Der Watergate-Skandal. Ein Produkt von Richard M. Nixon?


Term Paper, 2014

28 Pages, Grade: 1,7


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Chronologie des Watergate-Skandals
1.2 Fragestellung und Forschungsstand

2. Analyse der Faktoren des Skandals
2.1 Institutionelle Faktoren
2.2 Persönliche Faktoren
2.3 Soziale/ gesellschaftliche Faktoren
2.4 Exkurs: Probleme bei der Analyse der Präsidentschaft

3. Schlussbetrachtung

4. Literaturverzeichnis

5. Anhang

1. Einleitung

1.1 Chronologie des Watergate-Skandals

„I have never been a quitter. To leave office before my term is completed is abhorrent to every instinct in my body. But as President, I must put the interest of America first.”1

Richard M. Nixon trat am 9. August 1974 vorzeitig von seinem Amt zurück, nachdem er fünfeinhalb Jahre als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika gedient hatte. Mit der Verkündung seines Rücktritts kam er dem laufenden Amtsenthebungsverfahren zuvor, das aufgrund der Enthüllung diverser Gesetzesmissbräuche des Präsidenten durch den Watergate-Skandal eingeleitet wurde. Dieser Skandal, welcher in der Forschungsliteratur oftmals als „scandal of the century“2 bzw. als „mother of all modern political scandals”3 deklariert wird, nahm seinen Anfang in der Nacht zum 17.06.1972 mit dem fehlgeschlagenen Einbruch der Plumbers -Einheit in den Watergate-Gebäudekomplex, der damalige Hauptsitz der Demokraten in Washington.4 Seitens der Regierung erfolgte zunächst eine Verharmlosung des Verbrechens, indem dieser von Pressesprecher Ron Ziegler als third-rate burglary deklariert wurde.5 Im Laufe des Gerichtsprozesses und insbesondere bei der Gerichtsverhandlung im Januar 1973 konnte jedoch eine Verbindung zwischen dem am Einbruch beteiligten McCord und Nixons Committee to Re-Elect the President (CREEP) festgestellt werden. Der vermeintliche Zusammenhang zwischen dem Einbruch und dem Weißen Haus veranlasste die Journalisten der Washington Post, Bob Woodward und Carl Bernstein, zu weiteren Recherchen bezüglich der Hintergründe des Einbruchs und provozierte tiefergehende Nachforschungen, in Form von Befragungen diverser Stabsmitglieder des Weißen Hauses, durch den vom Senat eingesetzten Watergate-Ausschuss.6 Nixons Befürchtung, dass aufgrund der von der Presse und der Judikative ausgehenden intensiven Ermittlungen weitere Beweise /Staatsgeheimnisse an die Öffentlichkeit geraten könnten, veranlasste ihn dazu, seinen Rechtsberater John Dean, zu entlassen. Dieser musste seines Amtes weichen, da durch eine Anhörung im Februar die Verbindung zwischen ihm und dem vom FBI geleiteten Watergate- Einbruch aufgedeckt wurde. Sowohl der Stabschef des Weißen Hauses Harry Robbins Haldeman als auch der Assistant to the President for Domestic Affairs John D. Ehrlichman verließen am 30.04.1973 ihr Amt.7 Als im Juli 1973 die Existenz eines Abhörsystems im Oval Office mit der Aussage von Alexander Butterfield vor Gericht offiziell bestätigt wurde, erhoben Special Prosecutor Archibald Cox sowie der Senat Anspruch auf die Tonbänder, welche ein ausschlaggebendes Beweismaterial für die Klärung diverser Fragen bezüglich der Hintergründe der Affäre darstellten. Nachdem durch Nixon die Vergabe der Tonbänder an die Justiz vorerst verweigert wurde - das executive privilege diente hierbei der Rechtfertigung -erreichte die Auseinandersetzung um die Aufnahmen mit dem Saturday-Night-Massacre am 20.10.1973 ihren Höhepunkt.8 Der oberste Gerichtshof beschloss, dass die Tonbänder an den Senat übergeben werden.9 Als im Februar 1974 das Repräsentantenhaus mit den Vorbereitungen des Impeachment-Verfahrens gegen den Präsidenten begann und im August desselben Jahres das Tonband Smoking Gun, welches das Gespräch vom 23.06.1972 zwischen Haldeman und Nixon über die vorsätzliche Manipulation der Watergate-Ermittlungen beinhaltete, veröffentlicht wurde, war die Beweislage gegen den Präsidenten und dessen Regierung erdrückend. Infolgedessen trat Nixon am 09.08.1974 vorzeitig von seinem Amt zurück.10

