Das Protektorat Oliver Cromwells. Eine Militärdiktatur?


Trabajo Escrito, 2014

12 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definition und Charakteristika einer Militardiktatur

3. Analyse des Cromwellian Protectorate
3.1 Faktoren, die fur eine Militardiktatur sprechen
3.2 Faktoren, die gegen eine Militardiktatur sprechen

4. Schlussbetrachtung

5. Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„But, [...] I have not desired, I have no title to, the government of these nations, but what was taken up in a case of necessity, and temporary, to supply the present emergency.“1

Nach der Entlassung des Rumpfparlaments im Jahre 1653 und der Auflosung des daraufhin eingesetzten Barebone's Parliament, welches nur auBerst kurze Zeit agierte, ubernahm Oliver Cromwell im Dezember desselben Jahres das Amt des Lord Protectors. Mit der Einfuhrung der Protektoratsherrschaft wurde das Prinzip der gemischten Monarchie wieder aufgenommen, wobei die Staatssouveranitat dem Lord Protector sowie dem Parlament oblag. Dass diese vorgenommene Teilung der staatlichen Herrschaftsmacht und der Entscheidungsgewalt sich jedoch eher im Bereich der Theorie ansiedelte, war in dem sogenannten Instrument of Government begrundet. Durch dieses Dokument, welches das Protektorat etablierte und somit dessen Verfassungsgrundlage darstellte, wurde Cromwell de facto eine enorme Fulle an Macht zugesprochen, die sich ebenfalls auf den gesetzgeberischen Bereich ausdehnte.2 Obwohl der Lord Protector selbst, wie in dessen zitierter Aussage deutlich wird, nicht von einer permanenten Dauer seines hohen Amtes ausging, hielt das Protektorat bis Mai 1659 an, wobei in diesen 6 Jahren es Cromwell gelang, mit der Armee, welche zu dieser Zeit die groBte politische Macht im Staat darstellte, zu agieren. Die allgemein hohe Stellung des Militars im machtpolitischen Gefuge Englands, die durch das Instrument of Government bedingten Machtverhaltnisse, die immerwahrende Glaubensfrage innerhalb des Landes und den darauf reaktionaren Einsatz von militarischer Gewalt boten den Nahrboden fur ein enormes Konfliktpotential wahrend des Protektorats. Wie die Protektoratsherrschaft mit innerstaatlichen Konflikten umging und vor allem welche Rolle diesbezuglich die Armee einnahm, wird Gegenstand des zu anfertigenden Essays sein. Dabei wird durch eine genaue Analyse des Protektorats untersucht, inwiefern das Cromwellian Protectorate eine Militardiktatur darstellte. Um eine adaquate und ausfuhrliche Ausarbeitung des Themas zu garantieren, gliedert sich der Hauptteil der Arbeit in einer kurz gehaltenen Charakterisierung einer Militardiktatur und in die Analyse des Protektorats, wobei sich dieser Abschnitt des Essays nochmals in Faktoren die fur bzw. gegen eine Militardiktatur sprechen, aufteilt. Der analytische Teil der Arbeit basiert im Allgemeinen auf den wissenschaftlichen Werken von Jeffrey Collins, Austin Woolrych, George Drake und Jason Peacey und bezieht sich ausschlieBlich auf das geographische Terrain Englands und Wales', da Schottland und Irland bezuglich der Fragestellung einen Sonderfall darstellten.

