stadt].

[9] Vgl. Brodersen, Lexikon, S. 460.

[10] Vgl. Kondoleon, Introduction, S. 3.

[11] Vgl. Demandt, A., Die Spätantike. Römische Geschichte von Diocletian bis Justinian 284-565 n. Chr., München 1989, S. 401[im Folgenden zitiert als: Demandt, Spätantike].

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Antiocheia in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts - Das Ende einer spätantiken Stadt
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Institut für Altertumswissenschaft)
Veranstaltung
Die Stadt in der Spätantike
Note
1,3
Jahr
2004
Seiten
20
Katalognummer
V56382
ISBN (eBook)
9783638510653
ISBN (Buch)
9783656815327
Dateigröße
437 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Antiocheia, Hälfte, Jahrhunderts, Ende, Stadt, Spätantike
Arbeit zitieren
Anonym, 2004, Antiocheia in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts - Das Ende einer spätantiken Stadt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56382

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