Kulturmarketing im öffentlich getragenen oder geförderten Kulturbetrieb


Trabajo Escrito, 2006

31 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1.0 Einleitung

2.0 Ansätze zur Begriffsdefinition Kultur

3.0 Besonderheiten im öffentlich getragenen oder geförderten Kulturbereich
3.1 Zielsetzung
3.2 Produktgestaltung- und -produktion
3.3 Finanzierung

4.0 Kulturmarketing
4.1 Begriffserklärung Kulturmarketing
4.2 Gründe für Kulturmarketing
4.3 Ziele des Kulturmarketings

5.0 Methoden und Techniken des Kulturmarketings
5.1 Zielsetzung
5.2 Marketingforschung: informationsorientiertes Instrument im Kulturmarketing
5.2.1 Konkurrenz-Analyse
5.2.2 Umweltanalyse
5.2.3 Beschaffungs- und Finanzierungs-Analyse
5.2.4 Nachfrageanalyse
5.2.5 Potenzialanalyse
5.2.6 Wissensmanagement / Lobbying
5.3 Zieldefinition und Strategieplanung
5.4 Operatives Marketing: aktionsorientierte Instrumente im Kulturmarketing
5.4.1 Programmpolitik
5.4.2 Preis- und Konditionspolitik
5.4.3 Distributionspolitik
5.4.4 Kommunikationspolitik
5.4.5 Servicepolitik
5.5 Marketing-Kontrolle und Marketing-Controlling: kontrollierendes und steuernd-begleitendes Instrument im Kulturmarketing

6.0 Anwendungsmöglichkeiten und Aufwand in der Praxis

7.0 Fazit

Quellenverzeichnis

1.0 Einleitung

Kommunen und Länder sind im Rahmen ihrer Zuständigkeit Träger von Kulturbetrieben oder Unterstützer von solchen. Eingeschlossen kultureller Veranstaltungen. Diese Arbeit setzt sich im Folgenden mit dem Kulturmarketing im staatseigenen bzw. kommunal betrie- benen oder staatlich getragenen, das heißt durch Subventionen unterstützten Kulturbetrieb auseinander. Sie stellt sich der Frage, weswegen gerade heute Kulturmarketing in Kultur- institutionen wichtiger denn je erscheint und eine Professionalisierung von Nöten ist. Zur Demonstration, wie Kulturmarketing umgesetzt werden kann, wird der von Klein entwickel- te und von den Autorinnen Reimann / Rockweiler in einer leicht modifizierten Version adap- tierte Kulturmarketing-Management-Prozess vorgestellt. Um ihn zu veranschaulichen, wer- den teilweise Beispiele aus der Praxis genannt. Diese sollen natürlich nur exemplarisch für sich stehen. Es versteht sich von selbst, dass das Kulturmarketing des einen Kulturbetriebs nicht auf den anderen ohne Nachzudenken angewandt werden kann. Kulturmarketing ver- langt immer nach individuellen und auf den Kulturbetrieb angepassten Lösungen. Der hier vorgestellte Kulturmarketing-Management-Prozess kann zu diesen führen.

Im folgenden werden die Terme Programm, Dienstleistung (Theateraufführung, Oper etc.) oder Güter (Gemälde, Bücher etc. ) oftmals durch das Wort Produkt ersetzt und sprechen damit natürlich von dem Gesamtangebot, d.h. dem Programm, der Dienstleistung oder den Gütern der Kulturbetriebe. Ebenso verhält es sich mit dem Begriff Kunde, der oftmals synonym für Besucher, Teilnehmer, Nutzer oder Hörer (des öffentlich-rechtlichen Hörfunks / des Rundfunkorchesters etc.) eingesetzt wird.

Die Arbeit hat ihren Schwerpunkt auf das Kulturmarketing zwischen Kulturbetrieb und Kun- de (das heißt die Zielgruppen) gelegt. Andere Austauschbeziehungen bleiben aufgrund des Umfangs der Arbeit weitgehend unberücksichtigt (z.B. Kunde und Künstler). Des Weiteren wurde, aus gleichem Grund, auf tiefergehende Darstellung von Kulturmarketing auf der Steuerungs- und Führungsebene, soll heißen des internen Marketings - verzichtet. Inter- nes Marketing tritt im Allgemeinen hinter dem externen Marketing zurück, da sich Mitarbei- ter von Kulturbetrieben normalerweise mit ihrem Kulturbetrieb identifizieren. Das bedeutet aber nicht, dass diese Bereiche weniger bedeutsam innerhalb des Kulturmarketings sind. Zusammenfassend läßt sich sagen, dass der Schwerpunkt dieser Arbeit auf dem externen Kulturmarketing liegt.

