Internationalisierung von KMU

Am Beispiel des Markteintritts in die VR China


Mémoire (de fin d'études), 2006

102 Pages, Note: 1,3


Extrait


INHALT

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Fragestellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Die Besonderheiten Kleiner und Mittlerer Unternehmen
2.1 Definition kleiner und mittlerer Unternehmen
2.1.1 Die quantitative Definition
2.1.2 Die qualitative Definition
2.2 Die volkswirtschaftliche Bedeutung von KMU
2.3 Der mittelständische Unternehmer
2.4 KMU und Strategie

3 Grundlagen der Internationalisierung Kleiner und Mittlerer Unternehmen
3.1 Motive und Ziele der Internationalisierung
3.2 Stärken und Schwächen von KMU bei der Internationalisierung
3.3 Markt- und Standortwahl
3.4 Formen der Internationalisierung
3.4.1 Export
3.4.2 Lizenzvergabe
3.4.3 Joint Ventures
3.4.4 Hundertprozentige Tochtergesellschaften

4 China - Besonderheiten des Marktes und der Kultur
4.1 Besonderheiten der chinesischen Kultur und Mentalität
4.1.1 Guanxi - Die Rolle von Beziehungen im chinesischen Geschäftsleben
4.1.2 Mianzi - Die Angst das Gesicht zu verlieren
4.1.3 Konfliktverhalten in China
4.2 Unternehmensumfeld in China
4.2.1 Die wirtschaftliche Entwicklung
4.2.2 Die strukturellen und geografischen Unterschiede
4.2.3 Der chinesische Arbeitsmarkt
4.2.3.1 Personalmanagement in China
4.2.4 Sozialistische Marktwirtschaft - Die politischen Rahmenbedingungen
4.3 Relevante Merkmale chinesischer Märkte
4.3.1 Der Schutz Geistigen Eigentums in China
4.3.2 Der chinesische Konsument

5 Strategien zur Erschließung des chinesischen Marktes
5.1 Die Wahl des Zeitpunktes
5.2 Die Wahl der Markteintrittsform
5.2.1 Marktbearbeitungsformen
5.2.1.1 Repräsentanz in China
5.2.1.2 Chinesisches Joint Venture
5.2.1.3 Hundertprozentige Tochtergesellschaft
5.3 Die Wahl des Standortes
5.4 Der Weg für kleine und mittlere unternehmen nach China
5.4.1 Der passende Kooperationspartner für KMU
5.4.1.1 Die Kriterien für die Partnerwahl
5.4.2 Führung und Kontrolle kooperativer Eigentumsformen
5.5 Fazit - Sind KMU für einen Markteintritt nach China geeignet?

6 Schlussbetrachtung
6.1 Zusammenfassung
6.2 Ausblick

7 Literaturverzeichnis

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 3-1: Internationalisierungsmotive

Abbildung 3-2: Standortwahlprozess der BMW AG

Abbildung 4-1: Verteilung der ausländischen Direktinvestitionen

TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 2-1: Stärken und Schwächen von KMU

Tabelle 2-2: Kategorisierung von Unternehmen

Tabelle 2-3: Kategorisierung von Unternehmen nach Wirtschaftsbereichen

Tabelle 2-4:Vor- und Nachteile mittelständischer Unternehmensführung

Tabelle 2-5: Aspekte der Strategischen Rahmenplanung

Tabelle 3-1: Stärken und Schwächen von KMU bei der Internationalisierung

Tabelle 3-2: Vor- und Nachteile von Joint Ventures

Tabelle 4-1: Merkmale des westlichen Individualismus und des chinesischen Kollektivismus

Tabelle 4-2: SWOT-Analyse der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in China im Jahre 2006

Tabelle 4-3: Durchschnittliches Wachstum des chinesischen BIP in den vergangenen Jahren

Tabelle 4-4: Entwicklung der Pro-Kopf Einkommen in den Städten und auf dem Land

Tabelle 4-5: Entwicklung der Bevölkerungsstruktur

Tabelle 4-6: Entwicklung der Verteilung der Arbeitskräfte auf die drei Wirtschaftssektoren.

Tabelle 4-7: Entwicklung der ausländischen Direktinvestitionen

Tabelle 4-8: Pro-Kopf-Konsum in ausgewählten Städten nach Provinzen (2003, in RMB)

Tabelle 5-1: Vor- und Nachteile einer Investition mit und ohne chinesischen Partner

Tabelle 5-2: Vor-und Nachteile von hundertprozentigen Tochtergesellschaften

Tabelle 5-3: Attraktivität chinesischer Provinzen

Tabelle 5-4: Kritische Faktoren der Partnerwahl

Tabelle 5-5: Genereller Kompetenzaspekt eines Anforderungsprofils für Chinaeinsätze von Fach- und Führungskräften

Tabelle 5-6: SWOT-Analyse der Stärken und Schwächen kleiner und mittlerer Unternehmen und der Chancen und Risiken Chinas

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 EINLEITUNG

1.1 FRAGESTELLUNG UND ZIELSETZUNG

Die Internationalisierung ihrer Geschäftsbereiche ist eine der wichtigsten Aufgaben, vor die sich Unternehmungen heutzutage gestellt sehen. Die bisweilen als bedrohlich wahrgenommene Globalisierung der Wirtschaft setzt die Unternehmungen zunehmend unter Zugzwang. Insbesondere Unternehmen, deren Kernmärkte mehr oder weniger saturiert sind, sehen sich gezwungen, neue Absatzmärkte zu erschließen. Daraus resultierend ist in den vergangenen Jahren zu beobachten, dass der Welthandel konstant stärker wächst als die Weltproduktion.1 Die ausländischen Direktinvestitionen haben selbst dieses Wachstum noch übertroffen, sind weltweit in den vergangenen Jahren jedoch rückläufig.2