1.2 Fragestellung und Forschungsstand

Dass die Watergate-Affäre bzw. die Enthüllung des allgemeinen Machtmissbrauchs des Präsidenten zur vorzeitigen Niederlegung seines/dessen Amtes führte, stellt ein Faktum dar. Inwiefern bzw. ob Nixon selbst für den weitreichenden Skandal verantwortlich war, soll in der folgenden Ausarbeitung genauer betrachtet werden. Aufgrund dessen werden sowohl die institutionellen als auch die persönlichen und sozialen bzw. gesellschaftlichen Faktoren analysiert. Zunächst erfolgt eine genauere Untersuchung der institutionellen Gründe. Dabei wird unter Zuhilfenahme von Peter Lösches Essay Macht und Ohnmacht der Exekutive (2008) und insbesondere von Jürgen Heidekings Werk Die amerikanische Präsidenten. 42 historische Porträts von George Washington bis George W. Bush (2002) Arthur M. Schlesingers Theorie der imperialen Präsidentschaft genauer erläutert und in Zusammenhang mit dem Watergate-Skandal gebracht. Hinsichtlich der institutionellen Faktoren erfolgt des Weiteren eine Analyse des Konflikts mit den Demokraten und der Bürokratie. Sowohl die Betrachtungen/Meinung der Politikwissenschaftlerin Ruth P. Morgan, als auch Beverly Cages Essay Deep Throat, Watergate, and the Bureaucratic Politics of the FBI (2012) werden dabei berücksichtigt. Bei den persönlichen Faktoren stehen Nixons Kindheit, dessen Charakter und Regierungsstil, sowie seine Lügen im Fokus der Betrachtung. Die Analyse dieser Faktoren basieren hauptsächlich auf den wissenschaftlichen Werken von James David Barber, Margaret C. Rung, Jonathan Aitkon und Fawn M. Brodie, da diese ausführliche Untersuchungen von Nixon als Person bieten. In Bezug auf gesellschaftliche bzw. soziale Aspekte werden der Vietnam-Krieg, die Anti-Kriegs-Bewegungen, die Medien und die social changes als Faktoren für den Watergate-Skandal näher betrachtet. Um die Komplexität des Vietnamkriegs in Verbindung mit dem Watergate-Skandal adäquat darstellen zu können, wurden Marc Freys Überblickswerk Geschichte des Vietnamkriegs (2010) und Ausarbeitungen des Politikwissenschaftlers Michael Genovese herangezogen. Nachdem die Probleme der Analyse der Präsidentschaft, basierend auf Ruth P. Morgans Essay, in einem Exkurs genauer erläutert werden, erfolgt eine umfassende Schlussbetrachtung. Hinsichtlich der verwendeten Literatur ist zudem erwähnenswert, dass für die Vorarbeit dieses Essays Stanley Kutlers The Wars of Watergate. The Last Crisis of Richard Nixon (1990), welches eines der bedeutesten wissenschaftlichen Werke über die Watergate-Affäre darstellt, konsultiert wurde.11 Michael Schudsons Publikation Watergate in American Memory (2002) sowie Ruth P. Morgans Aufsatz Nixon, Watergate, and the Study oft he Presidency (1994) repräsentieren ausschlaggebende Werke in Bezug auf hilfreiche Analysen kultureller und historischer Diskussionen über die Affäre und finden bei der folgenden Ausarbeitung dementsprechende Berücksichtigung.