2.0 Ansätze zur Begriffsdefinition Kultur

“Kunst ist (...) ein ebenso abstraktes Kon- zept wie Schönheit, Freiheit oder Gerechtig- keit. Sie lässt sich nicht direkt messen, und es gibt sie letztlich nur in der Wahrnehmung des Betrachters.”

(Frey / Pommerehne 1993, S.6)

In der Literatur sind sehr unterschiedliche Definitionen und Einordnungen von Kultur zu finden. Diese Arbeit möchte nur eine kleinen Überblick der Ansätze zum besseren Verständnis der weiteren Ausführungen liefern.

Zwei verschiedene Ansätze des Kulturbegriffs lassen sich grundsätzlich unterscheiden:

dies wäre zum einen der enge Kulturbegriff, zum anderen der weit gefasste und offene Kulturbegriff.

Der enge Kulturbegriff trennt Kultur und Zivilisation stark ab und verengt den Kulturbegriff “vor allem auf geistige und künstlerische Leistungen” (Heinrichs / Klein 2001, S. 176). Die- se Begriffsdefinition kann durchwegs als konservativ bezeichnet werden, da “Kultur mit den Spitzenleistungen in den traditionellen Bereichen der Kunst, wie der Musik, der Literatur, der darstellenden Kunst (Tanz, Theater, Schauspielkunst, Pantomime, Filmkunst) und der bildenden Kunst (Architektur, Bildhauerkunst, Malerei, Grafik, Zeichnung)” gleichgesetzt wird (Singer 2003, S. 7). Im Kulturmanagement ist der enge Kulturbegriff nicht ausreichend, da die begrenzte Sichtweise soziokulturelle Zentren, ein Stadtteilkulturfest oder ein Frei- landmuseum unberücksichtigt ließen (vgl. Heinrichs / Klein 2001, S. 176 f.).

Dem gegenüber steht der weit und offen gefasste Kulturbegriff der Anthroplogie und Eth- nologie. Er versteht unter Kultur “die Gesamtheit alles tradierten Verhaltens” (Zimmer 1992). Das heißt, gelerntes Verhalten wird von solchem, das erst gelernt werden muss, abgegrenzt (vgl. Zimmer 1992). Unter dem Begriff wird ein “wesentlich umfassenderes Ganzes verstanden, das sich auf Wissen, Glauben, Kunst, Moral, Recht, Sitte, Brauch und alle anderen Fähigkeiten eines Menschen als Mitglied einer gesellschaftlichen Gruppe bezieht” (Reimann / Rockweiler 2005, S. 17). Im Kulturmanagement ist dieser Kulturbegriff zu weit gefasst, da die Sichtweise Bereiche mit einschließt, die nicht zur Aufgabe des Kul- turbetriebs gehören (z.B. Glaube, Recht, Sitte, Brauch) (vgl. Reimann / Rockweiler 2005, S. 17).

Daneben gibt es Ansätze für statistische Zwecke den Kulturbegriff zu fassen: etwa die Abgrenzung der Deutschen Gemeindestatistik, der Kultusministerkonferenz, des Statisti- schen Bundesamtes und der Unesco. Die Statistik der Unesco ist die am weitesten gefas- ste. Unter Kultur werden darin auch die Kategorien Sport und Natur und Umwelt erfasst, die “in der Regel keine Arbeitsbereiche des Kulturmanagements” darstellen (Heinrichs / Klein 2001, S. 179). Diese unterschiedliche Einordnung von Kultur stellt vor allem im Bezug auf die Mittelverteilung des Staates ein ausgesprochen großes Problem dar.

