Musik und "mobile entertainment"

Aspekte der Nutzung von Musik in zukünftigen digitalen Medien


Masterarbeit, 2005

129 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Kurzfassung

Abstract

1 Einleitung

2 Neue elektronische Medien und Marktverhalten
2.1 Wandel der elektronischen Medien
2.1.1 Digitalisierung der Medien
2.1.1.1 Digitales Radio und Fernsehen
2.1.1.2 Digitale Medien
2.1.1.3 Digitalisierung im Bereich Telekommunikation
2.1.1.4 Die Zukunft ist digital
2.1.2 Mobilisierung
2.1.2.1 Zukünftige Funknetze
2.1.2.2 Mobile Medien
2.1.2.3 Die Zukunft ist kabellos
2.1.3 Konvergenz
2.1.3.1 Technische Konvergenz
2.1.3.2 Konvergenz der Angebote
2.1.3.3 Nutzungskonvergenz
2.2 Akzeptanz neuer Medien im Markt: Bisherige Erfahrungen
2.2.1 Technologieorientierung und mangelnde Akzeptanz durch die Konsumenten: Das Beispiel BTX
2.2.2 Markterfolg bei geringem Technologiegehalt: Das Beispiel SMS
2.2.3 Konsequenzen für den Markterfolg zukünftiger Kommunikationsmedien
2.3 Perspektiven des Einsatzes von Musik in der Mediengesellschaft der Zukunft

3 Werbung
3.1 Werbewirkung
3.2 Musik in der Werbung
3.3 Musik in zukünftiger Werbung

4 Physiologische Faktoren für die Wirkung von Musik in der Werbung der Zukunft
4.1 Grundlagen der Wirkung von Musik
4.2 Lautstärke
4.3 Ungerichtete Aufmerksamkeit

5 Psychologische Faktoren für die Wirkung von Musik in der Werbung der Zukunft
5.1 Zielgruppenorientierte Musik und Emotionen
5.2 Involvement und Musik
5.3 Spotlänge und Erinnerungsleistung

6 Ergebnisse und Diskussion
6.1 Aussagen zur zukünftigen Gestaltung von Hardware als Grundlage für einen wirksamen Einsatz von Musik in der Werbung in neuen Medien
6.1.1 Voraussetzungen für die Wahrnehmung von Musik
6.1.2 Voraussetzungen für eine positive Beurteilung der Musik
6.2 Aussagen zur zukünftigen Nutzung von Musik in der Werbung in neuen Medien
6.2.1 Wirkung von Musik unter ungerichteter Aufmerksamkeit
6.2.2 Wirkung von Musik in Abhängigkeit vom Involvement
6.2.3 Wirkung von Musik in kurzen Werbespots
6.3 Fazit

Glossar

Literatur

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Umsatz durch Musik-Downloads im Internet und über Mobiltelefone

Abbildung 2: Entwicklung von Medien und Telekommunikation

Abbildung 3: Zeitaufwand für allgemeine Tätigkeiten und Mediennutzung in und außerhalb der Freizeit 1970 bis 2000

Abbildung 4: Entwicklung der Fernsehanschlüsse in Deutschland

Abbildung 5: Prognose iDTV Deutschland

Abbildung 6: Umsatzentwicklung PC-Spiele in Deutschland (in Mio. Euro)

Abbildung 7: E-Mail Traffic, 2003-2007

Abbildung 8: Telekommunikations-Märkte Deutschland 2000-2005

Abbildung 9: Entwicklung des Consumer-Electronic-Markts 2000-2004

Abbildung 10: WiMax im Vergleich zu anderen Funktechnologien

Abbildung 11: Technische Konvergenz und daraus resultierende Dienste

Abbildung 12: Mediennutzung im Tagesverlauf

Abbildung 13: BTX / Datex-J Teilnehmer 1985 – 1996

Abbildung 14: SMS-Entwicklung in den deutschen Mobilfunknetzen (1998 - 2004)

Abbildung 15: Die meistgenutzten mobilen Mehrwertdienste in Deutschland

Abbildung 16: Gründe für die Nutzung mobiler Mehrwertdienste

Abbildung 17: Erlösformen für zukünftige mobile Medien

Abbildung 18: Entwicklung von TV-Spots und Sehdauer

Abbildung 19: Netto-Werbeeinnahmen 2003 in Mio. €

Abbildung 20: Wahrnehmungswege zur Beeinflussung von Einstellungen

Abbildung 21: Einteilung von Musik in verschiedene Bereiche

Abbildung 22: Studien zur Wirkung von Hintergrundmusik

Abbildung 23: Lautstärke verschiedener Geräusche und deren Wirkung

Abbildung 24: Marktentwicklung Klingeltöne

Abbildung 25: Marktentwicklung: Download von Musik

Abbildung 26: Nutzungssituation Rundfunk

Abbildung 27: Dauer und Art der Beschäftigung mit einem Werbemittel

Abbildung 28: Marktprognose Neue Medien / 2001 = 100%

Abbildung 29: Anzahl verkaufter CD-Alben im Vergleich zu mit Musik bespielten Rohlingen

Abbildung 30: Musik als Gestaltungsmerkmal im Hörfunk - Häufigkeit in %

Abbildung 31: Multimedia-Communicator mit Stereo-Lautsprechern

Abbildung 32: Mobile Multimedia Device mit Kopfhörern

Abbildung 33: Potenzielle Nutzungssituationen von DVB-H

Abbildung 34: Prototyp eines DVB-H Handys

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: UMTS-Lizenzen in Deutschland

Tabelle 2: Typische Leistungsdaten von MPEG Layer 3

Tabelle 3: Zusammenhang von Involvement und Musik

Tabelle 4: Ergebnisse verschiedener Studien zum Einfluss der Spotlänge auf die Werbewirkung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Kurzfassung

Medien haben in der Informationsgesellschaft der Zukunft zunehmend wichtige gesellschaftliche Funktionen. Sie dienen in der Lebens- und Arbeitswelt zur Unterhaltung, zur Kommunikation und zur Verbreitung von Informationen. Die fortschreitende Entwicklung der Digitaltechnik hat dabei nicht nur neue Medien wie das Internet hervorgebracht, sondern verändert in einem fortschreitenden Konvergenzprozess auch die klassischen Medien wie Fernsehen und Hörfunk. Mit wachsenden Bandbreiten und immer kleiner werdenden Hardwarekomponenten werden die Medien zu­nehmend mobil. Darüber hinaus erlaubt die digitale Speicherung von Text, Bild und Ton den Rezipienten einen selektiveren Zugriff auf die Medien.

Die Konvergenz der Medien und die Entstehung neuer mobiler digitaler Medien bedingen auch veränderte Nutzungsgewohnheiten und –situationen. Insbesondere ist künftig mit einer verstärkten Individualisierung der Mediennutzung zu rechnen. Diese veränderten Rahmenbedingungen haben einen tief greifenden Einfluss auf die Akzeptanz der Medien und müssen daher insbesondere bei der Gestaltung neuer Kommunikationsdienste, Dienstleistungen und Hardwarekomponenten berücksichtigt werden.

Im Hinblick auf die Veränderungen der Medien stellt sich die Frage nach neuen Erlösmodellen. Aktuelle Prognosen deuten darauf hin, dass vor allem der Musikmarkt von diesen Entwicklungen profitieren wird. Musik erfüllt im Alltag aber Aufgaben, die weit über den Aspekt der reinen Unterhaltung hinausgehen. Im weitesten Sinne lassen sich diese Aufgaben als Beeinflussung von Emotionen und Stimmungen beschreiben. Die Werbung in den Medien nutzt Musik daher als wirkungsvolles Gestaltungselement. In der vorliegenden Arbeit wird, basierend auf bisherigen Ergebnissen zur Werbe­wirkungsforschung und insbesondere zum Einsatz von Musik in der Werbung, das Wirkungspotenzial von Musik in der Werbung in zukünftigen mobilen, digitalen Medien untersucht.

Abstract

In the future Information Society media take on increasingly important social functions. In private as well as in work life they are used for entertainment, communication and to distribute information. The proceeding development of the digital technology did not only create new media such as the internet but also transforms the classic media like television and radio in an ongoing process of convergence. As a result of increasing bandwidths and constantly decreasing hardware components media become mobile. Furthermore the digital storage of text, sound and pictures allow for a more selective access to the media.