2. Analyse der Faktoren des Skandals

2.1 Institutionelle Faktoren

Zu den institutionellen Gründen für den Watergate-Skandal zählt der enorme Machtzuwachs des Präsidentenamtes, wobei Arthur Schlesinger mit seinem Werk The Imperial Presidency (1973) den Begründer dieser Theorie darstellt. Unter den Begriff der imperialen Präsidentschaft subsumierte der Historiker mehrere Inhalte.12 13 Zum einen wird mit Hilfe dieses Terminus ausgedrückt, dass diverse Kompetenzen, insbesondere das Recht Krieg zu erklären, vom Präsidenten an sich gerissen worden seien, obwohl diese eigentlich der gesetzgebenden Gewalt zustehen. Des Weiteren wird darunter verstanden, dass es aufgrund der Vertraulichkeit von Entscheidungen an Transparenz, welche für ein demokratisches System einen unabdingbaren Aspekt darstellt, mangele. Unter diesem Begriff wird zudem das Einsetzen von Notstandsgesetzen insbesondere gegen oppositionelle Gruppen erfasst. Dass das Prinzip von checks and balances insgesamt zugunsten der ausführenden Gewalt aus dem Gleichgewicht geriete, stellt ebenfalls einen Aspekt dieses Terminus dar. Die institutionelle Grundlage der Imperial Presidency stellte das White House Office, die tief ineinander verflochtene Militär- und Geheimdienstbürokratie, sowie das Executive Office of the President dar. Mit dem Begriff imperial wird jedoch nicht nur auf die Repräsentation der amerikanischen Hegemonie durch den Präsidenten verwiesen, sondern auch auf die erlangte mächtige Stellung des Präsidenten über weitere Regierungsapparate im Inneren der Nation. Nachdem sich Truman mit Hilfe des Vetos und durch die breite öffentliche Befürwortung seiner Außenpolitik gegen den damals noch bestehenden Widerstand des Kongresses durchsetzen konnte, griff dieser in die Außenpolitik der nachfolgenden Präsidenten nur noch seltenst ein. Das passive Verhalten des Kongresses war jedoch fundamental für den Weg in den Vietnam-Krieg, da dieser Präsident Johnson mit der Tongking-Resolution von 1964 für die Kriegsführung bemächtigte. Als selbst zu Beginn der siebziger Jahre eine weitere Eskalation des Krieges unter der Nixon-Regierung stattfand, war der Kongress einer Reaktion weitestgehend unfähig. Aufgrund der Anti-Kriegs-Proteste und zunehmender Kritik seitens der Presse, war Nixon 1973 jedoch zur Einlenkung gezwungen und der Kongress verabschiedete über Nixons Veto hinweg den War Powers Act, durch welchen das Mitspracherecht des Kongresses sowohl bei Kriegs- als auch bei Friedensfragen wieder betont wurde. Da die imperiale Präsidentschaft unter dem Vorwand der stetigen Besorgnis um die national security zu Korruption und Amtsmissbrauch und somit direkt zum Watergate-Skandal geführt hat, wurde folglich aufgrund dieser die Autorität des Präsidenten enorm erschüttert. Des Weiteren stellt laut Morgan der „growth and intransigence of bureaucratic power“ ebenfalls einen institutionellen Faktor für die Affäre dar.14 Nixon hegte eine grundsätzliche Abneigung gegenüber der allgemeinen Bürokratie und war der Meinung, dass Loyalität und die Gewalt/Macht der Wähler die besten Voraussetzungen für eine effektive Regierung seien. Die Feindseligkeit des Präsidenten in Bezug auf die Bürokratie lag darin begründet, dass er diese nicht unter Kontrolle hatte. Unter anderem aufgrund Nixons Frustration hinsichtlich seiner Unfähigkeit den bürokratischen Apparat zu steuern, gründete er die Plumbers -Einheit, um somit seine Interessen durchsetzen zu können und insbesondere um seine Macht in Form von direkter Kontrolle ausweiten zu können. Mit der Formierung dieser Einheit und dessen vollzogenen illegalen Taten wurde jedoch das Fundament für den Watergate-Skandal geschaffen. In Anbetracht dessen könne man folglich, wie Gage in seinem Essay schreibt, Watergate als einen bürokratischen Konflikt innerhalb der Exekutiven betrachten.15 Eine spezifischere Kausalität der Affäre stellten die parteipolitischen Konflikte mit den Demokraten dar.16 Nixon war der Überzeugung, dass die Demokraten versuchten seine Politik zu sabotieren. Aufgrund dessen war es einer der Hauptaufgaben der Plumbers, führende Mitglieder der Demokraten zu überwachen. Der Watergate-Einbruch stellte folglich nur einen von vielen Anstrengungen die Demokraten zu diskreditieren dar.17 Begründet wurde die Feindschaft zwischen Nixon und der demokratischen Partei durch die Spendenaffäre von 1960, in welcher Nixons Bruder und Milliardär Howard Hughes involviert waren. Diese Affäre repräsentierte den ausschlaggebenden Grund für seine Niederlage im Präsidentschaftswahlkampf. Da sowohl der Vorsitzende der demokratischen Partei Lawrence O’Brien, als auch Nixon selbst Spenden- bzw. Bestechungsgelder von Hughes entgegennahmen, war Nixon besorgt, dass der Demokrat etwaige Dokumente, die er über die Spendenaffäre besitzen könnte, gegen ihn verwenden würde.18 Folglich prägte diese Erfahrung Nixons Verhältnis zu dem Demokraten enorm und kausierten einen tiefgründiges Misstrauen gegenüber der Opposition, welche durch zahlreiche illegale Aktionen, unter anderem den Watergate-Einbruch, zum Ausdruck kamen.

