Charles Fourier. Ein utopischer Sozialist


Trabajo, 1997

23 Páginas, Calificación: gut (+)


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Fouriers historische Umwelt

3. Das Leben Charles Fouriers

4. Kritik an der „falschen“ Gesellschaftsform
4.1. Der Handel
4.2. Die Ehe
4.3. Die Stellung der Frau
4.4. Die Philosophen

5. Theorie der vier Bewegungen

6. Theorie der Leidenschaften

7. Die sozietäre Gesellschaft

8. Die neue Welt

9. Zusammenfassung

Literatur

1. Einleitung

Ich möchte mich in dieser Arbeit einem Theoretiker und Autor widmen, der u.a. laut Marx und Engels zu den kritisch-utopischen Sozialisten zu rechnen ist und Claude-Henri de Saint-Simon sowie Robert Owen in die Reihe der Vorbereiter des wissenschaftlichen Sozialismus gehört. „Die eigentlich sozialistischen und kommunistischen Systeme St. Simons, Fouriers, Owens usw. tauchen auf in der ersten, unentwickelten Periode des Kampfs zwischen Proletariat und Bourgeoisie,...“[1] Die Rede ist von François Marie Charles Fourier.

Fourier, der ab dem Alter von 17 Jahren die Wirren der Großen Französischen Revolution miterlebte, hinterließ seiner Nachwelt ein schon zu Lebzeiten sehr umstrittenes literarisches Werk, denn „bis heute ist man in der Verlegenheit, wenn man genau angeben soll, wo seine Theorie, dies Gewebe aus realistischer Beobachtung, Phantasie und Kalkül einzuordnen sei“.[2] Mit Blick auf die Beachtung die er u.a. bei Marx und Engels gefunden hat, wäre es nicht angebracht ihn einfach in die sogenannte schöne Literatur zu verbannen und ihn als eine Art Science-Siction-Autor zu deklassieren, so haben die beiden Autoren bemerkt: „Die sozialistischen und kommunistischen Schriften bestehen aber auch aus kritischen Elementen. Sie greifen alle Grundlagen der bestehenden Gesellschaft an.“[3]

Trotzdem ist die literarische Leistung Fouriers nicht zu verleugnen, so daß sich einig Dichter seines Werkes angenommen haben. So geht André Breton auf die „wunderliche und irre Seite“ der Theorien Foureirs ein, bemerkt aber auch man könne „nicht nachdrücklich genug unterstreichen, daß bei der möglichen Einführung eines neuen Mythos, auf den sich ein dauerhafter Zusammenhalt gründen ließe, Fourier fraglos als einer der allerersten zu Rate gezogen, ja in umfassender Weise nutzbar gemacht werden muß“.[4]

„Wie Breton weiter feststellt, entzieht sich Fouriers Werk jeder verkürzenden Zusammenfassung: Wer sich eine angemessene Vorstellung von ihm machen möchte, muß allein auf dieses Werk zurückgreifen.“[5]

Auch wenn diese Aussage etwas entmutigend wirkt, will ich der Aufgabe stellen und Charles Fourier in der Art vorzustellen, daß ich erst einen historischen Überblick gebe, sein Leben skizziere und dann sein Werk vorstelle. Fourier geht niemals nur auf ein Thema separat ein und wiederholt sich häufig. Auch wenn eine solche Vorgehensweise meinerseits einen sehr interessanten Einblick in das Wesen des Werks und Fouriers gestatten würde, habe ich mich der Übersichtlichkeit zu liebe und auf die Gefahr der Reduktion hin für eine etwas stärker in Themenbereiche gegliederte Darstellung entschieden.

2. Fouriers historische Umwelt

Um das Leben und das Werk eines Menschen verstehen und beurteilen zu können, muß man die politischen, sozialen und kulturellen Gegebenheiten seiner Zeit berücksichtigen, was in dem Fall Fouriers angesichts seiner Kritik an denselben noch zwingender ist. Deshalb stelle ich hier einen kurzen und groben Abriß der französischen Geschichte vor, der dem Anspruch der Vollständigkeit nicht gerecht werden kann und nur die von mir als wichtig erachteten Geschehnisse berücksichtigt.

Frankreich erlebte nach den zahlreichen Hugenottenkriegen des 16. Jahrhunderts, mit dem Anfang des 17. Jahrhunderts beginnenden Absolutismus einen neuen Aufschwung und entwickelte sich zu einer neuen militärischen und wirtschaftlichen Macht in Europa. Schon zum Ende desselben Jahrhunderts deutete sich jedoch mit dem Verlust des Pfälzischen Erbfolgekriegs (1688-1697) eine Wende an, die durch den ebenfalls erfolglos geführten Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714), der Frankreich an den Rand des Abgrunds brachte, bestätigt wurde.