The convergence of the media and the emergence of new digital mobile media also call for modified media consumption habits and situations. Particularly it can be assumed that these developments will lead to an increased individualisation of the media consumption. This modified framework has a drastic influence on the acceptance of the media and is therefore to be accounted for when designing new communications services, media services and hardware components.

The changes of the media pose the question about new proceeds models. Current prospects show evidence that especially the music market will benefit from these developments. In everyday life music fulfils tasks that transcend the aspect of mere entertainment by far. In the broadest sense these tasks can be described as the manipulation of emotions and moods. Music is therefore used as an effective element of design in advertising. The essay at hand will examine the potential impact of music in advertising in future mobile digital media based on previous findings of advertising research and in particular of the use of music in advertising.

1 Einleitung

Die Medien haben in der heutigen Gesellschaft eine dominierende Rolle einge­nommen. Begriffe wie „Informationsgesellschaft“ oder auch „Wissens­gesellschaft“ kennzeichnen den Verlauf der aktuellen Diskussion.

„Die Informationsgesellschaft ist in Deutschland längst Wirklichkeit ge-
worden. Seit dem Jahr 2001 gibt es in Deutschland mehr mobile als feste Telefonanschlüsse. Die Mobilfunkdichte hat in Deutschland mit knapp 80% ein hohes Niveau erreicht und soll weiter steigen. Innovative An-
wendungen (z.B. MMS[1] ) und der Umstieg auf UMTS[2] bieten Potenziale für weiteres Wachstum der Mobilfunkdienste. Die Nachfrage nach fixen und mobilen Breitbandanwendungen zieht weiter an und lässt einen Boom für die kommenden Jahre erwarten.“ (Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, 2003, S.12)

Kübler spricht in diesem Zusammenhang von einer „dritten Kommunikations­revolution“ (vgl. Kübler, 2003). Dabei wird allerdings der Einfluss der Medien und der damit eng verbundenen Telekommunikation auf die Gesellschaft nicht durchgängig positiv eingeschätzt. So führt bereits McLuhan aus:

„Die Ausdehnung der technologischen Einflüsse ist eine Bewegung in Richtung des exzessiven Übermaßes. Als Teil seiner spirituellen Gesundung sollte der Mensch zu seiner ersten Aufgabe das Erkennen von Strukturen machen.“ (McLuhan, 1997, S.235).

Ebenso spricht z.B. Weizenbaum im Zusammenhang mit dem Internet[3] von einem „riesigen Misthaufen“, in dem die wahren Perlen nur durch das Stellen intelligenter Fragen zu finden seien (vgl. Kuri, 2000).

Diesen durchaus kritischen Einschätzungen steht jedoch die Marktentwicklung insbesondere im Bereich der „neuen Medien“[4] gegenüber. So wird erwartet, dass z.B. das Medienbudget deutscher Haushalte bis zum Jahr 2006 mit jährlich 3,4% überproportional wachsen wird. Damit rangieren in Deutschland die Ausgaben für Medien an dritter Stelle nach Telekommunikation und Urlaub (vgl. Mercer Management Consulting, 2002).

Insbesondere bei den neuen Medien hat die Musik einen großen Anteil an der rasanten Marktentwicklung. Mit der Entwicklung neuer Datenreduktions­systeme, besonders MP3[5], wurde über die neuen Medien ein umsatzstarker neuer Markt erschlossen (siehe folgende Abbildung).

Abbildung 1: Umsatz durch Musik-Downloads im Internet und über Mobil­telefone

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung nach EITO – European Information Technology Observatory, EEIG – European Economic Interest Grouping (Hrsg.) (2005). European Information Technology Observatory 2005. Eggebrecht-Presse KG: Mainz

Diese Entwicklung des Musik-Download-Marktes kann als aussagekräftiger Indikator für die Bedeutung von Musik in neuen Medien herangezogen werden, obwohl im Rahmen dieser Arbeit Musik-Downloads explizit nicht im Zentrum des Interesses stehen.

Der Zusammenhang zwischen den neuen Medien und der Musik ergibt sich insgesamt aber auch aus der allgemeinen kulturellen Bedeutung von Musik. Schon seit Urzeiten gehört Musik zu einer der elementarsten Ausdrucksformen der Menschen.

„Zusammen zu singen und zu tanzen, selbst nur gemeinsam Musik zu hören schweißt Menschen zu Stämmen, zu Dörfern und zu Nationen zusammen. Zur Musik ziehen Menschen in den Krieg und begraben ihre Toten. Menschen singen, wenn sie sich Mut machen wollen und wenn sie trauern. Musik erklingt bei Triumphzügen, Hochzeiten und in Fußball-
stadien. Bis zum heutigen Tag definieren sich viele Gruppen durch ihre Musik.“ (Bethge, 2003, S. 140)

In der heutigen Gesellschaft erfüllt Musik tagtäglich die verschiedensten Aufgaben, oftmals ohne dass es den Rezipienten überhaupt bewusst wird. Musik wird eingesetzt zur Beruhigung von Personen in Fahrstühlen oder Park­häusern, als Beitrag zu einer für den Kauf förderlichen Stimmung in Super­märkten oder zur emotionalen Szenenuntermalung in Spielfilmen. Selbst die persönliche Auswahl von Musik im privaten Bereich dient nicht allein der Unter­haltung, sondern wird vielfach, meist unbewusst, zur Regulierung der eigenen Stimmung genutzt (vgl. Schramm in Forschungsnetz Mensch und Musik, 2004).

Musik ist heute „allgegenwärtig und Teil des Alltagslebens“, „jeder kann sich jederzeit mittels überall verfügbarer Geräte […] mit Musik versorgen“ (Behne, 2001, S.142). Im Zusammenhang mit den neuen Medien werden der Musik auch neue Aufgaben zugewiesen. So weist Bruhn auf eine „Individualisierung der Rezeptionsmedien“ hin, durch die sich theoretisch jeder eine eigene Rezeptions­situation schaffen kann (vgl. Bruhn, 2002).

Der Zusammenhang von Musik und neuen Medien wird damit geprägt von zwei Faktoren. Zum einen ist Musik heute durch die Omnipräsenz der Medien ständig und überall verfügbar, andererseits gewährt auch gerade diese Angebots­vielfalt eine zunehmende potentielle Individualisierung der Medien­nutzung. Diese Dualität von Angebotsvielfalt und potentieller individueller Nutzung ist besonders für einen zielgerichteten Einsatz von Musik bedeutsam. Musik wird vielfach als ein Element genutzt, um bestimmte Stimmungen zu erzeugen oder positive Stimmungen aufrecht zu erhalten sowie negative Stim­mungen zu unterdrücken oder zu kompensieren (vgl. Schramm in Forschungs­netz Mensch und Musik, 2004). Ebenso weist auch Motte-Haber darauf hin, dass Musik „überwiegend nicht um ihrer selbst willen gehört [wird], sondern wegen ihrer affektauslösenden und erregenden Wirkung“ (Motte-Haber, 1985, S.171).

Diese Zusammenhänge von Emotionen, Stimmungen und Musik wurden bereits frühzeitig von der Werbung in Medien genutzt. Mit den zusätzlichen Qualitäten der neuen Medien in Richtung auf eine ständige Verfügbarkeit und zunehmende Individualisierbarkeit des Angebotes ergeben sich jedoch wesentlich weiterreichende Möglichkeiten des werblichen Einsatzes von Musik. Dabei hat jedoch die jüngere Geschichte der Entwicklung neuer Medien gezeigt, dass eine an der technologischen Machbarkeit orientierte Entwicklung nicht zwangsläufig auch zu einem wirtschaftlichen Erfolg in der Nutzung des technologischen Angebotes führt.

Hieraus ergeben sich wichtige Fragestellungen, die im Zentrum dieser Arbeit stehen. Insbesondere sind die zusätzlichen Qualitäten der neuen Medien zu beschreiben, um daraus mögliche Bedingungen für den Einsatz von Musik in der Werbung zu definieren. Es stellt sich also die Frage unter welchen Nutzungs­bedingungen Musik in der Werbung in neuen Medien eingesetzt wird. Aus der Analyse dieser Situationen können sich Hinweise für die Gestaltungs­möglichkeiten von Musik ergeben.