2.2 Persönliche Faktoren

Bei der folgenden Untersuchung der persönlichen Faktoren werden Aspekte bezüglich Nixons Charakter und einzelne Entscheidungen des Präsidenten im Kontext des Watergate-Skandals analysiert. Der Politikwissenschaftler James David Barber führt in seinem Aufsatz The Construction of Richard Nixon auf, dass Nixon’s „problem of controlling aggression“19, welches sich während seiner Amtszeit in diversen Situationen wiederspiegelte, auf die Kindheit und Jugend des Präsidenten zurückzuführen sei. Bereits in der Phase des Kindesalters, geprägt von seiner enormen Anfälligkeit für Krankheiten und von familiären Verlusten, zeichneten sich Nixons Ausdauer und Durchhaltevermögen aus. „Hard labor habits“20 und verbale Aggressivität kamen während seiner Schullaufbahn zum Ausdruck.21 Folglich hat das im familiären Kontext verbreitete Problem der Aggressionskontrolle, der frühzeitig geprägte Ehrgeiz, sowie das stets konsequente Bestreben nach Unabhängigkeit im Kindesalter seinen Charakter nachhaltig geprägt.22 In Bezug auf die Watergate-Affäre muss konstatiert werden, dass Nixon selbst, beziehungsweise seine Persönlichkeit, der am häufigsten genannte/verbreitete Grund für den Skandal darstellt.23 Eine genaue Kategorisierung des Charakters wurde von Barber vorgenommen, indem er Nixon der Gruppe active-negative-personality zuordnet. Die Hauptelemente dieser besagten Kategorie liegen im stetigen Versuch jegliche Möglichkeiten des Aufgebens zu widerstreben, in der Ansicht, Macht als Mittel zur Selbstverwirklichung anzusehen und in der Neigung zu Starrheit und Pessimismus. Davon ausgehend lässt sich beispielsweise Nixons Handeln hinsichtlich des Streits um die Tonbänder erklären. Der Präsident war der Ansicht, dass ihn die Aufnahmen entlasten könnten und ihn zugleich vor fälschlichen Beschuldigungen seitens der Opposition schützen könnten.24 Infolgedessen repräsentiert der öffentlich ausgetragene Kampf um die Tonbänder, welcher Nixons Ansehen in der Bevölkerung erheblich schadete und seine Autorität zunehmend schmälerte, seine Starrheit und Verbissenheit im Versuch das ausschlaggebende Beweismaterial vor seiner Opposition zu wahren. Ein weiterer Faktor für den Watergate-Skandal stellt Nixons Regierungsstil dar. „Nixon built his early career on the belief that elected officials, not autonomous bureaucrats or special interests, should govern the nation“, so Margaret C. Rung in ihrem Aufsatz Richard Nixon, State, and Party: Democracy and Bureaucracy in the Postwar Era.25 Diese auserwählten Gehilfen, darunter Justizminister John Mitchell, Sicherheitsberater Henry Kissinger, Chefberater Charles Colson, sowie Haldeman und Ehrlichman, waren auch unter den Namen the Berlin Wall bekannt, da der Stab den Präsidenten wie eine Mauer, hinter der er sich selbst und seine Amtsführung der Öffentlichkeit entziehen konnte, umgab.26 Laut der Wissenschaftlerin Ruth Morgen repräsentiere diese auf seinen Gehilfen basierte Politikführung jedoch einer der zentralen Probleme der damaligen Regierung. Dass sämtliche politischen Fragen und Entscheidungen im engen Beraterkreis von Nixon getroffen wurden, hatte Nixons Isolation von weiteren Regierungsorganen und von alternativen Kommunikationsmöglichkeiten zur Folge.27 In Bezug auf den Mitarbeiterstab des Weißen Hauses ist zudem deren fehlender Respekt vor den Institutionen der Regierung zu erwähnen. Nixons Team habe kein Verständnis für die Verantwortung des Regierens und für diverse Einschränkungen, die in einer Demokratie ausgeübt werden müssen, gezeigt, so Ruth. P. Morgan.28 Zusätzlich zu der Schwäche innerhalb des Mitarbeiterstabes ist Nixons mangelhafter Regierungsstil zu konstatieren. Der Präsident war nicht über sämtliche Tätigkeiten seines Personals informiert, da im Allgemeinen eine fehlende Kommunikation unter den Stabsmitgliedern sowie zwischen Berater und Präsident zu notieren war und Informationen des Stabs zusätzlich durch Haldeman gefiltert wurden.29 Außerdem sei nach einer Aussage von Kissinger das Verhältnis zwischen den einzelnen Gehilfen von Nixon trotz beruflicher Nähe als eher distanziert und kühl zu beschreiben, wodurch Entscheidungsfindungen im Plenum und die Zusammenarbeit des Rates folglich enorm erschwert wurden.30 Darüber hinaus stellen die Lügen des Präsidenten einen weiteren Grund für die Dynamik der Affäre dar. Wie Jonathan Aitken in seiner Nixon-Biographie festhält/konstatiert, seien hauptsächlich die falschen Behauptungen des Präsidenten für den Zusammenbruch seiner politischen Unterstützung ausschlaggebend gewesen.31 Fawn M. Brodie spricht in ihrem Werk Richard Nixon: The Shaping of his Character sogar von einer Vielzahl an unnötigen Unwahrheiten des Präsidenten und bezeichnet diesen als notorischen Lügner.32 Exemplarisch für Nixons Unaufrichtigkeit während des Watergate-Skandals ist zum Beispiel sein Handeln bezüglich der Herausgabe der Margaret C Rung, Richard Nixon, State, and Party: Democracy and Bureaucracy in the Postwar Era, in: Presidential Studies Quarterly, Nr. 2 (29) 1999, S. 421. Vgl. Zuelzer, Selbstzerst örung der Demokratie, S. 123f. Vgl. Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of the Presidency, S. 22 5 . Vgl. Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of the Presidency, S. 226. Vgl. Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of the Presidency, S. 226. Vgl. Henry Kissinger, Years of Upheaval, Boston 1982, S. 7 7.