Zusätzlich sind natürlich eine Reihe weiterer Begriffsdefinition in der Literatur zu finden. Hansen unterteilt den Begriff Kultur in vier Varianten: als Bezeichnung für eine kreative und künstlerische Arbeit, für eine bestimmte Form der Lebensart (der Kultiviertheit), spezielle für eine Gruppe oder einen bestimmten Bereich typische Gewohnheiten (beispielsweise die Jugendkultur) und das Ergebnis einer pflegerischen Tätigkeit (beispielsweise Monokultur, Kulturlandschaft oder Bakterienkultur). Hansen stellt jedoch selbst klar, dass im Kulturmanagement nur die erste Variante von Bedeutung und deren Umfeld als Kulturbetrieb zu bezeichnen sei (vgl. Heinrichs / Klein 2001, S. 176 f.). Ob dieser Kulturbegriff zu eng gefasst ist, soll hier nicht diskutiert werden.

Reimann und Rockweiler dagegen definieren Kultur und Kulturbetrieb wie folgt: “Kultur ist das Besondere, Einzigartige, Autonomie, das sich in Kunstwerken niederschlägt, die innerhalb unterschiedlich organisierter Kulturbetriebe geschaffen, gefördert und veröffentlicht werden” (Reimann / Rockweiler 2005, Seite 18).

Abschließend und zusammenfassend ist zu sagen, dass kein allgemeingültiger Kulturbe- griff - weder in Deutschland, noch anderswo - existiert und wahrscheinlich auch nicht exi- stieren wird (vgl. Zimmer 1992). Siehe dazu auch das eingangs verwendete Zitat von Frey / Pommerehne.

3.0 Besonderheiten im öffentlich getragenen oder geförderten Kulturbereich

Der öffentlich getragene oder geförderte Kulturbereich zeichnet sich durch Ziele aus, die nicht in der freien Wirtschaft anzutreffen sind. Schlichtweg: die Wirtschaft könnte sie sich auch nicht leisten; der öffentliche Kulturbetrieb nur, weil er einem anderen Finanzierungs- modell unterliegt, das zur gleichen Zeit die Unantastbarkeit des Kulturprodukts gewährlei- stet.

Erst wenn die Besonderheiten und Herausforderungen eines Kulturbetriebs bekannt sind, können Anforderungen an diesen gestellt werden.

3.1 Zielsetzung

“Ihr Zielsystem (das der Kulturbetriebe; Anm. J.K.) definiert sich (...) nicht vorrangig - wenn überhaupt - vom finanziellem Gewinn, son- dern vom Grad der (vorgegebenen bzw. selbstgesteckten) künstlerischen bzw. kultu- rellen inhaltlichen Zielerreichungen her” (Klein 2003, S. 22; dritte Klammer im Origi- naltext) Öffentlich getragene und geförderte Kulturbetriebe, das heißt der öffentlich-rechtliche Kul- turbetrieb (Kulturelle Einrichtungen, öffentlich-rechtlicher Rundfunk etc.) und der privat- rechtlich-gemeinnützige Kulturbetrieb (Kunstverein, Kunststiftung etc.), arbeiten im Gegen- satz zu Unternehmen in der Wirtschaft, dazu zählen auch kommerzielle Kulturbetriebe wie Verlage, Buchhandlungen oder Künstleragenturen, nicht profitorientiert und gewinnmaxi- mierend im Verständnis eines monetären Profits oder Gewinns. Ihr Ziel besteht in erster Linie darin, einen Bildungs- und Kulturauftrag zu erfüllen, bzw. die daraus abgeleitete Zielsetzung (vgl. Heinrichs / Klein 2001, S. 196 f.). Die Erfüllung des Bildungs- und Kultur- auftrages und die Übersetzung in ein Unternehmensziel bleibt der Kulturinstitution selbst überlassen und variiert selbstverständlich je nach Unternehmen. Um ein Beispiel zu geben: “Die Stadtbibliothek Düsseldorf (hat) die Erfüllung ihrer kulturpolitischen Aufgabe (...) am Aktivierungsgrad der Titel, d.h. wieviel Prozent des Bestandes in einem bestimmten Zei- traum genutzt werden, festgemacht” (Holch 1995, S. 33). Deshalb ist die Rentabilität einer Kultureinrichtung als Non-profit-Unternehmen im Gegensatz zu einem Profit-Unternehmen nicht die Finanzen betreffend messbar (vgl. Lenders 1995b, Seite 21).