Gleichzeitig können im begrenzten Rahmen mit diesem Ansatz auch Hinweise für die Gestaltung von Hardwarekomponenten gewonnen werden. Die Erfassung und Beschreibung der Nutzungssituationen und der involvierten Wahrnehmungsprozesse sind geeignet, zumindest die Eigenschaften zu beschreiben, die zukünftige Endgeräte besitzen müssen, um eine angestrebte Wirkung bei den Rezipienten zu erreichen.

Mit diesen komplexen Fragestellungen sind verschiedene Teildisziplinen der Medienwissenschaft angesprochen. Neben einer Beschreibung der gegen­wärtigen Medienlandschaft und der Auswertung von Prognosen zur zukünftigen Marktentwicklung ist für die Bearbeitung dieser Fragestellungen auch ein umfassender musiktheoretischer Hintergrund erforderlich.

Im Kern sind mit den entwickelten Fragestellungen aber auch kommunikations- und wahrnehmungspsychologische Prozesse angesprochen. Die Beschäftigung mit den angesprochenen Fragekomplexen hat gezeigt, dass hier zumindest vertiefte Grundlagenkenntnisse erforderlich sind, um vor­liegende Forschungsergebnisse in ihrer Bedeutung erfassen und interpretieren zu können. Diese Grundlagenkenntnisse sind jedoch im bisherigen Verlauf der universitären Ausbildung im Studiengang Digitale Medien nur sehr begrenzt vermittelt worden. Insofern stellt die Erarbeitung der erforderlichen Grund­kenntnisse und deren Anwendung im Rahmen der entwickelten Fragestellung eine wesentliche eigenständige Leistung der vorliegenden Arbeit dar. Für die weitere Entwicklung des Studienganges Digitale Medien ist aus der Erfahrung dieser Arbeit anzuregen, einen kommunikations- und wahrnehmungs­psychologischen Schwerpunkt stärker in den Lehrplan zu integrieren. Auch und gerade im Bezug auf die neuen Medien sind grundlegende psychologische Prozesse der Reizverarbeitung sowie der Zusammenhänge von Einstellungen und Verhalten von zentraler Bedeutung. Die Medienwissenschaft kann hier in einem interdisziplinären Ansatz eine Vermittlerrolle übernehmen zwischen Technikgestaltung und kommerziellen Nutzungskonzepten.

2 Neue elektronische Medien und Marktverhalten

2.1 Wandel der elektronischen Medien

Im Laufe des letzten Jahrhunderts brachte die Vielzahl an technischen Ent­wicklungen immer mehr neue Kommunikationsformen hervor. Das Telefon erlaubte erstmals eine direkte Kommunikation zwischen zwei Personen über eine Distanz; Radio und Fernsehen ermöglichten die massive Massen­kommunikation. Vor allem die Innovationen im Bereich der Digitaltechnik brachten für die Entwicklung neuer Geräte und Dienstleistungen neue Impulse. Endgeräte wie Mobiltelefone wurden immer kleiner und leichter, die Übertragungs­qualität von terrestrischem Fernsehen und Radio konnte deutlich verbessert werden. Ferner können die Geräte heute kostengünstig produziert werden, sodass sie zu erschwinglichen Preisen erworben werden können. Auf der Zeitachse (siehe folgende Abbildung) ist eine dramatische Beschleunigung der Entwicklungszyklen von Medien zu erkennen. Während nach der Erfindung des Buchdrucks mehrere Jahrhunderte bis zur Entwicklung der ersten elektronischen Medien vergingen, brauchte das Fernsehen nur rund 50 Jahre für eine flächendeckende Verbreitung. Digitale Medien haben die analoge Übertragung innerhalb von nur 10 Jahren weitgehend verdrängt.

Abbildung 2:
Entwicklung von Medien und Telekommunikation

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung

Parallel zu diesen Entwicklungen hat sich auch der durchschnittliche Anteil an täglicher Freizeit und auch die Zeit, die während der Freizeit mit Medien­nutzung verbracht wird, erhöht (siehe folgende Abbildung). Die verschiedenen Medien verdrängen sich aber nicht etwa gegenseitig, sondern können aufgrund der unterschiedlichen Nutzungsmotive nebeneinander existieren.

Abbildung 3: Zeitaufwand für allgemeine Tätigkeiten und Mediennutzung in und außerhalb der Freizeit 1970 bis 2000

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eimeren, Birgit van, Ridder, Christa-Maria (2001). Trends in der Nutzung und Bewertung der Medien 1970 bis 2000. in Media Perspektiven 11/2001

WWW: http://www.ard-werbung.de/showfile.phtml/2001_s_538-553.pdf?foid=9600 (28.11.04)

Wie zukünftige Medien genutzt werden, hängt zum einen von den technischen Entwicklungen und zum anderen von den Nutzungsmotiven der Konsumenten ab. Schon heute zeichnen sich einige Trends ab, die im Folgenden genauer be­trachtet werden sollen.

2.1.1 Digitalisierung der Medien

Spätestens seit der Erfindung des Buchdrucks begleiten Medien den Alltag der Menschen, doch erst Anfang des 20. Jahrhunderts begannen neu entwickelte Medien wie Film, Hörfunk und Fernsehen die Gesellschaft massiv zu beein­flussen. Ihre zunehmende Verbreitung im Laufe des letzen Jahrhunderts machte sie zu Massenmedien, die heute als Informationsquellen und Mittel zur Unterhaltung nicht mehr wegzudenken sind. Ebenso selbstverständlich und unverzichtbar ist heute das Telefon als primäres Telekommunikationsmittel.

Die Computertechnik ermöglicht es heute, Inhalte traditioneller Medien digital zu speichern, dazu werden Text, Bilder, Musik, Sprache etc. digital kodiert, d.h. Daten werden basierend auf dem Binärsystem (0 und 1) verschlüsselt.[6] Ferner lassen sich digitale Daten – unabhängig vom Inhalt – sowohl auf verschiedenen Datenträgern als auch durch verschiedene Telekommunikationskanäle trans­portieren. Diese Methode der Datenspeicherung und -verbreitung revolutioniert sowohl die Medien als auch die Telekommunikation: Neue digitale Medien, Kommunikationsformen und Übertragungswege entstehen und traditionelle Medien und Kommunikationswege werden um zahlreiche Zusatzfunktionen erweitert.

2.1.1.1 Digitales Radio und Fernsehen

In den 1920er Jahren setzte sich erstmals das Radio als Massenmedium in Deutschland durch. Mitte der 60er Jahre begann der Siegeszug des Fernsehens als dominierendes Massenmedium. Jahrzehntelang konnte seit Beginn der öffentlichen Fernsehausstrahlung eine stetige Zunahme der TV-Anschlüsse in Deutschland verzeichnet werden (siehe folgende Abbildung) und heute haben in Deutschland 95% aller Haushalte einen Fernseher (vgl. Statistisches Bundes­amt, 2004).

Abbildung 4:
Entwicklung der Fernsehanschlüsse in Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Schwarzenbilder, Karl, Trevison, Carlos (2001). Mediendienste - Die Zukunft des Fernsehens. Technische Universität München

WWW: http://www.segma.de/vorlesung00/fernsehen.pdf (25.11.04)

Derzeit stehen Fernsehen und Radio vor einem Umbruch; die alten, analogen Übertragungsverfahren werden gegenwärtig in Deutschland durch digitale Technik ersetzt. Digitales Radio, DAB (Digital Audio Broadcasting), soll bis Ende 2004 nahezu flächendeckend in ganz Deutschland verfügbar sein (vgl. IMDR GmbH, 2004). Das terrestrische digitale Fernsehen, DVB-T (Digital Video Broadcasting – Terrestrial), wird bis 2005 in fast allen Ballungsräumen Deutschlands gesendet werden und dort die herkömmliche terrestrische Fern­sehübertragung ablösen (vgl. Deutsche TV-Plattform e.V., 2002). Beide Ver­fahren bieten gegenüber der analogen Technik mehrere Vorteile:

- Wesentlich bessere Übertragungs- und Wiedergabequalität (kein Schnee und Rauschen)
- Mehrere Programme pro Übertragungskanal
- Übertragung zusätzlicher Daten und Dienste (z.B. elektronische Programm­zeitschrift)

Zur Realisierung dieser Techniken tragen vor allem verbesserte Datenkompressions­verfahren[7] sowie die Steigerung der Bandbreite bei.