2. Definition und Charakteristika einer Militardiktatur

Um die Analyse des Protektorats im Hinblick auf die Fragestellung in einen theoretischen Rahmen einzubetten und den Untersuchungsgegenstand zu prazisieren, wird zunachst die Militardiktatur im Allgemeinen definiert und ausschlaggebende Charakteristika genauer ausgefuhrt. Bei einer Militardiktatur handelt es sich um eine Form der Herrschaft, in der die hochste politische Macht einem Militarbefehlshaber oder einer Gruppe von Offizieren obliegt. Zum einen dient diese der Aufrechterhaltung der politischen Machtposition einer reaktionaren Klasse mit Hilfe bewaffneter Gewalt und wird zur Niederschlagung von revolutionaren und demokratischen Bewegungen sowie zur Militarisierung der Gesellschaft und des offentlichen Lebens im Interesse der Vorbereitung von Eroberungskriegen errichtet, wodurch ein teilweises bis volliges AuBerkraftsetzen der Verfassung einhergeht. Zum anderen vertritt die politische Herrschaft einer Militargruppe/eines Militarbefehlshabers, welche(r) durch den Sturz einer offenen volksfeindlichen Regierung mittels eines Staatsstreichs oder eines bewaffneten Kampfes an die Macht gelangte, eine Politik, die dem nationalen Streben der Bevolkerung nach Befreiung von Unterdruckung und Knechtschaft entspricht.3 In Bezug auf die typischen Charakteristika einer Militardiktatur muss konstatiert werden, dass die Unterordnung des Individualrechts gegenuber dem Staatsinteresse ein typisches Element einer solchen Herrschaftsform darstellt. Des Weiteren wird die Gesetzesgewalt von dem Militarregime verweigert, da die Legislative an sich der Autoritat des Diktators unterliegt. Konstitutionelle Einschrankungen werden nicht anerkannt und das Regime ist im Besitz jeglicher Formen staatlicher Gewalt (Polizei, Burokratie, Gerichtswesen). Ein weiteres essentielles Element einer solchen Diktaturform stellen propagandistische Aktivitaten der herrschenden Macht dar sowie samtliche Versuche, die offentliche MeinungsauBerung zu diffamieren oder gar zu verweigern. Zu den charakteristischen Eigenschaften gehort auBerdem die Verbreitung einer Ideologie, obgleich dieses Phanomen eher in post-klassischen Diktaturen aufzufinden ist.4 Anhand der genannten Kriterien wird im Folgenden das Protektorat analysiert, um eine adaquate und prazise Beantwortung der Leitfrage zu garantieren.