Tonbänder. Nachdem er den Prozess gegen den Obersten Gerichtshof verloren hatte und somit gezwungen war die Aufnahmen herauszugeben33, entdeckte man, dass 18,5 Minuten des Bandes, welche ausschlaggebende Informationen enthielten, gelöscht worden waren. Die offensichtlich gewordenen Unwahrheiten des Präsidenten führten zu einer enormen Schmälerung seiner Autorität und kausierten letztendlich seinen politischen Untergang.34

2.3 Soziale/ gesellschaftliche Faktoren

Neben den institutionellen und persönlichen Faktoren sind ebenfalls die sozialen, bzw. die gesellschaftlichen Gründe für den Watergate-Skandal einer genaueren Analyse wert. Eine der in der Literatur dominantesten Theorien besagt, dass der Vietnamkrieg die „Wurzel“ der Affäre darstelle.35 „Vietnam bereitete jedoch auch den Boden für Watergate, die größte Staatskrise in der amerikanischen Geschichte“36, so Marc Frey in seinem Werk Geschichte des Vietnamkriegs. Um diese Behauptung internalisieren zu können, verlangt es einer näheren Betrachtung der Ausgangssituation Nixons, als er 1969 sein Amt antrat. Zunächst muss in Bezug auf das amerikanische Engagement in Südostasien festgehalten werden, dass die Übertragung der Eindämmungspolitik auf Vietnam im Allgemeinen ein Fehler darstellte und die Truman- und Eisenhower-Regierungen fälschlicherweise die Ursachen des Krieges auf externe Faktoren zurückführten, obwohl es sich um einen lokalen Konflikt über Selbstbestimmung und nationale Souveränität handelte. Des Weiteren schloß sich die USA unter Eisenhower und Kennedy mit einem schwachen Klientelstaat zusammen, der jedoch ohne dessen Unterstützung nicht von Bestand war. Außerdem hat 1961 Kennedys Entscheidung, trotz der Beschlüsse der Genfer Konferenz militärische Berater nach Südvietnam zu entsenden, die wechselseitigen Abhängigkeiten zusätzlich verstärkt. Die Entsendung von Bodentruppen nach Vietnam durch den Präsident Johnson führten zur gänzlichen Amerikanisierung des Krieges und provozierte eine militärische Auseinandersetzung, welche die USA mit den gewählten Methoden nicht für sich entscheiden konnte.37 Nixon trat somit ein politisches Erbe an, das die amerikanische Gesellschaft spaltete. Um der Forderung seitens der Öffentlichkeit, die Truppen aus Vietnam abzuziehen, entgegen zu kommen, begann die Vietnamisierung unter Nixon.38 Zugleich ordnete jedoch der Präsident die Bombardierung der nordvietnamesischen Rückzugsgebiete in Kambodscha an, wobei diese sogenannte Operation MENUE von Nixon als derart geheim eingestuft wurde, dass selbst der Stabschef der Luftwaffe nicht davon informiert und dies folglich der amerikanischen Öffentlichkeit ebenfalls verheimlicht wurde.39 Die durch den Vietnamkrieg kausierte schwierige politische Situation Nixons, führte zu teilweise unmoralischen und drastischen Maßnahmen des Präsidenten und förderten seine kalkulierte Rücksichtslosigkeit, wie sich anhand dem bereits erwähnten Vorgehen Nixons erkennen lässt. Im Kontext des Vietnamkrieges sind ebenfalls die anti-war-movements als Faktor für die Dynamik der Affäre zu erläutern. Die kriegsmüde Nation wurde verstärkt öffentlich aktiv, indem sie ihre Anti-Kriegs-Haltung bei diversen Demonstrationen kundgaben. Dem Politikwissenschaftler Michael Genovese zur Folge sind die Proteste bezüglich des Vietnamkriegs enorm angestiegen, als Nixon sein Amt antrat und setzten diesen zunehmend unter Druck. Da der Präsident sich keinesfalls von den Massenkundgebungen in jeglicher Weise beeinflussen lassen wollte, agierte Nixon teils unmoralisch und illegal. Folglich sollten laut Genovese Nixon und dessen Taten stets im Kontext von Vietnam betrachtet werden.40 Ein weiterer ausschlaggebender Faktor, welcher der Watergate-Affäre unter anderem ihre Dynamik verlieh, stellt die Presse und deren investigative Tätigkeiten dar. Die grundsätzliche Antipathie der Presse gegenüber dem Präsidenten kausierte seitens des Journalismus eine gnadenlose Suche nach Fehlern hinsichtlich Nixons Handeln.41 So wurde bereits im Mai 1969, fünf Monate nach Nixons Amtsantritt, in der New York Times ein Bericht über die geheime Bombardierung Kambodschas veröffentlicht. Aufgrund der daraus resultierten Angst vor weiteren leaks arbeiteten Nixon, Kissinger und