Auch über Kabel ist der Empfang von digitalem Fernsehen, DVB-C (Digital Video Broadcasting – Cable), möglich, doch obwohl 55% aller deutschen Haus­halte über einen TV-Kabelanschluss verfügen, wird DVB-C bisher kaum ge­nutzt. Vor allem interaktives digitales Fernsehen (iDTV) ist in Deutschland bisher kaum verbreitet (s. folgende Abbildung). Da ein Großteil des deutschen Kabel­netzes nicht rückkanalfähig ist, sind massive Investitionen nötig, um iDTV in Deutschland zu ermöglichen. In anderen europäischen Ländern, wie z.B. Groß­britannien (55% der Haushalte), Spanien (26% der Haushalte) und Frankreich (24% der Haushalte), steht iDTV schon heute zur Verfügung. Es bietet nicht nur die Möglichkeit, über das Programm selbst zu bestimmen, sondern gibt den Zuschauern z.B. bei Home-Shopping-Sendungen die Möglichkeit, per Fern­bedienung einzukaufen. In Deutschland wird die Verbreitung von iDTV laut einer Prognose der BITKOM aber auch in Zukunft nur schleppend vorangehen. Für das Jahr 2007 wird eine Verbreitung von nur 16% erwartet (vgl. BITKOM, 2004b).

Abbildung 5: Prognose iDTV Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: BITKOM, Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien e.V. (Hrsg.) (2004a). Abschied von der analogen Welt.

WWW: http://www.bitkom.org/de/markt_statistik/2883_24028.aspx (27.11.04)

2.1.1.2 Digitale Medien

Für die Digitalisierung sind vor allem Hard- und Softwareentwicklungen aus dem Computer-Sektor eine treibende Kraft. Zwar bot der Computer zunächst aufgrund der geringen Rechenleistung nur textbasierte Anwendungen, später konnten aber mit dem Einsatz leistungsfähiger Hardware und multimedia­fähiger[8] Betriebsysteme verschiedene Medien wie Text, Ton und Bild auf einer Plattform vereint werden. Seit Beginn der 90er Jahre wurde der PC (Personal Computer) vor allem durch die Entwicklung multimedialer Spiele zunehmend auch zur Unterhaltung genutzt. Dadurch entstand eine neue Qualität der Nutzung von Computern, deren Entwicklung bis heute fortschreitet. Weltweit wird heute mit Computer- und Videospielen mehr Geld umgesetzt als mit Kino­filmen (vgl. VUD, 2003).

Abbildung 6: Umsatzentwicklung PC-Spiele in Deutschland (in Mio. Euro)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung nach

VUD - Verband der Unterhaltungssoftware in Deutschland e.V. (2003). Marktforschungsergebnisse 2003.

WWW:http://helliwood.mind.de/vud_home/SID/2a4e2233a3c48392a7b5251fc7740410/pdf/117.pdf (26.11.04)

VUD - Verband der Unterhaltungssoftware in Deutschland e.V. (2002).

Medientage München - Pay to Play: Spielend gewinnen. Perspektiven des Gaming Perspektiven des Gaming-Marktes

WWW: http://www.medientage-muenchen.de/archiv/pdf_2002/8_5_Achilles.pdf (26.11.04)

DIW Berlin (2001). Entwicklung der Medien- und IT-Wirtschaft.

WWW: http://www2.uni-jena.de/oeko/images/Medien-%20und%20IT-Wirtschaft%20in%20D.pdf (26.11.04)

Ebenfalls Anfang der 90er Jahre wurde das Internet, ein Medium, das erst durch den Computer entstehen konnte, für die Öffentlichkeit freigegeben. Somit war es möglich, mit dem Computer weltweit auf Informationen zu­zugreifen oder auch per E-Mail[9] oder Chat[10] mit anderen zu kommunizieren. Es entstanden neue Kommunikationsformen, die teilweise traditionelle Kommunikations­wege substituierten. Große Teile des Schriftverkehrs können heute beispielsweise von Post und Fax auf E-Mail verlagert werden. Die Radicati Group prognostiziert bis 2007 eine Verdreifachung des E-Mail-Auf­kommens (siehe folgende Abbildung).

Abbildung 7: E-Mail Traffic, 2003-2007

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: The Radicati Group, Inc. (Hrsg.) (2003). Radicati Market Numbers Summary Update, Q4 2003.

WWW: http://www.radicati.com/cgi-local/brochure.pl?pub_id=367&subscr=&back_link=/single_report/ (30.12.04)

Computer und WWW[11] sind inzwischen etabliert. Jeder zweite Haushalt in Deutschland besitzt bereits einen Computer und jeder zweite Deutsche nutzt das Internet (vgl. BITKOM, 2004b). 2003 verwendete dabei jeder zehnte Internet­nutzer einen DSL-Anschluss[12] für den Internetzugang. Bis zum Jahr 2006 wird eine Verdopplung der Anzahl der DSL-Anschlüsse erwartet, da das Internet mehr und mehr attraktive Unterhaltungsangebote bereithält, die auf­grund der größeren Datenmenge erst mit einem breitbandigen Zugang bequem und schnell genutzt werden können (vgl. BITKOM, 2004b).

Inzwischen hat das Internet nach nur 10 Jahren mit einer durchschnittlichen täglichen Nutzungsdauer von 58 Minuten die Printmedien überholt und sich als drittbeliebtestes Medium nach Radio (151 Minuten) und Fernsehen (178 Minuten) in Deutschland etabliert (vgl. FAZ, 2004).

2.1.1.3 Digitalisierung im Bereich Telekommunikation

Zunächst beschränkte sich die Telekommunikation auf die Übertragung von Nachrichten von Mensch zu Mensch, beispielsweise per Telegraph oder Telefon. Doch auch der Telekommunikations-Sektor vollzog durch die Ein­führung der Digitaltechnik einen großen Wandel. Am 20. Oktober 1969 gelang erstmals der kabelgebundene Austausch von Daten zwischen zwei örtlich ge­trennten Computern. Heute umfasst die Telekommunikation die Vermittlung von Daten und Signalen von Mensch zu Mensch, Mensch zu Maschine und Maschine zu Maschine. Die Übertragung kann dabei entweder kabelgebunden oder per Funk geschehen und sowohl zeitgleich als auch zeitversetzt sein.

1992 kam in Deutschland erstmals die digitale Festnetztelefonie in Form von ISDN[13] zum Einsatz (vgl. IQ-Studio Media Verlag GbR, o.J.). Heute hat ISDN sich in Deutschland als Standard in der festnetzgebundenen Telekommunikation durchgesetzt (vgl. BITKOM, 2004b). Im gleichen Jahr nahmen mit D1 und D2privat in Deutschland die ersten digitalen GSM[14] -Mobilfunknetze den Betrieb auf (vgl. IQ-Studio Media Verlag GbR, o.J.). 2003 telefonierten bereits 78% der Deutschen mobil und bis 2006 prognostiziert die BITKOM ein weiteres Wachstum auf 88% (vgl. BITKOM, 2004b).

Die Digitalisierung im Telekommunikationsbereich bescherte den Unter­nehmen Expansionsmöglichkeiten in neue Bereiche wie z.B. Mobilfunk oder Internet-Service-Providing, die nun schon seit Jahren für steigende Umsatz­zahlen sorgen. Diese neuen Marktchancen haben mit dem „Neuen Markt“ zur Herausbildung eines neuen Wirtschaftssektors geführt. Dieser „Neue Markt“ ist nach übertriebenen Umsatzerwartungen basierend auf der Einführung von UMTS (siehe folgende Tabelle) zwar ab dem Jahr 2000 sehr stark eingebrochen (siehe folgende Abbildung), weist aber inzwischen auf einer soliden wirtschaftlichen Basis wieder erhebliche Wachstumsraten auf (vgl. EITO, 2004).

