Alfred Stieglitz und die piktoralistische Fotografie


Dossier / Travail, 2006

17 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

2. Der Piktorialismus und die Straight Photography
2.1. Die Voraussetzungen für Kunstfotografie
2.1.1. Die Kunst des Fotografierens
2.2. Piktorialismus
2.3. Straight Photography

3. Die Fotografie Stieglitz'
3.1. Die Suche nach der Wahrheit
3.2. Die Zeit von 1883 bis 1900
3.2.1. „Winter – Fifth Avenue“ (Abbild.1)
3.2.2. Kontraste: „Gossip, Katwyk“ und „Venetian Boy“
3.2.2. „The Steerage“
3.4. Die Zeit von 1920 bis 1937

4. Resumée

Bibliographie

Primärliteratur
Sekundärliteratur
Internetquellen

Einleitung

Ohne Zweifel ist es zu großen Teilen Alfred Stieglitz zu verdanken, dass die piktoralistische Fotografie und später auch die 'Straight Photography' in den USA als eigenständige Kunstformen anerkannt und gefördert werden.[1] Seine Aufsehen erregenden Fotografien, die die Menschen bewegen und ihn weltweit berühmt machen, sind hierbei ein wichtiger Faktor, doch erschöpft sich seine Arbeit damit noch lange nicht. Ein Leben lang kämpft er voller Begeisterung, Überzeugung und mit viel Erfolg für die Kunst.[2] Als Verleger und Redakteur verschiedener Magazine sowie als Mitbegründer einiger Foto-Clubs und Galerien erreicht er die Öffentlichkeit und kann so die Kunstfotografie in Amerika bekannt machen. Das erste Kapitel dieser Arbeit versucht, deutlich zu machen, wie bedeutsam seine Arbeit als Kunstförderer für die Entwicklung und Verbreitung der Kunst in den USA war und ist. Seine Tätigkeiten als Kunstmäzen in Amerika lassen sich anhand seines Lebenslaufes sehr gut betrachten. Anschließend folgt das zweite Kapitel mit einer allgemeinen Beschreibung der beiden Kunstrichtungen, welche Stieglitz gefördert hat. Der 'Piktorialismus', auch als 'Kunstfotografie' bekannt, und die 'Straight Photography', welche in Deutschland auch die 'reine Fotografie' genannt wird. Um Stieglitz widersprüchliches Werk, das sich an kaum eine Regel der beiden Stilrichtungen hält, verstehen zu können, ist diese Einführung sehr wichtig. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit Stieglitz' Lebenswerk. Um der Vielseitigkeit in seinen Werken und seinem Kunstverständnis gerecht zu werden, ist sein Gesamtwerk in drei Abschnitte gegliedert: In die Zeit von 1883 bis 1900, sowie von 1900 bis 1920 und 1920 bis 1937. Im Laufe dieser Arbeit wird der Frage nachgegangen, weshalb Stieglitz' Werke von den Konventionen des Piktorialismus und der Straight Photography so oft abweichen, obwohl er als einer der wichtigsten Vertreter beider Stilrichtungen diese in den USA doch so intensiv fördert und auf diese Weise maßgeblich vorantreibt. Da diese scheinbare Unstimmigkeit in kaum einer Sekundärliteratur erwähnt oder erklärt wird, ist es ein interessanter Versuch, diese Frage anhand des vorhandenen Materials über den Künstler zu beantworten. Ist Stieglitz Lebenswerk widersprüchlich? Im ersten Unterkapitel des dritten Kapitels wird auf den Aspekt der Wahrheitssuche in Stieglitz Werken näher eingegangen. Diese scheint ihn während seines ganzen Lebens zu beschäftigen und ist aus diesem Grunde auch in jedem seiner Bilder auf eine bestimmte Weise präsent.[3] Da sie ein wichtiger Ansatzpunkt in der zu ergründenden Frage zu sein scheint , wird sie im dritten Kapitel dementsprechend große Beachtung finden.