Hoover einen Plan aus, bei dem 17 Mitglieder des außenpolitischen Establishment und der Presse abgehört werden sollten, um so den Verräter zu finden.42 Dass Nixons Furcht vor weiteren Enthüllungen durchaus berechtigt war, zeigte sich im Juni 1971 mit der Veröffentlichung der Pentagon Papers durch Daniel Ellsberg.43 Als Antwort auf das Hintergehen der Regierung wurde die geheime und vom Die Pentagon Papers stellten „top-secret Dokumente der Regierung dar, die sämtliche Aspekte des amerikanischen Engagements in Indochina beinhalteten. Aufgrund Ellsbergs Diskrepanz mit der vorherrschenden Politik übergab dieser die Staatspapiere der Presse, wodurch die Öffentlichkeit von den bisher Weißen Haus kontrollierte Plumbers-Einheit gegründet, die durch Spionage potentieller Feinde und weitere illegale Tätigkeiten vor weiteren leaks schützen sollte. Eine der illegalen Aktionen dieser Gruppe repräsentiert der Einbruch 1971 bei Daniel Ellsbergs Psychologe, um belastende Informationen über diesen zu finden, welche die Glaubwürdigkeit Ellsbergs in Frage stellen könnte. Folgch repräsentiert die Veröffentlichung der Papiere einen Wendepunkt im politischen Aktionismus, da Gesetzesverstöße innerhalb der Exekutiven nun zu einem schweren Vergehen avancierten. Hinsichtich der Gesetzesverstöße und Nixons allgemeiner Machtmissbrauch ist Politikwissenschaftler Michael Schudson jedoch der Meinung, dass diese illegalen und unmoralischen Tätigkeiten, vor allem der gesetzteswidrige Gebrauch der CIA zu Spionagezwecken, nicht ihren Ursprung in der Nixon-Ära hatten, sondern bereits unter Kennedy und Johnson Anwendung fanden. „But Kennedy and Johnson had been protected by a much more circumspect and deferential press , so Schudson. Demnach deklariert Ruth P. Morgan das schwierige Verhältnis zwischen Nixon und der Presse als Schlüssel für den Watergate-Skanda und Marvin Kolb tituliert die Are sogar als „battle between a President and a newspaper . Neben dem Vietnamkrieg, den anti-war-movements und der Presse lassen sich ebenfalls die social changes zu den gesellschaftlichen Faktoren einordnen. Diese waren die Folge von der tiefen sozialen und politischen Krise des amerikanischen Kapitalismus, welche in mehreren Formen in Erscheinung trat. Zum einen spiegelte sich die besagte Krise in der Niederlage des US-Imperialismus in Vietnam wieder. Des Weiteren zeigte diese sich in der Schwächung der internationalen ökonomischen Stellung Amerikas. Die führende Position der Staaten in der Weltwirtschaft wurde durch ein stetig wachsendes Zahlungsbilanzdefizit erschüttert, dessen Ursachen hauptsächlich das Haushaltsdefizit der Regierung und die hohen Kriegskosten waren. Da der Besitz an Dollars im Ausland die Goldreserven in Fort Knox bei weitem überstieg, sah sich Nixon am 15.08.1971 gezwungen, das Bretton Woods System aufzulösen und stattdessen ein Prinzip fluktuierender Wechselkurse einzuführen. Außerdem trugen Lohnbewegungen der Arbeiter im industriellen Sektor zum Zusammenbruch des Systems bei, welche 1969 mit diversen Streiks der Industriearbeiter begann. Diese setzten Nixon unter Druck, sodass er sich gezwungen sah, die Löhne jährlich nicht mehr als 5,5% steigen zu lassen. Die genannten Erscheinungsformen der Krise des politischen Kapitalismus kausierten folglich eine breite soziale Bewegung, zu welcher neben den Studentenprotesten gegen den Vietnamkrieg beispielsweise auch die Bürgerrechtsbewegungen im Süden Amerikas zählen. Aufgrund der radikalisierten Massen entwickelte sich in der Regierung eine zunehmende paranoide Angst vor Illoyalität und leaks gegenüber der Presse. Alexander M. Bickel ist wiederrum der Meinung, dass für das Verständnis dieser Ära eine genauere Betrachtung der gesetzlichen und sozialen Ordnung in den Jahren vor der Watergate-Affäre ausschlaggebend sei. „The nation had an extraordinarily sustained experience when the limits to civil disobedience and conscientious objection were transgressed by at least three distinct, sizable groups in society -white southeners in the mid-fifties, the civil rights movement, and the white middle-class anti-war movement. Bickel deutet an, dass Watergate in gewissem Maße eine „replica of the transgression of those limits darstelle.