Einen der populärsten Zielmärkte der Internationalisierung von Unternehmen stellt seit einigen Jahren China dar. Dauerhafte jährliche Wachstumsraten von 9,3% (seit 1990)3, damit ist China die am schnellsten wachsende Volkswirtschaft der vergangene 2 Dekaden4 - und 1,3 Mrd.5 potentielle Kunden sind ein schlagkräftiges Argument, China nicht nur als günstigen Produktionsstandort zu sehen, sondern auch über eine, wie auch immer geartete, Vertriebspräsenz in diesem Zukunftsmarkt nachzudenken.6 Earnshaw sagt dazu: „ Foreign manufacturers are shifting production to China, foreign businesses of all kinds are looking at the domestic China market and making plans to participate in and exploit it, to catch a ride on the amazing China growth story that is changing the world. China is the last commercial frontier, the last massive market yet to be integrated into the global economy, and it is galloping along. “ 7

Seit die Kommunistische Partei (KP) im Jahr 1978 die außenwirtschaftliche Öffnung Chinas eingeleitet und damit den Grundstein für den Eintritt international tätiger Unternehmen gelegt hat, sind annähernd 600 Mrd. US$ an ausländischen Direktinvestitionen in das Land geflossen.8 Allein im Jahr 2004 konnten Direktinvestitionen in Höhe von 60,6 Mrd. US$9 verbucht werden. Mit dieser Summe nimmt China weltweit den ersten Platz unter den Ländern mit dem größten Zustrom ausländischen Kapitals ein. Laut Semlinger10 sind es zwar „ [...] vornehmlich die Großunternehmen, die wirklich global aktiv sind. Aber auch kleine und mittlere Unternehmen werden zunehmend von den Prozessen der Internationalisierung erfasst [...] “ . Über 300 der 500 größten Unternehmen der Welt sind bereits in China vertreten.11 Auch mehr als 1500 deutsche Unternehmen haben den Schritt in den chinesischen Markt bereits getan.12

Dennoch: „ Garantien für den Erfolg der in China getätigten Investitionen gibt es nicht. Extreme Schwierigkeiten und Risiken sind vertraute Schlagworte aus der Diskussion um den chinesischen Markt. Kultur, Sprache und schwer durchschaubare Verhandlungs gepflogenheiten erscheinen als hohe Hürden, die vielschichtige chinesische Bürokratie, mangelnde Rechtssicherheit sowie die Notwendigkeit von Geduld und Ausdauer bergen oft schwer kalkulierbare Risiken für die Businesspläne. “ 13

Allein die ungeheure Größe und Heterogenität des Landes und seiner Bevölkerung stellen viele, insbesondere kleinere Unternehmen, vor kaum überwindbare Hindernisse. Böhn geht soweit „ [...] kleinen Unternehmen den Schritt nach China grundsätzlich nicht zu empfehlen. “ Seiner Ansicht nach empfiehlt sich ein Markteintritt in China erst ab einer mittleren Unternehmensgröße und dann auch nur mit einer risikoarmen Strategie. Er begründet dies primär mit der bürokratiebedingten Langwierigkeit chinesischer Marktprozesse und der Notwendigkeit eines „langen Atems“, der zumeist nur ab einer bestimmten Unternehmensgröße und der damit verbundenen stabilen finanziellen Basis gegeben ist.14

Fragen, die sich in anderen Märkten häufig vergleichsweise einfach beantworten lassen, können in China zu ernsthaften Problemen werden. Wo findet man potentielle Konsumenten für die zumeist sehr hochpreisigen Produkte? Wie lassen sich diese Konsumenten ansprechen? In den seltensten Fällen wird es möglich sein, die Erfahrungen aus europäischen Märkten erfolgreich auf den chinesischen zu übertragen. Es erscheint also notwendig, sich sehr intensiv mit den zu erwartenden Umständen auseinanderzusetzen. Insbesondere die Kultur und Geschichte des Landes spielt im dortigen Geschäftsalltag eine entscheidende Rolle. Viele ausländische Unternehmen mussten bereits feststellen, dass sie die Komplexität des Marktes und insbesondere des Konsumentenverhaltens unterschätzt haben. So ist für viele die anfängliche Euphorie in Ernüchterung umgeschlagen und eine ganze Reihe international tätiger Unternehmen hat sich bereits wieder aus China zurückgezogen.15

Die vorliegende Arbeit unternimmt den Versuch, einen Überblick über die Möglichkeiten und Schwierigkeiten des großen unternehmerischen Schrittes - des internationalen Markteintritts in die Volksrepublik China - zu geben und hierbei insbesondere die außergewöhnlichen kulturellen, geographischen und ökonomischen Umstände zu berücksichtigen, die der chinesische Markt mit sich bringt. Der Anspruch dieser Arbeit ist es, nicht ausschließlich dem kooperierenden Unternehmen, sondern prinzipiell allen deutschen KMU, eine Art Leitfaden an die Hand zu geben, der es ihnen ermöglichen soll, einige Probleme und potentielle Fehler von Anfang an zu vermeiden.

1.2 AUFBAU DER ARBEIT

Nach diesem einführenden ersten Kapitel wird die Arbeit dem folgenden Gliederungsmuster folgen: Da der Fokus dieser Arbeit auf die Internationalisierung kleiner und mittlerer Unternehmen gelegt werden soll, erscheint es zunächst sinnvoll, einige allgemeine Fragen bezüglich eben dieser Unternehmensgruppe näher zu erläutern. Im Mittelpunkt des zweiten Kapitels stehen also die KMU. Neben einer Definition der kleinen und mittleren Unternehmen und ihrer Rolle in der deutschen Volkswirtschaft werden auch die Besonderheiten bei der Entscheidungsfindung, Strategieentwicklung, Umsetzung etc. untersucht. Ein besonderer Fokus wird hierbei auf das inhabergeführte Unternehmen als eine typische Führungsform mittelständischer Unternehmen gelegt. Darauf aufbauend wird die Bedeutung der Persönlichkeit des Unternehmers genauer betrachtet und die Frage beantwortet, wie entscheidend dieser Faktor für den Erfolg des Unternehmens ist.

Im anschließenden dritten Kapitel wird zunächst eine allgemeine Einführung in die theoretischen Grundlagen der Internationalisierung von KMU erfolgen. Hierin enthalten ist eine Darstellung der Beweggründe und Ziele der Internationalisierung, das Finden geeigneter Auswahlkriterien, die Analyse der Rahmenbedingungen sowie eine eingehende Analyse der unterschiedlichen Internationalisierungsmöglichkeiten wie Export, Lizenzvergabe, Joint Ventures und Gründung einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft.

Das vierte Kapitel widmet sich dem Zielland China. Einer intensiven Auseinandersetzung mit den kulturellen Besonderheiten des Landes und seiner Bevölkerung folgt eine eingehende Analyse des dortigen Unternehmensumfeldes. In diesem Zusammenhang finden besonderes die wirtschaftliche Entwicklung in der Vergangenheit, die strukturellen und geografischen Besonderheiten, der chinesische Arbeitsmarkt und die sozialistische Marktwirtschaft als besondere Staatsform Beachtung. Das Kapitel schließt mit einer Betrachtung besonderer Merkmale chinesischer Märkte, die eine vermeintlich hohe Relevanz für ausländische Unternehmen haben.

Das fünfte Kapitel widmet sich den Strategien bezüglich eines Markteintritts in die Volksrepublik. Die in Kapitel drei dargestellten Internationalisierungsformen werden aufgegriffen und auf ihre Anwendbarkeit hin überprüft. Die spezifischen Stärken und Schwächen der für den chinesischen Markt wichtigsten Markteintrittsformen Repräsentanz, Joint Venture und hundertprozentige Tochtergesellschaft werden dargestellt und eingehend analysiert. Der Markteintrittsprozess steht im Mittelpunkt des darauf folgenden Abschnittes. Ein für mittelständische Unternehmen vermeintlich bestmöglicher Markteintrittsprozess wird dargestellt. Abschließend wird auf die spezifischen Probleme bei der Lenkung kooperativer Eigentumsformen näher eingegangen.

Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse sowie einem Ausblick auf mögliche Entwicklungen der näheren Zukunft.

2 DIE BESONDERHEITEN KLEINER UND MITTLERER UNTERNEHMEN

„ Boote, die klein sind, sind in der guten Lage, schneller ihre Richtung zuändern. “

Chinesisches Sprichwort

Die vorliegende Arbeit hat nicht den Anspruch, dass Thema kleine und mittlere Unternehmen in seiner ganzen Breite zu diskutieren. Diese Aufgabe bleibt anderen Autoren überlassen. Die Fokussierung soll hier vielmehr auf den Faktoren liegen, die im Hinblick auf die Internationalisierung von KMU vermeintlich von besonderer Relevanz sind. Die mittelständischen Unternehmen unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht deutlich von großen Unternehmen. Ihr Wesen bedingt eine Reihe spezifischer Stärken und Schwächen (Vgl. Tabelle 2-1).

Stärken: Schwächen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2-1: Stärken und Schwächen von KMU

Quelle: Bülk, 1997, S. 53

Eine deutliche Abgrenzung und eingehende Analyse des kleinen und mittleren Unternehmens erfolgt im vorliegenden Kapitel. Das anschließende dritte Kapitel widmet sich im Speziellen den Besonderheiten dieser Unternehmenskategorie in Bezug auf ihr Internationalisierungs- verhalten.

2.1 DEFINITION KLEINER UND MITTLERER UNTERNEHMEN

Zum besseren Verständnis und da diese Thematik oftmals recht unübersichtlich erscheint, sollte zunächst geklärt werden, was im Allgemeinen unter kleinen und mittleren Unternehmen verstanden wird16. Eine allgemein einheitliche Definition für KMU besteht bis heute nicht. Li sieht hierin sogleich die wesentlichen Merkmale kleiner und mittlerer Unternehmen gekennzeichnet. Diese bestehen seiner Ansicht nach in ihrer Heterogenität, ihrer Wandlungsfähigkeit und ihrer grundsätzlichen Ubiquität.17 In der wissenschaftlichen Praxis gibt es zwei wesentliche Definitionsansätze. Unternehmen werden entweder anhand ihrer Betriebsgröße (quantitative Definition) oder anhand einer Reihe „weicher Faktoren“ (qualitative Definition) von einander abgegrenzt.

2.1.1 DIE QUANTITATIVE DEFINITION

Die quantitativen Ansätze kategorisieren die Unternehmen anhand ihrer Betriebsgröße. Diese kann unter zu Hilfenahme einer Reihe von Faktoren ermittelt werden. In der Praxis haben sich in der Vergangenheit primär die quantitativen Größen „Anzahl der Mitarbeiter“ und „Umsatz pro Jahr“ durchgesetzt. Zur Kategorisierung der Unternehmen werden Größenklassen gebildet. Problematisch hierbei war in der Vergangenheit vor allem, dass unterschiedliche Institutionen oder Wirtschaftsräume sehr unterschiedliche Größenklassen verwandt haben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2-2: Kategorisierung von Unternehmen

Quelle: Kommission der Europäischen Union, 2003, S. 39

Um den daraus resultierenden definitorischen Unklarheiten ein Stück weit Abhilfe zu leisten, veröffentlichte die Europäische Union im Jahr 2003 eine einheitliche Definition zur Klassifizierung von KMU.18 Diese mittlerweile in Kraft getretene Empfehlung an die einzelnen Mitgliedsstaaten klassifiziert die Unternehmen ebenfalls anhand der Größen „Anzahl der Beschäftigten“ und „Umsatz pro Jahr“ (eine genaue Einteilung der Klassengrenzen kann der Tabelle 2-2 entnommen werden). Trotz der intensiven Bemühungen, welche die Europäische Union in das Schaffen dieses Kriterienkatalogs investiert hat, erscheint das Ergebnis eher unzureichend. Die Definition ist sehr pauschalisiert. Unabhängig von ihrer Branchenzugehörigkeit werden alle evaluierten Unternehmen zu Gruppen zusammengefasst. Bei genauerer Betrachtung erscheint jedoch zum Beispiel der Vergleich eines Industrieunternehmens mit einem Handelsunternehmen auf Basis identischer Kriterien eher unangebracht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2-3: Kategorisierung von Unternehmen nach Wirtschaftsbereichen

