Erfolgsstrategien der Beschaffung über elektronische Marktplätze aus der Perspektive der Industrie


Mémoire (de fin d'études), 2002

197 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Glossar

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Elektronische Marktplätze
2.1 Begriffliche Abgrenzung und Funktionen
2.1.1 Electronic Business
2.1.2 Electronic Commerce
2.1.3 Elektronischer Markt und elektronischer Marktplatz
2.2 Funktionen elektronischer Marktplätze
2.2.1 Informationsphase
2.2.2 Transaktionsphase
2.2.3 Abwicklungsphase
2.3 Formen, Ausprägungen und Einteilung elektronischer Marktplätze
2.3.1 Einteilung nach Handelspartnern
2.3.2 Betreibermodelle elektronischer Marktplätze
2.3.3 Vertikale und horizontale Marktplätze
2.3.4 Offene und geschlossene Marktplätze
2.3.5 Arten der Preisbildung
2.3.5.1 Blackboard
2.3.5.2 Auktion und Rückwärtsauktion
2.3.5.3 Börse

3 Elektronische Beschaffung
3.1 Lösungsansätze und Einsatzfelder von E-Procurement
3.2 Vor- und Nachteile für einkaufende Unternehmen
3.2.1 Auswirkungen auf die Preise
3.2.2 Transparenz der Wertschöpfungskette
3.2.3 Automatisierung und Dezentralisierung
3.3 Erfolgsfaktoren bei der Implementierung von E-Procurement
3.3.1 Eignung verschiedener Güterarten
3.3.2 Auswirkungen auf Aufbau- und Ablauforganisation
3.3.3 Auswahl eines geeigneten Marktplatzes

4 Bewertung ausgewählter Einkaufsplattformen
4.1 Bewertungskriterien
4.2 Ergebnisse der Bewertung von Einkaufsplattformen
4.3 Best Practices verschiedener Branchen

5 Erfolgsstrategien und Entwicklungstendenzen
5.1 Anforderungen an zukunftsfähige elektronische Marktplätze
5.1.1 Skalen-, Netz- und Lock-In-Effekte
5.1.2 Content, Commerce und Community
5.1.3 Integrationsfähigkeit
5.2 Hindernisse und Barrieren beim Aufbau und Betrieb eines elektronischen Marktplatzes
5.3 Probleme der Nutzung elektronischer Marktplätze aus Sicht
der beschaffenden Unternehmen
5.4 Fusion und Kooperation
5.5 Best Case – der optimale Marktplatz
5.5.1 Value-Added-Services
5.5.2 Kollaboration
5.5.3 Vernetzung
5.6 Entwicklungsstand und Trends

6 Die Rolle der Logistik-Dienstleister
6.1 Entwicklungsstand und –tendenzen
6.2 Perspektiven durch Integration von Logistik und Electronic Commerce
6.2.1 Computerintegrierte Logistik
6.2.2 Steuerung elektronischer Marktplätze

7 Zusammenfassung und Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Einordnung von Electronic Commerce

Abbildung 2: Umsatzprognose für E-Commerce in Europa

Abbildung 3: m:n-Beziehung eines Marktplatzes

Abbildung 4: Marktplatzfunktionen entlang des Beschaffungsprozesses

Abbildung 5: Unterteilung von Marktplätzen nach Handelspartnern

Abbildung 6: Auktionsformen

Abbildung 7: Einsatzfelder des E-Procurement

Abbildung 8: ABC-Analyse

Abbildung 9: Strategische Optionen zur Lieferantenanbindung

Abbildung 10: Optimierung des Bestellprozesses

Abbildung 11: Marktplatz Covisint

Abbildung 12: Marktplatz cc-chemplorer

Abbildung 13: Marktplatz Sourcingparts

Abbildung 14: Marktplatz Virtual Chip Exchange

Abbildung 15: Marktplatz Newtroncomponet

Abbildung 16: Gleichgewicht auf virtuellen Märkten

Abbildung 17: Zusammenwirken von Skalen-, Netz- und Lock-In-Effekten

Abbildung 18: Vernetzung elektronischer Marktplätze

Abbildung 19: Zusammenspiel zwischen Waren- und Transport-marktplätzen

Abbildung 20: Funktionsprinzip der computerintegrierten Logistik

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Vor- und Nachteile der Teilnahme an elektronischen Marktplätzen

Tabelle 2: Übersicht über untersuchte Marktplätze

Tabelle 3: Bewertungskriterien

Tabelle 4: Preismodellsystematik

Tabelle 5: Anzahl der Marktplätze bis 2004

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

Die Beschaffung vieler Unternehmen hat sich in den letzten Jahren durch die Verbreitung des Internet grundlegend verändert. Insbesondere im Business-to-Business-Bereich wird mit erheblichem Einsparpotenzial durch die Beschaffung über elektronische Marktplätze gerechnet. Allerdings ist die anfängliche Euphorie mittlerweile einer zurückhaltenden Einstellung gewichen. Nur wenige Unternehmen beschaffen den Großteil ihrer Güter über das Internet und etliche Unternehmen nutzen elektronische Marktplätze gar nicht. Dennoch gibt es eine Vielzahl elektro-nischer Märkte, deren Zahl sich weiter erhöht.

Den beschaffenden Unternehmen stellt sich die Frage, für welchen Marktplatz bzw. für welche Marktplätze sie sich entscheiden. Leider findet sich in der Regel nicht ein einzelner Marktplatz, der alle Bedürfnisse eines Unternehmens erfüllt. Und häufig fällt die Entscheidung für einen ungeeigneten Marktplatz, weil die Auswahl nicht sorgfältig durchgeführt wurde und kritische Faktoren außer acht gelassen worden sind. Die Kenntnis der kritischen Faktoren, die den Erfolg eines elektronischen Marktplatzes ausmachen, ist daher für die Auswahl und den Betrieb von Marktplätzen von herausragender Bedeutung. Der Aufbau eines eigenen privaten elektronischen Marktplatzes stellt häufig eine geeignete Alternative zur Teilnahme an bestehenden offenen Plattformen dar. In jedem Fall sind finanzieller sowie der häufig vernachlässigte organisatorische Aufwand nicht zu vernachlässigen.

Die vorliegende Arbeit soll auf Unzulänglichkeiten heutiger elektronischer Marktplätze aufmerksam machen und ein Erfolgsmodell für die nahe Zukunft entwickeln. Die bedeutende Rolle der Logistik-Dienstleister soll im Rahmen der Abwicklung über elektronische Marktplätze herausgestellt und mögliche Geschäftsmodelle hierzu entwickelt werden, da die Logistik bei dem Handel über das Internet eine Schlüsselposition einnimmt.

1.2 Aufbau der Arbeit

Die Arbeit teilt sich in sieben Hauptabschnitte sowie den Anhang. Der Einleitung folgend werden im zweiten Abschnitt zunächst einige Begriffe erläutert und voneinander abgegrenzt. Im Kapitel 2.2 werden die Funktionen elektronischer Marktplätze innerhalb der Phasen Information, Transaktion sowie Abwicklung genannt. Das Kapitel 2.3 beinhaltet die unterschiedlichen Formen und Ausprägungen elektronischer Märkte nach denen sich diese einteilen lassen.

Der dritte Abschnitt befasst sich mit der elektronischen Beschaffung, wobei der Hauptfokus auf die Beschaffung über elektronische Marktplätze gelegt wurde. Hier werden verschiedene Lösungsansätze und Einsatzfelder von E-Procurement kurz betrachtet. Anschließend werden im Kapitel 3.2 die bedeutendsten Vorteile diskutiert, die Unternehmen entstehen, welche ihre Beschaffung auf elektronische Marktplätze umstellen. Welche Faktoren insbesondere bei der Implementierung von Electronic Procurement beachtet werden müssen, wird im Kapitel 3.3 heraus­gearbeitet. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Eignung verschiedener Güterarten, die Auswirkungen auf Aufbau- und Ablauforganisation sowie das Problem der Auswahl eines geeigneten Marktplatzes geworfen.

Der Kern der vorliegenden Arbeit tritt im Kapitel 4 in Erscheinung. Dort geht es um die Bewertung von insgesamt 42 Einkaufsplattformen der Branchen Chemie, Auto­mobil, Elektro, Bau, Stahl und Metall, Healthcare, Food sowie einiger branchen­übergreifender Plattformen. Dazu werden zunächst die Kriterien, nach denen die Bewertung vorgenommen wurde, erläutert, bevor im Kapitel 4.2 der Gesamteindruck dargestellt wird. Die ausführliche Beschreibung von identifizierten Best Practices wird im Kapitel 4.3 vorgenommen. Die tabellarische Auswertung aller untersuchten Marktplätze befindet sich im Anhang.

Aufbauend auf der Bewertung der betrachteten Einkaufsplattformen werden im fünften Abschnitt Erfolgsstrategien und Entwicklungstendenzen abgeleitet. Dazu werden im Kapitel 5.1 Anforderungen untersucht, die ein Marktplatz grundsätzlich erfüllen muss, um auch in Zukunft überlebensfähig zu sein. Dies betrifft Skalen-, Netz- und Lock-In-Effekte, außerdem die drei Kernbereiche Content, Commerce und Community sowie die Fähigkeit der Integration verschiedener IT-Systeme. Anschließend wird auf die Hindernisse und Barrieren eingegangen, die sich beim Aufbau und Betrieb elektronischer Marktplätze ergeben. Welche Probleme nach wie vor aus Sicht der beschaffenden Unternehmen bei der Beschaffung über elektronische Märkte auftreten, wird im Kapitel 5.3 diskutiert. Daraus ergibt sich für viele Marktplätze die unter 5.4 erwähnte Notwendigkeit zur Fusion oder Bildung von Kooperationen. Das Kapitel 5.5 leitet aus den vorherigen Ergebnissen eine Zukunftsvision für Einkaufsplattformen ab, wobei explizit auf anzubietende Mehrwertdienste, Kollaboration sowie weitgehende Vernetzung eingegangen wird. Das Kapitel 5.6 beschreibt, in welchem Entwicklungsstadium sich elektronische Marktplätze heute befinden und welche Trends insbesondere in der Automobil- und der Chemie-Branche festzustellen sind.

Der herausragenden Bedeutung der Logistik-Dienstleister innerhalb der elektronischen Beschaffung wird im sechsten Abschnitt Rechnung getragen. Zunächst wird ein Überblick über Entwicklungsstand und Entwicklungstendenzen innerhalb der Logistikbranche bezüglich Electronic Commerce geliefert bevor auf Perspektiven eingegangen wird, die sich aus der Integration von Logistik und Electronic Commerce ergeben. Zu diesen Perspektiven zählen vor allem das Konzept der computerintegrierten Logistik sowie der Steuerung elektronischer Marktplätze durch Logistik-Dienstleister.

