Zur Rolle des Vertrauens in internationalen Geschäftsbeziehungen


Seminararbeit, 2006

41 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Am Marktwachstum partizipieren oder Know-How schützen - Das Dilemma des Vertrauens
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Gang der Arbeit

2 Begriffliche und theoretische Grundlagen
2.1 Internationalisierung
2.1.1 Internationalisierungsbegriff
2.1.2 Motive der Internationalisierung
2.1.3 Internationalisierungsformen
2.2 Kooperationen und Netzwerke
2.2.1 Kooperationsbegriff und Ziele
2.2.2 Transaktionskostentheorie als Erklärungsansatz für die Existenz kooperativer Organisationsformen
2.2.3 Probleme der Kooperation und ihre Lösung
2.3 Vertrauen als kooperationsfördernder Koordinationsmechanismus
2.3.1 Formen des Vertrauens
2.3.2 Funktionen von Vertrauen
2.3.3 Vertrauensbildung

3 Vertrauen als Instrument zur Verhinderung opportunistischen Verhaltens in deutsch-chinesischen Geschäftsbeziehungen
3.1 Know-how-Transfer als Bedrohung des Erfolges deutsch-chinesischer Joint Ventures
3.1.1 Joint Venture als spezielle Markteintrittsform in den chinesischen Markt
3.1.2 Know-how-Transfer als Form opportunistischen Verhaltens
3.2 Relevanz von Vertrauen zur Verhinderung opportunistischen Verhaltens
3.2.1 Vertrauen als Substitut für vertragliche Regelungen
3.2.2 Kulturspezifische Einflussgrößen deutsch-chinesicher Joint Ventures
3.2.2.1 Konfuzianismus - Die moralische Ethik
3.2.2.2 Machtdistanz - Das Verhältnis zu Autoritäten
3.2.2.3 Individualismus - Die Beziehung zwischen Individuum und Gruppe
3.2.2.4 Umgang mit Unsicherheit und Risikobereitschaft
3.2.2.5 Guanxi - Die Kunst der Beziehungen
3.2.2.6 Langzeitorientierung - Der konfuzianische Dynamismus
3.2.2.7 Bedeutung von Vertrauen in China
3.2.3 Möglichkeiten des Aufbaus von Vertrauen in deutsch-chinesischen Joint Ventures

4 Implikationen für Praxis und Forschung
4.1 Konsequenzen für das Management und die Wissenschaft
4.2 Übertragbarkeit auf andere Länder

5 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Internationalisierungsformen und Ressourceneinsatz

Abbildung 2: Systematisierung des Vertrauensbegriffes nach der Institutionalisierung des Vertrauensgebers bzw. -nehmers

Abbildung 3: Bedeutung von Vertrauenskomponenten im Zeitablauf

Abbildung 4: Ausprägungen von Hofstedes Kulturdimensionen in China, Deutschland und der Welt

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Die Bedeutung verschiedener Internationalisierungsmotive für produzentenorientierte Dienstleistungsunternehmen

Tabelle 2: Vertrauensfunktionen nach Krystek (1997)

Tabelle 3: Managementtool zur Beurteilung potenzieller Kooperationspartner

1 Am Marktwachstum partizipieren oder Know-How schützen

- Das Dilemma des Vertrauens

1.1 Problemstellung

„Wenn man einem Menschen trauen kann, erübrigt sich ein Vertrag. Wenn man ihm nicht trauen kann, ist ein Vertrag nutzlos.“

Jean Paul Getty (1892-1976), amerik. Ölindustrieller u. Milliardär.