”Die Verfolgung sozialer bzw. gesellschaftlicher Ziele bedeutet auf der einen Seite die Ver- nachlässigung des in der Privatwirtschaft angestrebten betriebswirtschaftlichen Zieles der Gewinnmaximierung, setzt aber auf der anderen Seite ein betriebswirtschaftlich orientier- tes Handeln nicht außer Kraft” (Lenders 1995b, Seite 21). Das heißt, das Kultureinrichtun- gen sehr wohl auf Profit und Gewinnmaximierung - wenn auch nicht im Sinne eines Geld- wertes - ausgerichtet sein können. Somit kann etwa “”wirtschaftliches” Handeln für kultu- relle Non-Profit-Unternehmen bedeuten, dass sie ihre Mittel so einsetzen, dass ein größt- möglicher gesellschaftlicher Nutzen erzielt wird” (Lenders 1995b, Seite 21; Anführungszei- chen im Originaltext). Natürlich müssen die Maximierungsmaßstäbe dabei auch an das Der gesellschaftliche Nutzen eines Kulturbetriebes entsteht letztendlich erst dadurch, dass Besucher oder Nutzer das Programm, einen Kurs, etc. besuchen bzw. rezipieren (vgl. Klein 2003; S. 25). Ein Non-profit-Kulturbetrieb kann somit sein Ziel nur durch Einbeziehung der Zielgruppe erreichen. Es muss zu einer Leistungsabgabe und Involvierung kommen, die zu einer Befriedigung der Besucherbedürfnisse führen sollte (vgl. Lenders 1995b, Sei- te 22 f.).

Neben der Vermittlung kultureller Werte und das Erreichen bestimmter Zielgruppen ist zuletzt die Bestandssicherung Ziel eines jeden öffentlich getragenen oder unterstützten Kulturbetriebes (vgl. Klein 2003, Seite 25 f.). Mehr denn je werden Kulturinstitutionen dar- auf eingehen müssen. Präziser wird im Abschnitt Gründe für Kulturmarketing darauf ein- gegangen werden.

Die drei aufgeführten Ziele gelten nicht nur für jede Kulturinstitution, sondern auch als Maßstab jeden strategischen Kulturmarketings, deren Anspruch die Maximierung dieser Ziele darstellt. Im Abschnitt Kulturmarketing wird näher auf den Begriff und die Ansätze des Kulturmarketings eingegangen werden.

3.2 Produktgestaltung und -produktion

Give the market what it wants?

Im öffentlich getragenen oder geförderten Kulturbereich werden keine Produkte produziert, die auf das Publikum zugeschnitten werden, um sie abzusetzen (vgl. Reimann / Rockwei- ler 2005, Seite 35). Das ist die Eigengesetzlichkeit der Kunst: Das Kunstwerk ist vor der Meinung der Öffentlichkeit da (vgl. Bendixen 2002, Seite 25). Erst danach wird nach mög- lichen und geeigneten Möglichkeiten gesucht, um ein Kulturprodukt erfolgreich auf den Markt zu bringen (vgl. Bendixen 2002, S. 178 f.). “Das dominierende Maß ist hier die Kunst, und ihre Publikation schließt für die Öffentlichkeit Zumutungen, Irritationen, Unverständnis und Provokationen nicht nur nicht aus, sondern intendiert sie nicht selten” (Bendixen 2002, S. 182).

Das Produkt des Kulturbetriebs kann äußerst unterschiedlich sein: zum einen ein Gut (z.B. ein Gemälde, eine Graphik, ein Buch) oder eine Dienstleistung (z.B. eine Theaterauffüh- rung, eine Oper, ein Volkshochschul- oder Musikschulkurs, Kurse im Stadtteilzentrum). Doch so unterschiedlich die Produkte von Kulturinstitutionen auch sind, eins hat der Kul- turbetrieb immer gemein: es geht um künstlerisch und oft gesellschaftsrelevante Inhalte. Idealerweise treffen diese auf ein Publikum mit entsprechender Affinität dazu (vgl. Reimann / Rockweiler 2005, Seite 35).