2 Elektronische Marktplätze

Das Internet hat die Welt verändert und sich auf die verschiedensten Bereiche des täglichen Lebens und insbesondere auch der Wirtschaft ausgedehnt. Im Zuge dieser rasanten, durch die explosionsartige Verbreitung des Internets zu einer globalen und öffentlichen Ressource in den 90er Jahren[1] hervorgerufenen Entwicklung haben sich unter anderem Beschaffungs- und Absatzwege von Unternehmen sowie Konsu­menten durch die Nutzung von elektronischen Marktplätzen drastisch verändert. Mittlerweile haben sich verschiedene Arten von elektronischen Marktplätzen zur Beschaffung im Internet etabliert, die sich zum Teil erheblich durch verschiedene Ausprägungen und Funktionalitäten unterscheiden.

Ziel dieses Kapitels ist es, zunächst einige Begrifflichkeiten, die im Laufe dieser Arbeit immer wieder aufgegriffen werden, zu klären und gegebenenfalls zu definieren. Anschließend soll ein Überblick über bestehende Geschäftsmodelle und Funktionalitäten elektronischer Marktplätze verschafft werden.

2.1 Begriffliche Abgrenzung und Funktionen

Die Begrifflichkeiten, die mit dem elektronischen Handel in Verbindung gebracht werden, sind in der Literatur zum Teil kontrovers diskutiert. Um eine einheitliche Grundlage zu schaffen, sollen zu Beginn dieser Arbeit die wichtigsten Ausdrücke definiert und erklärt werden. Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass sich im Glossar eine kurze Erläuterung der am häufigsten gebrauchten Begriffe befindet.

Durch die erwähnte Entwicklung und Verbreitung des Internets haben sich mittlerweile eine Reihe von Funktionen von elektronischen Marktplätzen herausgebildet, die kurz dargestellt und einem Drei-Phasen-Modell zugeordnet werden.

2.1.1 Electronic Business

E-Business ist ein weit gefasster Begriff, der häufig unterschiedlich definiert wird. Probleme bereitet heute oftmals die Abgrenzung zum E-Commerce, auf die im folgenden näher eingegangen wird.

In der vorliegenden Arbeit wird unter E-Business die Geschäftsabwicklung bezüglich Gütern und Dienstleistungen unter Zuhilfenahme moderner Informations- und Kommunikationstechnologien wie dem Internet, Intranet oder Extranet verstanden.[2] Dabei kann jeder Teil der Wertschöpfungskette eines Unternehmens beeinflusst werden, so dass unterschiedliche Wertschöpfungsketten oder unternehmens­übergreifende Geschäftsprozesse elektronisch integriert und verzahnt werden.[3] Ziel des Einsatzes von E-Business ist es, die Position und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens dadurch kontinuierlich zu verbessern[4], dass eine Vielzahl von Geschäftsprozessen neu und effizient gestaltet wird und damit E-Business fest in der Unternehmensstrategie verankert ist.[5]

2.1.2 Electronic Commerce

Electronic Commerce wird in einer engeren Begriffsfassung für die elektronische Unterstützung insbesondere von Handelsaktivitäten verwendet, die in direktem Zusammenhang mit dem Kauf oder Verkauf von Gütern oder Dienstleistungen stehen. Somit stellt E-Commerce neben der Kommunikation über elektronische Medien z. B. via E-Mail (Electronic Communication), der Zusammenarbeit mit elektronischer Unterstützung etwa durch Bildung virtueller Projekträume (Electronic Collaboration), der Weiterbildung über elektronische Informations- und Kommu­nikationstechniken (Electronic Education) sowie der elektronischen Informations­beschaffung und Unterhaltung (Electronic Information/Entertainment) einen Teilbereich des E-Business dar.[6] E-Commerce kann damit als eine engere Fassung von E-Business verstanden werden, die immer die Abwicklung einer Geschäftstransaktion voraussetzt.[7] Die folgende Abbildung 1 verdeutlicht diesen Sachverhalt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Einordnung von Electronic Commerce[8]

Eine exakte Abgrenzung scheint nicht möglich und auch nicht notwendig zu sein, da die Grenzen fließend sind. Hauptunterscheidungsmerkmal ist die Eigenschaft von E-Commerce, dass es direkter als E-Business mit kommerziellen Aktivitäten, die sich speziell zwischen den Marktteilnehmern abspielen, zu tun hat, während sich E-Business über alle Geschäftsprozesse innerhalb und außerhalb des Unternehmens erstreckt.[9]

Dem E-Commerce wird zunehmend auch in Deutschland eine wachsende Bedeutung beigemessen, insbesondere wird vorausgesagt, dass der grenzüberschreitende Handel über das Internet stark zunehmen wird.[10] Starkes Wachstum wird dabei im Business-to-Business-Bereich vorhergesagt. Dies verdeutlicht die folgende Abbildung 2.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Umsatzprognose für E-Commerce in Europa[11]

Demnach findet der Großteil aller E-Commerce-Aktivitäten heute und erst recht zukünftig im Business-to-Business-Bereich statt.

E-Commerce wird mittlerweile vielfach als elektronisch basierter Vertriebs- bzw. Beschaffungskanal verwendet. Aktuell erweist sich eine Ausgestaltung des E-Commerce als besonders erfolgsversprechend und zukunftsweisend – die Bildung elektronischer Marktplätze.[12]

2.1.3 Elektronischer Markt und elektronischer Marktplatz

Durch die permanent fortschreitende Entwicklung im Bereich E-Business und E-Commerce ist auch für die Begriffe elektronischer Markt bzw. elektronischer Marktplatz in der Literatur keine eindeutige Definition zu finden.[13] Dabei wird zwischen elektronischem Markt und elektronischem Marktplatz in der Regel nicht differenziert.

Allgemein können Märkte als ökonomische Orte des Tausches von Gütern und Dienstleistungen gegen kompensatorische Güter oder Dienstleistungen – meist in Form von Geld – verstanden werden, an denen Anbieter und Nachfrager zentral zusammengeführt werden.[14] Kennzeichnend für einen Marktplatz ist dabei die m:n-Beziehung zwischen Angebot und Nachfrage, es stehen demnach immer mehrere Anbieter auch mehreren Nachfragern gegenüber. Ist hingegen auf einer Seite nur ein Marktteilnehmer vorhanden, spricht man lediglich von Beschaffung bzw. Verkauf.[15] Die Abbildung 3 illustriert die m:n-Beziehung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: m:n-Beziehung eines Marktplatzes[16]

Als besondere Ausprägung eines Marktes wird ein elektronischer Markt verstanden, der zeit- und ortsunabhängige Zugangsmöglichkeiten sowie transparente Informa­tionen für die Marktteilnehmer bietet.[17] Die Besonderheit elektronischer oder auch virtueller Marktplätze ist die Unterstützung der Zusammenkunft von Anbietern und Nachfragern durch vernetzte elektronische Datenleitungen.[18] Bestimmte oder sogar sämtliche Transaktionsphasen werden durch Informations-, Kommunikations- und Medientechnologien unterstützt.[19]

2.2 Funktionen elektronischer Marktplätze

Elektronische Marktplätze besitzen weitreichende Funktionen, die über die reine Abwicklung der Transaktion deutlich hinausgehen. Die einzelnen Funktionen lassen sich beim Einkauf über einen elektronischen Marktplatz unterschiedlichen Phasen zuordnen, die im folgenden näher erläutert werden. Zu beachten ist, dass sich die einzelnen Phasen überschneiden und die Übergänge fließend sind. Eine übersichtliche Darstellung der einzelnen Funktionen und deren Zuordnung in der Wertschöpfungskette liefert die Abbildung 4.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Marktplatzfunktionen entlang des Beschaffungsprozesses[20]

Zusätzlich zu den drei wesentlichen Funktionen Information, Transaktion sowie Abwicklung treten zunehmend Zusatzdienste (Value-Added-Services) und Beratungsfunktionen in den Vordergrund, die den gesamten Beschaffungsprozess von der Einkaufsstrategie bis hin zur Abwicklung oder sogar zu Einkaufs­kooperationen und langfristigen Lieferbeziehungen unterstützen. Dazu zählen beispielsweise Versicherungs- oder Finanzdienstleistungen.

Elektronische Marktplätze decken häufig nur einen Teil der genannten Funktionen ab, vielmehr konzentrieren sie sich meist auf eine Phase und decken die übrigen Funktionen über externe Dienstleister ab. So steht für einfach strukturierte Einkaufsplattformen die Transaktion im Vordergrund. Portalbasierte elektronische Marktplätze hingegen führen zwar ebenso Anbieter und Nachfrager zusammen, im Mittelpunkt stehen aber nicht Verkaufsprozesse, sondern der Zugang zu umfassenden Informationen zu einer bestimmten Thematik.[21] Selbstverständlich existieren auch Mischformen, bei denen die Verkaufsprozesse von ausführlichen Marktinforma­tionen begleitet werden.

2.2.1 Informationsphase

Während der Informationsphase, die auch gelegentlich in eine Wissens- und Absichtsphase unterteilt wird, steht die Geschäftsanbahnung im Mittelpunkt. Durch intensive Informationsversorgung sollen Unsicherheiten reduziert und die Marktteilnehmer mit dem notwendigen Wissen versorgt werden.[22] Hierzu liefern die Betreiber von elektronischen Marktplätzen eine Reihe von Möglichkeiten, exemplarisch seien hier bereitgestellte Produktinformationen, Suchdienste, Produkt­kataloge oder Rating-Dienste genannt.[23] Den Übergang zur Transaktionsphase markiert die Abgabe von Angeboten.

2.2.2 Transaktionsphase

Die Marktpreisbildung und das dazugehörige Aushandeln der Konditionen geschieht in der Transaktions- bzw. Vereinbarungsphase. Es kommen dabei verschiedene Preisbildungsmechanismen zum Einsatz, grundsätzlich wird zwischen statischen und dynamischen Mechanismen unterschieden.[24] Das statische Festpreismodell kommt auf elektronischen Marktplätzen relativ selten zur Anwendung. Aufgrund der Interaktivität und räumlichen Unabhängigkeit, die das Internet bietet, kommen häufiger dynamische Modelle wie Auktionen oder Börsen vor.[25] Die genaue Funktionsweise dieser sowie weiterer Modelle wird im folgenden Abschnitt näher erläutert.

Vorbereitend auf die Abwicklungsphase wird in der Transaktionsphase der Vertrag mit allen notwendigen Angaben geschlossen. Allerdings findet wegen der derzeit noch bestehenden rechtlichen Unsicherheit nur selten der Vertragsschluss auf elektronischem Wege statt, vielmehr wird bisweilen zur Absicherung ein schriftliches Dokument – meist in Form eines Faxschreibens – erstellt.

2.2.3 Abwicklungsphase

Die Abwicklungsphase umfasst die beidseitige Erfüllung des Kaufvertrages, dazu gehört z. B. die Lieferung der erworbenen Produkte, die Zahlung der Kaufsumme, die Korrespondenz mit Behörden etc.[26] Ebenfalls in die Abwicklungsphase fallen logistische und informatorische Zusatzleistungen wie Tracking and Tracing oder die Auftragsverfolgung, wenn auch ein fließender Übergang zu den bereits erwähnten Zusatzdiensten festzustellen ist.