Die Notwendigkeit für Vertrauen in internationalen Joint Ventures ist groß. Einerseits besteht ein immer größer werdender Bedarf an vertrauensvollen Kooperationen, da das Ausfertigen und Durchsetzen von Verträgen in internationalen Geschäftsbezie- hungen viel zeitaufwendiger, kostenintensiver und unsicherheitsbehafteter ist als in nationalen Kooperationsformen. Je weiter die Geschäftspartner geographisch von- einander entfernt sind, desto größer ist die Gefahr opportunistischen Verhaltens. Besitzt die zu liefernde Ware die vereinbarte Qualität, liefert der Geschäftspartner pünktlich, bezahlt dieser rechtzeitig? Diese permanente Unsicherheit lässt sich durch Kontrollorgane wie Verträge oder Rechtsysteme reduzieren. Aber was wenn, wenn man sich in einem marktwirtschaftliches Entwicklungsland wie China auf eben diese nicht verlassen kann? Die hohe wirtschaftliche Dynamik[1], ein Potential von über einer Milliarde Kunden und ein starker Nachholbedarf an Konsumgütern und Infra- strukturinvestitionen lassen China zu einer immer wichtiger werdenden Partner in der globalen Ökonomie werden. Jedoch sind die deutsch-chinesischen Geschäftsbezie- hungen momentan dadurch belastet, dass „das Vertrauen ausländischer Unter- nehmen in den Respekt geistigen Eigentums in der Volksrepublik China nicht vor- handen“[2] ist. Know-how-Transfer in Form von Technologieabfluss und Produktimita- tionen sind die Folge.

Damit wird Vertrauen notwendig. Der Aufbau und die Aufrechterhaltung von Vertrauen gestaltet sich jedoch schwierig, wenn die kulturellen und gesellschaftlichen Unterschiede groß sind. Vor allem „soft-facts“ wie Religion, Kultur, die fremde Sprache oder auch non-verbale Verhaltensweisen lassen viele internationale Geschäftsbeziehungen problematisch werden. Dadurch steigen die Kosten des Aufbaus und der Stabilisierung von Vertrauen.

Hierin besteht das Dilemma des Vertrauens: Jedes Unternehmen muss abwägen, ob es in einem schnell wachsenden Markt wie China partizipieren und sich damit der Gefahr opportunistischem Verhaltens wie illegalem Know-how-Transfer aussetzen will oder ob es vorhandene Märkte weiter durchdringen will und sein Technologieund Verfahrenswissen für sich behält.

Die fortschreitende Globalisierung ist der größte Trend in der Geschäftswelt in den letzten 20 Jahren. Durch die zunehmende Anzahl an internationalen Kooperationen wächst der Informationsbedarf über die Vertrauenswürdigkeit von Transaktionspart- nern stetig. Es die Aufgabe der vorliegenden Arbeit aufzuzeigen, in wie fern sich aus dem theoretischen Konzept von Vertrauen, konkrete Handlungsanleitungen für deut- sche Manager, speziell im Umgang mit chinesischen Kooperationspartnern, ableiten lassen.

1.2 Zielsetzung und Gang der Arbeit

In Kapitel 2 der vorliegenden Arbeit werden zunächst die relevanten Begrifflichkeiten aus den Bereichen Internationalisierung, Kooperation und Vertrauen definiert und ein kritischer Überblick über den aktuellen Status-quo der Wissenschaft in diesen For- schungsfeldern gegeben. Ziel ist es, auf Basis einer theoretisch konzeptionellen Ebene die Grundlage für normative Ausgestaltungsempfehlungen der Strategieent- scheidungen innerhalb von Internationalisierungsstrategien auf Basis von Vertrauen zu erarbeiten.

Darauf aufbauend soll im dritten Kapitel darüber Klärung verschafft werden, welche Besonderheit bezüglich der Vertrauensbildung zwischen deutschen und chinesi- schen Geschäftspartnern in Joint Ventures bestehen. Zusätzlich soll erarbeitet werden, welche Einflüsse die chinesische Kultur auf die Bildung von Vertrauen in deutsch-chinesischen Joint Ventures hat und welchen Zusammenhang diese mit dem erfolgreichen Abschließen solch internationaler Geschäftsbeziehungen besitzt.

Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse sollen in Kapitel 4 Implikationen für eine erfolgreiche Internationalisierungsstrategie im Fokus auf die chinesische Geschäfts- welt ermittelt werden. Dieser soll sich in einem Leitfaden für eine erfolgreiche Zu- sammenarbeit von deutschen und chinesischen Geschäftspartnern konkretisieren.