3.3 Finanzierung

“Freiheit der Kunst heißt nicht nur Freiheit vom Staat, sondern zugleich Freiheit durch den Staat.” Hilmar Hoffmann (Singer 2003, S. 4)

Der Staat hat sich das Kulturstaatsprinzip zum Ziel gemacht. Was da heißen soll: “staatli- che Förderung unter Beachtung der künstlerischen Autonomie” (Singer 2003, S. 4). Des- 5 halb sind auch noch heute viele Kulturbetriebe in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft (vgl. Singer 2003, S. 4). Im Punkt Gründe für Kulturmarketing wird im weiteren über entschei- dende Veränderungen in der heutigen Kulturlandschaft gesprochen werden, was etwa die Finanzierung von Kulturbetrieben betrifft. Hier soll jedoch schon gesagt werden, dass die öffentlichen Träger von Kulturbetrieben (Staat oder Kommune) mehr und mehr neue Wege einschlagen. Dies geschieht vor allem, um mehr Flexibilität und Einsparungen zu errei- chen, ohne sich aber der Finanzierungsverantwortung entziehen zu wollen / können. “Bund, Länder und Gemeinden (verzichten) seit einigen Jahren auf die unmittelbare Trä- gerschaftsverantwortung bei Kultureinrichtungen und Kulturprogrammen” (Singer 2003, S. 14). Dies geschieht vorwiegend durch zwei Wege: entweder werden öffentlich-rechtliche Betriebe in eine privatrechtliche Organisationsform umgewandelt -“meistens in eine (gemeinnützige) GmbH” , so geschehen mit der Hamburger Staatsoper, “, in einen Verein oder eine Stiftung”, letzteres vollzog sich 1999 mit den sieben Museen Hamburgs, die von staatlichen Museen in die Rechtsform Stiftungen des öffentlichen Rechts umgewandelt wurden - oder Ressourcen und Verantwortungen werden dezentralisiert und “stärken und motivieren damit die Eigentätigkeit der öffentlichen Kultureinrichtungen” (Klein 2001, S. 45). Der Vorteil für die Museen: die Entscheidungen fallen im Haus selbst, doch auch das Instrumentarium der kaufmännischen Haushaltsführung muss dazu angeeignet werden. Der Kulturbetrieb von heute wird oder ist bereits gezwungen, sich Strategien anzueignen, um eigenverantwortlich zu arbeiten.

Um die Eigengesetzlichkeit und Unabhängigkeit der Kulturarbeit erhalten zu können, wird Kultur öffentlich gefördert (vgl. Klein 2003, S. 7). Aber natürlich ist Kulturförderung auch nötig, da die Produkte vieler Kulturbetriebe durch die Produktion Endverbraucherpreise erreichen würden, die sich der Nachfrager nicht leisten könnte. Für ein Theaterstück müs- sen z.B. nicht nur die Schauspieler bezahlt werden, sondern auch alle anderen am Thea- ter arbeitenden Menschen, die Kostüme, die Requisite, vielleicht auch Räumlichkeiten etc. Den Eintrittspreis, den der Besucher dann an der Theaterkasse berappen muss, entspricht nur einem Bruchteil dessen, was eine Karte in Wirklichkeit, d.h. ohne Förderung, kosten müsste. In der Literatur spricht man vom gebrochenen Markt, da die Leistungsabgabe nicht wie in der Wirtschaft darauf beruht, dass der Nachfrager ein vom Anbieter offeriertes Pro- dukt finanziert und somit ein gleichwertiger Leistungsaustausch stattfindet. Erst durch Unterstützung aus öffentlicher Hand, vorwiegend der Seite der Anbieter, kann es zu einem bezahlbaren Angebot für die Öffentlichkeit kommen (vgl. Geyer / Vermeulen 1995, S. 84 f.).

Neben der öffentlichen Trägerschaft bzw. Unterstützung gibt es noch weitere Basen der Kulturförderung:

- etwa Kulturförderung der Wirtschaft (z.B. Sponsoring): dazu ein sehr interessantes Beispiel im Abschnitt 6.0!
- private Kulturförderung (ehrenamtliches Engagement, Spenden etc.)
- Vereine oder Stiftungen (vgl. Singer 2003, S. 14 f.). An dieser Stelle kann auf die Ham- burger Staatsoper verwiesen werden, deren Stiftung mittlerweile schon seit 40 Jahren die künstlerische Arbeit fördert. Oder auf das Schauspielhaus Hamburg, die unter anderem von den Freunden des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg e.V. unterstützt werden (vgl. Deutsches Schauspielhaus 2006c). Der Verein Freunde der Kunsthalle konnte durch den Überschuss aus Verkäufen und Mitgliedsbeiträgen sogar neue Exponate für die Kunsthalle Hamburg erwerben (vgl. Freunde der Kunsthalle 2006), daneben wird die Hamburger Kunsthalle aber noch von zahlreichen weiteren Stiftungen, Vereinen und Fir- men aus der Privatwirtschaft unterstützt (vgl. Hamburger Kunsthalle 2006b). Der Verein der Freunde des Museums der Arbeit führt in eigener Regie mit ehrenamtlichen Mitar- beitern den Museumsladen, dessen gesamte Beträge dem Museum zu Gute kommen (vgl. Museum der Arbeit 2006c), die Freunde der Kunsthalle übernehmen den Katalogverkauf (vgl. Freunde der Kunsthalle 2006).

