Leseprobe
INHALTSVERZEICHNIS
1 Einleitung
2 Die öffentliche Aufgabe der Medien
3 Kommunikationsgrundrechte in der BRD
3.1 Artikel 5 Grundgesetz: Rechte, Schranken, Problembereiche
3.2 Weitere Kommunikationsgrundrechte
4 Rechtsgrundlagen der Massenmedien
5 Medienspezifische Rechte und Pflichten
5.1 Wichtige Sonderrechte der Journalisten
5.2 Wahrheits- und Sorgfaltspflicht
6 Abwehrrechte der Bürger gegenüber den Medien
7 Selbstkontrolle durch den Deutschen Presserat
8 Schlussbetrachtung
9 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Zwangsmitgliedschaften in Kammern, Berufsverbote für unliebsame Journalisten, Todesstrafen bei Abhören eines „Feindsenders“ und Auslieferungen in Konzentrationslager wegen „staatsfeindlicher“ Äußerungen: Heute unvorstellbar, was unter dem Nationalsozialismus Alltag war. Gerade einmal rund 70 Jahre ist es her, dass die Meinungs-, Informations- und Medienfreiheit in Deutschland völlig außer Kraft gesetzt waren. Durch Gleichschaltung und Verstaatlichungen bemächtigte sich das Regime in kürzester Zeit der Presse, des Film und des neu aufkommenden Hörfunks.[1] Das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda machte sich diese als „Massenbeeinflussungsinstrument(e)“[2] zunutze, schottete die Bürger von Auslandsinformationen ab und sorgte so für die erwünschte öffentliche Meinung. Erst nach dem Ende des 2. Weltkriegs konnten die Kommunikationsfreiheiten wieder garantiert werden und fanden 1949 Einzug in die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland (BRD).
Diese Seminararbeit beschäftigt sich in erster Linie mit den Kommunikationsgrundrechten und deren Grenzen aus Artikel 5 Grundgesetz. Welchen Stellenwert genießen Meinungs-, Informations- und Medienfreiheit heutzutage? Zu Beginn steht eine Erläuterung der wichtigen öffentlichen Aufgabe der Medien in modernen Demokratien. Danach geht es darum, was allen Bürgern – auch und besonders Journalisten – verfassungsrechtlich erlaubt ist. Wo können Konflikte auftreten, wenn unterschiedliche Interessen von Medien und Betroffenen aufeinander prallen?
Im nächsten Abschnitt wird auf das Recht der Massenmedien sowie die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern eingegangen. Dabei werden ausschließlich die Regelungen im Presse- als auch im Rundfunkbereich betrachtet.
Kapitel 5 handelt von speziellen Befugnissen, die Journalisten zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe eingeräumt werden. Diesen Rechten stehen selbstverständlich auch Pflichten gegenüber.
Verstoßen die Medien gegen rechtliche Vorschriften, indem sie etwa Persönlichkeitsrechte missachten, können die Betroffenen straf- und zivilrechtlich dagegen vorgehen. Drei wichtige Ansprüche von Bürgern – Widerruf, Schmerzensgeld/Schadensersatz und Gegendarstellung – sollen hier kurz dargestellt werden.
Die Vorstellung des Deutschen Presserates und seiner Ziele bildet den Abschluss dieser Arbeit.
2 Die öffentliche Aufgabe der Medien
Neben sozialen, ökonomischen und unterhaltenden Funktionen kommt den Medien in modernen Demokratien vor allem eine politische Funktion zu. Ihre „öffentliche Aufgabe“ erfüllt die Presse dann, „wenn sie in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, Kritik übt oder auf andere Weise an der Meinungsbildung mitwirkt“ (§3 Landespressegesetz Baden-Württemberg). Diese wichtige Funktion der Medien ist gleichsam die Grundlage für die Strukturen des gesamten Medienrechts.[3]
Medien sollen die Öffentlichkeit also zunächst unterrichten – sei es über politische Geschehnisse und Akteure oder über andere Personen bzw. Themen des öffentlichen Interesses. Sie fungieren als Sprachrohr gesellschaftlicher Gruppen und als Vermittler zwischen der Bevölkerung und ihren Repräsentanten. Am politischen Prozess Beteiligte können über die Medien in Kontakt treten und Argumente austauschen. Diskussionen werden dadurch einerseits erst in Gang gesetzt, andererseits aber auch am Laufen gehalten.