Eine bedeutende Rolle spielen sogenannte Integrationsfunktionen elektronischer Marktplätze, durch die eine langfristige Kundenbindung mittels Anbindung informa­tionstechnischer Systeme erfolgen kann. Den hohen Investitionskosten der Kunden steht dabei langfristiges Senkungspotential der Prozesskosten gegenüber.[27]

2.3 Formen, Ausprägungen und Einteilung elektronischer Marktplätze

Elektronische Marktplätze lassen sich nach verschiedenen Kriterien einteilen, von denen die wichtigsten im folgenden explizit dargestellt werden. Im allgemeinen erfolgt eine Klassifikation elektronischer Marktplätze nach den beteiligten Markt­teilnehmern, dem Betreibermodell, der generellen Ausrichtung, dem Maß der Offenheit sowie dem Preisbildungsmechanismus. Grundsätzlich sind sämtliche Kombinationen denkbar. Von einer optimalen Kombination kann nicht gesprochen werden, da die Eignung eines Marktplatzes je nach Anwendungsfall variiert. Insbesondere die Art der zu beschaffenden Güter sowie das dazugehörige Marktumfeld beeinflussen die Eignung verschiedener Marktplatzkonzepte für die Beschaffung.

2.3.1 Einteilung nach Handelspartnern

Die heute am weitesten verbreitetste Klassifizierung ist die Einordnung nach den beteiligten Handelspartnern, wobei an dieser Stelle lediglich diejenigen Formen erläutert werden sollen, bei denen wenigstens einer der Handelspartner ein Unternehmen ist, also Business-to-Administration (B2A), Business-to-Business (B2B) sowie Business-to-Consumer (B2C). Im Mittelpunkt der weiteren Betrachtung steht jedoch allein der B2B-Bereich. Alle übrigen Formen werden im Glossar kurz umrissen. Die folgende Abbildung 5 liefert einen Überblick über die möglichen Einteilungen nach Handelspartnern.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Unterteilung von Marktplätzen nach Handelspartnern[28]

Eher selten anzutreffen sind B2A-Marktplätze. Bei dieser Art von Marktplätzen stehen Unternehmen dem Staat als Handelspartner gegenüber.[29] Obwohl der Fiskus in der Regel träge im Hinblick auf technische Neuerungen reagiert, lässt sich auch im B2A-Bereich in den nächsten Jahren erhebliches Potenzial feststellen.

Weit mehr Potenzial besitzen allerdings B2C-Marktplätze, durch die ein zusätzlicher Vertriebskanal für die privaten Haushalte als Endkunden geschaffen wird. Erfolgreiche B2C-Marktplätze wie beispielsweise der wohl bekannteste unter ihnen: „Amazon.com“, trugen maßgeblich zur rasanten Verbreitung des Internets im privaten Bereich bei.[30]

Besonderes Wachstum wird allerdings den über elektronische Marktplätze interorganisational zwischen Unternehmen getätigten Geschäften zugesprochen. So prognostiziert das Marktforschungsinstitut Forrester Research im Business-to-Business-Bereich für das Jahr 2004 ein Handelsvolumen in Höhe von 745 Mrd. US-Dollar in den USA.[31] Die hohe Bedeutung von B2B-Marktplätzen für Unternehmen resultiert aus zahlreichen Vorteilen für beteiligte Unternehmen, die im Anschluss noch näher untersucht werden. Im Folgenden konzentriert sich die Arbeit auf den Bereich B2B mit seinen Wirkungen und zukünftigen Herausforderungen.

2.3.2 Betreibermodelle elektronischer Marktplätze

Die Nutzung des Internets für die Beschaffung ist daraus entstanden, dass Unternehmen Ihr Produktangebot oder einen Teil davon im Internet meist in Form eines Kataloges als weiteren Absatzkanal angeboten haben. Die Weiterentwicklung derartiger Vertriebs- und auch Beschaffungskonzepte führte häufig durch Konsortienbildung zum Aufbau elektronischer Marktplätze. Man kann daher käufergetriebene, verkäufergetriebene und unabhängige bzw. neutrale Marktplätze unterscheiden.

Käufergetriebene Marktplätze werden in der Regel von einem Zusammenschluss mehrerer Nachfrager mit dem Ziel betrieben, die Beschaffung der Betreiber­unternehmen primär durch eine Verbesserung der Kommunikationsprozesse zu optimieren.

Durch verkäufergetriebene Marktplätze versucht hingegen ein Zusammenschluss mehrerer Anbieter eine größere Gruppe von Nachfragern zu erreichen. Dabei werden nicht selten bestehende Kunden-Lieferanten-Beziehungen auf einen elektronischen Markt übertragen.

Um die Vorteile von käufergetriebenen und verkäufergetriebenen Marktplätzen zu vereinen und eine Gewinnsituation sowohl für Anbieter als auch Nachfrager zu erreichen, haben sich neutrale Marktplätze gebildet, die von unabhängigen Dritten betrieben werden und keine eigenen Produkte oder Dienstleistungen über den Marktplatz kaufen oder verkaufen. Die Marktplatzbetreiber treten als Intermediär auf ohne dabei für eine Seite Partei zu ergreifen.[32] Dies fördert das Vertrauen in den Marktplatz, da sich sowohl Anbieter als auch Nachfrager Vorteile von einer Teilnahme versprechen.

2.3.3 Vertikale und horizontale Marktplätze

Ein weiteres Unterscheidungskriterium ergibt sich aus der Zahl der Branchen, für die ein Marktplatz von Nutzen ist. Dabei unterscheidet man vertikale und horizontale Märkte.

Branchenspezifische Marktplätze werden als vertikal bezeichnet. Diese sind häufig durch die notwendige profunde Branchenkenntnis in der Lage, tief ausdifferenzierte, exakt auf die Branche zugeschnittene Funktionalitäten zu bieten, so dass auf einem derartigen Marktplatz ein weites Spektrum an Produkten und Dienstleistungen zu finden ist.

Horizontale Marktplätze hingegen bieten ein begrenztes Spektrum für alle möglichen Branchen an. Sie konzentrieren sich damit nicht auf eine Branche, sondern auf Produkte und Dienstleistungen, die von vielen unterschiedlichen Unternehmen nachgefragt werden, wie beispielsweise Büroartikel.[33]

2.3.4 Offene und geschlossene Marktplätze

In den meisten Fällen ist der Zugang zu B2B-Marktplätzen nur über eine Registrierung beim Marktplatzbetreiber möglich. Derartige Registrierungen erfolgen in der Regel über ein Online-Formular, das entweder manuell bearbeitet und überprüft wird oder eine automatische Freischaltung bewirkt. Allerdings unter­scheiden sich Marktplätze darin, ob sie offen oder geschlossen sind. Offene Markt­plätze sind dadurch gekennzeichnet, dass der Zugang für sämtliche Interessenten prinzipiell möglich ist.

Die Betreiber geschlossener Marktplätze verfolgen hingegen das Ziel, das Marktgeschehen einer begrenzten Anzahl von Unternehmen über eine Internet-Plattform abzuwickeln, wobei die beteiligten Unternehmen zumindest einer Geschäftsseite (Lieferanten oder Nachfrager) in der Regel den Marktplatz selbst betreiben. Zugang erhält lediglich ein bestimmter Kreis von Geschäftspartnern.[34] Der Vorteil für die beteiligten Unternehmen besteht darin, dass sie exakte Informationen über die Geschäftspartner besitzen und so Risiken z. B. durch Zahlungsunfähigkeit oder Lieferschwierigkeiten vermeiden können.

2.3.5 Arten der Preisbildung

Kennzeichnend für jeden elektronischen Marktplatz ist der Preisbildungs­mechanismus, mit dem der jeweilige Marktpreis zustande kommt. Verschiedene Methoden kommen zur Anwendung, die sich in ihrer Dynamik und der Rolle der Beteiligten unterscheiden. So kann die Preisbildung statisch oder dynamisch erfolgen.

Statisch erfolgt sie, wenn ein Preis individuell und einseitig festgelegt wird und keine Verhandlung des Preises möglich ist. Die dynamische Preisbildung kann einseitig oder zweiseitig erfolgen. Bei der einseitigen dynamischen Preisbildung konkurriert eine Seite (Angebot oder Nachfrage) um das jeweilige Gut. Zweiseitig bedeutet dementsprechend, dass beide Seiten konkurrieren und auf diese Weise ein Preis erzielt wird, der dem Gleichgewichtspreis aus Angebot und Nachfrage am nächsten kommt.[35]

Im folgenden werden die gängigsten Preisbildungsmechanismen elektronischer Marktplätze kurz dargestellt.

2.3.5.1 Blackboard

Bei einem Blackboard werden Kauf- oder Verkaufswünsche statisch über den elektronischen Marktplatz publiziert. Ein Interessent fordert anschließend Kontaktinformationen an und schließt in der Regel bilateral einen Kaufvertrag außerhalb des Marktplatzes. Gelegentlich werden Mischformen zwischen statischer und dynamischer Preisbildung verwendet, wobei Blackboards verwendet werden, die jedoch eine Nachverhandlungsmöglichkeit zulassen. Nicht zu verwechseln sind Blackboards mit einfachen Katalogen bzw. Online-Shops, die sich dadurch unterscheiden, dass auf der Angebotsseite lediglich ein Verkäufer auftritt. Ein Multi-Lieferanten-Katalog, bei dem die Produkte mehrerer Lieferanten in einem Katalog zusammengefasst sind, zählt hingegen zu dem Preisbildungsmechanismus Blackboard.

Das Blackboard stellt den einfachsten Preismechanismus dar, ist aber dadurch weit verbreitet. Es bietet weiterhin den Vorteil, dass potentielle Käufer jederzeit einen Kaufvertrag schließen können, es muss nicht zunächst ein zeitintensiver Preis­findungsmechanismus in Gang gesetzt werden.

2.3.5.2 Auktion und Rückwärtsauktion

Zu den dynamischen Preisbildungsmechanismen zählen Auktionen sowie Rück­wärtsauktionen. Traditionell sind Auktionen in vielfacher Ausgestaltung, unter anderem als Englische Auktion, Holländische Auktion oder auch als Höchst­preisauktion, die gelegentlich als verdeckte Auktion bezeichnet wird, vorzufinden.

Die wohl bekannteste und am weitesten verbreitetste Auktionsform ist die englische Auktion, bei der die Bieter sukzessive so lange ihre Gebote erhöhen, bis gerade noch ein Anbieter übrig bleibt, der dann den Zuschlag erhält.

Im Gegensatz dazu beginnt bei der Holländischen Auktion der Auktionator mit einem relativ hohen Startgebot, das so weit gesenkt wird, bis sich der erste Bieter bereit erklärt, zu dem entsprechenden Preis zu kaufen.