Das verschwenderische Leben Ludwigs XV. sowie die hohen finanziellen Belastungen durch Kriege und die Unterstützung des nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieges brachten Frankreich immer näher an einen Staatsbankrott, der auch durch den zum Ende des Jahrhunderts wieder aufgenommenen Austausch von Waren und Techniken mit dem seit ca. 1780 in der Phase der Industrialisierung befindlichen England nicht abgewendet werden konnte. Ferner brachte eine Anzahl von Viehseuchen, das starke Bevölkerungswachstum und die zunehmende Arbeitslosigkeit weiteres Elend über das Land, das angesichts der Privilegien des Adels und des Klerus noch bitterer zu ertragen war.

Trotz einiger Reformversuche unter Ludwig XVI. wurde die öffentliche Kritik am Ancien Régime, die vom Geist der im 18. Jahrhundert beginnenden aufklärerischen Strömungen und deren französischen Wortführern Voltaire sowie Montesquieu getragen wurde, immer lauter, bis diese Bewegung mit der Versammlung der Generalstände, der Selbsternennung des „Dritten Standes“ zur Nation und dem Pariser Volksaufstand vom 14.7.1789 ihren vorläufigen Höhepunkt fand.

In den folgenden Jahren entwickelte sich Frankreich, das nun von einer verfassunggebenden Nationalversammlung regiert wurde, unter dem Druck der radikal-revolutionären Jakobinischen Bergpartei von einer konstitutionellen Monarchie zu einer Republik, was am 21.1.1793 zum Tode Ludwigs XVI. auf dem Schafott führte.

Der Jakobinerklub errichtete unter der Führung von Danton und Robbespierres eine Schreckensherrschaft, in der keine Parteien und Meinungen zugelassen wurden, die von ihren radikalen revolutionären Gedanken auch nur im geringsten abwichen, und das Christentum durch einen Kultus der Vernunft ersetzt sowie ein neuer, mit der Revolution beginnender Kalender eingeführt wurde. Mit blutigen Terror setzten sich die Jakobiner gegen Aufständische in der Bretagne und den südfränzösischen Städten durch; die äußeren Feinde wurden durch die Massenheere des allgemeinen Volksaufgebotes bekämpft. Diese grausame Phase der Revolution endete mit dem Tod Robbespierres am 27.7.1794 auf dem Schafott, auf das er zuvor so viele Andersdenkende geschickt hatte.

Unter der neuen Regierung, dem Direktorium, die nun von gemäßigten Republikanern gestellt wurde, kam es zur Entwertung des Papiergeldes der Revolution, den Assignaten, was zum Staatsbankrott Frankreichs führte. Mit Schuld daran waren auch die fortlaufenden Ausgaben für die zunächst erfolgreich geführten Kriege gegen die Europäische Koalition.

Am 9.11.1799, nach dem Verlust der italienischen Gebiete, stürzte Bonaparte mit einem Staatsstreich das Direktorium und sicherte sich die oberste Gewalt in Frankreich. Er stellte erstmals in der Revolution - u.a. mit Hilfe des Code Napoléon und die Friedensschlüsse von Lunéville und Amiens - die innere Ordnung wieder her und schuf einen streng zentralistisch regierten Staat, zu dessen Kaiser er sich am 2.12.1804 in Paris selbst krönte und somit zu einer Militärmonarchie machte. Napoleon führte einige innenpolitische Änderungen ein, die seine Stellung festigen sollten. Er reformierte neben dem Rechtssystem, durch die Einführung des Code civil sowie diverser neuer Gesetzbücher und Prozeßordnungen, auch das Ehewesen, das die Eheschließung zu einem weltlichen Vertrag machte.

Schon 1805 brach mit dem 3. Koalitionskrieg der nächste europäische Konflikt aus, in dem nur England unbesiegt blieb und dadurch sein Seehandelsmonopol stärken konnte, welches Frankreich wiederum mit einer Kontinentalsperre zu bekämpfen versuchte.

Nachdem Frankreich in den Freiheitskriegen seine Vormachtstellung in Europa verloren hatte, und Napoleon 1814 abdanken mußte, wurde erstmals seit Beginn der Revolution mit Ludwig XVIII. wieder ein Bourbone König, dessen Regierung eine immer mehr reaktionäre Richtung einschlug. Mit der vom bürgerlichen Liberalismus getragenen Julirevolution im Jahre 1830, der die Regierung unter Karl X. zum Opfer fiel, setzte sich das Großbürgertum als herrschende Schicht durch und setzte den „Bürgerkönig“ Ludwig Philipp von Orléans auf der französischen Thron.