Wie wichtig Fremdfinanzierung sein kann, beweist das Beispiel des Museums der Arbeit, das in seinem monatlichen Infobrief an die Mitglieder des Vereins der Freunde des Museums der Arbeit appellierte und die eklatante Lage zum Ausdruck brachte: “Im näch- sten Jahr zählen wir leider zu den Museen, deren finanzielle Lage nicht sehr rosig aussieht. Das neue Schaudepot im Hafen, der Werftaufenthalt der Schiffe, der Depotausbau in Neu- engamme, vor allem aber nicht zustande gekommene Sponsorengelder summierten das Defizit so sehr, dass wir zunächst einmal die Notbremse gezogen haben. Alle Ausstel- lungsprojekte des nächsten Jahres müssen zu 100% fremdfinanziert werden, sonst werden sie nicht stattfinden” (Kosok 2006).

4.0 Kulturmarketing

Da die aus öffentlicher Hand geförderten oder getragenen Kulturbetriebe nach sozialen und gesellschaftspolitischen Prinzipien agieren (sollten), befürchteten kritische Kultur- schaffende mit der Vernetzung von Kunst (Kultur) und Wirtschaft (Marketing) eine Kom- merzialisierung der Kunst und der Kulturbetriebe und einen Ausverkauf derer zugunsten des Publikumsgeschmacks. Mit den Folge einer Anpassung des künstlerischen Anspruchs und der Qualität und dem Verlust der Eigenwilligkeit (vgl. Klein 2001, S. 1 f.). Bei der blo- ßen Übertragung und der Übernahme von Marketing-Methoden aus der Wirtschaft mag dies zuzutreffen (vgl. Lenders 1995 a, S. 150). Doch darum geht es beim Kulturmarketing nicht. Es muss die Besonderheiten des Kulturbereichs berücksichtigen, um effizient zu sein. Vieles, was heute unter dem Term Kulturmarketing fällt, gibt es schon seit Jahren: Konkurrenz- und Potenzialanalysen, der Förderverein und Sponsoring, historisch Mäzena- tentum, um hier nur einen Ausschnitt zu nennen (vgl. Klein 2001, S. 10). Folglich praktizie- ren viele Kulturbetriebe schon lange im Kleinen oder Größeren - erfolgreich aber leider auch unerfolgreich - Kulturmarketing ohne sich dessen offensichtlich bewusst zu sein.

“Auf der anderen Seite (sehen) manche Kulturmanager gerade auch öffentlicher Kultureinrichtungen im Marketing plötzlich die “Wunderdroge”, die sie von allen finanziellen Nöten und Sorgen um Zuschauerzuspruch erlöst” (Klein 2001, S. 7).

Die dritte Ansichtsweise von Kulturmarketing reduziert den Begriff auf “Werbung, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bzw. auf das richtige Verkaufen” (Klein 2001, S. 7-8). Natürlich ist Werbung und Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ein Teil des Kulturmarketings, doch noch lange nicht alles.

Was Kulturmarketing umfasst und welche Zielsetzungen und Möglichkeiten, aber auch Einschränkungen dahinterstehen, soll in folgenden Abschnitten erklärt werden.

4.1 Begriffserklärung Kulturmarketing

“Die Aufgabe des Kulturmarketings ist es, Kultur am Leben zu erhalten, sie zu überset- zen und zu kommunizieren sowie den Künstlern den Freiraum zu geben, den sie für ihr Anliegen brauchen.”

( Reimann / Rockweiler 2005, S. 30)

Grob gesagt kann Marketing, wie wir es aus der Betriebswirtschaft her kennen als ein “Aus- tausch von Dingen oder Leistungen von Wert und die Beeinflussung dieses Prozesses” (Klein 2001, S. 14) definiert werden. Klein spezifiziert seine Definition im weiteren noch und schreibt dahingehend Marketing eine Erklärungsfunktion zu, “wie Austauschprozesse zustande kommen”, daneben lassen sich daraus laut Klein “Hinweise zur Ausgestaltung dieser Austauschbeziehungen ableiten und diese anschließend in entsprechende Maß- nahmen umsetzen.” Für Klein umfasst Marketing in seiner Definition sowohl “analysieren- des Vorgehen wie gestaltendes Handeln” (Klein 2001, S. 31). Die recht allgemeine Defini- tion Kleins kann sowohl für Profit-ausgerichtete, als auch für non-profitäre-Unternehmen gelten.