Gleichzeitig beobachten die Medien nicht nur, sondern kommentieren Vorgänge in der Gesellschaft und decken bisweilen Missstände auf. Die Kontrolle und Kritik der staatlichen Machtausübung schafft Transparenz und ermöglicht den Bürgern eine (politische) Willensbildung.[4] Obwohl nicht verfassungsrechtlich verankert, werden die Medien deshalb immer wieder als „Vierte Gewalt“ neben Legislative, Exekutive und Judikative bezeichnet.[5] Damit sie ihre politische Aufgabe erfüllen können, müssen sie frei von staatlichem und ökonomischem Zwang sowie Träger von weitgehenden Rechten sein.
3 Kommunikationsgrundrechte in der BRD
3.1 Artikel 5 Grundgesetz: Rechte, Schranken, Problembereiche
In der Bundesrepublik Deutschland haben Informations-, Meinungs- und Medienfreiheit Verfassungsrang. Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes garantiert, dass „jeder (…) das Recht (hat), seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“[6]
Informations- und Meinungsfreiheit sind individuelle Grundrechte jedes Einzelnen und Abwehrrechte der Bürger gegenüber dem Staat. Sie stehen nicht nur den Deutschen zu, sondern allen Menschen im Rechtsbereich der Bundesrepublik.[7] Die Informationsfreiheit kann als Voraussetzung für eine gelingende Demokratie und die Meinungsfreiheit verstanden werden: Nur durch freie und ungehinderte Unterrichtung ist der Einzelne in der Lage, sich seine Meinung zu bilden und am politischen Geschehen mitzuwirken.[8] Der Staat soll in der Bundesrepublik niemanden daran hindern, sich aus sämtlichen verfügbaren Quellen zu informieren - so wie es im Nationalsozialismus der Fall war und in vielen anderen Diktaturen heute noch ist.
Als „allgemein zugänglich“ werden neben den Massenmedien auch Bibliotheken, Ausstellungen und bestimmte Archive bezeichnet.
Neben diese „nehmende Komponente“, die Informationsfreiheit, tritt eine „gebende“[9], die Meinungsfreiheit. Der Einzelne soll seine Einstellung in der Öffentlichkeit frei äußern, verbreiten und vertreten können - sei es auf bildlichem, schriftlichem oder mündlichem Weg. Nach Udo Branahl ist diese Aufzählung nur beispielhaft und schließt auch nonverbale Äußerungsformen wie Gestik oder Mimik mit ein.[10] Dabei ist unerheblich, ob die Meinung auf wahren Tatsachen beruht oder rein subjektiv begründet ist. Das Bundesverfassungsgericht (BVG) bezeichnete dieses Grundrecht 1958 in einem Urteil als „eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt (…)“. Durch die „ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen (…)“ sei es für die freiheitlich-demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierend.[11]
[...]
[1] Vgl. Wolfgang Heyde: Geschichte des Medienrechts. In: Peter Schiwy/Walter J. Schütz (Hrsg.): Medienrecht. Lexikon für Wissenschaft und Praxis. 2.Auflage. Neuwied/Frankfurt am Main: Luchterhand 1990, S.134f
[2] Joseph Goebbels. Zitiert nach: Jan Tonnemacher: Kommunikationspolitik in Deutschland. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft 2003, S.30
[3] Vgl. Frank Fechner: Medienrecht. Tübingen: Mohr Siebeck 2000, S.11
[4] Diese öffentliche Aufgabe der Medien hat das BVG speziell in seinem „Spiegel-Urteil“ genauer definiert
[5] Vgl. Heinz Pürer: Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Ein Handbuch. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft 2003, S.423
[6] Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit (Hrsg.): Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. München: Augsburger Druck- und Verlagshaus 1996
[7] Vgl. Tonnemacher 2003, a.a.O., S.58
[8] Vgl. Hermann Meyn: Massenmedien in Deutschland. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft 2004, S.40
[9] Vgl. Pürer 2003, a.a.O., S.407
[10] Vgl. Udo Branahl: Medienrecht. Eine Einführung. 4.überarbeitete Auflage. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 2002, S.18
[11] Vgl. Meyn 2004, a.a.O., S.39