Die Höchstpreisauktion zeichnet sich durch eine verdeckte Angebotsabgabe aus. Der Bieter mit dem höchsten Gebot erhält logischerweise den Zuschlag.[36]

In der Abbildung 6 werden die drei Auktionstypen nochmals übersichtlich dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Auktionsformen[37]

Online-Auktionen umgehen die traditionelle Problematik, dass alle Beteiligten für den begrenzten Zeitraum der Auktion zeitgleich an einem Ort zusammentreffen müssen.[38] Bei Online-Auktionen sind prinzipiell alle Ausgestaltungen der Auktion bzw. weitere Mischformen denkbar. Die wohl häufigste Variante ist allerdings die Englische Online-Auktion, da diese in hohem Maße von den Vorteilen des Internet profitiert. Maßgeblich ist, dass Marktplatzbetreiber die „Spielregeln“ der Auktion eindeutig kommunizieren, damit es nicht zum Abbruch während der Laufzeit kommt. Fehler durch unklare Regelung treten beispielsweise immer wieder auf, weil im internationalen Umfeld Kommata und Punkte zur Abgrenzung von Dezimalstellen unterschiedlich verwendet werden.

Ähnlich der Holländischen Auktion laufen Rückwärtsauktionen (Reverse Auctions) ab, die gelegentlich auch als Ausschreibungen bezeichnet werden und auf elektronischen Marktplätzen weit verbreitet sind. Während des Zeitraums der Rückwärtsauktion haben Lieferanten die Möglichkeit, sich gegenseitig zu unterbieten.[39] Der Kaufinteressent hat im Vorfeld meistens die Möglichkeit, bestimmte Lieferanten von der Auktion auszuschließen.[40]

2.3.5.3 Börse

Eine Börse ist ein zweiseitiger dynamischer Preisbildungsmechanismus, bei dem gleichzeitig Angebots- und Nachfragegebote abgegeben werden.[41] Aufgabe des Inter­mediärs ist es, den Abgleich zwischen Angebot und Nachfrage zu koordinieren. Dabei können Käufer und Verkäufer je nach Ausgestaltung der Börse anonym bleiben, so dass lediglich der Marktplatzbetreiber als Zwischenhändler die Identität der potenziellen Handelspartner kennt.[42] Börsen unterscheiden sich von Auktionen im wesentlichen dadurch, dass die Preise sowohl steigen als auch fallen können.

3 Elektronische Beschaffung

Elektronische Beschaffung bzw. Electronic Procurement, das hier synonym zu dem Begriff Electronic Purchasing verwendet werden soll, ist die elektronisch organisierte Beschaffung mit dem Ziel der effizienten Versorgung mit Gütern und Dienst­leistungen.[43] Zur Beschaffung zählen im allgemeinen neben dem operativen Einkauf sowie den begleitenden administrativen Tätigkeiten auch die strategischen Aufgaben­felder Lieferantensuche, Pflege von Lieferantenbeziehungen und Abschluss von Rahmenverträgen.[44] E-Procurement beeinflusst die Bereiche Beschaffung, Material­wirtschaft und Logistik nachhaltig und spielt eine zentrale Rolle innerhalb des E-Business.

Die Bedeutung des E-Procurement innerhalb der gesamten E-Business-Strategie wird von den meisten Unternehmen als besonders hoch angesehen. Dennoch steckt die Implementierung immer noch in den Kinderschuhen[45], wobei erhebliche Branchen­unterschiede bestehen.

3.1 Lösungsansätze und Einsatzfelder von E-Procurement

Für den Einsatz von E-Procurement im Unternehmen existieren in der heutigen Praxis mehrere Lösungsansätze, die sich in der unterschiedlichen technischen sowie organisatorischen Komplexität unterscheiden und zum Teil aufeinander aufbauen. Mit steigender organisatorischer Komplexität geht immer auch steigende technische Komplexität einher. Dies wird in der folgenden Abbildung 7 verdeutlicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Einsatzfelder des E-Procurement[46]

Der Einsatz von elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien ist heute primär in Form von Datenaustausch per E-Mail bereits weit verbreitet. Direct Purchasing ermöglicht die Durchführung von Bestellungen über elektronische Kataloge direkt durch die Mitarbeiter des Unternehmens über Desktop Purchasing Systeme, Shop Systeme oder Content Service Provider, die hier allerdings nicht näher untersucht werden sollen.[47] Eine kurze Beschreibung dieser Varianten des Direct Purchasing befindet sich im Glossar. Im Fokus der Betrachtung steht die Beschaffung unter Zuhilfenahme des Internets über elektronische Marktplätze, dies soll zur Vereinfachung im folgenden unter E-Procurement verstanden werden.

Meist sind die Bausteine des E-Procurement auf niedrigerem Komplexitätsniveau in den Leistungen elektronischer Marktplätze integriert, so werden beispielsweise Ausschreibungen und Auktionen auf Marktplätzen angeboten. Als zukünftige Herausforderung gilt die Integration der Beschaffungsprozesse in das Supply Chain Management und somit die konsequente Umsetzung unternehmensübergreifender Beschaffungsprozesse vom Rohstofflieferanten bis hin zum Endkunden und zusätzlich im After-Sales-Bereich.[48]

3.2 Vor- und Nachteile für einkaufende Unternehmen

Der Einkauf wird zunehmend zur strategischen Waffe im globalen Wettbewerb.[49] Somit steigt der Konkurrenzdruck, und die Effizienz des gesamten Beschaffungs­prozesses wird weiterhin an Bedeutung gewinnen. Auch wenn Kosteneinsparungen durch die Unternehmen, die bereits E-Procurement umgesetzt haben, nur selten exakt angegeben werden können, wird das Einsparungspotenzial durch die weitgehende Elektronisierung der Beschaffungsprozesse als besonders hoch eingestuft.[50] Die folgende Tabelle 1 liefert eine Übersicht über die den Nachfragern und Lieferanten entstehenden Vor- und Nachteile.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Vor- und Nachteile der Teilnahme an elektronischen Marktplätzen[51]

Die bedeutendsten Vor- und Nachteile, die einkaufenden Unternehmen bei der Implementierung von E-Procurement entstehen, sollen im folgenden näher betrachtet werden.

3.2.1 Auswirkungen auf die Preise

Einkaufspreise können durch zwei Effekte reduziert werden. Zum einen werden Bestellungen verstärkt gebündelt, dadurch steigt das Bestellvolumen und Einkäufer sind in der Lage, günstigere Preise mit den Lieferanten auszuhandeln. Zum anderen wird dem einkaufenden Unternehmen durch die wesentlich verbesserten Möglich­keiten der Informationsbeschaffung über einen elektronischen Marktplatz der Preis­vergleich wesentlich vereinfacht, so dass automatisch ein umfassender Marktüber­blick generiert wird. Das einkaufende Unternehmen kauft dann beim günstigsten Lieferanten ein[52] oder bezieht weitere Kriterien wie Qualität oder Liefertreue mit in die Auswahl ein.

Mit einer Senkung der Einkaufspreise durch die Teilnahme an elektronischen Marktplätzen rechnen nahezu alle Unternehmen, allerdings wird die Höhe der Preis­senkung inzwischen eher nüchtern betrachtet und nicht als ausschlaggebender Faktor gesehen.[53] Dennoch kann der erhöhte Preisdruck für zahlreiche Lieferanten kritisch sein.

3.2.2 Transparenz der Wertschöpfungskette

Einkaufende Unternehmen in stark fragmentierten Wertschöpfungsketten profitieren in hohem Maße von der Nutzung elektronischer Marktplätze, indem die Markt­effizienz deutlich erhöht wird. Die stark vereinfachte Informationsbeschaffung ermöglicht es den Unternehmen, die Lieferantenauswahl effektiver zu gestalten und so die Suchkosten drastisch zu reduzieren. E-Procurement bewirkt häufig, dass Unternehmen auf bisher unbekannte Lieferanten stoßen, die ohne die elektronische Anbindung unentdeckt geblieben wären.[54] Dieser Sachverhalt verdeutlicht, dass ebenso auf Seiten der Lieferanten positive Effekte zum Tragen kommen. Doch nicht nur die verbesserte Lieferantenauswahl bewirkt positive Effekte. Die erhöhte Trans­parenz der gesamten Wertschöpfungskette ermöglicht das Monitoring – optimaler­weise in Echtzeit – aller über den elektronischen Marktplatz laufenden Beschaffungs­aktivitäten. Ein implementiertes Warnmodul kann beispielsweise frühzeitig vor Lieferengpässen warnen.

Demgegenüber kann sich nachteilig auswirken, dass persönliche Beziehungen zu den Lieferanten verloren gehen. Durch die erhöhte Transparenz steigt für Lieferanten der Konkurrenzdruck und den beschaffenden Unternehmen fällt die Auswahl des unter verschiedenen Gesichtspunkten günstigsten Anbieters leichter. Viele Marktplätze zielen jedoch auch darauf ab, bestehende Kunden-Lieferanten-Beziehungen durch verstärkte informationstechnische Verflechtung zu intensivieren.

3.2.3 Automatisierung und Dezentralisierung

Das größte Potenzial wird in der Automatisierung sowie der damit einhergehenden weitgehenden Vereinfachung und Beschleunigung der unternehmensinternen Beschaffungsprozesse gesehen. Die Beschaffung über elektronische Marktplätze führt idealerweise durch die Einbindung in das unternehmensinterne Waren­wirtschaftssystem zu einer Dezentralisierung des Einkaufs und damit zu einer drastischen Reduzierung der Abwicklungskosten. Zusätzlich werden bei der konsequenten Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien fehleranfällige Medienbrüche und Redundanzen vermieden und so die Qualität gesteigert[55]. Dem stehen allerdings zunächst hohe Investitionskosten gegenüber. Auch führt die Integration heterogener Informationssysteme häufig zu unerwarteten Problemen. Ein ebenfalls wichtiger Aspekt der Dezentralisierung von Beschaffungs­prozessen besteht in der Entlastung des Einkaufs, so dass sich dieser verstärkt auf seine strategischen Aufgaben konzentrieren kann.[56]

3.3 Erfolgsfaktoren bei der Implementierung von E-Procurement

Zahlreiche Hindernisse und Unzulänglichkeiten der konventionellen Beschaffung können mit Hilfe des E-Procurement scheinbar problemlos eliminiert werden. Insbesondere in Verbindung mit der Nutzung elektronischer Märkte werden gewaltige Potenziale vermutet. Unternehmen haben die Notwendigkeit zum Einstieg in das E-Business erkannt, haben aber noch mit der Umsetzung zu kämpfen.[57]

Für die erfolgreiche Umsetzung einer E-Procurement-Lösung müssen einige Faktoren erfüllt sein und organisatorische Veränderungen bedacht werden. Probleme treten häufig schon zu Beginn der konkreten Umsetzung einer E-Business-Strategie auf, die das Scheitern des gesamten E-Business-Vorhabens verursachen können. Eine wesentliche Rolle zum Gelingen spielt daher die systematische Vorbereitung sowie die wohlüberlegte Auswahl einer konkreten Beschaffungs-Strategie unter Berücksichtigung der gesamten E-Business-Srategie.[58] Zentraler Bestandteil der Beschaffungs-Strategie ist die Abstimmung der Güterarten mit dem Beschaffungs­konzept, auf die im folgenden eingegangen wird. Weiterhin dürfen die Aus­wirkungen auf die Ablauf- und die Aufbauorganisation nicht vernachlässigt werden. Schließlich ist die Auswahl geeigneter und erfolgsversprechender elektronischer Marktplätze von besonderer Bedeutung und soll durch die vorliegende Arbeit erleichtert werden.