3. Analyse des Cromwellian Protectorate

3.1 Faktoren, die fur eine Militardiktatur sprechen

Bei der Untersuchung des Cromwellian Protectorate hinsichtlich der Faktoren, die fur eine Militardiktatur sprechen, lohnt sich zunachst eine genauere Betrachtung der 1654 vollzogenen Kirchenreform, welche eine der ersten Taten Cromwells in seinem Amt als Lord Protector darstellte und 4 Komponenten beinhaltete. Neben der Glaubensfreiheit und der Wahrung der Gemeinde sowie der Kirchensteuer, wurden zwei administrative Corpora installiert: Die Triers, welche ein zentrales Komitee darstellten, das adaquates Kirchenpersonal finden und ernennen sollte und die sogenannten Ejectors.5 Diese landesweiten, an verschiedenen Lokalitaten stationierten Komitees hatten die Aufgabe, skandaltrachtige und ineffiziente Amtsinhaber im Kirchensektor aufzuspuren. Obwohl das Komitee der Ejectors ausschlieBlich aus Laien bestand, lag es in dessen Gewalt, Angestellte der Kirche beispielsweise aufgrund des Gebrauchs des Prayer Book und/oder des Schreibens, Lehrens sowie der Verbreitung jeglicher Unzufriedenheit gegenuber der amtierenden Regierung, zu entlassen. Dadurch, dass die Ejectors durch ihre Entscheidungen den personellen Bereich des Kirchensektors kontrollieren und somit enorm pragen konnten, wurde die Cromwellian Church auch als ein System der Uberwachung wahrgenommen. Diese Form der Kontrolle entsprach besonders Cromwells personlichem Interesse, da sowohl die Uberwachung des Geschehens im Kirchensektor, als auch die Entlastung seiner eigenen Kompetenzbereiche mit Hilfe der Ejectors gewahrleistet wurde. Jedoch muss konstatiert werden, dass dies einen profunden Eingriff der staatlichen Macht in die spirituelle Atmosphare des Kollektivs sowie des Individuums darstellte.6 Ein weiterer Faktor, der fur eine Militardiktatur spricht, lag in Cromwells Ideologie begrundet. Der Lord Protector sah sich selbst als ein besonderes Instrument Gottes an und der stetige Erfolg seiner militarischen Aktionen schien diesen Glauben in eine Tatsache zu transferieren. So schrieb Cromwell nach dem Sieg in Naseby 1645 einen Brief an Lenthall, in welchem er seinen Triumph als Leistung Gottes deklariert: „Sir, this is none other but the hand of God; and to Him alone belongs the glory, wherein none are to share with Him.“7 Sowohl seine extrem ausgepragte Disziplin, als auch seine Fahigkeit mit den Truppen zu kommunizieren und zu agieren, waren eng mit seinem Glauben und Charakter als Puritaner verbunden und lieBen Cromwell gleichzeitig zu einem brillantem General avancieren.8 Da sich dessen religiose Uberzeugung ebenfalls in dem Glauben seiner Armee wiederspiegelte, entstand unter Beiseitelegen samtlicher personlich-egoistischer Interessen ein enormer Gruppenzusammenhalt, den Cromwell zu organisieren und zu kanalisieren wusste. Durch die Doktrin der gottlichen Vorhersehung, welche sowohl die Legitimation fur das Handeln des Lord Protectors als auch mitverantwortlich fur dessen militarischen Erfolge war, kam Cromwell ein profundes Machtpotential uber die bewaffneten Streitkrafte zu, wodurch sich ihm die Moglichkeit bot, diese Akkumulation der Gewalt fur seine personliche Interessen auf der politischen Ebene zu instrumentalisieren. Folglich wurde die Ehrlichkeit seiner religiosen Uberzeugung dann angreifbar, als Cromwell die Religiositat nutzte, um seine politischen Motive zu schutzen und den puritanischen Glauben als Vorwand fur politische Entscheidungen etablierte. So fanden beispielsweise von Marz 1654 bis Ende des Jahres 1655 gleichzeitig Verhandlungen zwischen England und Frankreich, bzw. England und Spanien statt. Nachdem sich Cromwell aufgrund strategischer Vorteile dazu entschloss, einen Vertrag mit Frankreich einzugehen und Spanien im Sommer 1655 zu attackieren, stellte er seine Entscheidung so dar, als ob er keine Moglichkeit auf eine spanische Allianz gehabt hatte und als ob England von Gott dazu berufen wurde, gegen die papsttreue Nation zu kampfen.9 Folglich nutzte er in diesem Fall seine „doctrine of providence to rationalize his opportunism“10. Neben den genannten Aspekten, welche fur eine Militardiktatur sprechen, sollte ebenfalls die Pressezensur und die propagandistische Tatigkeit zwischen 1653 und 1959 naher betrachtet werden. Bei dem Vorhaben, jegliche Formen der Kritik und oppositioneller Stimmen verstummen zu lassen, reprasentierte John Thurloe, Amtsinhaber des Secretary of Council State und enger Berater Cromwells, die Schlusselfigur. Bekannt als „archetypally manipulative and Machiavellian minister of state“11, beherrschte Thurloe die Basisbereiche der Pressekontrolle: die geheime Informationsbeschaffung, die Pressezensur sowie die Propaganda.12 Zwar muss konstatiert werden, dass dieses System der Kontrolle bereits vor dem Protektorat und Thurloe's Amtsantritt existierte, jedoch sein strukturiertes Netzwerk von Spionen und gute Beziehungen zu den Mitgliedern der Londoner Verlagsgesellschaft zur quantitativen und qualitativen Steigerung des bestehenden Uberwachungssystem fuhrte.13 Somit gelang es dem Secretary of Coucil State die Macht uber die Presse im Allgemeinen zu zentralisieren und zu rationalisieren, wodurch er gekonnt gegen die polemical pamphlets, welche regimekritische AuBerungen enthielten, vorgehen konnte. Thurloe's schnelles, nicht nur reaktionares Handeln und dessen Koordination von Informationsbeschaffung, Propaganda und Pressezensur waren entscheidend fur den Erfolg seiner Pressepolitik.14 Das wohl ausschlaggebendste Argument, welches fur eine Militardiktatur spricht, stellt die Herrschaft der Major-Generals zwischen 1655 und 1657 dar. Wahrend diesen 15 Monaten wurden England und Wales durch die Major­Generals, die uber weitreichende Kompetenzen verfugten, um die gegebene Ordnung sowie die Reformation of Manners durchzusetzen und die allgemeine Sicherheit zu wahren, regiert.15 Die Installation des Regimes war durch den Penruddock's rising und der Aufdeckung royalistischer Plane fur eine landesweite Rebellion gegen das Protektorat im Jahr 1655 begrundet. Damit das ideologisch zutiefst gespaltene Land wieder auf einen Weg der Einheit gebracht werden konnte, teilte Cromwell England und Wales in 11 Distrikte mit jeweils einem zustandigen Major General auf, wobei diese den traditionellen lokalen Regierungsstellen uberlegen waren und folglich eine enorme Macht im Staat darstellten. Die verstarkte militarische Kontrolle sowie die Decimation, eine Steuer von einem Zehntel des Einkommens der Royalisten, betonten zusatzlich die Autoritat der Stellvertreter des Protektorats. Trotz des auBerst brutalen Vorgehens und der repressiven Methoden der Major-Generals, war der unbeliebteste Part des Regimes die Decimation, da diese einen VerstoB gegen den Act of Oblivion reprasentierte und somit als unkonstitutionell zu deklarieren war. Sowohl diese Steuererhebung als auch die eingesetzte Miliz, welche fur jegliche Dorfer des Landes eine sichtbare Erinnerung an die militarische Macht des Staates darstellte, kollidierten enorm mit dem Recht auf personlichen Freiheit und fuhrten zur ganzheitlichen Uberwachung Englands und Wales durch den Staat.16

[...]


1 Cromwells Rede an das Committee (Montag, 20. April 1657), in: Wilbur Cortez Abbott (Hrsg.): The Writing and Speeches of Oliver Cromwell. With an Introduction, Notes and an Account of His Life, Vol. IV: The Protectorate, 1655-1658, Oxford [u. a.] 1988, S. 481.

2 Kaspar von Greyerz: England im Jahrhundert der Revolutionen. 1603-1714, Stuttgart 1994, S. 190-196.

3 o.A.: Militardiktatur, in: Militarlexikon, 2. Aufl., Berlin 1973, S. 232.

4 Austin Woolrych: The Cromwellian Protectorate: A Military Dictatorship?, in: History. The Journal of Historical Association 75 (1990), S. 207-231, hier S. 208.

5 Jeffrey R. Collins: The Church Settlement of Oliver Cromwell, in: History. The Journal of the Historical Association 87:285 (2002), S. 18-41, hier: S. 18.

6 Collins: The Church Settlement, S. 28f; 31; 34.

7 Wilbur Cortez Abbott (Hrsg.): The Writing and Speeches of Oliver Cromwell. With an Introduction, Notes and an Account of His Life, Vol. I: 1599-1649, Oxford [u. a.] 1988, S. 360.

8 George Drake: The Ideology of Oliver Cromwell, in: Church History 35:3 (1966), S. 259-272, hier: S. 263.

9 Drake: Ideology of Cromwell, S. 265f; 269-271.

10 Drake: Ideology of Cromwell, S. 271.

11 Jason Peacey: Cromwellian England: A Propaganda State?, in: History. The Journal of the Historical Association 91:302 (2006), S. 176-200, hier S. 177.

12 Peacey: Cromwellian England, S. 176ff.

13 Peacey: Cromwellian England, S. 178-181.

14 Peacey: Cromwellian England, S. 180; 183f; 198.

15 David L. Smith: Politics and Military Rule in Cromwellian Britain (Rezension von: Coward, Barry: The Cromwellian Protectorate, Manchester 2002; Durston, Christopher: Cromwell's major generals. Godly government during the English Revolution, Manchester 2001; Farr, David: John Lambert, parliamentary soldier and Cromwellian major-general, 1619-1684, Woodbridge 2003; Marshall, Alan: Oliver Cromwell, soldier: The military life of a revolutionary at war, London 2004), in: The Historical Journal 48:2 (2005), S. 545-555, hier S. 545.

16 Woolrych: The Cromwellian Protectorate, S. 219ff.

Final del extracto de 12 páginas

Detalles

Título
Das Protektorat Oliver Cromwells. Eine Militärdiktatur?
Universidad
University of Trier
Calificación
1,3
Autor
Año
2014
Páginas
12
No. de catálogo
V583785
ISBN (Ebook)
9783346165275
ISBN (Libro)
9783346165282
Idioma
Alemán
Palabras clave
England im 17. Jahrhundert Neuere Geschichte Oliver Cromwell Militärdiktatur
Citar trabajo
Vanessa Kühner (Autor), 2014, Das Protektorat Oliver Cromwells. Eine Militärdiktatur?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/583785

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