Vorweg gesagt, Marketing, wie wir es aus der Privatwirtschaft kennen, kann nicht eins zu eins auf den Kulturbereich übertragen werden; und soll es aufgrund der spezifischen Pro- dukteigenschaften und Zielsetzungen des Kulturbetriebes auch gar nicht. Jedes Marke- tingkonzept, auch in der Privatwirtschaft, erfordert Kenntnisse der Eigenheiten der jeweili- gen Märkte (z.B. Agrar-Marketing, Versicherungs-Marketing etc.) (vgl. Heinrichs / Klein 2001, S. 197). Innerhalb des Kulturmarketings müssen Güter, etwa Gemälde in einem Museum oder Dienstleistungen, wie etwa Unterricht an einer staatlichen Musikschule, der Volkshochschulkurs oder Theateraufführungen, unangetastet bleiben. So hat auch die Ver- marktung des Kulturbetriebes seine Grenzen (vgl. Reimann / Rockweiler 2005, S. 30).

Heinrichs und Klein definieren zwar Kulturmarketing “im Rahmen des Kulturmanagements (als) die Adaption der Regeln des allgemeinen Marketings auf die speziellen Handlungs- felder von Kunst und Kultur” (vgl. Heinrichs / Klein 2001), fügen jedoch an, dass die Pro- dukte der Kulturbetriebe und deren Zielsetzungen andere als in der Privatwirtschaft seien. Klein spricht davon, dass Kulturmarketing einen “systematischen Gesamtprozess” erfordert (Klein 2001, S. 8). So zu verstehen, das Kulturmarketing nicht nur einen Teil des Kulturbe- triebs umfasst, sondern als Marketingphilosophie im ganzen Unternehmen lebt (vgl. Holch 1995, S. 51 f.). Dieser Gesamtprozess wird Kulturmarketing-Management-Prozess genannt. Nach diesem Kulturmarketing-Management-Prozess werden bereits vorhandene positive Ansätze oder entwickelte Ideen des Kulturbetriebs zu einem vernünftigen und überprüf- und kontrollierbaren Gesamtkonzept zusammenfügt (vgl. Klein 2001, S. 8 f.), der “alle Beschäftigten angeht und einbindet” (Klein 2001, S. 10 f.). Somit auch als markto- rientiertes Management zu verstehen ist. Aus der Analyse der konkreten externen und internen Situation des Kulturbetriebes (soll heißen etwa die Bezugnahme auf die Umwelt, die Wahrnehmung von Veränderungen und die Betrachtung des eigenen Innenlebens) werden konkrete Planungsstrategien entwickelt, die danach durchgeführt werden (sollten) und durch einen Rückkopplungsprozess stetig kontrolliert werden (vgl. Klein 2001, S. 95 und Lenders 1995 a, S. 161).

Auch Holch weist in seiner Definition des dienstleistungsorientierten Kulturmarketings darauf hin, dass dasselbige nicht auf eine einzelne Abteilung isoliert werden könne, sondern in das gesamte Unternehmensgeschehen integriert sein müsse (vgl. Holch, S. 49 f.). Beispielhaft kann dies an der Staatsoper Stuttgart veranschaulicht werden: regelmäßig setzt sich dort die Führungsetage mit den Mitarbeitern zusammen, die im direkten Kundenkontakt stehen (vgl. Klein 2003, S. 11-12).