[...]


1 President Nixon ’s Resignation Speech vom 08.08.1974, siehe Anhang Nr. 1.

2 Ruth P. Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of the Presidency, in: Presidential Studies Quarterly, Nr. 1 (26) 1996, S. 217.

3 Michael Schudson, Notes on Scandal and the Watergate Legacy, in: American Behavioral Scientist, Nr. 47 (9) 2004, S. 1232.

4 Die Aufgabe der fünf Plumbers, darunter James McCord Jr., war es, die technischen Defizite des Abhörsystems, welches in einem vorherigen Einbruch installiert wurde, im Watergate-Gebäude zu lösen. Vgl. Michael Schudson, Watergate in American Memory: how we remember, forget, and reconstruct the past, Ney York 1992, S. 16.

5 Vgl. Jonathan Aitken, Nixon. A Life, Washington D.C. 1993, S. 447.

6 Vgl. Schudson, Watergate in American Memory, S. 16f.

7 Vgl. Mark H. Lytle, America s uncivil wars. T he Sixties era, from Elvis to the al o Richard Nixon, New York 2006, S. 367; Schudson, Watergate in American Memory, S. 17f.

8 Da Cox hinsichtlich der Ausarbeitung eines Kompromisses über die Tonbandvergabe scheiterte, forderte Nixon den Justizminister Richardson auf, Cox zu entlassen. Dieser weigerte sich jedoch den Befehl auszuführen, da er eine unabhängige Untersuchung der Aufnahmen durch den Senat unterstützte und trat folglich von seinem Amt zurück. Sein Nachfolger William Ruckelshaus weigerte sich ebenfalls Nixons Anordnung in die Tat umzusetzen. Erst der dritte der Rangliste des Justice Departements, Robert Bork, führte die Anweisung durch. Diese Geschehnisse, welche sich an einem Samstagabend zugetragen hatten, wurden unter dem Begriff „Saturday-Night-Massacre“ bekannt, Vgl. Schudson, Watergate in American Memory, S. 18f.

9 Vgl. Lytle, America ’s uncivil wars, S. 369f.

10 Vgl. Schudson, Watergate in American Memory, S. 20.

11 Vgl. Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of the Presidency, S. 218.

12 Vgl. Peter Lösche, Macht und Ohnmacht der Exekutive, in: Informationen zur politischen Bildung, Nr. 283 2008, S. 13-28, siehe http://www.bpb.de/izpb/9228/macht-und-ohnmacht-der-exekutive (letzter Zugriff am: 11.05.2014)

13 Vgl. Jürgen Heideking (Hrsg.), Die amerikanischen Präsidenten. 42 Historische Porträts von George Washington bis George W. Bush, 4. Aufl., München 2005, S. 38 ff.