Im fünften Kapitel werden die Ergebnisse resümiert und das Vertrauenskonstrukt abschließend kritisch hinterfragt. Darauf aufbauend soll hier noch ein Ausblick auf zu beantwortende Forschungsrätsel gegeben werden.

2 Begriffliche und theoretische Grundlagen

2.1 Internationalisierung

2.1.1 Internationalisierungsbegriff

Nach Meffert, Bolz (1998, S. 15) gehört die „Internationalisierung der Geschäftstätigkeit für die überwiegende Mehrzahl der Großunternehmen in den führenden Industrienationen seit geraumer Zeit zu den Eckpunkten der strategischen und operativen Unternehmensplanung“.

Da der Internationalisierungsbegriff in der Literatur unterschiedlich interpretiert wird, existiert keine einheitliche Definition. Der vorliegenden Arbeit soll die Definition von Glaum (1996, S. 10) zu Grunde gelegt werden. Dieser legt „die grenzüberschreitende Verteilung der Produktion als Abgrenzungsmerkmal“ fest. Daher bestimmt er, dass eine Unternehmung international tätig ist, wenn diese in mehreren Staaten produ- ziert. Zusätzlich unterscheidet er zwischen dem Zustand und dem Prozess der Inter- nationalisierung: Der Zustand beschreibt „das Ausmaß der geographischen Ver- teilung der Leistungserstellung einer Unternehmung zu einem bestimmten Zeitpunkt“ (vgl. Glaum, 1996, S. 11). Mit dem Prozess beschreibt Glaum daher die Änderung dieses Zustandes im Zeitablauf.

Kulturelle Merkmale eines Landes bestimmen in nicht unerheblichem Maße die Ab- satzchancen von Produkten und Dienstleistungen im Rahmen der Internationali- sierung. Nach Hill (2005, S. 91) ist Kultur „ein System von Normen und Werten, die von einer Gruppe von Menschen geteilt werden und diese zusammengenommen ein Plan für das Zusammenleben bilden“. Mit Normen meint Hill die sozialen Regeln und Richtlinien, die angemessenes Verhalten in bestimmten Situationen vorschreiben und mit Werten abstrakte Vorstellungen darüber, was eine Gruppe als gut, richtig und erstrebenswert empfindet. Wenn in der vorliegenden Arbeit von Kultur die Rede ist, dann ist die genannte Auffassung von Hill im nationalen Charakter gemeint. Unternehmenskultur und andere Kulturarten werden nicht betrachtet.

2.1.2 Motive der Internationalisierung

Kebschull (1989, S. 974) definiert Motive der Internationalisierung als „Beweggründe von Unternehmen, die sie veranlassen, über die Staatsgrenzen ihres Sitzlandes hinaus wirtschaftlich tätig zu sein.“ Als wichtigstes Kriterium der Unternehmenstätig- keit im internationalen Umfeld bezeichnet er die Stetigkeit des Prozesses und die Vereinigung des Auslandsmarktes mit dem Gesamtmarktes des Unternehmens. Meffert (1998, S.97 f.) stellt Gewinn- und Absatzsicherung, sowie Expansion als vor- rangige Motive heraus.

Die Untersuchung von Köhler (1991, S. 80) lässt erkennen, dass „die aktive Erschließung neuer Märkte und die passive Reaktion auf die Aktivitäten bisheriger Kunden mit Abstand die wichtigsten Beweggründe der Internationalisierung darstellen“. Allerdings beschränkt sich Köhler mit seiner Befragung auf die Beweggründe einer Internationalisierung für Dienstleistungsunternehmen. Tabelle 1 zeigt die Ergebnisse seiner Studie.

Rang Internationalisierungsmotiv arithm. Mittel*

1 Erschließung neuer Märkte 1,79
2 Internationalisierung bestehender Kunden 1,96
3 Internationalisierung von Wettbewerbern 2,25
4 Verbesserung des Images geg. Kunden 2,63
5 Internationale Spezialisierung 2,76
6 Ausnutzung von Größeneffekten 2,79
7 Zugang zu ausländischem Know-How 3,08
8 Gesellschaftliche/ politische Veränderungen 3,00
9 Internationale Risikostreuung 3,10
10 Auslastung hochqualifiziertem Personals 3,29
11 Gesättigte Heimmärkte 3,40
12 Höhere Gewinne als im Inland 3,37

* 1 = sehr wichtig; 5 = völlig unwichtig

Tabelle 1: Die Bedeutung verschiedener Internationalisierungsmotive für produzentenorientierte Dienstleistungsunternehmen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Köhler (1991), S. 80

Kritisch anzumerken ist hier, dass diese Motive nicht allgemein verbindlich sind, sondern von den Unternehmenscharakteristika und den jeweiligen Zielländern abhängen. Da es sich bei den bereits getätigten Analysen von Internationalisierungsmotiven meistens um empirische Befragungen handelt, muss man davon ausgehen, dass die Liste der Motive nicht vollständig ist, bzw. dass strategisch geantwortet wurde und somit das Ergebnis verzerrt wurde.

2.1.3 Internationalisierungsformen

Dietl und van der Velden (2001, S. 194) unterscheiden die verschiedenen Formen der internationalen Geschäftstätigkeit eines Unternehmens anhand ihres Ressourceneinsatzes im Ausland und der vorhandenen Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten. In Abbildung 1 sind die Koordinationsformen abgetragen.

Abbildung 1: Internationalisierungsformen und Ressourceneinsatz Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Dietl (2001), S. 197

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Begonnen wird die internationale Geschäftstätigkeit meistens mit der Aufnahme von Exporten. Nach Dietl und van der Velden (2001, S. 194) sind Exporte „die rein markt- liche Koordination internationaler Transaktionen zwischen unabhängigen Trans- aktionspartnern.“ Der Einsatz von Ressourcen geschieht hier fast völlig im Inland.

Lizenzierung bedeutet die Erlaubnis zur entgeltlichen Nutzung der gewerblichen Schutzrechte, z. B. Patente oder Marken des Lizenzgebers zur Herstellung und zum Absatz von Produkten. Hier geschieht ein Wissenstransfer zwischen dem Lizenzgeber, der die Einzigartigkeit besitzt und dem Lizenznehmer, der über konkretes Wissen über den Markt verfügt.

Das Franchising ist eine Sonderform der Kooperation zwischen zwei selbstständigen Unternehmern. Der inländische Franchisegeber überträgt gegen Entgelt dem Fran- chisenehmer das Recht sein Unternehmenskonzept inklusive Marke, Namen und Design kommerziell zu nutzen. Ahlert und Woisetschläger (2004, S. 5) stellen fest, dass „der zentralistisch-effiziente Systemhintergrund Steuerungs- und Kontroll- möglichkeiten sichert, während einer dezentrale Managementverantwortung vor Ort flexibles, kundennahes Agieren bei vergleichsweise niedrigem Ressourceneinsatz ermöglicht“.

Als in der vorliegenden Arbeit am genauesten betrachtete Koordinationsform tritt das Joint Venture vor allem bei der Internationalisierungsstrategie deutscher Unter- nehmen nach China in Erscheinung (vgl. Rafeé, Eisele, 1994, S. 17). Holtbrügge (2003, S. 876) versteht unter einem Joint Venture „eine auf Kapitalbeteiligungen und der Teilung von Geschäftsführung und Risiko beruhende, vertraglich festgelegte und dauerhafte zwischenbetriebliche Zusammenarbeit“. Für Picot, Dietl und Franck (2005, S. 181) bietet sich ein Joint Venture vor allem an, „wenn die Kooperations- partner verschiedene Ressourcen einbringen, die den Vertragspartnern jeweils große diskretionäre Verhaltensspielräume eröffnen,“ also wenn die Gefahr besteht, dass der eine Vertragspartner eine geringere Leistung bewältigt, als er vertraglich ver- pflichtet ist. Dieses Risiko und dessen Minimierung soll im weiteren Laufe dieser Arbeit näher diskutiert werden.

Als direkteste Form der internationalen Transaktion bezeichnen Dietl und van der Velden (2001, S. 196) den „Kauf oder die Gründung eines abhängigen Tochterunter- nehmens im Ausland, mit dem Ziel, unmittelbaren Einfluss auf die Geschäftstätigkeit zu erlangen“. Vorteile sind hier, dass das Risiko des Know-how-Verlustes an die Konkurrenz minimiert wird und der Gewinn vollständig im Unternehmen verbleibt, jedoch die Kosten des Markteintrittes ausnahmslos beim Unternehmen verbleiben.

Bei der Internationalisierungsstrategie kann ein Mangel an Informationen über potenzielle Märkte eine Markteintrittsbarriere bedeuten. Diesem Problem kann mit dem Konstrukt der Kooperation aus dem Weg gegangen werden.

2.2 Kooperationen und Netzwerke

2.2.1 Kooperationsbegriff und Ziele

Picot, Reichwald und Wigand (2001, S. 304) verstehen unter einer Kooperation die „mittel- bis langfristig angelegte, vertraglich geregelte Zusammenarbeit rechtlich selbstständiger Unternehmen zur gemeinschaftlichen Erfüllung von Aufgaben“. Eine bessere Realisierung bestimmter Ziele steht hier also im Vordergrund. Backhaus und Meyer (1993, S. 330) beschreiben das Ziel von Kooperationen als Versuch „ über eine Zusammenarbeit von rechtlich und grundsätzlich auch wirtschaftlich selbststän- digen Unternehmen Wettbewerbsvorteile zu erzielen“. Bei einer Kooperation sind mindestens zwei Akteure beteiligt, die freiwillig kooperieren. Backhaus und Meyer (1993, S. 330) unterscheiden zwischen Strategischen Allianzen (horizontale Ko- operationen) mit dem Ziel der gegenseitigen Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Strategischen Netzwerken (vertikale Kooperationen) mit dem Ziel der Reduktion der Wertschöpfungstiefe. Gründe für den Aufbau von Kooperationen sind der Zugang zu Märkten und Ressourcen, des Weiteren Spezialisierungsvorteile, Kostenvorteile und Zeitvorteile.

Zur Analyse der Effizienzbedingungen von Unternehmenskooperationen wird im Folgenden die Transaktionskostentheorie als Ansatz der Neuen Institutionenökonomik herangezogen.

2.2.2 Transaktionskostentheorie als Erklärungsansatz für die Existenz kooperativer Organisationsformen

Der Begriff der Transaktionskosten geht auf den Aufsatz von Coase (1937, S. 390) zurück, der von “costs of using the price mechanism“ spricht. Williamson (1996, S.379) definiert sie als “the ex ante cost of drafting, negotiating and safeguarding an agreement and more especially, the costs of maladaption and adjustment that arise when contract execution is misaligned as a result of gaps, errors, omissions, and un- anticipated disturbances; the costs of running the economic system.“ Damit um- fassen die Transaktionskosten sowohl die Marktbenutzungskosten als auch die Hierarchiekosten.[3]

Der Transaktionskostenansatz der ökonomischen Organisationstheorie dient der Erklärung von Organisationsstrukturen, d. h. sie sind ein Effizienzkriterium zur Koordinationswahl. Transaktionen werden genau dann vorgenommen, wenn alle Beteiligten sich davon Vorteile versprechen. Theurl (2001, S. 47) konstituiert: „Die optimale Organisationsform ist jene, die in der Lage ist, bei Existenz spezifischer Faktoren die Transaktionskosten zu minimieren.“

Spezifität ist die Hauptdeterminante unter den Umweltfaktoren für die Höhe der Transaktionskosten, noch vor Unsicherheit und Häufigkeit. Williamson (1990, S. 54) definiert Spezifität als „Konzept, das den Grad des Werteverlustes von Faktoren an- gibt, wenn sie alternativen Verwendungen zugeführt werden“. Häufigkeit bezeichnet die Anzahl der Wiederholungen einer Transaktion zwischen den gleichen Trans- aktionspartnern. Das Konstrukt der Unsicherheit, in der vorliegenden Arbeit ist damit die Verhaltensunsicherheit gemeint, wird im Zuge des Kapitels 2.3 noch näher er- läutert.[4]

