Fleischkonsum. Eine ethische Betrachtung


Dossier / Travail, 2019

24 Pages, Note: 2,0

Anonyme


Extrait


Inhalt

1 Einleitung

2 Ethische Vertretbarkeit des Fleischkonsums
2.1 Kulturelle Wurzeln in der christlich-abendländischen Tradition
2.2 Fleischkonsum aus heutiger Sicht

3 Vom Lebewesen zum Lebensmittel
3.1 Der Schlachtbetrieb
3.2 Gesundheitsfaktoren und mögliche Irrtümer
3.3 Das „Tierwohllabel“

4 Schlussbemerkung

5 Literaturverzeichnis

6 Anhang

7 Erklärung

Verzeichnis der Abbildungen

Abb. 1: Religionszugehörigkeiten in Deutschland 2017

Abb. 2: Rind kurz vor der Betäubung mit Bolzenschuss

Verzeichnis der Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

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„Eine Wahrheit kann erst wirken,

wenn der Empfänger für sie reif ist.“

(Christian Morgenstern)

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1 Einleitung

Der griechische Schriftsteller und Philosoph Plutarch schrieb während der römischen Hoch-Zeit in seinen moralischen Abhandlungen u. a. über das Fleischessen:

[…] ich für meine Person aber wundere mich, welche Leidenschaft, welche Stimmung der Seele oder welcher Grund nur zuerst den Menschen mag verleitet haben, Blut mit dem Munde zu berühren, und das Fleisch eines toten Thieres [sic] an seine Lippen zu bringen; wie er nur darauf verfallen ist, Leichname und Schattenbilder als Zukost oder als Speise auf den Tisch zu setzen, und Glieder, die kurz vorher noch brüllten, schrieen [sic], sich bewegten und sahen, zu verzehren; wie das Auge es nur aushielt, das arme Thier [sic] schlachten, abziehen, und zerstücken [sic] zu sehen; wie die Nase den üblen Geruch davon vertragen konnte, und wie es dem Gaumen nicht vor der Verunreinigung ekelte, fremde Geschwüre zu berühren und den Eiter von tödtlichen [sic] Wunden anzunehmen. (Plutarchus, o. J., zitiert nach Kaltwasser, 1797)

Diese Fragen stellen sich nur wenige Menschen, sonst hätte der Fleischverzehr 2017 in Deutschland nicht bei 59,73 kg pro Kopf gelegen (vgl. BLE, 2018, S. 14). Sobald angefangen wird, darüber nachzudenken, warum der Mensch Fleisch isst, werfen sich jedoch zunehmend Fragen auf. Wo kommt dieses Ernährungsverhalten her? Warum hat es sich bis heute gehalten und wurde durch die industrielle Nutzung und Verarbeitung von Tieren noch verstärkt? Und vor allem: Warum tun noch immer nur sehr wenige Menschen – auf die gesamte Weltbevölkerung bezogen – etwas dagegen? Das barbarische Mittelalter ist doch längst vorbei und wir sind moderne, aufgeklärte, mitfühlende Wesen. Oder vielleicht doch nicht?

Da ich selbst seit vielen Jahren vegetarisch und seit über zwei Jahren vegan lebe, und die Massentierhaltung großen Einfluss auf den Klimawandel hat, möchte ich im Folgenden auf diese Fragen näher eingehen. Dazu werden die Wurzeln des Fleischverzehrs in der christlich-abendländischen Tradition angezeigt und ein Blick auf den heutigen Stand der Beziehung zwischen Mensch und Nutztier geworfen. Im Weiteren Verlauf werden Beispiele aufgezeigt, welche Wege vom Stall zum Teller ein Lebewesen durchläuft und welche Faktoren dazu beitragen können, dass viele Menschen es für normal und richtig halten, (weiterhin) Fleisch zu essen. Und warum das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL, 2019), das „gesunde Ernährung, sichere Lebensmittel“ und „artgerechte Tierhaltung“ als Schlagworte auf seiner Webseite nennt, seine eigenen Ansprüche nicht ernst zu nehmen scheint.

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3 Ethische Vertretbarkeit des Fleischkonsums

3.1 Kulturelle Wurzeln in der christlich-abendländischen Tradition

Wo es im alten Ägypten noch die Verehrung der Tiere gab, wurde dies im Christentum gewaltsam abgeschafft (vgl. Precht, 2018, S. 150f). Selbst der „deutsche Ägyptologe Adolf Erman (1854 – 1937)“ (Precht, 2018, S. 151) hat die ägyptische Tierverehrung ins Lächerliche gezogen (vgl. ebd.). Und von Jesus Christus ist in der Bibel (Mt 6,26) zu lesen: „Seid ihr nicht viel mehr wert als sie?“

Eine allgemeingültige Weltanschauung beruht auf dem bis dahin erlangten Wissensstand – sofern er auch im Bewusstsein der breiten Masse der Bevölkerung angekommen ist. So galt es im Altertum noch als Tatsache, dass die Erde eine Scheibe ist, was – wie längst bewiesen werden konnte – ein Irrglaube war. Die neue Erkenntnis, dass die Erde eine Kugel ist, verbreitete sich zunächst nur sehr langsam auf derselben. In der damaligen Ermangelung technischer Möglichkeiten zur fernmündlichen Kommunikation und somit Informationsweitergabe, konnte es leicht sein, dass, was am einen Ort schon zum Allgemeinwissen gehörte, andernorts noch Teufelszeug war, auf das die Todesstrafe stand, wenn darüber gesprochen wurde. Auch waren später, im Mittelalter zunächst nur wenige Eingeweihte, meist Kleriker, des Lesens und Schreibens mächtig, und vom Buchdruck waren die Menschen in Europa noch weit entfernt, was im weiteren Verlauf die Vervielfältigung und Verbreitung von Schriftstücken zwar stark vorantrieb und dazu führte, dass auch die einfache Bevölkerung Grund und Interesse hatte, das Lesen zu erlernen, trotzdem konnten die Kirchenmänner die einfache Bevölkerung stark beeinflussen. Und dies nicht nur, weil sie das Wissen besaßen, sondern auch durch die Androhung von Höllenqualen, die die unsterbliche Menschenseele erleiden sollte, wenn sie bei Lebzeiten nicht nach den Gesetzen der Kirche handelte (vgl. Sir 21,1-10).

Heute sind die Menschen zwar, zumindest in den meisten Staaten, in Sekundenschnelle auf dem neuesten Stand der Informationen – sofern sie eine vertrauenswürdige, und somit glaubhafte Information von der Flut an sonstigen Informationen trennen können, was heutzutage die größere Herausforderung darstellt, als lediglich an die Information zu gelangen – jedoch kommt eine neue, allgemeingültige Weltanschauung trotzdem nur sehr langsam zu Stande. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, genauer: ein Säugetier. Die christliche Kirche unterscheidet dennoch zwischen Menschenseele und Tierseele. Von der Auferstehung der Seele ist das Tier ausgeschlossen, die Tierseele stirbt. Precht (2018) schreibt hierzu:

Bis in die Gegenwart hinein definiert sie [die christliche Kirche] die Tierseele gegenüber der Menschenseele als minderwertig und vergänglich. Gerade in diesem Kontrast, dem strikten Vorrang des überlegenen Geisteswesens vor dem bloßen Sinneswesen [sic], gewinnt der Christenmensch seine religiöse Identität. Sein Anrecht auf Unsterblichkeit definiert er über die Abwertung der Tiere. (S. 185)

Bei mehr als 50 % Menschen christlichen Glaubens (andere, den Fleischverzehr ebenfalls bejahenden Religionen nicht mit einberechnet) allein in Deutschland (s. Abb. 1), wundert es also nicht, wie ein derartiger Fleischverzehr von 59,73 kg pro Kopf, wie in der Einleitung erwähnt, zu Stande kommt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.2 Fleischkonsum aus heutiger Sicht

Dieser hohe Fleischkonsum benötigt hohe Produktionszahlen. Daher ist die Nutztierhaltung inzwischen zu einem riesigen Industriezweig angewachsen So schreibt der Bundesverband der deutschen Fleischwarenindustrie e. V. (BVDF) in einer Pressemitteilung vom 09.04.2019 (Anhang), dass die „von mittelständischen Familienbetrieben geprägte deutsche Fleischwarenindustrie […] mit rund 17 Mrd. Euro Umsatz die größte Branche der Ernährungsindustrie“ ist. Kleine landwirtschaftliche Betriebe können hier nicht mehr mithalten, weil sie nicht so billig produzieren können, wie die großen Massenbetriebe, wozu auch die genannten mittelständischen Familienbetriebe gehören. Wo artgerechte Tierhaltung noch möglich wäre, versagt das System, in dem Wirtschaftlichkeit und Profit regieren. Das wirkt sich auf den Umgang mit den Tieren und die Haltungsbedingungen aus. Sie werden mehr verwahrt, denn gehalten. Die Mindestanforderungen, wie Futter, Wasser und Luft zum Atmen stehen zur Verfügung. Ebenso ein Platz zum Stehen – Liegen ist die Luxusvariante – und Kontakt zu Artgenossen, dieser meist nur durch Gitterstäbe, je nach Tier- und Haltungsart (vgl. Joy, 2014, S. 87). Bereits vorsorglich bekommen die Tiere Antibiotika verabreicht; resistente Keime entstehen, die am Ende der Nahrungskette in den Mägen der Konsumierenden landen (vgl. Wenz, BUND, o. J.). Hühnern werden als Küken die Schnäbel gekürzt, Ferkeln die Hoden abgerissen und Rindern die Hörner abgetrennt, dies alles ohne Betäubung (vgl. Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, o. J.). Das klingt nicht nach Hofidylle, die den Verbraucherinnen und Verbrauchern auf farbenprächtigen Plakaten mit grünen Wiesen, blauem Himmel und zufrieden kauenden Rindern als Werbung für den Fleischgenuss dargeboten wird.

Diese Informationen sind jedem frei zugänglich, der sich auf die Suche danach macht. Man fragt sich also, warum das Fleisch trotzdem noch nachgefragt wird. Fleisch ist, vor allem für Kinder, häufig versteckt. Da werden Hähnchen-Formteile in Dinosaurier-Form in Panade gepackt und so bis zur Unkenntlichkeit konfektioniert. Dass das einmal ein lebendiger Vogel war, ist selbst für Erwachsene kaum nachvollziehbar. So fällt es leicht, die Informationen auszublenden. Und der Deutsche Fleischer-Verband e.V. (2010) schreibt in seinem Infoflyer zum Thema „Hilfestellung für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“: „Fernsehaufnahmen in fleischerhandwerklichen [sic] Betrieben sind eine besondere Gelegenheit für gute Öffentlichkeitsarbeit. Sie bergen aber auch Risiken, wenn sie nicht optimal vorbereitet sind.“

Scheinbar hat man etwas zu verbergen, wenn hier per se davon ausgegangen wird, dass ein Kontakt mit Medienvertretenden zuerst einmal „optimal vorbereitet“ werden muss. Oft sind Filmteams, Journalistinnen und Journalisten in Fleischbetrieben – sei es bei der Aufzucht und Mast (Ställe), oder der Verarbeitung (Schlachthöfe) aber auch unerwünscht, das Betreten ist verboten. Videoaufnahmen entstehen dann in Undercover-Aktionen. Wo andere Industriezweige mit gläserner Produktion und Werksführungen den Verbraucherinnen und Verbrauchern die bestehende Produktqualität gerne unter Beweis stellen und so ein Vertrauensverhältnis schaffen, bestenfalls auch eine Kundenbindung erreichen, gibt es in der Fleischwarenindustrie geschönte Werbespots aber keine echten Einblicke, ohne optimale Vorbereitung. Die Auslagen in der Fleischtheke müssen hier als Qualitätsbeweis ausreichen. Und neuerdings auch Herkunftsnachweise, was allerdings kein wirklicher Beweis für eine gute Haltung ist, und der Tod am Ende bleibt der Selbe. Hierzu wird in Kapitel 3.3 noch genauer eingegangen.

4 Vom Lebewesen zum Lebensmittel

4.1 Der Schlachtbetrieb

Der Deutsche Tierschutzbund e. V. (o. J.) schreibt auf seiner Webseite zum Thema „Schlachten“, dass es seit Januar 2013 eine EU-einheitliche Schlachtverordnung gibt. Trotz einiger Verbesserungen sind viele Anforderungen zu vage und mit zu viel Interpretationsspielraum formuliert. Somit sind die Zustände „bei weitem noch nicht zufriedenstellend“ (ebd.). Es wird immer wieder „gegen geltendes Recht verstoßen“ (ebd.) und Anforderungen des Tierschutzes nur unzureichend beachtet. Obwohl der Tierschutzbund Besuche in Schlachthöfen durchführt, die vorher angekündigt werden, gibt es immer wieder Mängel zu beanstanden, die das Schlachthof-Personal entweder nicht als solche erkennt, oder sie toleriert. Diese Umstände werden in großen wie in kleinen Betrieben beobachtet. Der Tierschutzbund (vgl. ebd.) berichtet weiter von nur unzulänglich oder überhaupt nicht betäubten Tieren, die somit bei teilweise vollem Bewusstsein das Schlachten miterleben, weil Bolzenschussgeräte, wie in Abbildung 2 zu sehen und Elektrozangen mangelhaft gewartet oder falsch am Tier platziert werden und das Schlachtband nicht stillstehen darf.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Auch sind nach Schätzungen zehn Prozent der „jährlich über eine Million“ (ebd.) geschlachteten Milchkühe trächtig. Seit dem 1. September 2017 wurde das Tiererzeugnisse-Handels-Verbotsgesetz zwar dahingehend geändert, dass Tiere, die „sich im letzten Drittel der Trächtigkeit“ (ebd.) befinden, nicht mehr geschlachtet werden dürfen, Schafe und Ziegen sind davon jedoch ausgenommen (vgl. ebd.).

Warum ein Lamm- oder ein Zicklein-Fötus weniger geschützt werden muss, als ein Kalb-Fötus erschließt sich wohl nur den Verfasserinnen und Verfassern des Gesetzes. Ebenso die Einschränkung auf das letzte Drittel der Trächtigkeit. Zum Vergleich: bei Menschen darf nur bis zum Ende des ersten Drittels straffrei ein Schwangerschaftsabbruch vorgenommen werden. Selbst bei ungeborenen Säugetieren gibt es also einen gravierenden Werteunterschied und es wird anhand der Darstellung des Deutschen Tierschutzbundes deutlich, dass hier weiterer Handlungsbedarf besteht, da man von einer tierschutzgerechten Vorgehensweise bei der Schlachtung in vielen Bereichen und Betrieben noch weit entfernt ist. Die Tiere bezahlen einen hohen Preis für das Heil bzw. die an vielen Stellen gepriesene gesunde Mischkosternährung der Menschen.

4.2 Gesundheitsfaktoren und mögliche Irrtümer

Der BVDF ist schon aus existenziellen Gründen darauf bedacht, den Fleischkonsum als lebensnotwendig zu deklarieren. Hierzu schreibt Dr. med. Kurt Weigand (2000) in seinem Absatz „Fleisch aus ernährungsmedizinischer Sicht“ auf der Webseite des BVDF, dass wichtige Strukturen des menschlichen Körpers zu großen Teilen aus Eiweißen bestehen und diese Eiweiße wiederum aus Aminosäuren aufgebaut sind. Der Mensch ist auf eine kontinuierliche Zufuhr dieser Aminosäuren angewiesen. Da die Aminosäurezusammensetzung tierischer Eiweiße derer von menschlichen Eiweißen sehr ähnelt, soll man ungefähr die Hälfte der Eiweiße aus tierischer Kost aufnehmen. Die Ähnlichkeit der Aminosäurezusammensetzung von menschlichen und pflanzlichen Eiweißen ist nicht so stark ausgeprägt, auch können essentielle Aminosäuren bei den pflanzlichen Eiweißen fehlen, weshalb sie minderwertig sind [sic]. Weiter unten in dem Absatz (ebd.) ist dann zu lesen, dass

[...]

Fin de l'extrait de 24 pages

Résumé des informations

Titre
Fleischkonsum. Eine ethische Betrachtung
Université
University of Applied Sciences North Hesse; Bad Sooden-Allendorf  (Fachbereich Gesundheit und Soziales)
Cours
Ethische und sozialphilosophische Grundlagen der Sozialen Arbeit
Note
2,0
Année
2019
Pages
24
N° de catalogue
V583405
ISBN (ebook)
9783346168139
ISBN (Livre)
9783346168146
Langue
allemand
Mots clés
Fleischkonsum, Veganismus, Vegetarismus, Tierhaltung
Citation du texte
Anonyme, 2019, Fleischkonsum. Eine ethische Betrachtung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/583405

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