14 Vgl. Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of the Presidency, S. 227.

15 Vgl. Beverly Gage, Deep Throat, Watergate, and the Bureaucratic Politics of the FBI, in: Journal of Policy History, Nr. 2 (24) 2012, S. 158; 160f.

16 Vgl. Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of the Presidency, S. 227.

17 Vgl. Lytle, Uncivil wars, S. 366.

18 Vgl. Wolf W. Zuelzer, Selbstzerst örung der Demokratie? Ein amerikanisches Lehrstück, München 1975, S. 11f.

19 James David Barber, The Construction of Richard Nixon, in: Watergate: ist effects on the American political system, David C. Saffell (Hrsg.), Cambridge 1974, S. 339. Barber, Construction of Nixon, S.334. Vgl. Barber, Construction of Nixon, S.323; 327; 334. Vgl. Barber, Construction of Nixon, S. 339f. 23 f th

20 Vgl. Morgan, Nixon, Watergate, and the Study o e Presidency, S. 225 . Vgl. Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of the Presidency, S. 227.

21 Vgl. Aitken, NIXON, S. 518.

22 Vgl. Fawn M. Brodie, Richard Nixon: T he Shaping of his Character, New York 1981, S. 27f.

33 Am 24.07.74 legte der Supreme Court mit einer 8 zu 0 Abstimmung fest, dass Nixon die Bänder an den Special Prosecutor abgeben muss. Siehe Anhang Nr. 2: Woodward and Bernstein: 40 years after Watergate, Nixon was far worse than we thought, Washington Post, 08.06.2012.

34 Vgl. Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of the Presidency, S. 225.

35 Vgl. Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of the Presidency, S. 228.

36 Marc Frey, Geschichte des Vietnamkriegs. Die Trag ödie in Asien und das Ende des amerikanischen Traums, 9. Aufl., München 2010 (Beck’sche Reihe; 1278), S. 233.

37 Vgl. Frey, Vietnamkrieg, S.235f.

38 Unter dem Begriff Vietnamisierung versteht man die Übertragung der Hauptlast der militärischen Auseinandersetzung auf die südvietnamesischen Streitkräfte. Direkte Beteiligung der USA an militärischen Konflikten findet nur noch in Ausnahmefällen statt. Vgl. Frey, Vietnamkrieg, S. 190.

39 Vgl. Frey, Vietnamkrieg, S.191.

30 Vgl. Michael Genovese, The Nixon Presidency: Power and Politics in Turbulent Times, New York 1999, S.135ff.

31 Vgl. Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of the Presidency, S. 220.

32 Vgl. Gage, Deep Throat, S. 169.

33 Vgl. Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of the Presidency, S. 22.

34 Vgl. Schudson, Notes on Scandal, S. 1234.

35 Vgl. Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of the Presidency, S. 219.

36 vgl. Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of the Presidency, S. 228.

37 Vgl. Gage, Deep Throat, S. 171; 174.

38 Marvin Kalb, The Nixon Memo: Political Respectability, Russia, and the Press, Chicago 1994, S. 14 f.

39 Vgl. Patrick Martin, Watergate historisch betrachtet: Warum wird das kriminelle Weiße Haus heute nicht ebenso angegriffen?, in: World Socialist Web Site, 10.06.2005, o. S., siehe https://www.wsws.org/de/articles/2005/06/wate-j10.html (letzter Zugriff am: 10.05.14).

40 Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of th e Presidency, S. 22 8 . Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of the Presidency, S. 228. Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of the Presidency, S. 23 1 f.

41 Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of th e Presidency, S. 22 8 . Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of the Presidency, S. 228. Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of the Presidency, S. 23 1 f.

42 Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of the Presidency, S. 228. Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of the Presidency, S. 23 1 f.

43 Morgan, Nixon, Watergate, and the Study of the Presidency, S. 23 1 f.

Excerpt out of 28 pages

Details

Title
Der Watergate-Skandal. Ein Produkt von Richard M. Nixon?
College
University of Trier
Grade
1,7
Author
Year
2014
Pages
28
Catalog Number
V583791
ISBN (eBook)
9783346196705
ISBN (Book)
9783346196712
Language
German
Keywords
Vietnamkrieg Nixon Watergate Internationale Geschichte
Quote paper
Vanessa Kühner (Author), 2014, Der Watergate-Skandal. Ein Produkt von Richard M. Nixon?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/583791

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