3.3.1 Eignung verschiedener Güterarten

Grundvoraussetzung für den Erfolg der Beschaffung über elektronische Marktplätze ist die Eignung der gehandelten Güter. Zur Segmentierung des Einkaufsvolumens bietet sich eine ABC-Analyse an. Hierbei versteht man unter A-Artikeln direkte produktionsrelevante Güter, die nur in geringen Mengen beschafft werden, aber einen hohen Wert besitzen. B-Artikel sind Güter, die einen mittleren prozentualen Anteil am wertmäßigen Beschaffungsvolumen aufweisen. Der größte Mengenanteil liegt bei den indirekten C-Artikeln oder auch MRO-Artikeln (Maintenance, Repair and Operations), die allerdings gleichzeitig den geringsten wertmäßigen Anteil am Beschaffungsvolumen haben.[59] Die folgende Abbildung 8 verdeutlicht nochmals den Sachverhalt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: ABC-Analyse[60]

Da aber in der traditionellen Beschaffung annähernd gleiche Prozesse sowohl für A-, B- und C-Artikel notwendig sind, verursachen die C-Artikel den höchsten Beschaffungsaufwand im Verhältnis zu dem geringen Wertanteil, so dass die anfallenden Abwicklungskosten den Wert der C-Produkte häufig um ein Vielfaches übersteigen.[61] Daraus lassen sich wiederum unterschiedliche Strategien für ver­schiedene Güter ableiten. Für C-Artikel steht die Reduktion der Prozesskosten im Vordergrund, während bei den direkten Gütern primär versucht wird, die Einstandspreise zu senken[62] Das Potenzial zur Senkung der Prozesskosten ist bei den indirekten Gütern durch den Einsatz von E-Procurement besonders hoch, nichtsdestotrotz besteht auch bei A- und B-Artikeln teilweise erhebliches Ein­sparungspotenzial.[63]

Es kann jedoch nicht pauschal gesagt werden, dass der Einsatz elektronischer Marktplätze generell zu Kostensenkungen und weiteren Vorteilen führt.[64] Stattdessen ist es möglich, dass durch ungeeignete Wahl von Preisbildungsmechanismen Nachteile für das einkaufende Unternehmen entstehen. Beispielsweise kann die Beschaffung von Gütern mit geringem Standardisierungsgrad über Rückwärts­auktionen zu kostspieligen Fehlschlägen führen, weil lediglich der Beschaffungspreis im Vordergrund stand und die Qualität der Ware außer acht gelassen wurde.

Prinzipiell lässt sich feststellen, dass sich Produkte mit einem hohen Standardisierungsgrad speziell für den Handel auf B2B-Marktplätzen mit statischen Preisbildungsmechanismen eignen. In Frage kommen insbesondere Standardroh­stoffe, Büro- und Verpackungsmaterial sowie Computerhardware.

Auktionsplattformen eignen sich wiederum wegen umfangreicher und gründlicher Vorbereitungen eher für die Beschaffung komplexer Spezialprodukte, allerdings mangelt es bisher häufig an entsprechenden Angeboten. Wegen des hohen Auf­wands, den die Vorbereitung und Durchführung von Auktionen verursachen, werden zum Teil Rahmenverträge auf Auktionsplattformen gehandelt.[65]

Anders verhält es sich wiederum mit Rückwärtsauktionen im Internet, wo sich die Lieferanten gegenseitig unterbieten. Hierzu ist es erforderlich, die zu beschaffende Ware oder Dienstleistung genau zu spezifizieren, damit die einzelnen Gebote tatsächlich direkt vergleichbar sind. Dazu gehören selbstverständlich auch die zugehörigen Liefer- und Zahlungsbedingungen.[66] Norm- und Standardprodukte sowie die meisten Billigprodukte ermöglichen dies[67], so dass die Beschaffung über Rückwärtsauktionen sinnvoll erscheint. Allerdings ist hier die Kompetenz und Erfahrung des Einkäufers gefragt, da es Situationen gibt, in denen der Zuschlagspreis über dem traditionellen Einkaufspreis liegt. So hat man häufig bei der Beschaffung von Gütern oder Dienstleistungen über Rückwärtsauktionen auf steigenden Märkten[68] ein lustloses Bieterverhalten festgestellt. Steigende Märkte sind durch steigende Nachfrage nach Gütern oder Dienstleistungen gekennzeichnet, so dass die Lieferanten aufgrund der erhöhten Verknappung ihrer angebotenen Güter auch ohne die Teilnahme an Rückwärtsauktionen keine Absatzschwierigkeiten haben. Diese Problematik kann das einkaufende Unternehmen zwar auf einigen Marktplätzen durch die Festlegung von Höchstpreisen unterbinden, die eigentliche Schwierigkeit ist damit allerdings nicht gelöst, da die Lieferanten möglicherweise gar nicht erst Angebote abgeben und nicht an der Auktion teilnehmen. Ein häufig genanntes Erfolgskriterium ist daher bei gegebener Nachfrage die ausreichende Zahl an potenziellen Lieferanten.[69]

Eine Unterteilung nach dem Beschaffungsvolumen und dem Beschaffungsrisiko bzw. der -komplexität nimmt Buchholz vor. Die folgende Abbildung 9 verdeutlicht seinen Ansatz.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Strategische Optionen zur Lieferantenanbindung[70]

Es wird erneut deutlich, dass Standardmaterialien mit einem hohen Standardi­sierungsgrad und niedrigem Beschaffungsvolumen lediglich für statische Preis­bildungsmechanismen geeignet sind.

Leveragematerial besitzt ebenfalls ein geringes Beschaffungsrisiko, hat hingegen einen höheren Anteil am gesamten Beschaffungsvolumen. Wie bereits erwähnt kommen hier insbesondere Rückwärtsauktionen mit dem primären Ziel der Preisoptimierung zum Einsatz.

Materialien mit hohem Beschaffungsrisiko und hoher Komplexität sind weniger geeignet für den Einkauf über elektronische Marktplätze. Das Internet stellt dennoch für Engpassmaterial, das nur einen geringen Anteil am Beschaffungsvolumen ausmacht, ein wirksames Mittel zur weiteren Lieferantensuche dar. Es existieren bereits Marktplätze, die sich auf derartige Funktionen spezialisiert haben. Führend auf diesem Gebiet ist das Unternehmen „Freemarkets“, das mit seinen mehr als 300 „Market Makers“ Lieferanten auf der ganzen Welt aufspürt und dadurch für größtmögliche Transparenz auf den Beschaffungsmärkten sorgt.[71]

Für strategisches Material mit hohem Beschaffungsvolumen und hoher Komplexität sowie hohem Beschaffungsrisiko ist der Aufbau von festen Partnerschaften erforderlich. Elektronische Kollaborationsplattformen, die beispielsweise Entwick­lungsteams virtuell zusammenbringen, bieten in diesem Bereich Vorzüge, allerdings bedarf es dazu erheblicher Vorbereitungen sowohl technischer als auch organisa­torischer Art.[72]

3.3.2 Auswirkungen auf Aufbau- und Ablauforganisation

Zu erfolgreichem E-Procurement gehört mehr als die reine Software-Implementierung. Ferner müssen neben den eigentlichen Beschaffungsprozessen vor- und nachgelagerte Prozesse sowie deren Schnittstellen und Systemanforderungen bedacht werden.[73]

Eine besondere Bedeutung bei der Einführung von E-Procurement wird der strategischen Ausrichtung beigemessen. Die Unternehmensberatung Roland Berger & Partners zählt die strategische Orientierung in Form der Bildung einer separaten Geschäftseinheit und der Verantwortung für E-Commerce-Aktivitäten im Top-Management zu den sechs goldenen Regeln für erfolgreichen E-Commerce.[74] An der Spitze der E-Business-Strategie steht demnach ein E-Business-Manager, der für das gesamte E-Business-Team sowie die dazugehörigen Projekte und Aktivitäten ver­antwortlich ist. Wichtigste Aufgabe dieses Managers ist die Koordination der E-Business-Projekte mit allen beteiligten Abteilungen, den externen Geschäfts­partnern, Kunden und Service-Providern.[75]

Bei der Eingliederung der Beschaffung in die Makrostruktur des Unternehmens stellt sich das Problem des Grades der Zentralisierung von Beschaffungsaufgaben. Während eine zentrale Organisation für mehr Markttransparenz, höhere Marktmacht sowie bessere Kontrolle von Beschaffungsprozessen sorgt, zeichnet sich eine dezentrale Organisation durch größere Flexibilität, geringeren Koordinationsaufwand und bessere Kenntnis des operativen Bereichs aus. Um die Vorteile optimal zu nutzen, werden strategische Aufgaben zentral und operative Aufgaben dezentral organisiert. Allerdings muss dabei verhindert werden, dass „strategische und operative Beschaffungsaufgaben beim gleichen Aufgabenträger angesiedelt sind“[76], da anderenfalls wegen Überlastung mit operativen Aufgaben häufig die strategischen Aufgaben vernachlässigt werden. Um die Dezentralisierung des operativen Einkaufs effizient zu gestalten, müssen weitere Voraussetzungen erfüllt werden. Eindeutige Verantwortlichkeiten im Unternehmen sorgen für mehr Klarheit im gesamten Beschaffungsprozess. Freigabeverfahren sollten überarbeitet werden und Budgets für die einzelnen Bedarfsträger festgelegt werden.[77]

Damit sich der Bestellprozess zur weitgehenden Automatisierung und Unterstützung durch Informations- und Kommunikationstechnologien eignet, ist es erforderlich, die Prozesse – meist einhergehend mit der kompletten Reorganisation der Beschaffung – soweit wie möglich zu standardisieren.[78] Hierzu muss sich vor Augen geführt werden, wie sich der Bestellprozess durch den Einsatz von E-Procurement-Lösungen verändert. Die folgende Abbildung 10 stellt die Straffung des gesamten Bestell­prozesses durch die erfolgreiche Implementierung von E-Procurement dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Optimierung des Bestellprozesses[79]

Es wird deutlich, dass durch Standardisierung und anschließende Automatisierung mit Hilfe von E-Procurement eine erhebliche Verkürzung des Bestellprozesses möglich wird. Eine Beschleunigung von Beschaffungsprozessen um 83 % von neun Tagen auf nur eineinhalb Tage erscheint mit Hilfe der dezentralen Bedarfs­anforderung mit anschließender Automatisierung von Teilprozessen wie der Verfüg­barkeitsprüfung, dem Preisvergleich sowie der Lieferantenauswahl und einem effizienten, durch Informations- und Kommunikationstechnologie unterstützten Genehmigungsworkflow, durchaus denkbar. Der Genehmigungsworkflow vereint dabei die klassischen Prozesse Genehmigung Vorgesetzter sowie Genehmigung Controlling. Die Bestellung erfolgt vollautomatisch, eine Bestätigung wird per E-Mail erteilt. Allerdings ist dies nur unter der Voraussetzung möglich, dass eine entsprechende Reorganisation stattgefunden hat, bei der überflüssige Teilprozesse eliminiert und andere Teilprozesse zum Teil neu konzipiert wurden.[80]

Als Folge kommt es zu einem Wandel in der Aufgabenstellung der Beschaffungs­mitarbeiter. Die operative Beschaffung wird mit steigender Automatisierung zunehmend atomisiert, indem Güter direkt dort beschafft werden, wo sie benötigt werden. Mitarbeiter der Beschaffung können sich somit verstärkt um strategische Aufgabenstellungen kümmern, es können aber auch Mitarbeiter frei werden, die in anderen Bereichen eingesetzt werden müssen. Daher ist auf Weiterbildungs­programme und Trainings für neuartige Aufgabenstellungen nicht zu verzichten. Um Frustration und Enttäuschung unter den betroffenen Mitarbeitern zu vermeiden, ist es von immenser Bedeutung, die entsprechende Mitarbeiterschaft zu motivieren und so nicht nur die Möglichkeit, sondern in erster Linie den Willen zur Veränderung und Neuausrichtung kompletter Geschäftsprozesse zu schaffen.[81] Die Umsetzung dieser Herausforderung an das Change-Management sollte in jedem Fall vor der technischen Implementierung erfolgen, um so die Voraussetzungen für derartige Umstrukturierungen zu schaffen.[82]

3.3.3 Auswahl eines geeigneten Marktplatzes

Die Auswahl eines geeigneten Marktplatzes oder auch mehrerer Marktplätze stellt wegen des finanziellen Aufwands und der sunk costs bei einem Rückzug nach bereits erfolgter Investition in den meisten Fällen eine strategische Entscheidung dar. Daher muss sich ein Unternehmen im Vorfeld genau überlegen, welche Wettbewerbs­vorteile und Möglichkeiten durch die Teilnahme an einem entsprechenden Marktplatz entstehen[83], und in welchem Umfang teilgenommen werden sollte.

Eine weitere Option ist der Aufbau eines eigenen Marktplatzes. Allerdings erfordert der Aufbau und das Management eines elektronischen Marktes breites technisches Wissen, und auch das Management der Inhalte will wohlüberlegt sein. Daher ist es dringend anzuraten, die Unterstützung durch Software- und Service-Provider in Anspruch zu nehmen.[84] Weiterhin muss beim Aufbau eines eigenen Marktplatzes im Vorfeld überprüft werden, ob das Teilnehmerpotenzial groß genug ist, um die kritische Masse zu überschreiten und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Anbietern und Nachfragern zu erreichen.

Ebenfalls von strategischer Bedeutung ist die Frage, wann ein Unternehmen am elektronischen Einkauf partizipieren sollte. Ein Erfahrungsvorsprung und möglicher­weise auch ein Kostenvorsprung kann aus der frühen Partizipation als early mover resultieren und so zu einem Anstieg des Marktanteils führen. Allerdings sind dabei die Risiken nicht zu übersehen, so kann es schlimmstenfalls passieren, dass der gewählte Marktplatz nicht ausreichend Teilnehmer anlockt und Konkurs anmelden muss. In solchen Fällen kann es durchaus von Vorteil sein, die erwartete Konsolidierungswelle abzuwarten und anschließend auf einen erfolgreichen Markt­platz zu setzen.

Besser ist es natürlich, bei der frühzeitigen Auswahl eine Reihe von Faktoren zu berücksichtigen, die den Erfolg maßgeblich bestimmen. Die wichtigsten Kriterien fanden bei der Untersuchung ausgewählter Einkaufsplattformen Beachtung und werden im folgenden Kapitel näher erläutert.

4 Bewertung ausgewählter Einkaufsplattformen

Dieser Abschnitt stellt einen Kernbestandteil der vorliegenden Arbeit dar, auf dem die folgenden Abschnitte größtenteils aufbauen. Im folgenden werden insgesamt 153 Marktplätze aus den Branchen Chemie, Automobil, Elektro, Healthcare, Stahl und Metall, Food, Bau sowie einige horizontale branchenübergreifende Marktplätze anhand ausgewählter Kriterien untersucht.

Zu Beginn der Untersuchung fand eine Grobselektion statt, bei der 35 Marktplätze herausfielen, weil diese nicht mehr existent waren. Fehlende geographische Relevanz für den europäischen Markt, geringes Transaktionsvolumen oder Unübersichtlichkeit in der Darstellung stellten weitere Ausschlusskriterien dar. Des Weiteren waren einige Plattformen reine Verkaufsplattformen einzelner Unternehmen und stellten somit wegen der fehlenden m:n-Beziehung keinen elektronischen Marktplatz dar. Im Ergebnis blieben 42 Marktplätze übrig, die genauer untersucht wurden. Betrachtet wurde dabei das jeweilige Portal mit seinen Funktionalitäten, vereinzelt sind auch Marktplatzbetreiber kontaktiert worden. Unterstützend sind bestehende Studien herangezogen worden.[85] Eine Übersicht über die untersuchten Marktplätze liefert die folgende Tabelle 2.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Übersicht über untersuchte Marktplätze[86]

4.1 Bewertungskriterien

Im folgenden werden die Kriterien und ihre Bedeutungen erläutert. Es sei an dieser Stelle bereits darauf hingewiesen, dass die Beschaffung der jeweiligen Daten für einzelne Bewertungskriterien mitunter schwierig bzw. nicht möglich war. Die komplette Bewertung der untersuchten Marktplätze anhand der nachfolgenden Kriterien befindet sich im Anhang. Die folgende Tabelle 3 liefert eine Übersicht über die verwendeten Untersuchungskriterien.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Bewertungskriterien[87]

Zu den allgemeinen Angaben zählt die Kurzbeschreibung, die einen Überblick über die jeweilige Plattform liefert. Die Kurzbeschreibung gibt an, ob der Marktplatz horizontal bzw. vertikal, einkäufer-, verkäufergetrieben oder neutral ist und an welche Branche er sich richtet. Weiterhin wird erwähnt, welche Güter gehandelt werden und welche geographische Ausrichtung der Marktplatz besitzt.

Das Bewertungskriterium Güter-/Vertragsarten beschreibt die Art der gehandelten Güter bzw. Vertragsarten. Häufig ist dieses Kriterium sehr allgemein gefasst, da etliche Marktplätze eine Vielzahl von Gütern handeln. Zum Teil haben sich aber auch Marktplätze auf sehr wenige und spezielle Güter spezialisiert.

Das Gründungsjahr und das Jahr, seit dem der Marktplatz online ist (Online-Jahr), geben Auskunft darüber, ob der Betreiber neu im Geschäft ist oder möglicherweise über langjährige Erfahrung verfügt. In den meisten Fällen liegen Gründungsjahr und Online-Jahr zusammen oder zumindest dicht beieinander. Gelegentlich fallen diese beiden Jahre jedoch weit auseinander. Dies lässt auf eine langfristige Planung und sorgfältige Vorbereitung schließen, kann aber auch bedeuten, dass es während der Vorbereitungsphase unvorhergesehene Schwierigkeiten, wie beispielsweise eine drohende Insolvenz, gegeben hat.

Aus der Angabe des Betreibers lässt sich feststellen, wer für den Inhalt und das Matching auf dem Marktplatz verantwortlich ist. Ist der Betreiber ein eigenständiges Unternehmen, wie es am häufigsten der Fall ist, lässt sich trotzdem daraus nicht schließen, dass der Marktplatz neutral ist. Dafür ist weiterhin relevant, wer den Marktplatz finanziert (Finanzier). Hauptfinanzier des Marktplatzes CC-Chemplorer beispielsweise ist die Firma Bayer, obwohl der Betreiber CC-Chemplorer Ltd. ist. Der Marktplatz kann somit als käufergetrieben eingestuft werden.

Die Allianzen geben Auskunft darüber, mit welchen Unternehmen Kooperationen bestehen. Mittlerweile ist festzustellen, dass vielfach Allianzen mit anderen Marktplätzen bestehen, so dass sich die Betreiber den Markt untereinander aufteilen. Des Weiteren sind Allianzen mit Logistik-Dienstleistern und Kreditinstituten denkbar.

Ein wichtiges Entscheidungskriterium stellen die Referenzkunden dar. An den Referenzkunden ist erkennbar, ob der Marktplatz von den „Großen“ der Branche bereits angenommen wurde. Allerdings werben Marktplätze gelegentlich mit ihren registrierten Kunden, ohne dass diese besonders hohe Umsätze über den Marktplatz generieren. Zur genaueren Beurteilung der erfolgreichen Tätigkeit von Marktplätzen ist daher das Transaktionsvolumen sowie die eingehenden Anfragen pro Tag von besonderer Relevanz. Insbesondere das Transaktionsvolumen gibt zuverlässig Auskunft über die Liquidität eines Marktplatzes.[88] Die Liquidität wiederum ist ein Indikator für die erfolgreiche Tätigkeit eines Marktplatzes auf längere Sicht.

Die Anzahl der registrierten Unternehmen sowie die Größe der Unternehmen gibt zusätzlich Auskunft darüber, ob ein Marktplatz erfolgreich wirtschaftet und ob das Verhältnis von Anbietern und Nachfragern ausgeglichen ist. Hierzu ist es allerdings auch interessant zu wissen, ob eine Registrierung erforderlich ist und ob im Rahmen dieser Registrierung eine Überprüfung der potenziellen Markt­platzteilnehmer erfolgt. Anderenfalls ist es unvermeidbar, dass sich eine Reihe von Unternehmen oder Personen – häufig mit nicht wahrheitsgetreuen Angaben – sich registrieren lassen, um einen Einblick in das Geschehen auf dem jeweiligen Marktplatz zu erhalten. Damit verfälscht sich leider das Kriterium Anzahl registrierter Unternehmen und wird im Extremfall unbrauchbar, weil sich daraus keine Aussage mehr ableiten lässt.

Content von Marktplätzen spielt eine entscheidende Rolle. Es reicht nicht, die reine Transaktion zu ermöglichen, vielmehr müssen zusätzliche Informationen geboten werden. In Frage kommen hier beispielsweise Wirtschaftsnachrichten der jeweiligen Branche oder ein Messe- und Konferenzkalender. FAQ beantworten häufig gestellte Fragen, und Newsletter sorgen für die neuesten Nachrichten.

Für die Anbahnungsphase sind Bonitätsauskünfte für einkaufende Unternehmen interessant, insbesondere bei der Auswahl bisher unbekannter Lieferanten. Um die Lieferantenauswahl zu erleichtern bieten Marktplätze gelegentlich ein Teilnehmer­ranking an, durch das sich die Lieferanten in verstärktem Wettbewerb befinden.

Benachrichtigungsfunktionen erlauben es dem einkaufenden Unternehmen schnell, in der Regel per E-Mail, informiert zu werden, wenn sich beispielsweise in einer Rückwärtsauktion mit längerer Laufzeit ein neuer Preis eingestellt hat. Benach­richtigungsfunktionen werden auch dazu genutzt, den Kontakt zwischen Käufer und Verkäufer herzustellen.

Ausschlaggebendes Kriterium in der Vereinbarungsphase ist der Preisfindungs­mechanismus. Die einzelnen Möglichkeiten sowie deren Eignung sind bereits im Abschnitt 2.2.5 diskutiert worden und sollen hier nicht nochmals aufgegriffen werden. Es ist durchaus möglich, dass ein elektronischer Marktplatz verschiedene Preisbildungsmechanismen, etwa für unterschiedliche Arten von Gütern, anbietet. Beispielsweise kann ein Marktplatz für Stahlrohstoffe ein Blackboard nutzen und zusätzlich eine Auktion für gebrauchte Maschinen durchführen.

Speziell bei Auktionen (englische Auktion, holländische Auktion etc.) und Rück­wärtsauktionen kann es sinnvoll sein, eine Beschränkung des Teilnehmerkreises vorzunehmen. Denkbar wäre, dass ein einkaufendes Unternehmen mit einem Lieferanten schlechte Erfahrungen gesammelt hat und von diesem zukünftig nicht mehr beliefert werden möchte.

Die Anonymität ist auf elektronischen Marktplätzen nicht immer gewährleistet. Dies kann allerdings für einkaufende Unternehmen auch von Vorteil sein, damit bereits vor Vertragsschluss bekannt ist, welcher potenzielle Lieferant der Handelspartner ist. Für einen Marktplatzbetreiber besteht jedoch die Gefahr, dass bei fehlender Anonymität der Marktplatz lediglich zur Kontaktaufnahme genutzt wird, der Vertrag außerhalb geschlossen wird und dadurch der Marktplatzbetreiber keine Provision erhält. Daher wird bei einigen Marktplätzen die Identität der Transakteure erst nach Vertragsschluss preisgegeben.

Das Kriterium Auftragsabwicklung gibt an, wie der Vertrag zustande kommt, auf welche Weise gezahlt wird und schließlich wie die Lieferung erfolgt. Wegen der immer noch bestehenden rechtlichen Schwierigkeiten im Internet kann ein bilateraler Vertragsschluss sicherer sein, erfordert aber deutlich höheren Zeitaufwand und verursacht einen Medienbruch.

Ebenfalls für die Abwicklungsphase interessant ist die ERP-Einbindung, also in welchem Umfang betriebsinterne Enterprise-Resource-Planning-Systeme in den Marktplatz integriert werden. Zu beobachten ist vielfach der XML-Standard[89], aber auch die weitgehende Integration des Marktplatzes in ein bestehendes Waren­wirtschaftssystem.

Einer der wesentlichen Faktoren, der die Wahl eines Marktplatzes oft maßgeblich mitbestimmt, ist der gebotene Service. Durch diverse Dienstleistungen müssen Marktplätze den einkaufenden Unternehmen die Abwicklung der gesamten Beschaffungsprozesse ermöglichen. Dazu zählen insbesondere Versicherungen und Finanzdienstleistungen wie die komplette Zahlungsabwicklung über eine Kooperationsbank. Weiterhin sind Logistikdienstleistungen, beispielsweise durch die Kooperation mit einem Logistik-Dienstleister mit umfassendem Leistungs­spektrum, sowie IT-Dienstleistungen. von Bedeutung[90]

Im Bereich der Technologie unterscheiden sich Marktplätze neben der Geschwindig­keit der Datenübertragung und des Seitenaufbaus sowie der Zuverlässigkeit z. B. in der gebotenen Datensicherheit. Hier sind die 128-Bit-Verschlüsselung sowie eine Firewall mittlerweile Standard. Von Bedeutung kann auch die Marktplatz- und Beschaffungssoftware sein. Firmen wie Ariba und CommerceOne sorgen für einen Vertrauensvorsprung durch deren langjährige Erfahrung im E-Commerce.

Für einige an einem Marktplatz partizipierenden Unternehmen können die unterstützten Sprachen ein Ausschlusskriterium darstellen, wenn beispielsweise keine Mehrsprachigkeit gegeben ist und der Einkäufer die angebotene Sprache – zumeist Englisch – nicht beherrscht.

Inwieweit ein Marktplatz personalisierbar ist, zeigt sich beispielsweise an der Möglichkeit, ein eigenes Nutzerprofil anlegen zu können. Über ein solches Nutzer­profil können z. B. vergangene Transaktionen nachgeschlagen oder aber lediglich das selbst gewählte Layout abgespeichert werden.

Die Bedienbarkeit eines Marktplatzes – auch für den ungeübten Nutzer – muss stets gewährleistet sein. Es gibt Marktplätze, die durch ein einheitliches und über­sichtliches Layout bestechen, andere hingegen weisen eine weit verzweigte Struktur auf und sind unübersichtlich gestaltet und schlimmstenfalls mit einer Vielzahl von Werbebannern übersät.

Unterschiede nach Art und Höhe existieren bei dem Preismodell. Marktplätze können sich zunächst einmal über Transaktionsgebühren, Verbindungsgebühren bzw. Nutzungsgebühren, die vom Umsatzvolumen abhängig sind, oder aber regelmäßige Zahlungen in konstanter Höhe in Form einer Grundgebühr finanzieren. Ebenfalls unabhängig vom Transaktionsvolumen ist die Erhebung einer einmaligen Ein­richtungsgebühr. Weiterhin kann die Last nur von Verkäufern, nur von Käufern oder von beiden gleichzeitig getragen werden. Das Preismodell kann daher bei der Auswahl eines geeigneten Marktplatzes entscheidend sein. Zusätzlich zu den direkten Erlösen können sich Marktplätze über Bannerwerbung, Sponsoren, Data-Mining-Erlöse[91] durch Suchaufträge oder Provisionen finanzieren, wobei Pro­visionen durch direkte Vermittlung von Transaktionen für dritte Partnerunternehmen z. B. durch Setzen von Links entstehen.[92] Zusammenfassend zeigt die folgende Tabelle 4 die möglichen Preismodelle für Betreiber eines Marktplatzes.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 4: Preismodellsystematik[93]

Für die weitere Entwicklung eines Marktplatzes ist die Historie und dessen Zukunftsstrategie von Bedeutung. Die Zukunftsstrategie ist allerdings mit Vorsicht zu genießen, da sie aus Sicht der Marktplatzbetreiber beschrieben ist und somit der Eigenwerbung nützt.

Um vor der strategischen Entscheidung für oder gegen einen Marktplatz Einblicke über das Geschehen auf diesem zu erhalten und weitere Fragen zu klären, ist es erforderlich, Kontakt mit den Marktplatzbetreibern aufzunehmen. Alternativ oder zusätzlich kann hier ein möglicher Testzugang von erheblichem Nutzen sein. Um bei etwaigen Fragen sofort einen Ansprechpartner zu haben, ist es durchaus sinnvoll, wenn ein Marktplatz jederzeit eine telefonische Hotline zur Verfügung stellt.

Es wird selten vorkommen, dass ein einkaufendes Unternehmen einen Marktplatz entdeckt, der sämtlichen betrachteten Kriterien genügt. Vielmehr gilt es, die einzelnen Kriterien unternehmensspezifisch gegeneinander abzuwägen, so dass letztendlich der beste Kompromiss gefunden wird.

4.2 Ergebnisse der Bewertung von Einkaufsplattformen

Auffällig ist, dass nahezu alle untersuchten Marktplätze nach eigenen Angaben unabhängig agieren, dies bedeutet allerdings nicht, dass sie auch einen neutralen Marktplatzbetreiber aufweisen. Eine Registrierung ist grundsätzlich erforderlich, die in den meisten Fällen allerdings kostenlos ist. Bei der Registrierung gehen die Plattformbetreiber unterschiedlich vor. Einige Betreiber nehmen eine sorgfältige Prüfung des beantragenden Unternehmens vor. Dies geschieht zum Teil über den direkten Kontakt, ausführliches Ausfüllen von Formularen, Firmenvisitenkarte oder durch Bonitätsprüfung per Kreditkartennummer oder Steuerabrechnungsnummer. Nur wenige Betreiber schalten ihren Marktplatz frei, ohne eine sorgfältige Plausibilitäts- oder Bonitätsprüfung vorzunehmen.

Einheitlich für fast alle Marktplätze gilt, dass sie erst seit maximal vier Jahren online sind. Allerdings ist dabei zu beachten, dass einige Plattformen komplette Neugrün­dungen sind, andere durch Fusion von zwei bestehenden Marktplätzen entstanden sind und manche über beträchtliches Branchen-Know-How aus teilweise jahrzehnte­langer Offline-Tätigkeit verfügen. Die Betreiber von Marktplätzen mit umfassendem Branchenwissen weisen oftmals von Anfang an einen bestehenden Kundenstamm auf und konnten so relativ einfach die kritische Masse, die für das Fortbestehen eines Marktplatzes notwendig ist, überschreiten. Einige Marktplatzbetreiber weisen als Referenzkunden die „Großen“ einer Branche auf, allerdings ist diese Information mit Vorsicht zu genießen, da große Unternehmen meist auf mehreren Marktplätzen agieren und die Registrierung noch nichts über das tatsächlich gehandelte Volumen aussagt.

Unterschiede bestehen beim Preisfindungsmechanismus und dem damit verbundenen Preismodell. Häufig stellt sich ein Marktplatz als einfaches Blackboard oder Katalog heraus, andere Marktplätze wiederum bieten für verschiedene Produkte unterschied­liche Funktionalitäten, beispielsweise ein Blackboard für gebrauchte Maschinen und eine Rückwärtsauktion für Metallprodukte. Die Finanzierung des Marktplatzes erfolgt in den meisten Fällen durch eine in der Höhe stark variierende Transaktionsgebühr bei erfolgter Handelsvermittlung, die entweder für Käufer und Verkäufer oder nur für einen der Handelspartner anfällt. Das Preismodell einer monatlichen oder jährlichen Pauschalgebühr kommt eher selten zum Einsatz.

Überzeugende Marktplätze bieten neben einem umfassenden Informationsangebot wie Produktinformationen, Wirtschaftsnachrichten oder Lieferanteninformationen meist die Logistikabwicklung über einen externen Partner an. Die finanzielle Abwicklung übernehmen nur wenige Plattformen, einige stellen ein Treuhandkonto zur Verfügung. Das Angebot an IT-Dienstleistungen ist eher gering. So bieten längst nicht alle Plattformen die ERP-Integration sowie das Erstellen und Warten von Katalogen an. Zu den sonstigen Services zählen häufig Beratungsleistungen. Gelegentlich werden Kreditausfallversicherungen angeboten.

In Bezug auf die genutzte Software greifen viele Marktplatzbetreiber auf renommierte Firmen wie CommerceOne oder Ariba zurück, andere wiederum agieren gleichzeitig als Marktplatzbetreiber und als Application Service Provider. Als Standard in der Datensicherheit kann die 128-Bit-Verschlüsselung angesehen werden, der Einsatz einer Firewall ist ebenso selbstverständlich. Andere Sicher­heitsaspekte wie die digitale Signatur oder die Zertifizierung durch einen externen Dienstleister kommen noch sehr selten zum Einsatz.

Unterschiede tun sich wiederum bei der Unterstützung von Sprachen auf. Platt­formen, die sich auf Europa spezialisiert haben, unterstützen häufig neben Englisch und Deutsch auch Französisch, Spanisch und Italienisch, gelegentlich auch Ungarisch oder Tschechisch. Erstaunlicherweise fällt die Sprachunterstützung weltweit tätiger Plattformen deutlich magerer aus. Vor allem bei amerikanischen Plattformen ist zu beobachten, dass nur die englische Sprache unterstützt wird, für die in Asien Tätigen kommt meist Japanisch oder Chinesisch hinzu.

Die kundenfreundliche Bedienbarkeit stellt ein weiteres wichtiges Kriterium für den Erfolg einer Einkaufsplattform dar. Hier präsentieren sich einige Marktplätze bereits auf der Startseite völlig überladen, häufig ist die Navigation durch eine verzweigte Struktur erschwert. Nur wenige Marktplätze können durch eine übersichtliche Navigation und ein einfaches Design, das die Bedienung wesentlich vereinfacht, überzeugen

Die Unterscheidung der Marktplätze nach der Anzahl der registrierten Unternehmen sowie nach dem Transaktionsvolumen erweist sich als besonders schwierig. Zum einen ist die Anzahl der Unternehmen in verschiedenen Branchen oder bei verschiedenen gehandelten Gütern kaum zu vergleichen, zum anderen ist das Trans­aktionsvolumen in den seltensten Fällen angegeben oder durch Angabe in Tonnen beziehungsweise in Euro oder Dollar nicht vergleichbar.

[...]


[1] Vgl. Musch, J. (1997)

[2] Vgl. Clarke, Roger (2002)

[3] Vgl. Möhrstädt, D. (2001); S. 20 f.

[4] Vgl. Pinci, M. L. (2001); S. 3

[5] Vgl. Walser, M.; Zimmer, A. (1999); S. 5

[6] Vgl. Wirtz, B. W. (2000); S. 19

[7] Vgl. Loebbecke, C. (2001) S. 95

[8] in Anlehnung an Wirtz, B. W. (2001); S. 6

[9] Vgl. Merz, M. (1999); S. 17-18

[10] Vgl. Lopez-Bassols, V.; Vickery, G. (2001); S. 17

[11] Quelle: eMarketer (Januar 2001)

[12] Vgl. Möhrstädt, D. G. (2001); S. 22

[13] Vgl. Loebbecke, C. (2001); S. 99

[14] Vgl. Brenner, W. (2001); S. 58

[15] Vgl. The Boston Consulting Group (2000a); S. 12

[16] in Anlehnung an: Einsporn, T.; Palme, K.; Wiegand, R. (2000); S. 16

[17] Vgl. Schinzer, H. (1998); S. 1160

[18] Vgl. Kollmann, T. (2001); S. 39

[19] Vgl. Loebbecke, C. (2001) S. 99

[20] in Anlehnung an Berlecon Research (2001); S. 19

[21] Vgl. Schmitt, S.; Schneider, B. (2001); S. 6

[22] Vgl. KPMG (2001b); S. 7

[23] Vgl. Schmid, B. F. (1999); S. 18 f.

[24] Vgl. Schwickert, A. C.; Pfeiffer, E. (2000); S. 15

[25] Vgl. KPMG (2001b); S. 8

[26] Vgl. Loebbecke, C. (2001); S. 100

[27] Vgl. Berlecon Research (2001); S. 20

[28] eigene Darstellung

[29] Vgl. Pinci, M. L. (2001); S. 8

[30] Vgl. Schwickert, A. C.; Pfeiffer, E. (2000); S. 14

[31] Vgl. Dudenhöffer, F. (2001); S. 200

[32] Vgl. IKB. Report (2001); S. 16

[33] Vgl. Hepp, M.; Schinzer, H. (2000)

[34] Vgl. IKB.Report (2001); S. 16 f.

[35] Vgl. Schwickert, A. C.; Pfeiffer, E. (2000); S. 15 f.

[36] Vgl. zu den verschiedenen Auktionsformen Hepp, M.; Schinzer, H. (2000); S. 1517 f.

[37] Quelle: Wirtz, B. W. (2001); S. 455

[38] Vgl. Reichwald, R.; Hermann, M.; Bieberbach, F. (2000); S. 542

[39] Vgl. Bauer, R et al.; S. 42

[40] Vgl. Aust, E.; Diener, W.; Engelhardt, P.; Lüth, O. (2000); S. 30 ff.

[41] Vgl. Schwickert, A. C.; Pfeiffer, E. (2000); S. 18

[42] Vgl. Hepp, M.; Schinzer, H. (2000); S. 1518

[43] Vgl. Möhrstädt, D. G. et al. (2001) S. 22

[44] Vgl. Bauer et al.; S. 12

[45] Vgl. Deloitte Consulting (2001) S. 10

[46] Quelle: Brenner, W.; Zarnekow, R. (2001); S. 492

[47] Eine Erläuterung der Begriffe befindet sich im Glossar.

[48] Vgl. Brenner, W.; Zarnekow, R. (2001); S. 492 ff.

[49] Vgl. Einsporn, T.; Palme, K.; Wiegand, R.; (2000); S. 10 f.

[50] Vgl. Storbeck, O. (2001)

[51] In Anlehnung an Bauer, R. et al. (2001); S. 31

[52] Vgl. Eyhozer, K. (1999); S. 20

[53] Vgl. Dr. Wieselhuber & Partner GmbH (2001); S. 6 f.

[54] Vgl. Booz Allen & Hamilton (2001); S. 8 f.

[55] Vgl. Robben, M. (2000)

[56] Vgl. Aust, E.; Diener, W.; Engelhardt, P.; Lüth, O. (2000) S. 21 ff.

[57] Vgl. Booz Allen & Hamilton (2000)

[58] Vgl. Pinci, M. L. (2001); S. 10 f.

[59] Vgl. Gabler-Wirtschaftslexikon (1997); Stichwort „ABC-Analyse“

[60] Quelle: http://www-public.tu-bs.de:8080/~y0013356/skripte/bwl/sem1/f10.pdf; Abruf 22.03.2002

[61] Vgl. Koppelmann, U.; Brodersen, K.; Volkmann, M. (2001); S. 84

[62] Vgl. Möhrstädt, D. G. et. al. (2001); S. 71 f.

[63] Vgl. Aust, E.; Wolfe, D.; Engelhardt, P.; Lüth, O. (2000); S. 59 f.

[64] Vgl. Knudsen, D.; Lindroth, R.; Larsson, E. (2000); S. 2

[65] Vgl. Dr. Wieselhuber & Partner GmbH (2001); S. 9 f.

[66] Vgl. Storbeck, O. (2001)

[67] Vgl. Koppelmann, U.; Brodersen, K.; Volkmann, M. (2001); S. 84

[68] Steigende Märkte zeichnen sich dadurch aus, dass die Nachfrage nach Gütern oder Dienstleistungen bei gleichbleibendem Angebot zunimmt.

[69] Vgl. hierzu den Vortrag „Marktplätze in der Beschaffung - Herausforderungen und Potenziale“ von Dr. Ulrich Nöhle, Nestlé Deutschland AG auf dem Logistik-Praxisseminar 2002 der Technischen Universität Berlin

[70] Quelle: Buchholz, W. (2001); S. 76

[71] Vgl. Schmidt, H. (2002)

[72] Vgl. Buchholz, W. (2001); S. 75 f.

[73] Vgl. Braunstetter, J.; Hasenstab, H. (2001); S. 509

[74] Vgl. Roland Berger & Partner GmbH (1999); S. 17

[75] Vgl. Hoffmann, A.; Zilch, A. (2000); S. 80 f.

[76] Wirtz, B. W.; Eckert, U. (2001); S. 152

[77] Vgl. Arthur Andersen (2001); S. 24

[78] Vgl. Wirtz, B. W.; Eckert, U. (2001) S. 156

[79] in Anlehnung an KPMG (1999); S. 17

[80] Vgl. Wirtz, B. W.; Eckert, U. (2001); S. 156

[81] Vgl. McKinsey & Company (1998); S. 12

[82] Vgl. Schmidt, H. (2002)

[83] Vgl. The Boston Consulting Group (2000b); S. 26

[84] Vgl. Hoffmann, A.; Zilch, A. (2000); S. 88 f.

[85] Vgl. Berlecon Research (2001); Bogaschewsky, R.; Müller, H. (2001)

[86] eigene Darstellung

[87] eigene Darstellung

[88] Vgl. Forrester Deutschland (2001); Anhang S. 5

[89] Zur Erläuterung des XML-Standards s. Glossar

[90] Vgl. Forrester Deutschland (2001); Anhang S. 5

[91] Zur Erläuterung von Data Mining s. Glossar

[92] Vgl. Wirtz, B. W. (2001); S. 215 f.

[93] in Anlehnung an Wirtz, B. W. (2001); S. 215

Fin de l'extrait de 197 pages

Résumé des informations

Titre
Erfolgsstrategien der Beschaffung über elektronische Marktplätze aus der Perspektive der Industrie
Université
Technical University of Berlin  (Bereich Logistik)
Cours
Materialflusstechnik und Logistik
Note
1,3
Auteur
Année
2002
Pages
197
N° de catalogue
V5731
ISBN (ebook)
9783638135252
Taille d'un fichier
1893 KB
Langue
allemand
Annotations
Inkl. Bewertung einer Reihe von B2B-Marktplätzen
Mots clés
B2B-Marktplatz, Beschaffung, Best Practice
Citation du texte
Nikolaus Prenz (Auteur), 2002, Erfolgsstrategien der Beschaffung über elektronische Marktplätze aus der Perspektive der Industrie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5731

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