Tabelle 1: UMTS-Lizenzen in Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (2001). Tätigkeitsbericht 2000 / 2001. Bonn, Dezember 2001, S. 51

Abbildung 8: Telekommunikations-Märkte Deutschland 2000-2005

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: BITKOM, Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien e.V. (Hrsg.) (2004c). Herbst-Pressekonferenz

WWW: http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM_Praesentation_Herbst-PK_5.10.2004-final.pdf (29.11.04)

2.1.1.4 Die Zukunft ist digital

Sowohl im Bereich der Medien als auch im Telekommunikationssektor lässt sich ein deutlicher Trend zur Digitalisierung erkennen. Kaum ein traditionelles Medium bleibt von diesen Veränderungen unberührt, angefangen bei der Musik, die schon seit über 20 Jahren im digitalen Format auf CD (Compact Disc) vertrieben wird, über Videofilme, die man heute auf DVD (Digital Versatile Disc) kaufen kann, bis hin zu Büchern, die in Form von eBooks[15] übers Internet erworben werden können. Aktuell plant Google, eine der führenden Internet-Suchmaschinen, komplette Bibliotheksbestände im Internet digital bereit zu stellen. Zwar gibt es viele verschiedene Dateiformate[16] für die unter­schiedlichen Medien, doch ihnen allen ist gemein, dass sie im digitalen Format vorliegen.

Seit Anfang des 21. Jahrhunderts boomt der Markt für digitale Endgeräte. 2003 überstieg der Umsatz mit digitalen Geräten mit insgesamt 5,3 Milliarden Euro erstmals den mit analogen Endgeräten erzielten Umsatz von 4,2 Milliarden Euro (siehe folgende Abbildung).

Abbildung 9: Entwicklung des Consumer-Electronic-Markts 2000-2004

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: BITKOM, Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien e.V. (Hrsg.) (2004c). Herbst-Pressekonferenz

WWW: http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM_Praesentation_Herbst-PK_5.10.2004-final.pdf (29.11.04)

Diese Entwicklungen lassen darauf schließen, dass in den Bereichen Medien, Telekommunikation und Informationstechnologie sowohl bei der Speicherung und Übertragung als auch bei den Endgeräten die analoge Technik langfristig von der digitalen ersetzt werden wird.

2.1.2 Mobilisierung

Die Verbreitung breitbandiger Internetzugänge wie DSL sowie die Entwicklung verschiedener hochqualitativer Datenkompressionsverfahren haben ent­scheidend zur Übertragung und Nutzung klassischer Dienste und Inhalte auf den Computer beigetragen. Im Gegenzug hatte die Digitalisierung aber auch zur Folge, dass diverse Dienste, die ursprünglich auf die Benutzung per Computer beschränkt waren, auf andere Geräte übertragen werden konnten. Erwähnt sein hier das Surfen im Internet per Fernseher oder der Zugriff auf E-Mail und Internet via Handy.

Ein wesentlicher Effekt, den die Digitalisierung der Medien und des Tele­kommunikations-Sektors mit sich bringt, ist die zunehmende Unabhängigkeit der Medieninhalte und Dienste von bestimmten Endgeräten. Per Internet kann man inzwischen auf viele Inhalte traditioneller Medien zugreifen oder auch Telekommunikationsdienste nutzen, ohne dabei auf Endgeräte wie Telefon, Radio oder Fernseher angewiesen zu sein:

- Die Internet Telefon Firma Skype biete eine Software, mit der man weltweit entweder von Computer zu Computer oder von Computer zu Festnetz oder Mobilnetz telefonieren kann (vgl. Skype Technologies, 2004).
- Rundfunksender bieten via Internet das aktuelle Programm als Live-Stream[17] an (vgl. z.B. Radio Bremen, 2004).
- Mit Hilfe der Software onlineTV lassen sich im Internet verfügbare TV Programme aus aller Welt am Computer verfolgen (vgl. Schmidts, 2004).

2.1.2.1 Zukünftige Funknetze

Mit der Entwicklung neuer Mobilfunkstandards wie UMTS und neuer Wire­less-Standards wie WLAN[18] und dessen Nachfolger WiMax[19] wird es möglich, im Bereich der kabellosen Telekommunikation viele neue Anwendungsgebiete zu erschließen. WLAN und WiMax ermöglichen den kabellosen, breitbandigen und mobilen[20] Zugang zum Internet. UMTS, der Nachfolger von GSM und GPRS[21], soll die Mobilfunknetze vor allem durch die größere Bandbreite im Ver­gleich zu GSM und GPRS um verschiedene Datendienste erweitern. Fraglich ist derzeit allerdings, welche dieser Entwicklungen sich langfristig durchsetzen wird. WiMax bietet gegenüber UMTS und WLAN eine größere Bandbreite und auch zumeist eine größere Reichweite (s. folgende Abbildung) und obwohl dieses Netzwerk nicht primär für Sprachdienste konzipiert ist, wäre es möglich dieses Netz mit dem Voice over Internet Protocol (VoIP)[22] auch für Telefonate zu nutzen. Derzeit befindet sich WiMax allerdings noch in der Test­phase. Im zweiten Quartal 2005 soll diese Technik erstmals als Alternative zu anderen stationären Internet-zugängen wie DSL oder TV-Kabelnetz weit­räumig zum Einsatz kommen. Mit der Marktreife mobiler Endgeräte ist voraus­sichtlich erst 2006 zu rechnen (vgl. Hill, 2004).

Abbildung 10:
WiMax im Vergleich zu anderen Funktechnologien

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Hill, Jürgen (2004). Sanfte Migration zu WiMax. Artikel auf computerwoche.de vom 03.11.2004

WWW: http://www.computerwoche.de/index.cfm?pageid=0&category=301&type=detail&artid=67026# (29.11.04)

Die Nutzung von UMTS beschränkt sich in Deutschland bisher nur auf Daten­dienste, d.h. Nutzung des bisher aufgebauten UMTS-Netzes per Notebook. Erst im Herbst 2004 sollen die UMTS-Netze, sofern genug Engeräte verkauft worden sind, auch für Handys frei geschaltet werden (vgl. telering Marketing GmbH & Co. KG, 2004). WLAN ist inzwischen schon weiter verbreitet, Ende 2003 gab es in Deutschland etwas mehr als 500 öffentliche WLAN-Hotspots[23] (vgl. BITKOM, 2004b). Bis zum Herbst 2004 war diese Zahl bereits auf 5.500 WLAN-Hotspots deutschlandweit angewachsen. Damit ist Deutschland derzeit europa­weit führend (vgl. Ehringer, 2004). Die Nutzung von WLAN beschränkt sich aber derzeit meist noch auf Notebooks, da bisher nur wenige Handys mit der WLAN-Technik ausgestattet sind.

2.1.2.2 Mobile Medien

In Berlin wurde vor kurzem ein Pilotprojekt zur medienbezogenen Nutzung von Handys erfolgreich abgeschlossen. Dort wurde digitales Fernsehen für Handys, DVB-H (Digital Video Broadcasting – Handheld), erprobt (vgl. Jupiter­media Corporation, 2004). „Dabei handelt es sich um eine hybride Plattform, die das Fernsehsignal aufs Handy bringt. Ein Rückkanal via Mobilfunk er­möglicht interaktive Angebote. Im Pilotbetrieb werden sowohl mobiles Fern­sehen als auch interaktive Dienste bereitgestellt.“ (Deutsche TV-Plattform e.V., 2004).

Damit diese Möglichkeiten künftig auf dem Markt genutzt werden können, ist eine entsprechende Anpassung der Endgeräte sowohl auf technischer als auch nutzungsbezogener Ebene nötig. Bei Mobiltelefonen zeichnet sich dieser Prozess z.B. dadurch ab, dass die Gerätehersteller, deren Intention es früher war, immer kleinere und leichtere Handys herzustellen, heute zugunsten von größeren Farbdisplays wieder größerer Geräte entwickeln. So wird die Nutzung diverser Dienste wie DVB-H oder MMS für die Kunden attraktiver.

2.1.2.3 Die Zukunft ist kabellos

Die technischen Entwicklungen deuten darauf hin, dass zukünftige Netzwerke zur Datenübertragung bevorzugt kabellos aufgebaut werden. Bisher konnte man in Deutschland noch auf die bereits für das Telefonnetz verlegten Kupfer­kabel zurückgreifen und diese für DSL nutzen, in absehbarer Zeit wird diese Technik aber an ihre Grenzen stoßen. Deutschland kann schon heute nicht flächen­deckend mit DSL versorgt werden, da zum einen das Verlegen von Kabeln in ländlichen Gebieten viel zu teuer wäre und zum anderen in den neuen Bundesländern nach der Wiedervereinigung keine Kupferkabel sondern Glasfaserkabel verlegt wurden, welche nicht für DSL genutzt werden können (vgl. onlinekosten.de GmbH, 2004). In solchen Fällen können Wireless-Standards wie WiMax eine kostengünstige Alternative bieten, um auch diese Gebiete zu versorgen.