1. Alfred Stieglitz – ein Wegbereiter der Moderne

Alfred Stieglitz wird am 1. Januar 1864 in Hoboken/ New Jersey geboren. 1881 zieht seine Familie nach Deutschland, wo er sich im Alter von 19 Jahren seine erste Kamera kauft. Im selben Jahr, 1883, beginnt er das Studium der Fotochemie in Berlin. Sein Lehrer, H. W. Vogel, vermittelt ihm nicht nur exzellente Kenntnisse der Fototechnik, er führt ihn auch in die Kunstfotografie ein, welche Stieglitz sofort begeistert. Da er durch sein Studium und sein großes Engagement Technik und Theorie der Fotografie besser beherrscht als viele Berufsfotografen, ist er besonders von der fortschrittlichen Kunstfotografie in Deutschland und anderen Ländern Europas beeindruckt. Die Gegner des Piktorialismus glauben nicht daran, dass das Produkt einer Maschine Kunst sein kann, doch Stieglitz sieht in der Fotografie ein einzigartiges künstlerisches Ausdrucksmittel.[4] Er beschäftigt sich eingehend mit dem Piktorialismus und seinen Themen. Dabei spielt die Beherrschung der Technik eine große Rolle für ihn. Bereits während seines Studiums versucht er, diese zu verbessern, und veröffentlicht die Ergebnisse seiner Experimente in Fotomagazinen. 1887 gewinnt er den ersten Preis des Wettbewerbs „The Amateur Photographer“ in England. Der Preisrichter ist der zu dieser Zeit bekannteste englische Vertreter der Kunstfotografie, P.H.Emerson. In den folgenden Jahren gewinnt Stieglitz mehr als 150 weitere Medaillen und Preise. Auf diese Weise rückt er schnell ins Blickfeld der Öffentlichkeit, wodurch sein Einsatz für die Anerkennung der Fotografie als Kunstform nicht lange erfolglos bleibt.[5] Noch während seiner Zeit in Deutschland steht für ihn fest, dass er in den USA für die Akzeptanz der Fotografie als Kunstform kämpfen will. 1890 kehrt er in die USA zurück und schließt sich 1891 der „Society of Amateur Photographers“ an in der Hoffnung, auf Gleichgesinnte zu treffen. Doch die amerikanische Foto-interessierte Gesellschaft kann mit der Europäischen noch nicht mithalten: „Ein >amerikanisches< Bewußtsein hatte sich in den Künsten, ganz anders als in dem gesellschaftlichen Selbstgefühl der Menschen, noch kaum etablieren können.“[6] 1893 wird er der Herausgeber der Zeitschrift „American Amateur Photographer“, wodurch es ihm schließlich auch in den USA gelingt, mit seinen Ideen und Vorstellungen an die Öffentlichkeit zu gelangen. Ganz im Sinne des „american way of life“ schreckt Stieglitz nicht vor kapitalistisch orientierten Methoden zurück, um der Fotografie den Status der Kunst zu sichern. Dadurch wird er bald zur zentralen Figur des amerikanischen Piktorialismus. Ohne seinen unermüdlichen Einsatz wäre die Fotografie heute nicht das, was sie ist. 1894 tritt er dem „Linked Ring“ in London bei. Diese Vereinigung hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Anerkennung der Fotografie als eine künstlerische Ausdrucksform zu fördern. Nachdem sie dies erreicht hat, löst sie sich 1909 auf. In den Jahren von 1897 und 1902 ist Stieglitz Verleger und Redakteur des Magazins „Camera Notes“. Im Anschluss daran gründet er die Künstlervereinigung „Photo Secession“, welche sich zum Ziel setzt, die Fotografie in ihrer neuen, unkonventionellen Vorgehensweise zu fördern. Die traditionellen Vorstellungen der Foto-Clubs in New York kann er nicht mehr teilen: „Es kam zu Unstimmigkeiten weil ich mich für so junge und damals unbekannte Fotografen einsetzte [...].“[7] Zu diesen „unbekannten Fotografen“ zählt auch Edward Steichen, welcher heute als einer der wichtigsten Vertreter des Piktorialismus gilt.[8] Steichen hat es, wie viele Künstler dieser Zeit, Stieglitz zu verdanken, dass er so schnell bekannt wurde. 1903 bringt Stieglitz erstmals das Magazin „Camera Work“ heraus. Es erscheint vierteljährlich und zeigt Fotografien namhafter europäischer und amerikanischer Fotografen. Mit Hilfe des Magazins ist es ihm möglich, auch die Künstler seiner neuen Vereinigung zu unterstützen und ihre Fotografien zu veröffentlichen. Im Jahre 1905 gründet er zusammen mit einigen Mitgliedern der „Photo Seccesion“ wie Edward Steichen und Gertrude Kasebier die Galerie „291“. Durch sie gelingt es vielen Künstlern, einen dauerhaften Platz und Stellenwert in der Kunst zu erhalten. Stieglitz interessiert sich neben der Fotografie auch für die moderne Malerei. Ab 1908 stellt er als einer der ersten moderne Kunst in Amerika aus. Darunter befinden sich unter anderem Werke von Picasso, Cézanne, Matisse und Rodin.[9] Ende 1910 organisiert die „Photo Secession“ eine Ausstellung in der Albright Gallery in Buffalo. Mit 15 000 Besuchern innerhalb eines Monats kann man diese internationale Ausstellung piktoralistischer Fotografie als den Höhepunkt der „Photo Secession“ bezeichnen, die nun ihrem Ende zugeht. Denn die Ausstellung wird als der Ausgangspunkt einer neuen Fotografie gesehen. Auch der Fotokritiker S. Hartmann äußert in seinem Bericht über die Ausstellung die Vermutung, dass „die Armee der Kunstphotographen [...] in zwei Lager gespalten“ ist. Die Gruppe, die „malerische Motive und eine malerische Ausführung“ befürwortet und jene, „die sich um die Prinzipien spezifisch photographischer Motive und Strukturen schar[...]en“.[10] Für ihn ist letztere, zu der er auch Stieglitz zählt, die Kunstrichtung der Zukunft.[11] Zwischen 1915 und 1916 gibt Stieglitz das Kunstmagazin „291“ heraus, welches die Bilder und Fotografien, die in seiner Galerie „291“ ausgestellt werden, der Öffentlichkeit zugänglich macht. Dadurch beweist er aufs Neue seine kaufmännische Begabung, schließlich lassen sich die Bilder seiner Schützlinge auf diese Weise besser verkaufen. 1917 erscheint die letzte Ausgabe des Magazins „Camera Work“, worin Stieglitz die einleitenden Worte für eine neue Richtung in der Fotografie schreibt. Er bezieht sich dabei auf eine Fotografie von Paul Strand: „Seine Aufnahmen sind brutal direkt, frei von jeglichem Humbug, frei von Kunstgriffen und unbeeinflußt von irgend einem >ismus<. Die Photographien sind Ausdruck des Heute.“[12] Elemente dieser scheinbar neuen Kunstrichtung, der Straight Photography, integriert Stieglitz bereits Ende des 19. Jahrhundert in einige seiner Werke. Es scheint, als wisse Stieglitz Jahre im voraus, in welche Richtung die Fotografie gehen wird. Interpretiert man seinen in „Camera Work“ abgedruckten Text über Strands Fotografie, klingt er wie ein „Seufzer der Erleichterung“ darüber, dass endlich auch die Gesellschaft bereit ist, für eine Neue Kunstrichtung.1925 gründet er im Alter von 61 Jahren die Galerie „The Intimate Gallery“, welche er 1929 wieder schließt und eine weitere mit dem Namen „An American Place“ eröffnet. Erst im Alter von 73 Jahren beendet er seine Arbeit als Fotograf. Mit 82 Jahren stirbt Alfred Stieglitz am 13. Juli 1946.[13]


[...]

[1] Baatz, W., 50 Klassiker – Photographien – von Louis Daguerre bis Nobuyoshi Araki, Gerstenberg Verlag, Hildesheim, 2003, S.92

[2] Norman, D., Alfred Stieglitz, Könemann Verlag, Köln, 1997, S.8f

[3] Newhall, B., Geschichte der Photographie, Schirmer-Mosel Verlag, München, 1984, S.155

[4] Vgl. Zitat v. Stieglizt, A., 1899: „Vor etwa zehn Jahren entwickelte sich das Streben nach einer bildmäßigen Fotografie aus der allgemeinen Verwirrung heraus, die die Fotografie seit ihrer Geburt umgab, und bot sich in konkreter Gestalt all denen an, die die Kunst lieben und nach einem anderen Medium als Pinsel oder Stift suchen, um ihren Ideen Audruck zu verleihen.“ aus: Kemp, W., Bildmässige Fotografie, aus: Theorie der Fotografie I, Schirmer/Mosel Verlag, München, 1980, S.219, sowie: Norman, D., Alfred Stieglitz, a.a.O., S.8

[5] Bry, D., Exhibition of Photographs by Alfred Stieglitz - March 15 to April 27,1958, National Gallery of Art, Washington, D.C., 1958, S.8

[6] Richter, P.-C., Georgia O'Keeffe und Alfred Stieglitz, Prestel Verlag, München (u.a.), 2001, S.13

[7] Norman, D., Alfred Stieglitz, a.a.O., S.12

[8] Baatz, W., 50 Klassiker – Photographien – , a.a.O., S.69

[9] Norman, D., Alfred Stieglitz, a.a.O., S.18

[10] Newhall, B., Geschichte der Photographie, a.a.O., S.170

[11] Ebd. S.170

[12] Gernsheim, H., Geschichte der Photographie – die ersten hundert Jahre, Propyläen Verlag, Frankfurt am Main, Berlin, Wien, 1983, S.733

[13] Newhall, B., Geschichte der Photographie, a.a.O., S.155-164

Fin de l'extrait de 17 pages

Résumé des informations

Titre
Alfred Stieglitz und die piktoralistische Fotografie
Université
University of Constance  (Geisteswissenschaftliche Sektion)
Cours
Der fotografische Apparat: "biegsames Instrument oder mechanischer Tyrann?"
Note
1,0
Auteur
Année
2006
Pages
17
N° de catalogue
V58083
ISBN (ebook)
9783638523738
ISBN (Livre)
9783638792530
Taille d'un fichier
507 KB
Langue
allemand
Mots clés
Alfred, Stieglitz, Fotografie, Apparat, Instrument, Tyrann
Citation du texte
Miriam Ruiz (Auteur), 2006, Alfred Stieglitz und die piktoralistische Fotografie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58083

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