Ziel ist nun anhand der Transaktionskostentheorie zu erklären, wann Teile der öko- nomischen Leistungsbeziehungen eher über den Markt, wann eher über die Hierar- chie optimal koordiniert werden. Die Wahl der ökonomischen Organisationsform erfolgt entsprechend der Ausprägung der drei Transaktionsdimensionen: der Faktor- spezifität, der Unsicherheit und der Häufigkeit der Transaktionen. Je stärker die Aus- prägung dieser Faktoren, desto höher sind die Transaktionskosten bei marktlicher Koordination. Eigenschaften der Koordination über den Markt sind die einmalige Be- ziehung, Verträge mit vollständig spezifiziertem Inhalt und der Preis als Steuerungs- instrument zu nennen. Im Gegensatz dazu ist die Mitgliedschaft in einer hierar- chischen Organisation durch vertikal integrierte Dauerbeziehungen, relationale Ver- tragsinhalte und der Verwendung von Weisungsrechten als Steuerungsinstrument gekennzeichnet. Zwischen den beiden Extremen existiert ein breites Spektrum an Zwischenformen, die beide Koordinationsformen mischen: strategische Allianzen, Franchisingsysteme und die in der vorliegenden Arbeit näher betrachteten Joint Ven- tures. Sydow (2001, S. 256) stellt als Vorteile dieser hybriden Kooperationsformen gegenüber der marktlichen Koordination „die wechselseitige Abhängigkeit, die Möglichkeit der Entwicklung von Vertrauen und die Reduzierung von strategischer Unsicherheit“ und gegenüber der hierarchischen Koordination „die Beibehaltung der Anreizwirkung des Marktes“ heraus.

Kritisch ist bei der Transaktionskostentheorie anzumerken, dass ihre Sichtweise relativ einseitig ist: Der „Markt“ wird hier als Referenzmodell erklärt, während die Hierarchie nur als Lückenbüßer dient.

[...]


1 9,4% Veränderung des Bruttoinlandsproduktes in 2005 Quelle: http://www.bfai.de/ext/anlagen/PubAnlage_1309.pdf, Abrufdatum: 05.04.2006

2 Quelle: Welt am Sonntag, 19.02.2006, http://www.wams.de/data/2006/02/19/848147.html?prx=1, Abrufdatum: 23.03.2006

3 Nach Picot, Reichwald und Wigand (2001, S. 50) enthalten diese die Kosten der Anbahnung (z. B. Recherche, Reisen, Beratung), Vereinbarung (z. B. Verhandlungen, Rechtsabteilung), Abwick- lung (z. B. Prozesssteuerung), Kontrolle (z. B. Qualitäts- und Terminüberwachung) und An- passung (z. B. Zusatzkosten aufgrund nachträglicher qualitativer, preislicher oder terminlicher Änderungen).

4 Bezüglich des Verhaltens wird im Transaktionskostenansatz von beschränkter Rationalität und Opportunismus der Akteure ausgegangen. Die beschränkte Rationalität grenzt die beim „homo oeconomicus“-Modell unterstellte Rationalität ein. Ein Individuum wird daher nicht nur durch Kostenminimierung und Nutzenmaximierung beschrieben, sondern auch durch begrenzte Er- kenntnisfähigkeit. Opportunismus erweitert das „homo oeconomicus“-Modell um die Zuhilfe- nahme von Arglist zur Verfolgung des Eigeninteresses.

Ende der Leseprobe aus 41 Seiten

Details

Titel
Zur Rolle des Vertrauens in internationalen Geschäftsbeziehungen
Hochschule
Universität Münster  (Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insb. Distribution und Handel)
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
41
Katalognummer
V57828
ISBN (eBook)
9783638521567
ISBN (Buch)
9783640360017
Dateigröße
497 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rolle, Vertrauens, Geschäftsbeziehungen
Arbeit zitieren
Florian Elbers (Autor:in), 2006, Zur Rolle des Vertrauens in internationalen Geschäftsbeziehungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57828

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