Unabhängig davon, welche Technik sich zur kabellosen Netzversorgung durch­setzen wird, werden in Deutschland in absehbarer Zeit flächendeckend breit­bandige Funknetzwerke für Daten- und Sprachdienste zur Verfügung stehen. Da das deutsche Telefonfestnetz nach wie vor in den Händen der T-Com ist, werden andere Anbieter ein großes Interesse daran haben, kabellose Techniken zum Einsatz zu bringen, um ihre eigenen Produkte und Dienstleistungen auf den Markt bringen zu können. Einigt man sich nun seitens der Endgeräte­hersteller noch auf bestimmte Standards, so wäre es denkbar, dass mit jedem Endgerät auf die verschiedenen Dienste, wie z.B. DVB-T/H, DAB, Internet etc., zugegriffen werden kann, unabhängig davon, ob man dies zu Hause mit dem Fernseher oder PC tut oder unterwegs mit einem Laptop oder Handy.

2.1.3 Konvergenz

Langfristig ziehen die oben beschriebenen Entwicklungen Konvergenzeffekte nach sich; Bereiche wie Telekommunikation, Medien und Informations­technologie nähern sich heute auf technischer Ebene immer mehr an und werden in Zukunft völlig verschmelzen. Die strikte Trennung von Medien wie Fernsehen, Radio oder Internet wird dadurch aufgehoben und führt zur Ent­stehung eines großen Multimediums.

2.1.3.1 Technische Konvergenz

Die Entwicklungen im Bereich der Digitaltechnik erlauben es, prinzipiell alle Telekommunikationsdienste oder Medieninhalte über alle kabelgebundenen oder kabellosen Netze anzubieten, da die angebotenen Dienste und Inhalte in digitaler Form theoretisch über alle Netze verbreitet werden können. Derzeit mangelt es einigen Netzen aber noch an der Rückkanalfähigkeit, während andere noch keine ausreichende Bandbreite zur Verfügung stellen. Wie bereits beschrieben werden zukünftige Innovationen in diesem Bereich diese Hürden aber bald überwunden haben.

2.1.3.2 Konvergenz der Angebote

Die Fusion von Telekommunikations- und Mediendiensten bringt völlig neue Dienste, wie z.B. die Ergänzung des Fernsehangebots durch Online-Shopping und weiterführende interaktive Inhalte, hervor. Bei derartigen Diensten, die die Funktionalität verschiedener zuvor getrennter Bereiche vereinen, spricht man von einer Konvergenz auf Angebots- und Nutzungsebene (vgl. Hasebrink, 2004). Erste Auswirkungen solcher Entwicklungen zeigen sich heute schon im Bereich des
M-Commerce[24], einer Anwendung, die das Prinzip des ursprünglich aus dem Internet hervorgegangenen E-Commerces[25] auf das Handy überträgt, über das so speziell auf das Handy abgestimmte Dienste in Anspruch genommen werden können. Derzeit werden die größten Umsätze beim M-Commerce mit Bezahlangeboten und –diensten, wie z.B. dem Kauf von Klingeltönen und Handylogos erzielt (vgl. BITKOM, 2004a). Beim elektronischen Handel über das Handy werden gegenwärtig in Deutschland 280 Millionen Euro umgesetzt und mit der steigenden Anzahl der Mobilfunk­teilnehmer und der Einführung von UMTS wird weiterhin mit steigenden Um­sätzen gerechnet. Schon 2007 werden in Deutschland Umsätze von mehr als 5 Milliarden Euro über mobile Endgeräte erwartet (vgl. BITKOM, 2004b).

Abbildung 11: Technische Konvergenz und daraus resultierende Dienste

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung

Eine vollständige Konvergenz auf der Angebotsebene wird es aber erst geben, wenn die Inhalte und Dienste für die verschiedenen Endgeräte aufbereitet und die Endgeräte auf die erweiterten Nutzungsfunktionen angepasst werden.

2.1.3.3 Nutzungskonvergenz

Technische Konvergenz und Konvergenz auf der Angebotsebene müssen nicht zwangsweise auch eine Konvergenz auf der Nutzungsebene mit sich bringen. Vielmehr ist hier ausschlaggebend wie diese neuen Angebote und Dienste von den Kunden genutzt werden. Im Laufe der Mediengeschichte hat sich gezeigt, dass neue Medien die alten nicht verdrängen; so hat das Fernsehen keineswegs das Radio verdrängt. Das Radio hat als „Nebenbei-Medium“ seine Stellung gegen das Fernsehen behaupten können. Im Tagesverlauf wird bis zum Abend recht konstant Radio gehört. Erst am Vorabend geht der Radiokonsum zu­gunsten des Fernsehens zurück (siehe folgende Abbildung).

Abbildung 12: Mediennutzung im Tagesverlauf

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: IP Deutschland GmbH (2002). Medien im Tagesverlauf 2002.

WWW: http://www.ip-deutschland.de/ipdeutschland/downloaddata/Studie_MiT_Medien_im_

Tagesablauf_2002.pdf (02.12.04)

Die Motive für die Mediennutzung sind unterschiedlich: Während das Radio als täglicher Begleiter für andere Tätigkeiten wie Autofahren oder Arbeiten ge­nutzt wird, wird das Fernsehen eher passiv konsumiert und dient der Zerstreuung. Die ARD/ZDF Online Studie 2003 ergab, dass es aufgrund dieser unter­schiedlichen Nutzungsmotive keine Nutzungskonvergenz des Internets mit dem Fernsehen oder dem Hörfunk geben wird (vgl. Eimeren, 2003). Inwieweit sich das Nutzerverhalten mit zukünftigen technischen Möglichkeiten ändern wird, bleibt abzuwarten.

2.2 Akzeptanz neuer Medien im Markt: Bisherige Erfahrungen

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Akzeptanz neuer Medien und Dienste im Markt entscheidend von den Bedürfnissen und Nutzungsmotiven der Konsumenten abhängt. Wie fortschrittlich oder komplex die Technik, die hinter den neuen Medien oder Diensten steckt, ist, spielt dabei eine sekundäre Rolle. Für die Anbieter neuer Geräte und Dienste ist es also wichtig, aus der Vergangen­heit zu lernen, um Empfehlungen für die Zukunft abzuleiten. Diese Vorgehens­weise soll im Folgenden anhand der Dienste BTX (Bildschirmtext) und SMS (Short Message Service) erläutert werden.

2.2.1 Technologieorientierung und mangelnde Akzeptanz durch die Konsumenten: Das Beispiel BTX

Als BTX 1977 erstmals auf der Berliner Funkausstellung in Deutschland vor­gestellt wurde, setzte man große Hoffnung in diesen Dienst. BTX galt als Technik der Zukunft. Der Bildschirmtext ermöglichte es, per Telefon mit Hilfe eines speziellen Decoders auf Informationen auf einem Zentralcomputer zu­zugreifen, die dann auf dem Fernseher betrachtet werden konnten. Via BTX angebotene Dienste umfassten u.a. das Buchen von Flügen, Electronic Banking oder Homeshopping sowie Chat- und E-Mail-ähnliche Mitteilungsdienste. Die Kostenabrechnung erfolgte dabei nach Zeit oder Anzahl der aufgerufenen Seiten (vgl. Steiner, 2004).

Von Anfang an gab es bei der Einführung des BTX-Systems einige Probleme. Als BTX 1983 bundesweit gestartet wurde, kam zunächst noch die Technik aus dem Feldversuch zum Einsatz, da die Firma IBM, die die Servertechnik liefern sollte, Ihre Entwicklungen zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen hatte. Erst 1984 konnte IBM den Zentralrechner fertig stellen (vgl. Lipka, o.J.). Im selben Jahr konnte der Chaos Computer Club eine Sicherheitslücke im System ausnutzen: Es gelang ihnen, sich in das Benutzerkonto der Hamburger Spar­kasse zu hacken und die Haspa automatisch 14 Stunden lang alle drei Sekunden eine gebührenpflichtige Seite abrufen zu lassen. Als dieser Vorfall publik wurde, wurde das Vertrauen der Kunden in die Sicherheit des Systems schwer erschüttert (vgl. Steiner, 2004).