Durch die ausschließliche Konzentration auf das künstlerische Produkt und dessen Qua- lität, sowie auf den eigenen Kulturbetrieb rückte das Publikum in vielen Kulturinstitutionen im Laufe der Jahre mehr und mehr in den Hintergrund. Die Besucher wurden sozusagen gemeinsam mit dem Kulturbetrieb alt. Der Grundgedanke des Kulturmarketings ist daher die Kundenorientierung (vgl. Reimann / Rockweiler 2005, S. 34). Und auch hier nimmt Mar- keting einen Platz auf der Management-Ebene ein: Um der Kundenorientierung gerecht werden zu können, sollte “die Ausrichtung aller Unternehmensaktivitäten” auf den Kunden (Holch 1995, S. 48; Fettung im Originaltext) als Hauptaufgabe betrachtet werden, des wei- teren alle Mitarbeiter einer Kultureinrichtung am Kulturmarketing beteiligt sein oder werden und es durch aktives Mitwirken umzusetzen, auch die, die nicht im unmittelbaren Besucher- und Nutzerkontakt stehen (vgl. Klein 2001, S. 80-81). Um das Erfüllen zu können, muss der Kulturbetrieb zu allererst ein Profil entwickelt haben, bereits eine konkrete Vorstellung der Zielgruppe gewonnen haben und sich über neue Markterschließungen Gedanken gemacht haben (vgl. Kulturmarketing-Management-Modell von Reimann / Rockweiler 2005, S. 36). Also wird mit Kulturmarketing “zum einen versucht, Kundeninteressen besser auszunutzen und zu gestalten. Und zum anderen wird damit aber auch immer ein Stand in der Öffent- lichkeit demonstriert und verstärkt” (Geyer / Vermeulen 1995, S. 85).

Klein definiert Kulturmarketing als “die Kunst (...), jene Marktsegmente und Zielgruppen zu erreichen, die aussichtsreich für das Kulturprodukt interessiert werden können, indem die entsprechenden Austauscheigenschaften (z.B. Preis, Werbung, Vertrieb, Service usw.) dem künstlerischen Produkt bzw. der kulturellen Dienstleistung möglichst optimal ange- passt werden, um dieses mit einer entsprechenden Zahl von Nachfragern erfolgreich in Kontakt zu bringen und um die mit der allgemeinen Zielsetzung des Kulturbetriebs in Ein- klang stehenden Ziele zu erreichen” (Klein 2003, S. 22; Klammern im Originaltext).

Kulturell interessierte Menschen sollen durch Marketingmaßnahmen zum Besuch einer Kulturinstitution angeregt werden, wie es Klein in seiner Definition zum Kulturmarketing erläuterte (vgl. Klein 2003, S. 22). Das darf aber nicht “zum künstlerischen Preis”, das heißt der Ausrichtung des Programms auf den Publikumsgeschmack und “nicht mit dem Ziel der der Gewinnmaximierung wie in betriebswirtschaftlich geführten Unternehmen” geschehen (Reimann / Rockweiler 2005, S. 34 f.). Das Kulturmarketings kann das Zusammentreffen des eigenständigen Programms eines Kulturbetriebes mit den dafür interessierten und offe- nen Menschen systematisch steuern (vgl. Reimann / Rockweiler 2005, S. 35). Was Kultur- marketing jedoch nicht leisten kann und soll, ist der Ausgleich von mangelnder inhaltlich- ästhetischer beziehungsweise künstlerischer oder kultureller Qualität (vgl. Klein 2003, S. 12).

4.2 Gründe für Kulturmarketing

“Das Royal Philharmonic Orchestra hat heu- te eine Subvention, die, glaube ich, drei Prozent ausmacht, was es vor zehn Jahren bekam. Und es lebt immer noch! Sie versu- chten immer wieder, es umzubringen, und es will nicht sterben! So sind wir daran gewöhnt zu sagen: Finde einen anderen Weg.”

[...]

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Detalles

Título
Kulturmarketing im öffentlich getragenen oder geförderten Kulturbetrieb
Universidad
Hamburg University of Applied Sciences  (Fakultät Design, Medien und Information)
Curso
Betriebswirtschaftslehre Studiengang Mediendokumentation
Calificación
1,0
Autor
Año
2006
Páginas
31
No. de catálogo
V57099
ISBN (Ebook)
9783638516310
Tamaño de fichero
2844 KB
Idioma
Alemán
Notas
Die Arbeit entstand an der HAW Hamburg, Fachbereich Bibliothek und Information, Studienfach Mediendokumentation, Fach Betriebswirtschaftslehre
Palabras clave
Kulturmarketing, Kulturbetrieb, Betriebswirtschaftslehre, Studiengang, Mediendokumentation
Citar trabajo
Julia Kappes (Autor), 2006, Kulturmarketing im öffentlich getragenen oder geförderten Kulturbetrieb, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57099

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