(Quelle leicht geändert: Thürbach und Menzenwerth, 1975, S. 7)

Da also die Ausprägung der Klassifizierungsmerkmale durchaus branchenabhängig ist,19 sollten bei der Einordnung die Klassengrenzen auch entsprechend angepasst werden. Thürbach und Menzenwerth tragen dieser Forderung mit ihrer Definition (Vgl. Tabelle 2-3) Rechnung.

Auch wenn der oben abgebildete Ansatz dank seiner branchenabhängigen Klassifizierung sicher eine genauere Einteilung erlaubt, bleibt ein entscheidender Kritikpunkt bestehen. Auch er bezieht sich ausschließlich auf quantitative Größen. „ Eine eindimensionale Messung der Beschäftigtenzahl oder des Umsatzes ist zwar relativ genau, lässt aber nur wenige Schlüsseüber das „ Wesen “ einer Unternehmung zu. Mittelständische Unternehmen zeichnen sich auch durch gewisse Besonderheiten aus, die sich nicht quantifizieren lassen. Wenn Unternehmen unterschiedlicher Branchen untersucht werden, können aus Gründen der Vergleichbarkeit an Gütermengen orientierte quantitative Merkmale nicht verwendet werden. “ 20 Um also das „Wesen“ einer Unternehmung zu erfassen, scheint es einer qualitativen Analyse zu bedürfen.

2.1.2 DIE QUALITATIVE DEFINITION

Aufgrund der im vorangegangenen Abschnitt dargestellten Schwächen der quantitativen Definitionen werden in der jüngeren Vergangenheit in der Literatur verstärkt auch qualitative Kriterien zur Abgrenzung von kleinen und mittleren zu großen Unternehmen angewendet.

Schon der Begriff „Mittelstand“ an sich stellt aufgrund „ [...] seines soziologischen Bezuges auf die gesellschaftliche Stellung des Unternehmensinhabers [...]21 ein qualitatives Merkmal dar. Die Besonderheiten der Führungs- und Eigentumsstrukturen mittelständischer Unternehmen stehen allgemein im Mittelpunkt der unterschiedlichen Abgrenzungsansätze. Nach Hamer22 lassen sich die verschiedenen Punkte der Abgrenzungsrichtungen im Wesentlichen in folgenden drei Bereichen zusammenfassen:

- Sowohl die unternehmerische Führung als auch der Kapitalbesitz befinden sich in einer Hand
- Der Unternehmer bestimmt selbstständig und unabhängig die Unternehmenspolitik
- Der mittelständische Betrieb ist in seiner Komplexität für den Unternehmer noch überschaubar

Auch Günterberg und Keyser23 sehen in der engen Verbindung einer Unternehmerpersönlichkeit zu einer Unternehmung und in dem hohen Maß an persönlicher Verantwortung, die dieser trägt, den zentralen qualitativen Abgrenzungsaspekt von mittelständischen zu großen Unternehmen.

Die konkrete Abgrenzung von kleinen und mittleren zu großen Unternehmen erfolgt in der Regel mit Hilfe unterschiedlich komplexer Kriterienkataloge, die sich inhaltlich zum Teil deutlich voneinander unterscheiden.24 Einige wichtige Merkmale, die in leichter Variation in den meisten Kriterienkatalogen enthalten sind, sollen in Anlehnung an Mugler im Folgenden dargestellt werden25:

- Starke Prägung des Unternehmens durch den Unternehmer
- Der Unternehmer unterhält persönliche Kontakte zu Kunden und Lieferanten
- Das Unternehmen richtet sich stark nach den individuellen Wünschen seiner Kunden
- Die Organisation hat wenige Hierarchiestufen und ist gering formalisiert. Es besteht ein enger Kontakt zwischen Unternehmensleitung und Angestellten
- Das Unternehmen ist flexibel und damit in der Lage, rasch auf Veränderungen seiner Umwelt zu reagieren
- Der Betrieb ist nicht Tochter eines größeren Konzerns
- Das Unternehmen ist wenig diversifiziert

Neben den hier genannten existiert eine Vielzahl weiterer Kriterien, die zur Abgrenzung der Unternehmenskategorien verwendet werden können. Die qualitativen Definitionsansätze erscheinen sehr viel eher in der Lage, das „Wesen“ einer Unternehmung zu erfassen, da sie eine Vielzahl unterschiedlicher, vornehmlich weicher Aspekte berücksichtigen. Das entscheidende Problem der qualitativen Ansätze liegt in ihrer praktischen Anwendbarkeit. Sicher ist es möglich, einen Teil entsprechender Faktoren für ein einzelnes Unternehmen zu ermitteln; die regelmäßige Durchführung einer derartigen Erhebung für einen ganzen Wirtschaftsraum scheint jedoch aufgrund des immensen Aufwandes eher unrealistisch.

2.2 DIE VOLKSWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG VON KMU

Die volkswirtschaftliche Bedeutung von kleinen und mittleren Unternehmen wurde in der Literatur lange Zeit als vergleichsweise gering angesehen. Klassische Thesen bedeutender Ökonomen wie Schumpeter, Marx oder Bücher sahen Großbetriebe sowohl im Hinblick auf ihre technische als auch bezogen auf ihre ökonomische Effizienz als überlegen an.26 Die Überlegenheit der großen Unternehmen wird von Mugler in erster Linie auf ihre Größendegressionsvorteile (Economies of Scale, Economies of Scope) zurückgeführt.27 Doch die volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung einer Unternehmung macht sich nicht allein an ihrer ökonomischen Effizienz fest. Da die Bedeutung kleiner Unternehmen in der jüngeren Vergangenheit zunehmend bekannt wurde, gab man diese, oben geschilderte einseitige Betrachtungsweise in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur weitestgehend auf.28

Die Bedeutung des „Mittelstandes“ für beispielsweise die deutsche Volkswirtschaft lässt sich recht einfach an einigen Zahlen verdeutlichen: In Deutschland gab es im Jahr 2003 3,38 Millionen kleine und mittlere Unternehmen. Dies machte einen Anteil von 99,7% aller deutschen Unternehmen aus. Während die KMU für 41,2% aller in Deutschland gemachten Umsatzerlöse verantwortlich zeichneten, beschäftigten sie 70,2% der gesamten Arbeitnehmerschaft.29

Abgesehen von der gesellschaftlichen Bedeutung für beispielsweise die Beschäftigung, können KMU in einer Reihe von Bereichen einen Nutzen für die Volkswirtschaft erbringen, den große Unternehmen zumeist nicht oder nur in geringerem Maße leisten können. Oftmals wird an dieser Stelle die überdurchschnittlich hohe Innovationskraft und Flexibilität kleiner und mittlerer Unternehmen genannt.30

SMEs promote private ownership, stimulate innovations and develop entrepreneurial skills. Their flexibility enables them to match quick changes in market demands. They generate the majority of jobs, promote diversification of economic activities, support sustainable development and make a significant contribution to exports and trade. SMEs are vibrant and innovative and they can adapt to changing circumstances and become the main engine in the economy and society.31

2.3 DER MITTELSTÄNDISCHE UNTERNEHMER

Wie schon in Kapitel 2.1.2 verdeutlicht, ist die Inhaberführung mittelständischer Unternehmen ein entscheidendes Merkmal selbiger. Die Führung der Unternehmensgeschicke durch einen Eigentümerunternehmer beschreibt eines der signifikantesten Abgrenzungskriterien zu großen Unternehmen. Der Unternehmer, oder auch Entrepreneur, ist Verantwortungs- und Risikoträger und im Gegensatz zu Managern großer Unternehmen mit seiner persönlichen Existenz untrennbar mit dem Schicksal seiner Unternehmung verknüpft.32 Er ist ein „Risikounternehmer“ im Gegensatz zum „Gehaltsunternehmer“.33

Wie entscheidend die Rolle des Unternehmers für die Existenz der Unternehmung ist, beschreibt Hamer folgendermaßen: „ Die zündende und bewegende Kraft des mittelständischen Unternehmens ist seine Unternehmerperson. Je stärker die Unternehmerperson ist, desto stärker wird auch die Initiativkraft für das Unternehmen und desto dynamischer wird dieses Unternehmen deshalb auch selbst.“34

Vorteile Nachteile

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2-4:Vor- und Nachteile mittelständischer Unternehmensführung

Quelle leicht geändert nach: Hamer, 1987, S. 137

Die Bündelung der Entscheidungsgewalt bei einer Person, dem Unternehmer, ermöglicht kleinen und mittleren Unternehmen ein hohes Maß an Flexibilität (Vgl. zu einer Übersicht über die Vor- und Nachteile mittelständischer Unternehmensführung Tabelle 2-3). Unbürokratisch können Entscheidungen getroffen werden, die dem Unternehmen helfen, sich rasch an verändernde Umweltbedingungen anzupassen.35 Eine besondere Tugend scheint also das schnelle reagieren mittelständischer Unternehmen zu sein.36 Doch liegt dieser Tugend auch eine Not zugrunde. Kleinen Unternehmen mangelt es oftmals an Methoden der operativen und strategischen Planung. Kirsch zeichnet vom Unternehmer das Bild eines Piloten in der Frühzeit der Fliegerei, der sein Flugzeug mit einfachsten Instrumentarien lenkt.37 Viele Unternehmer treffen ihre Entscheidungen intuitiv, „ [...] entrepreneurs [...] respond intuitively to international opportunities, learning experientially from their experiences there38. Oftmals auch aufgrund eines deutlichen Mangels an notwendigen betriebswirtschaftlichen Kenntnissen (Vgl.: Tabelle 2-3). Und viele sind damit durchaus erfolgreich. Zumindest bis zu einem gewissen, nicht genau zu definierendem Punkt. Kirsch beschreibt diesen Punkt als das Überschreiten der „Schwelle der Unübersichtlichkeit.39 Mit zunehmender Expansion, beispielsweise getrieben durch Internationalisierung, wird dieser Punkt sehr wahrscheinlich erreicht und ein Übergang von rein intuitivem Agieren hin zu einer strategischen Planung wird unumgänglich.

2.4 KMU UND STRATEGIE

Strategische Unternehmensführung wurde in der Vergangenheit immer stärker als Domäne der großen Unternehmen gesehen. Wie schon weiter oben dargestellt, verlassen sich KMU zumeist auf ihre Flexibilität. Welter stellt dar, dass „ KMU eher reagieren als agieren und oftmals situativ Chancen ergreifen anstatt ex ante zu planen.“ Doch ist die Flexibilität allein kein Erfolgsgarant mehr. Brodbeck weißt daraufhin, dass KMU zum einen primär mit anderen KMU konkurrieren (in diesem Zusammenhang kann Flexibilität nicht als Wettbewerbsvorteil verstanden werden) und dass zum anderen die großen Unternehmen verstärkt ihre Arbeitsabläufe flexibilisieren.40

Flexibilität sollte von kleinen und mittleren Unternehmen als Grundvorrausetzung begriffen werden. Sich allein darauf zu verlassen erscheint jedoch riskant. Diese Problematik hat jedoch ein beträchtlicher Teil der KMU bislang nicht erkannt. So ist es zu erklären, dass sie einer strategischen Ausrichtung allgemein eine weit geringere Bedeutung beimessen als große Unternehmen.41

Dennoch bedeutet dies nicht zwingend, dass strategische Planung in mittelständischen Unternehmen nicht existiert; oftmals sind entsprechende Pläne lediglich undokumentiert und bestehen nur im Kopf des Unternehmers. Laut Wolter resultieren unternehmerische Handlungen aus den Visionen des Unternehmers und der Erfolg ist stark abhängig von dessen Fähigkeiten, diese Visionen auch umzusetzen.

Dies gelingt indes zu selten. In den meisten Fällen ist der Unternehmer zu sehr im Tagesgeschäft der Unternehmung eingebunden, als das es ihm gelingt seine Visionen in einer konkreten Strategie umzusetzen. Wie im vorangegangenen Kapital dargestellt, mangelt es oftmals schlicht an den notwendigen betriebswirtschaftlichen Kenntnissen eine entsprechende Strategie zu formulieren. So liegt dem Handeln des Unternehmers sicher teilweise eine implizite strategische Idee zu Grunde, bestimmt bleibt es allerdings letztlich durch das „Durchwursteln“.

Ab dem Erreichen der „Schwelle der Unübersichtlichkeit“ muss aber auch tatsächliche strategische Planung Einzug in eine mittelständische Unternehmung halten. Sie sollte „ Intuition und improvisierendes Durchwursteln nicht ersetzen, sondern unterstützen. “ 42

Die Entwicklung einer Strategie kann dabei ganz pragmatisch sein. Entscheidend ist, dass man sich bewusst darüber ist, wo das Unternehmen in der Zukunft stehen soll und mit welchen Schritten dies zu erreichen ist.43

Planung erscheint also für alle mittelständischen Unternehmen früher oder später sinnvoll und notwendig. Unterschiedliche empirische Untersuchungen ermittelten zudem eine positive Korrelation zwischen strategischer Planung und unternehmerischem Erfolg und dies in allen Phasen des Lebenszyklus eines mittelständischen Unternehmens.44

Kirsch weist auf die Notwendigkeit einer begrifflichen Verfeinerung hin. Er unterscheidet im Bereich der strategischen Planung zwischen strategischer Rahmenplanung und strategischer Programmplanung. Die Rahmenplanung (Vgl. Tabelle 2-5), die wie es schon der Name sagt, allgemeine Rahmenbedingungen wie Unternehmensidentität, Persönlichkeit der Führungskräfte, Führungsformen und die Stellung der Unternehmung auf ihren Märkten und in der sonstigen Umwelt berücksichtig, hält er für alle Unternehmen sinnvoll. Schon allein deshalb, weil die Rahmenplanung es ermöglicht, besagte „Schwellen der Unübersichtlichkeit“ früh- beziehungsweise rechtzeitig zu erkennen und entsprechend zu reagieren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2-5: Aspekte der Strategischen Rahmenplanung

Quelle leicht geändert nach: Kirsch, 1983, S. 410

Die strategische Programmplanung bezieht sich stärker auf die Produkte und deren Produktion sowie die Geschäftsfelder, also das Portfolio der Unternehmung. Eine strategische Programmplanung wird besonders denjenigen Unternehmen geraten, in denen bereits eine strategisch geprägte Denkweise vorherrscht.45

Abschließend lässt sich folgendes festhalten: Die strategische Planung hat sich in mittelständischen Unternehmen noch nicht weitgehend durchgesetzt. Auch wenn ab einem gewissen kritischen Punkt eine eindeutige Notwendigkeit besteht und ihre grundsätzliche Sinnhaftigkeit eindeutig belegt ist, scheuen viele Unternehmer vor dem vermeintlich hohen Aufwand zurück oder sind schlicht nicht in der Lage ihre Visionen in Strategien zu überführen.

3 GRUNDLAGEN DER INTERNATIONALISIERUNG KLEINER UND MITTLERER UNTERNEHMEN

Die in der jüngeren Vergangenheit zu beobachtende, zunehmende und viel diskutierte Globalisierung sorgt nicht nur für einen stärkeren internationalen Handel, sondern ebenso für eine weit größere Mobilität von Dienstleistungen, Kapital, Arbeitskräften und Know-how.46 Diese größere Mobilität führt oftmals zu einem zunehmenden Wettbewerbsdruck auf angestammten Heimatmärkten und zwingt immer mehr kleine und mittlere Unternehmen zur Erweiterung ihrer Markträume und damit zur stärkeren Internationalisierung ihrer Aktivitäten.47

Unter Internationalisierung soll im Folgenden das Tätigwerden eines Unternehmens auf einem anderem als dem Stammmarkt verstanden werden. Internationalisierung beginnt nach der hier verwendeten Arbeitsdefinition also mit dem Export als zumeist erste Form internationaler Unternehmenstätigkeit. Andere Definitionen wie zum Beispiel die der Europäischen Union verstehen bereits den Import von Waren und Dienstleistungen als eine Form der Internationalisierung.48

3.1 MOTIVE UND ZIELE DER INTERNATIONALISIERUNG

Zunächst ist festzuhalten, dass die Internationalisierungsziele und -motive von KMU sich vermutlich nicht deutlich von denen großer Unternehmen unterscheiden.49 Aber was veranlasst Unternehmen überhaupt, ausländische Märkte zu bearbeiten?50 Zahlreiche theoretische und empirische Auseinandersetzungen mit dem Thema sehen die Internationalisierung als logische Konsequenz des einfachen Exportes von Waren51 und das primäre Motiv in der Wahrnehmung von Marktchancen und dem damit verbundenen größeren Absatzpotentials eines im heimischen Markt erfolgreichen Produktes.52 Insbesondere in gut entwickelten Volkswirtschaften wie der deutschen, zwingt oftmals das geringe Wachstum beziehungsweise die zunehmende Sättigung des Stammmarktes zur Expansion in Auslandsmärkte. Internationalisierung ist in diesem Fall nicht Erweiterung des Absatzpotentials, sondern die notwendige Sicherung des Gewinnpotentials.

Oftmals steht auch das Streuen des Risikos im Fokus der Internationalisierung. Durch die Verteilung der Aktivitäten auf verschiedene Märkte können Schwächen auf einzelnen ausgeglichen werden. Die Erzielung von Economies of Scale ist ein weiteres häufiges Motiv der Internationalisierung. Durch die Vergrößerung des Absatzmarktes können oftmals geringere Stückkosten verwirklicht werden. Auch die bessere Ausnutzung von vorhandenen Fertigungskapazitäten durch die Erweiterung der Aktivitäten ins Ausland kann die Effizienz steigern.

Über die genannten hinaus gibt es noch eine Vielzahl weiterer Motive für eine Internationalisierung. Beispielsweise das Ausnutzen staatlicher Förderungsmaßnahmen, mögliche Absatzsteigerung durch größere Kundennähe, die sich durch eine Auslandsniederlassung ergibt, hohe Produktionskosten im Heimatmarkt, Zugang zu Arbeitskräften, das Umgehen restriktiver Bestimmungen im Stammmarkt und viele mehr (Vgl. Abbildung 3-1).53

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3-1: Internationalisierungsmotive

Quelle: Jakobsen, 2004, S.31

Bei der Darstellung der unterschiedlichen Ziele und Motive wird deutlich, dass diesen auch unterschiedliche Internationalisierungsformen zugrunde liegen. Im Kapitel 3.4 sollen daher die unterschiedlichen Internationalisierungsformen aufgezeigt werden.

3.2 STÄRKEN UND SCHWÄCHEN VON KMU BEI DER INTERNATIONALISIERUNG

Das Internationalisierungsverhalten kleiner und mittlerer Unternehmen unterscheidet sich von dem großer Unternehmen. Die Vorgehensweise ist zumeist weit weniger systematisch (was nach der Lektüre des zweiten Kapitels nicht weiter verwundern dürfte). Intuitives Verhalten überwiegt auch im Internationalisierungsprozess.54 Insgesamt ist darüber hinaus zu beobachten, dass die Bereitschaft zur Internationalisierung bei KMU nach wie vor weniger ausgeprägt ist, als dies bei großen Unternehmen der Fall ist.55

Doch selbst wenn die Bereitschaft zur Internationalisierung besteht, sehen sich mittelständische Unternehmen einer Reihe von Hindernissen gegenübergestellt. Während dies allgemein häufig auf einen Mangel an strategischer Planung, resultierend aus einem unzureichenden Know-how seitens der Geschäftsleitung zurückzuführen ist56, sehen die Unternehmen selbst dies zumeist nicht als entscheidendes Hindernis. Von den Unternehmen werden am häufigsten der hohe Finanzierungsbedarf, die vergleichsweise hohen Preise der eigenen Produkte oder Dienstleistungen im Auslandmarkt oder die mangelnde Anpassungsfähigkeit selbiger angeführt.57 An dieser Stelle sollen jedoch weniger die internen Einschätzungen als vielmehr die Erkenntnisse aus empirischen Untersuchungen zu diesem Thema Erwähnung finden. Laut Bülk sind insbesondere die folgenden Punkte als Hindernisse mittelständischer Unternehmen zu sehen:58

- Die begrenzten Aufstiegschancen und die vergleichsweise geringere Bezahlung, die KMU in der Regel bieten, resultieren oftmals in einem Mangel qualifizierter Arbeitskräfte.
- Im Gegensatz zu großen Unternehmen haben KMU einen Wettbewerbsnachteil, da sie aufgrund geringerer Volumina zumeist geringere Margen verwirklichen können.
- Die Entscheidungszentralisation in mittelständischen Unternehmen und ihr Einfluss auf die interne Organisationsform erscheint in Bezug auf Internationalisierung wenig geeignet.
- Die Denkweise des Gründers/Eigentümers ist häufig nicht mit der Notwendigkeit zum strategischen Vorgehen zu vereinbaren.
- Die vergleichsweise geringe Eigenkapitalbasis mittelständischer Unternehmen schränkt den Spielraum ein und bedeutet ein höheres Risiko.

Dennoch, die meisten der genannten Hindernisse sind auch von mittelständischen Unternehmen bei entsprechendem Verhalten zu überwinden. Darüber hinaus existiert zudem eine Reihe spezifischer Vorteile, die aus den typischen Stärken der KMU resultieren.

- Die Konzentration der Entscheidungsgewalt, die weiter oben auch als Hindernis dargestellt wurde, kann durchaus auch eine Stärke bei der Internationalisierung darstellen. Besonders dann, wenn schnelles Handeln vonnöten ist, beispielsweise bei notwendigen Reaktionen auf bestimmte Aktionen der Konkurrenten, ermöglicht diese Konzentration die erforderlichen schnellen und kostengünstigen Entscheidungsprozesse.59
- Entscheidende Wettbewerbsvorteile gegenüber großen Unternehmen haben die KMU bei der Internationalisierung aufgrund ihrer hohen Flexibilität und Innovationsbereitschaft. So können sie ihre Produkte schneller den jeweiligen Gegebenheiten anpassen und auf etwaige Veränderungen der Marktbedingungen reagieren.
- Die geringere Größe und die höhere Flexibilität ermöglichen eine größere Kundennähe und damit verbunden, eine höhere Servicequalität. Dies stellt nicht nur im Stammmarkt, sondern auch in Auslandsmärkten und insbesondere in China60 einen möglicherweise entscheidenden Vorteil dar.

Tabelle 3-1 stellt noch einmal die Stärken und Schwächen kleiner und mittlerer Unternehmen bei der Internationalisierung, wie sie 1995 von Steiner ermittelt wurden, gegeneinander.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3-1: Stärken und Schwächen von KMU bei der Internationalisierung

Quelle angepasst nach: Steiner, 1995, S. 60

[...]


1 Im Jahr 2004 wuchs der Welthandel mit 8,8% im Vergleich zur Weltproduktion mit lediglich 5,5%. Vgl. hierzu: Sachverständigenrat Wirtschaft, 2004, S. 31

2 Semlinger und Behr, 2004, S. 7

3 Yun, 2004, S. 18

4 Greil, 2005, s. 63

5 National Bureau of Statistics, 2005

6 Die c.a. 1,3 Mrd Chinesen machen etwa 23% der Weltbevölkerung aus (Vgl.: Abramson und Ai, 1999, S. 21)

7 Earnshaw et al., 2004, S. 7

8 National Bureau of Statistics, 2005

9 Ministry of Commerce of the People's Republic of China, 2005

10 Semlinger und Behr, 2004, S. 7

11 Holtbrügge und Puck, 2005, S. 3

12 Trinh, 2004, S. 2

13 Dietz und Harnischfeger-Ksoll, 1998, S. 2

14 Haas und Rehner, 2003a, S. 58

15 So hat sich beispielsweise Danone nach einer Investition von 10 Mio Dollar erfolglos aus dem chinesischen Markt für Milchprodukte zurückgezogen.(Vgl: Chen und Vishwanath, 2005, S. 19)

16 An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Begriffe „kleine und mittlere Unternehmen“ (KMU) und „mittelständische Unternehmen“ respektive Mittelstand, in der vorliegenden Arbeit synonym verwendet werden, auch wenn der Begriff Mittelstand mit dem Verweis auf den sozialen Hintergrund des Unternehmers eine stärkere soziologische Komponente enthält, während der Begriff „kleine und mittlere Unternehmen“ sich ausschließlich auf die Betriebsgröße zu beziehen scheint.

17 Li, 2000, S. 40

18 Kommission der Europäischen Union, 2003, S. 39 ff

19 Pfohl, 1997, S. 8 ff.

20 Li, 2000, S. 41

21 Hamer, 1987, S. 51

22 Hamer, 1987, S. 51

23 Günterberg und Kayser, 2004, S. 1 ff.

24 An dieser Stelle wird auf eine genauere Darstellung entsprechender Kriterienkataloge verzichtet. Eine intensivere Auseinandersetzung mit dieser Form der Kategorisierung und ein Überblick über die unterschiedlichen Ansätze findet man z.B. in: Mugler, 1995, S. 18 ff.

25 Mugler, 1995, S. 18 f.

26 Mugler, 1995, S. 39

27 Mugler, 1995, S. 39 ff.

28 Bülk, 1997, S. 49

29 Günterberg und Kayser, 2004, S. 5

30 Vgl. z.B.: Nelson, 1984, S. 646 ff.

31 Szabó, 2002, S. 1

32 Vgl.:Wolter und Hauser, 2001, S. 16 oder Fu, 2005, S. 16

33 Hamer, 1987, S. 128

34 Hamer, 1987, S. 129

35 Bülk, 1997, S. 53

36 Laut einer empirischen Studie von Brodbeck sehen 75% der Unternehmen ihre hohe Flexibilität in Bezug auf die Kunden- und Marktbedürfnisse als entscheidenden Wettbewerbsvorteil an (Vgl.: Brodbeck, 1998, S. 34

37 Kirsch, 1983, S. 399

38 Fletcher, 2004, S. 292

39 Kirsch, 1983, S. 402

40 Brodbeck, 1998, S. 35

41 Brodbeck, 1998, S. 36

42 Kirsch, 1983, S. 401

43 Brodbeck, 1998, S. 33

44 Vgl. z.B. die Studie von: Shrader et al., 1989, S. 58 f.

45 Vgl. zu diesem Abschnitt: Kirsch, 1983, S. 409 f.

46 Jaeger, 2000, S. 25

47 Vgl. z.B.: Young et al., 1989, S. 1

48 Jakobsen, 2004, S. 7

49 Bamberger und Evers, 1997, S. 381

50 An dieser Stelle sei auf die unterschiedlichen klassischen Internationalisierungstheorien hingewiesen, die die theoretische Basis für die meisten Auseinandersetzungen mit diesem Thema liefern. Auf diese Theorien soll im Rahmen dieser Arbeit aber nicht eingegangen werden. Vgl. für eine intensivere Auseinandersetzung mit diesem Thema z. B.: Welge und Holtbrügge, 2003, S. 59 ff.

51 Bülk, 1997, S. 17

52 Eine empirische Untersuchung Pausenbergers identifizierte die „Wahrnehmung von Marktchancen“ als das entscheidende Motiv (Vgl.:Pausenberger, 1980, S. 44

53 Vgl. zu den Motiven der Internationalisierung z.B.:Bülk, 1997, S. 17 ff., Pausenberger, 1980, S. 43 ff., Jakobsen, 2004, S. 31 ff.

54 Bülk, 1997, S. 53 f.

55 Li, 2000, S. 53 f.

56 Jakobsen, 2004, S. 35

57 Jakobsen, 2004, S. 37

58 Bülk, 1997, S. 54

59 Li, 2000, S. 55

60 Immerhin geben 76% der Chinesen an, dass Kundenservice ein entscheidendes Kaufargument darstellt. (Vgl.: Schmitt, 2005, S. 17)

Fin de l'extrait de 102 pages

Résumé des informations

Titre
Internationalisierung von KMU
Sous-titre
Am Beispiel des Markteintritts in die VR China
Université
University of Dortmund  (Lehrstuhl für Unternehmensführung)
Note
1,3
Auteur
Année
2006
Pages
102
N° de catalogue
V57652
ISBN (ebook)
9783638520386
Taille d'un fichier
3040 KB
Langue
allemand
Mots clés
Internationalisierung, Beispiel, Markteintritts, China, Kleine und mittlere Unternehmen
Citation du texte
Diplom Kaufmann Benjamin Höhner (Auteur), 2006, Internationalisierung von KMU, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57652

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