Schon kurz nach der Einführung musste die Deutsche Post feststellen, dass sich die Teilneh­merzahl nicht so entwickelte wie erhofft. 1986 nutzen nur 60000 statt der erwarteten Million Kunden BTX (siehe folgende Abbildung; vgl. Borchers, 2003).

Abbildung 13: BTX / Datex-J[26] Teilnehmer 1985 – 1996

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung nach

ComForce GmbH (Hrsg.) (1996). ISDN-Infos von ComForce.

WWW: http://members.aol.com/vvkoch/isdn_00.htm (09.01.05)

T-Online International AG (Hrsg.) (2003). Internet-Vorläufer Btx startete vor 20 Jahren.

WWW: http://www.t-online.net/c/08/63/00/863006.html (09.01.05)

Für diese Entwicklung gab es mehrere Gründe. Wer BTX nutzen wollte, be­nötigte zunächst einmal einen Decoder. 1983 kosteten die ersten Decoder noch rund 1000 DM, was 300 DM über dem als erfolgsfördernd angesehen Verkaufs­preis lag. (vgl. IDG Business Verlag GmbH, 1983). Zusätzlich wurde ein Tasten­telefon benötigt, das die Mehrfrequenzwahl unterstütze. Diese Geräte waren zur damaligen Zeit aber keineswegs Standard in deutschen Haushalten. Während die Kunden beim erfolgreichen französischen BTX-Gegenstück Mini­tel die Geräte kostenlos erhielten, mussten die deutschen Kunden die Geräte bei der Deutschen Bundespost mieten. Viele Anbieter, darunter u.a. der Axel Springer Verlag, die FAZ und die Münchner Abendzeitung, sahen in BTX die Technik der Zukunft und stellten ihre Inhalte über BTX zur Verfügung. Doch nach und nach zogen die Anbieter sich wieder aus dem unrentablen BTX-Geschäft zurück, sodass die Zahl der BTX-Teilnehmer mangels attraktiver Angebote auch in den Folgejahren nicht wesentlich zunahm.

Erst zwischen 1993 und 1995, als BTX Teil des neuen Datex-J Services wurde und den Nutzern damit der Zugang zum Internet ermöglicht wurde, stieg die Anzahl der Teilnehmer etwas schneller. Dies hing aber vor allem auch mit dem inzwischen erschwinglich gewordenen PC zusammen, mit dem der Zugriff auf die zur Verfügung stehenden Informationen komfortabler wurde als mit dem Fernseher. Zudem waren die Inhalte des Internets kostenlos verfügbar, während für die meisten BTX/ Datex-J Angebote bezahlt werden musste. 1995 fusionierten Datex-J und BTX zu T-Online. Zuletzt wurde BTX lediglich noch für Online-Banking benutzt und 2001 dann endgültig ein­gestellt. Die Deutsche Bundespost investierte insgesamt 700 Millionen DM in BTX, obwohl ursprünglich nur 200 Millionen geplant waren (vgl. Steiner, 2004 und Borchers 2003).

Obwohl BTX für seine Zeit eine fortschrittliche Technik war, die schon vor 20 Jahren Dienste anbot, die später erst wieder im Internet angeboten wurden, war die Akzeptanz im Markt nur gering. Die Ursachen hierfür liegen vor allem in den hohen Anschaffungskosten und dem für potentielle Kunden nicht klaren Nutzen des Systems. Das Verhältnis von Kosten und Nutzen war nicht deutlich erkennbar, zu unklar waren die Vorteile, die dieses System mit sich bringen sollte. Die Werbekampagnen der Bundespost waren nicht in der Lage, den Nutzen des Systems zu verdeutlichen und entsprechende Bedürfnisse bei den potentiellen Kunden zu erwecken. BTX scheiterte somit nicht an der Technik, sondern vielmehr an dem mangelnden Bedürfnis, dieses System zu nutzen.

2.2.2
Markterfolg bei geringem Technologiegehalt: Das Beispiel SMS

Der Short Message Service, kurz SMS, wurde ursprünglich von Mobilfunknetz­betreibern als reiner Informationsdienst für ihre Kunden genutzt, um sie z.B. über den Eingang einer Nachricht auf ihrer Mailbox[27] zu benachrichtigen. Bei einer SMS[28] handelt es sich um eine kurze schriftliche Nachricht mit bis zu 160 Zeichen, die nach dem Empfangen auf dem Display des Empfängerhandys ge­lesen werden kann.

Schon 1992 versendete ein Mitarbeiter des britischen Mobilfunknetzbetreibers Vodafon die erste SMS an einen Arbeitskollegen, aber erst 1994 wurde dieser Dienst der Öffentlichkeit in Deutschland auf der CeBIT vorgestellt (vgl. Winter, 2004). Im Testbetrieb war die Nutzung dieses Dienstes zunächst kostenlos, als aber die Netzbetreiber 1999 dazu übergingen, diesen Service allen Kunden zur Verfügung zu stellen, wurde er schließlich kostenpflichtig. Der deutsche Netz­betreiber D2 versprach sich anfangs nicht viel von diesem neuen Dienst und verkaufte Teile der SMS-Rechte an eine andere Firma, die dadurch wenig später zu unverhofftem Reichtum kam (vgl. Scheurer, 2004). Denn seit der Einführung der SMS ist die Anzahl der versandten Nachrichten pro Jahr explosionsartig angestiegen. Allein in Deutschland wurden 2004 rund 20 Milliarden SMS ver­schickt (siehe folgende Abbildung).

Abbildung 14:
SMS-Entwicklung in den deutschen Mobilfunknetzen (1998 - 2004)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenQuelle: Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (Hrsg.) (2004). Mobiltelefondienste.

WWW: http://www.regtp.de/aktuelles/in_03-06-00-00-00_m/04/index.html (15.05.05)

Technisch stellt dieser Dienst für den Anbieter keine große Herausforderung dar: Der Short Message Service nutzt das bereits für die Sprachübertragung zur Verfügung stehende GSM-Netz. Die für SMS benötigte Bandbreite ist im Ver­gleich zur Sprachübertragung sehr gering und verursacht daher kaum Kosten. Einzig die sog. Kurzmit-
teilungszentralen[29] müssen von den Anbietern betrieben werden. Dadurch ist die
Gewinnspanne durch SMS sehr hoch (vgl. Computer­Base Medien, o.J.). 2002 wurden
13,8 % des Gesamterlöses der deutschen Mobilfunk­netzbetreiber durch SMS und MMS erwirtschaftet (vgl. Regulierungs­behörde für Telekommunikation und Post, 2003). Die Einführung von Prepaid-Karten hatte zur Folge, dass viele Jugendliche ein Handy kauften oder bekamen. Während 1999 erst 14% der 12- bis 19-jährigen ein Mobiltelefon besaßen, waren es im Jahr 2000 bereits 49% (vgl. Rötzer, 2000). Heute verschicken fast 95% der 14- bis 29-jährigen Handybesitzer SMS und auch unter den über 60-jährigen nutzt inzwischen jeder vierte Kunde diesen Dienst (vgl. Stiftung Waren­test, 2004).

Für die extrem schnelle Adaption dieses Dienstes gibt es verschiedene Gründe. Die Funktionalität zur Nutzung dieses Dienstes war ab 1994 bereits in jedem Handy integriert, teure Zusatzanschaffungen waren also nicht nötig. Zunächst ist die SMS ein Mittel, dort diskret mit anderen zu kommunizieren, wo Telefonate vielleicht nicht angebracht oder möglich sind. Primär Jugendliche nutzen diesen Dienst aber auch zur Unterhaltung. Vor allem junge Menschen erlernen das komplizierte Tippen von Nachrichten per Zifferntastatur schnell und nutzen SMS, um mit ihren Freunden in Kontakt zu bleiben oder auch um zu flirten (vgl. Rötzer, 2000). "Allgemein beschreiben die Jugendlichen den Dienst als leicht bedienbar, persönlich, nicht aufdringlich sowie unterhaltsam." (Rötzer, 2000). Die relativ hohen Kosten von zumeist 0,19 € pro SMS konnten diesem Dienst bis dato keinen Abbruch tun, da offensichtlich der vom Kunden empfundene Nutzen als so hoch eingeschätzt wird, dass er den Preis wert ist.

