„Um wahre Tugenden zu erkennen, benötigt man nach Hume folglich beides, Verstand und Gefühl. Der Verstand entscheidet über die Nützlichkeit, das Gefühl und die Neigung des Menschen, Gutes zu tun, treffen die moralisch richtige Entscheidung.“1.) Nichts deutet in dieser Aussage darauf hin, ob die oben stehende Auffassung, geschlechtsspezifisch zu verstehen ist und doch gibt es seit den Achtzigern eine Debatte darüber, ob zwei Moralen existieren, eine, die eher fürsorgend und die andere, die eher gerechtigkeitsorientiert ist. Auf den nachfolgenden Seiten werde ich die verschiedenen Auffassungen darlegen und ihre jeweilige Argumentation beleuchten. Auslöser waren die Untersuchungen von Lawrence Kohlberg (1984), die er in Anlehnung an Piaget machte. Er entwickelte ein differenziertes Stufenmodell zur Entwicklung des moralischen Urteils; dieses ist bis heute die bedeutsamste Theorie. Danach gehe ich kurz auf die dem zu Grunde liegenden Entwicklungsfaktoren ein. Jedoch galt sein Interesse allein der Gerechtigkeitsperspektive, welches ihm Carol Gilligan, eine seiner schärfsten Kritikerinnen, später u.a. vorwarf. Nachdem ich etwas genauer auf ihre These eingegangen bin, wende ich mich Ihrer Kritik an Kohlberg zu. Sie stellte in ihren Untersuchungen fest, dass Frauen in der Regel, Konflikte nach anderen Gesichtspunkten beurteilten und somit auch anders argumentierten, als Männer. Carol Gilligan unterscheidet, ihrer Meinung nach, zwei unvereinbare Moralen, die der Fürsorgeperspektive und die der Gerechtigkeitsperspektive. Ein weiterer Kritikpunkt war, dass sich Kohlberg auf rein männliche Stichproben beruft, genau, wie es schon zuvor bei Piaget der Fall war. „Ebenso war es für Piaget selbstverständlich, dass „das Kind automatisch ein Knabe ist“.2.)
Im Zuge ihrer Theorie hat Carol Gilligan zudem eine eigene moralische Entwicklungstheorie aufgestellt Im 3. Kapitel gehe ich näher auf die Kritiker der Zwei-Moralen-Theorie ein, wobei eine der entschiedensten Gegnerinnen Gertrud Nunner-Winkler ist.
Nach ihrer Einschätzung und bei ihren Untersuchungen stellte sie fest, „dass die Berücksichtigung konkreter Situationsumstände, nicht eine Frage der Geschlechtszugehörigkeit, sondern eine Frage der Betroffenheit ist“3.).
1.)Siehe Wikipedia, die freie Enzyklopädie (24.06.2006),
Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Untersuchung_%C3%BCber_die_Prinzipien_der_Moral.
2.)Detlef Horster 1998, S.9.
3.)Nunner-Winkler 1986, S. 11.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Moral
- Kohlbergs Gerechtigkeitsmoral
- Stufenmodell
- Entwicklungsfaktoren
- Gilligans Fürsorgemoral
- Die These
- Die Kritik an Kohlberg
- Konzept der geschlechtsspezifischen Moral
- Die Fürsorgeperspektive
- Die Gerechtigkeitsperspektive
- Moralische Entwicklungstheorie nach Gilligan
- Entwicklungsniveaus
- Stimmen der Kritik
- Gilligans empirische Studie
- Geschlechtsspezifische Moralen? Eine Abgrenzung
- Schlussbemerkung
- Entwicklung des moralischen Urteils nach Kohlberg
- Kritik an Kohlbergs Stufenmodell durch Gilligan
- Konzept der geschlechtsspezifischen Moral: Fürsorge vs. Gerechtigkeit
- Empirische Befunde und Kritik an der Zwei-Moralen-Theorie
- Abgrenzung der beiden Moralperspektiven
- Einleitung: Die Arbeit stellt die Frage nach der Existenz einer geschlechtsspezifischen Moral und beleuchtet die Debatte über zwei unterschiedliche Moralperspektiven: Fürsorge und Gerechtigkeit.
- Moral: Dieses Kapitel definiert den Begriff Moral und erläutert Kohlbergs Stufenmodell zur Entwicklung des moralischen Urteils. Der Fokus liegt dabei auf der Gerechtigkeitsperspektive, die Kohlberg als Kern der Moral definiert.
- Gilligans Fürsorgemoral: Dieses Kapitel präsentiert Gilligans Kritik an Kohlbergs Modell und ihre These, dass Frauen Konflikte aus einer fürsorgenden Perspektive beurteilen, während Männer eher die Gerechtigkeitsperspektive einnehmen. Gilligan stellt die These auf, dass es zwei unvereinbare Moralen gibt: die Fürsorge- und die Gerechtigkeitsperspektive.
- Stimmen der Kritik: Dieses Kapitel diskutiert die Kritik an Gilligans Zwei-Moralen-Theorie, insbesondere die Argumentation von Gertrud Nunner-Winkler, die die Berücksichtigung konkreter Situationsumstände als entscheidenden Faktor für die moralische Bewertung sieht.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, ob es eine geschlechtsspezifische Moral gibt, die sich in einer fürsorgenden und einer gerechtigkeitsorientierten Perspektive manifestiert. Die Arbeit analysiert die Theorien von Lawrence Kohlberg und Carol Gilligan und setzt sich mit der Kritik an Gilligans Zwei-Moralen-Theorie auseinander.
Zusammenfassung der Kapitel
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den zentralen Themen der Moralentwicklung, der Geschlechterdifferenz und der Moralperspektiven von Fürsorge und Gerechtigkeit. Zu den wichtigsten Schlüsselbegriffen gehören: Kohlbergs Stufenmodell, Gilligans Fürsorgemoral, geschlechtsspezifische Moral, empirische Studien, Kritik an der Zwei-Moralen-Theorie, Abgrenzung der Moralperspektiven.
- Quote paper
- Susanne Müller (Author), 2006, Geschlechtsspezifische Moral, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57746