3. Das Leben Charles Fouriers

François Marie Charles Fourier[7] wurde am 7. April 1772 in Besaçon als einziger Sohn des angesehenen Tuchhändlers sowie Präsidenten des Handelsgerichts Charles Fourrier und Bruder von vier älteren Schwestern geboren. Seine Mutter, Marie Fourrier, entstammte einer reichen Kaufmannsfamilie. Sein Vater starb 1781 und hinterließ ihm ein ansehnliches Vermögen, das von der Mutter bis zu seinem 20. Lebensjahr verwaltet werden sollte. Ferner hing die Aushändi

gung des Erbes von der beruflichen Laufbahn Fouriers ab, die nach dem testamentarischen Willen des Vaters und der Tradition der Familie folgend in Richtung einer Handelstätigkeit weisen sollte. [6]

Der Handel war Fourier schon von früher Kindheit an so verhaßt, daß er schon mit neun Jahren mit einer kleinen Abweichung den von Hanibal gegen Rom gerichteten Schwur aussprach: `Ewigen Haß dem Handel´. Er bemerkte schon als junger Mensch den Bruch zwischen den ihm nahegebrachten Moralvorstellungen und Wertigkeiten sowie den in der Kirche verbreiteten Dogmen einerseits und andererseits dem tatsächlichen Verhalten seiner Mitmenschen, dem er sich nicht anpassen wollte. Fouriers stark ausgeprägter Gerechtigkeitssinn zeigte sich schon in der Schule, wo er sich für benachteiligte Schüler einsetzte, selbst wenn sein Gegenüber ihm deutlich überlegen war. Auch seine Eltern bekamen diesen sehr stark ausgeprägten Charakterzug empfindlich zu spüren. Der junge Charles Fourier informierte die Kunden seines Vaters über dessen Betrügereien und die schlechte Qualität der ihnen angebotenen Ware.

Nachdem er 1789 seine schulische Laufbahn an einem humanistischen Gymnasium beendete, in der er sich auf die Schwerpunkte Latein und Theologie konzentriert hatte, konnte er sich bis zu seinem 19. Lebensjahr, trotz des Drängens seiner Mutter des testamentarischen Willens seines verstorbenen Vaters einen Handelsberuf zu erlernen verweigern. Er bewarb sich an der Ecole des ingénieurs militaires für das Fach Geographie, wurde aber auf Grund seiner bürgerlichen Herkunft abgelehnt. 1791 nahm er in Lyon eine Lehrstelle als Handelsreisender an, die entgegen seiner Erwartung seine begeistertes Interesse weckte und ihn zusätzlich zu den Erfahrungen in seinem Elternhaus wirkungsvoll prägen sollte.

Fourier unterbrach seine Lehre 1793, um das Vermögenserbe seines Vaters anzutreten und ein Handelsunternehmen für Kolonialwaren zu gründen. Noch im selben Jahr beschlagnahmen jedoch royalistische und girondistische Aufständische eine von Fourier bestellte Warenlieferung, was zu seinem finanziellen Ruin führte. Sein handgreiflicher Protest brachte ihn ins Gefängnis, wo er nur knapp dem Schafott entging. Nach 17 Monaten Militärdienst, aus dem er auf Grund seines schwachen Körperbaus 1796 entlassen wurde, nahm er seine Tätigkeit als Handlungsreisender wieder auf.[8]

Wenn sich die folgenden Jahre für Fourier auch sehr ruhig darstellten, so gab es 1799 doch zwei Erlebnisse, die ihn an seinen in der Kindheit ausgesprochenen „Hannibalschwur“, ewigen Haß dem Handel, zu erinnern schienen. Zum einen mußte er im Auftrag seines Dienstherren in Marseille eine Schiffsladung Reis, die über die Dauer einer Preisspekulation verfault war, im Meer versenken, zum anderen bemerkte er die starken Preisschwankungen der Äpfel. Fourier beschloß sich der Erforschung der sozialen Welt und ihrer Gesetze zu widmen. Hierfür gab er seine Arbeit als Handelsreisender auf und wurde Makler ohne Lizenz in Lyon, wo er von1800 bis 1815 lebte und schnell Anschluß die an gehobene Gesellschaft der Stadt fand.

1808 veröffentlichte Charles Fourier sein erstes und grundlegendes Werk, „Theorie der vier Bewegungen und der Allgemeinen Bestimmungen“.