2.2.3 Konsequenzen für den Markterfolg zukünftiger Kommunikations­medien

Betrachtet man den Verlauf dieser beiden Dienste, so lassen sich folgende potentielle Erfolgsfaktoren für zukünftige Dienste ableiten:

- Dem Konsumenten ist nicht die Technik sondern vielmehr der Nutzen wichtig, den ihm diese neue Technik bringt. Neue Dienste sollten also weniger technik- als vielmehr nutzungsorientiert entwickelt werden.
- Der Nutzen muss für den Konsumenten erkennbar sein, d.h. bevor ein potentieller Konsument eine neue Technik kauft, muss er wissen, was diese Technik bietet. Kann der Konsument keinen Nutzen für sich ent­decken, wird er nicht das Bedürfnis haben, die neue Technik zu nutzen.
- Je höher die Vorraussetzungen für die Nutzung eines Dienstes sind, umso schwieriger wird es, ihn erfolgreich im Markt zu platzieren. Muss der Konsument beispielsweise erst viel Geld und Zeit investieren, um den Nutzen durch Erproben erkennen zu können, wird ein Dienst eher geringe Akzeptanz erfahren. Neue Dienste sollten also günstig und leicht zu bedienen sein.
Auch am Beispiel von WAP[30] oder UMTS wird die Bedeutung dieser Erfahrungen deutlich:
- 1999 setzten die Mobilfunknetzbetreiber große Hoffnung auf das neu ein­geführte WAP-Protokoll zur mobilen Internetnutzung. Weil aber die Betreiber von Internetseiten die Inhalte extra für die geringe Übertragungs­geschwindigkeit und die kleinen Displays der Handys an­passen mussten, war die Angebotsvielfalt gering. Die WAP-Nutzer wurden zusätzlich noch durch hohe Kosten und die umständliche Navigation abgeschreckt (vgl. Heise, 2002).
- UMTS verspricht mehr Bandbreite und damit auch neue Dienste für Mobil­telefone, doch noch ist sich keiner darüber im Klaren, welche Dienste das genau sein werden und wer sie nutzen wird. Klar ist aller­dings schon heute, dass UMTS für die Konsumenten teuer werden wird. Die hohen Kosten für die erworbenen UMTS-Lizenzen (s. Tabelle 1) sowie die Not­wendigkeit zur Anschaffung neuer Endgeräte werden die Nutzungs­kosten für die Konsumenten in die Höhe treiben. Solange für UMTS keine Killerapplikation gefunden wird, bleibt den Anbietern nur die Hoffnung, dass sich, wie im Falle der SMS, zufällig ein lukrativer Dienst finden wird.

Insgesamt kann zusammengefasst werden:

„Dauerhaft erfolgreich werden nur Angebote sein, bei denen die IuK-Technik [(Informations- und Kommunikationstechnik)] kaum wahrnehmbar ihre Aufgaben verrichtet, intuitiv bedienbar und absolut zuverlässig ist. IuK-Technik muss eine intelligente Um­gebung (Ambient Intelligence) schaffen, die der Mensch als hilfreich und wertvoll empfindet, ohne den Verdacht aufkommen zu lassen, dass dort ein unbeherrschbares Eigenleben entstehen könnte.“ (Bundes­ministeriums für Wirtschaft und Arbeit, 2004, S.65)

2.3 Perspektiven des Einsatzes von Musik in der Medien­gesellschaft der Zukunft

Für zukünftige Anwendungen und Dienste ist es von großer Bedeutung, die Fehler aus der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Vor der Markteinführung gilt es Voraussetzungen zu schaffen, die den größtmöglichen Erfolg für die neuen Dienste versprechen. Wichtige Faktoren dabei sind u.a. der Zeitpunkt der Einführung, der Endgerätepreis, die Nutzungskosten, ausreichende Angebots­fülle sowie die Nutzbarkeit. Die Konvergenz der Medien stellt für Hersteller und Anbieter eine besondere Herausforderung dar. Die Endgeräte sollen immer mehr Funktionen unterstützen, dabei aber leicht zu bedienen sein und jedem Medium gerecht werden. Dies gilt vor allem für mobile Engeräte, die den Konsumenten in Zukunft Zugang zu Musik, Fernsehen und Internet verschaffen sollen.

Generell wird sich die Medienlandschaft nicht revolutionär, sondern evolutionär entwickeln (vgl. Gerhards, 2004). Ausgehend von der bisherigen Ent­wicklung der Medienlandschaft und der Beobachtung von Trendgruppen, die neue Medien schneller annehmen als andere Bevölkerungsgruppen, erwartet Gerhards bis 2010, dass sich vor allem PC und Internet sowohl zu Hause als auch am Arbeitsplatz weiter verbreiten und auch häufiger genutzt werden. Das Internet wird sich als aktuelles Informationsmedium etablieren und so zwar Tageszeitungen Konkurrenz machen, aber nicht die zentrale Position von Fern­sehen und Hörfunk in Frage stellen können. Vor allem die Mobilität der Medien sowie die Individualisierung der Mediennutzung werden zunehmend an Be­deutung gewinnen (vgl. Gerhards, 2004).

Dieser Trend zur Mobilität der Medien und der individualisierten Medien­nutzung zeigt sich heute besonders beim Kauf von Klingeltönen und Logos für Mobiltelefone. Derzeit haben Klingeltöne und Logos den größten Anteil am Markt mobiler Mehrwertdienste (siehe folgende Abbildung) und die Musikindustrie rechnet damit, 2008 20 bis 30 Prozent ihres Gesamtumsatzes durch digitale Musik­inhalte wie Klingeltöne und Musikdownloads im Internet zu er­wirtschaften (vgl. Scheele, 2005a).


[...]

[1] Siehe Glossar

[2] Siehe Glossar

[3] Siehe Glossar

[4] Siehe Glossar

[5] Siehe Glossar

[6] Siehe Glossar

[7] Siehe Glossar

[8] Siehe Glossar

[9] Siehe Glossar

[10] Siehe Glossar

[11] Siehe Glossar

[12] Siehe Glossar

[13] Siehe Glossar

[14] Siehe Glossar

[15] Siehe Glossar

[16] Siehe Glossar

[17] Siehe Glossar

[18] Siehe Glossar

[19] Siehe Glossar

[20] Mobil bezieht sich in diesem Zusammenhang auf die Netznutzung während sich der Nutzer in Bewegung befindet, also z.B. während einer Zugfahrt.

[21] Siehe Glossar

[22] Siehe Glossar

[23] Siehe Glossar

[24] Siehe Glossar

[25] Siehe Glossar

[26] 1993 wurde Datex-J als Nachfolger des BTX-Dienstes eingeführt. Über Gatewayes waren nun auch
andere Dienste wie z.B. Compuserve und das Internet erreichbar.

[27] Die Mailbox ist der Anrufbeantworter eines Mobilfunkkunden.

[28] Sprachlich richtig wäre es an dieser Stelle von einer SM (Short Message) zu reden. Im alltäglichen Sprachgebrauch hat sich aber der Begriff SMS als Bezeichnung für eine Kurzmitteilung durchgesetzt und wird daher in dieser Arbeit auch in dieser Form benutzt.

[29] Die Kurzmitteilungszentrale ist im Wesentlichen ein Rechner, dessen Aufgabe es ist, Kurzmitteilungen vom Sender zum Empfänger weiterzuleiten.

[30] Siehe Glossar

Ende der Leseprobe aus 129 Seiten

Details

Titel
Musik und "mobile entertainment"
Untertitel
Aspekte der Nutzung von Musik in zukünftigen digitalen Medien
Hochschule
Universität Bremen
Note
2,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
129
Katalognummer
V58119
ISBN (eBook)
9783638524001
ISBN (Buch)
9783638693912
Dateigröße
2225 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Musik
Arbeit zitieren
Tina Rupp (Autor:in), 2005, Musik und "mobile entertainment", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58119

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Musik und "mobile entertainment"



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden