Emotionsarbeit


Term Paper, 2004

20 Pages, Grade: 1,3


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Konzepte der Emotionsarbeit
2.1. Emotion work
2.2. Emotion labor und Display Rules
2.3. Surface Acting
2.4. Deep Acting

3. Funktionen der Emotionsarbeit

4. Handlungsspielraum und Grenzen der Emotionsarbeit

5. Folgen der Emotionsarbeit
5.1. weitere Konstrukte
5.1.1. Emotionale Dissonanz
5.1.2. Emotionale Intelligenz
5.2. Identifikation

6. Abschluss und zukünftige Richtungen

7. Literatur

1. Einleitung

Emotionen waren in der Vergangenheit in Studien zum Organisationsverhalten der Menschen ignoriert worden (Arvey, Renz, & Watson, 1998; Putnam & Mumby, 1993). Der Arbeitsplatz war als rationale Umgebung gesehen worden, in der Emotionen dem gesunden Menschenverstand im Weg standen. So waren Emotionen als Erklärung für Arbeitsplatzphänomene nicht beachtet worden. Diese Ansicht ist demontiert worden, als mehrere Forscher herausgefunden haben, wie Emotionen am Arbeitsplatz wichtige individuelle und organisatorische Folgen zu erklären helfen ( Arvey et al., 1998).

Genauer beginnen die Wissenschaftler zu erforschen, wie Emotionen von den Angestellten gehandhabt werden, um die Arbeitsergebnisse sicherzustellen. Ein Beispiel ist eine Angestellte, die 'verändert', wie sie fühlt oder welche Gefühle sie zeigt, um mit den Kunden oder Klienten in einer effektiven Art und Weise zu interagieren. Die meisten Organisationen haben implizite oder explizite Anforderungen bezüglich welche Emotionen Mitarbeiter wann und wie auszudrücken haben. Diese Anforderungen werden in Berufen, die ein hohes Maß an Interaktionen mit Kunden beinhalten, wie etwa im Dienstleistungssektor, zentraler gesehen. In solchen Rollen kann die Art und Weise, in der der/die Angestellte(r) seine Gefühle und seinen Ausdruck handhabt, die Effizienz der Interaktion mit dem Kunden stark beeinflussen. So etwa eine wichtige Rolle dabei spielen, den Kunden zu beeinflussen, ein Produkt zu erwerben, loyal seiner Firma gegenüber zu erscheinen oder den Kunden dazu zu bringen, anderen über den erhaltenen Service zu berichten (z.B., Hochschild, 1983; Rafaeli & Sutton, 1987; Sutton, 1991). Mittlerweile 59 % der europäischen Arbeitskräfte (Paoli, 1997) arbeiten in diesem Sektor, was das zunehmende Interesse an Emotionen in Organisationen in den letzten Jahren unter Wissenschaftlern und Praktizierenden erklären könnte.

Wenn Menschen ihre Emotionen gegen Lohn handhaben, nennt man das Emotionsarbeit. Eine der frühesten Arbeiten, der es gelang, die öffentliche Aufmerksamkeit auf diese Facette des Arbeitslebens zu lenken, war das Buch „The Managed Heart: The Commercialization of Feeling“, der Soziologin Arlie Russell Hochschild 1983 im englischen Original herausgebracht. Sie prägte darin den Begriff der Emotionsarbeit als: „the management of feeling to create a publicly observable facial and bodily display” (Seite 7). Hochschild führte Arbeit auf die dramaturgische Perspektive der Kundeninteraktion zurück; in der Kunden das Publikum, der Angestellte der Schauspieler und die Arbeitsumgebung die Bühne ist (Goffman, 1959; Grove & Fisk, 1989). Aus dieser Perspektive hat die 'Aufführung' des Dienstleistungsangestellten sowohl das Management des beim Kunden hervorgerufenen Eindrucks zur Notwendigkeit, als dass der Angestellte sich expressiver Mittel auch bedienen kann, um sein Ziel zu erreichen (Grove & Fisk, 1989, Seite 430). Mit anderen Worten gesagt, ist Emotionsarbeit ein Weg für die Angestellten, die unternehmerischen Vorgaben zu erfüllen, diese zu erreichen. Würde der Angestellte seiner schlechten Stimmung einem Kollegen oder Kunden gegenüber freien Lauf lassen, wäre die 'Aufführung' ruiniert.

2. Konzepte der Emotionsarbeit

2.1. Emotion work

Das Konzept einer Arbeit an und mit den eigenen Gefühlen geht von einer Fähigkeit des Menschen aus, Gefühle zu gestalten, zu unterdrücken oder hervorzurufen. Offensichtlich existieren dann auch 'Gefühlsregeln', die uns während unserer Sozialisationsphase vermittelt wurden und die wir, mitsamt unseres 'emotional frame' verinnerlicht haben. So wissen wir, dass auf einer Party gute Stimmung zu haben oder zu zeigen ist und auch, wo die Grenzen der demonstrierten Seelenzustände, der aufgesetzten oder sogar erlebten Gefühle sind. Die gesellschaftlichen Normen geben sogar die Stärke und die Länge des 'angebrachten' Gefühls an, mit leichtem inter-individuellem und intra-individuellem Spielraum, je nach Persönlichkeitstypus oder Ereignis. All dies fasst Hochschild unter dem Begriff emotional work zusammen, Gebrauchswertcharakter habend und Gefühlsarbeit subsummierend, die von der Person selbst kommt und private Beziehungen regelt.

2.2. Emotion labor und Display Rules

Auf der anderen Seite, der Gefühlsarbeit am Arbeitsplatz, die Tauschwertcharakter besitzt und marktförmige Beziehungen regelt, steht die emotional labor (Zur Unterscheidung der beiden Begriffe sei kurz darauf verwiesen, dass der englische, beziehungsweise amerikanische Begriff labor sich explizit auf eine Arbeit im Sinne einer Anstellung, einer per Geld entlohnten Arbeit bezieht, wogegen das Wort work eher als Arbeit im physikalischen Sinne zu verstehen ist). Diese Form der Emotionsarbeit wird im Allgemeinen vom Unternehmen, genauer der Firmenleitung, vorgegeben, ist also durch keinen sozialen, sondern durch einen marktförmigen Kontext bedingt. Betriebliche Ziele, in erster Linie natürlich Profitmaximierung, stellen den Rahmen dieser Emotionsarbeit dar. Sie kann Steigerung, Täuschung oder Unterdrückung des emotionalen Ausdrucks umfassen. Generell gesagt werden die Emotionen als Reaktion auf die display rules der Organisation oder des Berufes gehandhabt (Ekman & Friesen, 1975;Goffman, 1959; Hochschild, 1983). Diese Regeln bezüglich der Erwartung des emotionalen Ausdrucks, zum Beispiel seitens des Unternehmens an seine Mitarbeiter, können explizit in Selektions- oder Trainingsmaterial angegeben werden oder sind den Angestellten per Beobachtung an Mitarbeitern bekannt. Viele Berufsrollen, hauptsächlich natürlich Dienstleistungsberufe, umfassen display rules, die Emotionen vorgebend, die Angestellte in der Öffentlichkeit an den Tag zu legen haben (Best, Downey, & Jones, 1997; Hochschild, 1983). So werden Angestellte der Gastronomie dazu angehalten, ihre Arbeit freundlich lächelnd und mit gutem Humor ausgestattet zu vollbringen; Geldeintreiber oder Gesetzeshüter mögen herausgefunden haben, dass ein ärgerliches Gebaren zu den besten 'Kunden'-Reaktionen führt (Hochschild, 1983; Sutton, 1991; VanMaanen & Kunda, 1989). Therapeuten oder Richter bedürfen eines Mangels an emotionaler Reaktion. In jedem Fall resultiert der emotionale Ausdruck oder die Unterdrückung desselben in einer effektiveren Interaktion am Arbeitsplatz.

2.3. Surface Acting

Die meisten Emotionstheoretiker schlagen vor, dass Emotionen aus verschiedenen Subsystemen bestehen (siehe Scherer, 1997): subjektives Gefühl, physiologische Reaktionsmuster und expressives Verhalten; letzteres Gesichtsausdruck, Sprache und Gestik beinhaltend. Mit Bezug auf diese Konzepte bedeutet surface acting, dass Angestellte versuchen, die sichtbaren Aspekte der Emotionen, die an der 'Oberfläche' erscheinen und vom Interaktionspartner zur Kenntnis genommen werden können, in Übereinstimmung mit den organisatorischen display rules der Arbeit zu bringen, während das innere Gefühl unverändert bleibt. Surface acting bedeutet, dass eine emotionale Dissonanz zwischen den inneren Gefühlen und dem äußeren Ausdruck besteht, die während der Interaktion persistiert (Zapf, 2002). Das Oberflächenhandeln ist keine Ausdrucksregel mehr, es ist ein körperliches und gestisches Verhalten (Goffman, 1969), eine Strategie der Beschäftigten, die den Gefühlsausdruck den Normen anpasst; es kann gespielt und unecht erscheinen, wenn der Angestellte seine wahren Gefühle doch nicht ganz verbergen kann (Rastetter, 1999). Surface acting kann zuweilen eine problematische Strategie sein, da desöfteren mehr als 'oberflächliche' Emotionen erwartet werden. Von einem Therapeuten wird erwartet, wahrhaft an seinen Klienten interessiert zu sein, nicht nur, weil sie oder er dafür bezahlt haben oder bezahlen werden. Ähnlich wissen Eltern, dass Kinderkrankenpflege ein Beruf ist, den die Schwestern für Geld praktizieren. Trotzdem wünschen sie, dass die Schwester ihre Kinder wirklich liebt. Dies impliziert, dass mechanische Konformität mit den display rules nicht genug ist (Ashforth & Humphrey, 1993). In hoch standardisierten Situationen mag es einfach sein, eine Emotion vorzutäuschen. In gering standardisierten Situationen jedoch besteht die Gefahr, dass die echten Gefühle durchscheinen und von Anderen erkannt werden. Beim Ausdruck positiver Gefühle durch Lächeln beispielsweise werden echtes und falsches Lächeln durch unterschiedliche physiologische Leitungsbahnen innerviert und unterscheiden sich im Timing, Lateralität und der Intensität (Ekman & Friesen, 1982). Vorgetäuschtes Lächeln aktiviert verschiedene Muskelgruppen in der Augenregion nicht, ist asymmetrischer im Ausdruck und verläuft nach einem anderen Zeitplan. In einer experimentellen Studie zum Ekel waren die Probanden ziemlich gut im Unterdrücken von Emotionen, jedoch: Sie konnten nicht alle Anzeichen von Ekel verbergen (Gross und Levenson 1997). In einigen Fällen kann nicht-vorgetäuschte Authentizität sogar als eine Schlüsselvariable fungieren, für Therapeuten in Encounter-Gruppen zum Beispiel (Rogers, 1951).

2.4. Deep Acting

Ein anderes Konzept Hochschilds ist das active deep acting. Individuen versuchen so, dass, was sie fühlen, zu beeinflussen und zu dem werden zu lassen, was ihre Rolle von ihnen darzustellen verlangt. Es ist ein mentales, imaginatives Handeln, dessen Richtung, natürlich, von innen nach außen ist. Zwar nimmt der andere, wie beim surface acting, nur die äußere Darstellung wahr, allerdings reguliert man in diesem Fall auch seine inneren Gefühle. Beim aktiven Tiefenhandeln muss ein Angestellter etwa den Aufwand erbringen, seine eigenen, echten Emotionen zu regulieren. Das ist ein echter Aufwand, da er aktiv danach streben muss, Gedanken, Bilder und Erinnerungen hervorzurufen, um eine spezifische Emotion zu induzieren (Ashforth & Humphrey, 1993). Beispielsweise stellt man sich seine momentane Rolle als die einer Krankenschwester oder eines Vernehmungsbeamten vor (Briner, 1995). Eventuell benutzt man die Metapher, sich einen schwierigen Gast als ein Kind vorzustellen, dass nicht für sein Verhalten verantwortlich zu machen ist (Hochschild, 1983). Deep acting kann erforderlich sein, wenn surface acting als zu mechanisch erscheint, des Kunden Erwartung an eine authentische interpersonelle Beziehung zu entsprechen (Zapf, 2002). Das Tiefenhandeln bedient sich bestimmter kognitiver Techniken, die erforderlichen Gefühle 'herzustellen'. Eine Methode besteht im Herstellen innerer Ruhe durch alle möglichen Arten körperlicher Entspannung, tiefes Durchatmen etwa. Dadurch soll erreicht werden, erwartete oder vorhandene unerwünschte Gefühle möglichst auszubremsen, zum Beispiel in einem schwierigen Kundengespräch. Eine andere Technik kann man schlicht mit dem Wort „Konzentration“ beschreiben. Man fokussiert die Aufmerksamkeit auf das gewünschte Ziel, meinetwegen die Bedürfnisse des Kunden und lässt keine unerwünschte oder unpassende Regung zu, indem man Gedanken und Eindrücke analysiert, dabei vorwarnenden Symptomen im Keim entgegnend. Zuletzt wäre die sogenannte Stanislawski-Methode zu nennen, die auch Schauspielschüler lernen (Stanislawski 1986). Die mit dem erforderlichen Gefühl für die vorliegende Situation kongruenten mentalen Bilder und Vorstellungen sind zu imaginieren. So soll das zur Situation passende Gefühl erzeugt werden. Beispielsweise sitze ich (der Flugbegleiter) in meinem Wohnzimmer und bewirte meine Gäste (die Passagiere); freue mich, wenn es ihnen gut geht.

[...]

Excerpt out of 20 pages

Details

Title
Emotionsarbeit
College
University of Trier
Course
Psychologie der Dienstleistung
Grade
1,3
Author
Year
2004
Pages
20
Catalog Number
V57540
ISBN (eBook)
9783638519861
ISBN (Book)
9783638766074
File size
493 KB
Language
German
Keywords
Emotionsarbeit, Psychologie, Dienstleistung
Quote paper
Diplom-Psychologe Markus Schmidt (Author), 2004, Emotionsarbeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57540

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