Als seine Mutter 1812 starb, hinterließ sie ihm ein ausreichendes Vermögen, das ihm die Freiheit gab, sich voll auf seine Forschung zu konzentrieren. Nach einem kurzen Aufenthalt in Talissieu zog er 1817 zu einer seiner Schwestern und deren Familie nach Belley, wo er zwar eine deutliche Zuneigung zu zwei seiner Nichten verspürte, sich aber trotz ihres freien Lebenswandels zurückhaltend verhielt.

1819 beendete er ein achtbändiges Werk, das aber erst 1822, um einige erotische Passagen gekürzt, als die zweibändige „Abhandlung über die häusliche und ländliche Assoziation“ veröffentlicht wurde. Dieses Werk fand einige Aufmerksamkeit, so daß sich um den seit 1816 mit Fourier in Beziehung stehenden Just Muiron eine kleine Anhängerschaft versammelte. Fourier veröffentlichte in den folgenden Jahren noch einige kleinere Schriften.

Nach einer Tätigkeit als Kassierer in Lyon, die er 1825 annahm, und einem im Jahre 1826 folgenden Berufswechsel zum Angestellten einer amerikanischen Handelsgesellschaft in Paris legte Fourier 1827 jegliche Arbeit im Handelswesen nieder und widmete sich mit Hilfe der finanziellen Unterstützung seiner mittlerweile größer gewordenen Anhängerschaft ganz seinem schriftstellerischen Werk.

Mit dem Erscheinen seines Werkes „Die neue industrielle und sozietäre Welt

oder die Entdeckung des Verfahrens der anziehenden, komplexen, in Leidenschaftsgruppen betriebenen Industrie“ im Jahr 1829/30 gelang es Fourier auch größeres öffentliches Interesse zu erwecken. Die Presse wurde auf ihn aufmerksam und 1833 wurde erstmals von der Ecole Sociétaire, die sich um Just Muiron gebildet hatte, ein Versuch unternommen, seine Theorie zu verwirklichen. Dieser scheitert allerdings schon in der Planungsphase. 1835/36 erschien sein letztes Werk, „Die falsche Industrie“.

Charles Fourier wurde am 10. Oktober 1837 von seiner Wirtin tot in seinem Zimmer aufgefunden. Fourier war sein Leben lang Junggeselle aus Prinzip geblieben. Er war aber entgegen einiger mystifizierender Behauptungen der Ecole Sociétaire kein Einzelgänger oder Eigenbrödler, sondern allen Frustrationen und Spötteleien zum Trotz ein sehr lebenslustiger, geselliger und aufnahmefähiger Mensch.

[...]


[1] Marx, Karl/Friedrich Engels: Manifest der kommunistischen Partei. Stuttgart 1953, S. 45

[2] Fourier, Charles: Theorie der vier Bewegungen. Frankfurt am Main 1966, S.

[3] Marx, Karl/Friedrich Engels: Manifest der kommunistischen Partei. Stuttgart 1953, S. 46

[4] Breton, André: Ode an Charles Fourier. Surrealismus und utopischer Sozialismus. Berlin 1982, S. 27f

[5] Ebenda, S. 89

[6] Ich stütze mich hier auf die Bücher von:

Bebel, August: Charles Fourier. Sein Leben und seine Theorie. 5. Aufl., Berlin, Bonn 1973 und

Trude, Michaela: Die Fourieristen. Ingaural-Dissertation, Bonn 1986

[7] Fourier strich in Anlehnung an den Ordensgründer und Heiligen Pierre Fourier ein „r“ aus seinem Namen. Er erhoffte sich dadurch Zugang zur Ecole des ingénieurs militaires zu finden, da diese keine Angehörigen des „dritten Standes“ aufnahm. G. Kiesel: Petrus Forerius(Pierre Fourier). In: Lexikon der christlichen Ikonographie, Bd. 8, Rom, Freiburg, Basel, Wien 1976, Spalte 182/183.

[8] Fourier spricht in bezug auf das Jahr 1793 immer von der großen Katastrophe. Dieses ist mit Blick auf sein persönliches Schicksal und dem Beginn der Jakobiner-Diktatur nur verständlich.

Final del extracto de 23 páginas

Detalles

Título
Charles Fourier. Ein utopischer Sozialist
Universidad
University of Bonn  (Soziologisches Seminar)
Curso
Hauptseminar Zur französischen Soziologie des 19. Jahrhundert
Calificación
gut (+)
Autor
Año
1997
Páginas
23
No. de catálogo
V5716
ISBN (Ebook)
9783638135153
ISBN (Libro)
9783656205173
Tamaño de fichero
556 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Charles, Fourier, Sozialist, Hauptseminar, Soziologie, Jahrhundert
Citar trabajo
Jan Eickhoff (Autor), 1997, Charles Fourier. Ein utopischer Sozialist, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5716

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