Die Arbeit untersucht die wirtschaftspolitischen Mitwirkungsrechte- und Pflichten der europäischen Nationalparlamente in der Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft (WWU).
Dabei wird insbesondere auf das Instrument des ESM eingegangen, der europarechtliche Fragen zur demokratischen Legitimation und zum Haushaltsrecht der Parlamente aufwirft. Aufgrund des Umfangs der Beteiligung nimmt der Deutsche Bundestag dabei eine privilegierte Stellung ein, die sich im Gefüge von WWU und ESM weiter entfaltet - und somit "Legitimationsasymmetrien" unter den Nationalparlamenten aufkommen. Wie sich dies begründen lässt, ist ebenso Gegenstand der Arbeit wie legitimationstechnische Grenzfälle.
Im November 2010 fragte Irland als erstes Land finanzielle Hilfen aus dem neu geschaffenen temporären Euro-Rettungsschirm an. Infolgedessen musste das irische Parlament einem "Memorandum of Understanding" zustimmen, in welchem sich das Land zu einer regelmäßigen Vorlage seines Entwurfshaushalts bei den internationalen Finanzgebern der Europäischen Union (EU) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) verpflichtete.
Die Europäische Kommission, die insbesondere die Geldgeber der Eurozone als Teil der sogenannten "Troika" repräsentierte, war rechtlich dazu veranlasst, den irischen Entwurfshaushalt an die Finanzminister der Eurozone zur Vorabprüfung weiterzuleiten. Aufgrund der verfassungsrechtlichen Veröffentlichungspflichten der Bundesregierung gegenüber dem Deutschen Bundestag konnten sich in Folge die Mitglieder des Deutschen Bundestags noch vor ihren irischen Parlamentskollegen mit dem Entwurf befassen, denen Entwurf erst später vorgelegt wurde.
Deutlich wurde die unterschiedliche Ausgestaltung nationalparlamentarischer Mitwirkungsrechte in der EU: Diese hängen nämlich nicht nur von primärrechtlichen Bestimmungen auf horizontaler Ebene ab, sondern ebenso vertikal von der rechtlichen Stellung des jeweiligen nationalen Legislativorgans gegenüber seiner Exekutive.
Auch weil insbesondere das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) – wie in dieser Arbeit festzustellen sein wird – immer wieder die Informations- und Mitwirkungsrechte der Deutschen Bundestages gestärkt und die elementare Bedeutung des Haushaltsrechtes hervorgehoben hat, drängt sich der Verdacht einer herausgehobenen Stellung des Deutschen Bundestages gegenüber anderen Parlamenten in der Europäischen Union auf.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Nationale Parlamente in der Europäischen Union
- 2.1. Rollen und Funktionen europäischer Parlamente
- 2.2. Mitwirkung des Deutschen Bundestages in EU-Angelegenheiten
- 3. Die Wirtschafts- und Währungspolitik: Fundament einer Krise?
- 3.1. Vertiefte Integration durch Maßnahmen in der Krise?
- 3.2. Nationale Parlamente und der Euro
- 3.3. Demokratische Legitimation
- 4. Privilegien auf tönernen Füßen?
- 4.1 Zwischen Asymmetrie und Sonderfall
- 4.2 Grenzfälle der Mitsprache
- 5. Schlussfolgerung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die wirtschaftspolitische Mitbestimmung nationaler Parlamente in der Europäischen Union, insbesondere im Kontext der Eurozone. Sie befasst sich mit der Frage, inwiefern der Deutsche Bundestag im Vergleich zu anderen nationalen Parlamenten eine privilegierte Rolle einnimmt und welche Auswirkungen dies auf die demokratische Legitimation der Europäischen Union hat.
- Rolle nationaler Parlamente in der Europäischen Union
- Mitwirkung des Deutschen Bundestages in EU-Angelegenheiten
- Wirtschafts- und Währungspolitik in der Eurozone
- Demokratische Legitimation der Europäischen Union
- Asymmetrische Einwirkungsmöglichkeiten nationaler Parlamente
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Rolle des Deutschen Bundestages in der Europäischen Union und stellt die Frage nach einer möglichen Privilegierung im Vergleich zu anderen nationalen Parlamenten. Der Fokus liegt dabei auf der wirtschafts- und währungspolitischen Mitwirkung.
Im zweiten Kapitel werden die Rollen und Funktionen nationaler Parlamente in der Europäischen Union im Allgemeinen erläutert. Dabei wird die Mitwirkung des Deutschen Bundestages explizit behandelt und die Frage nach der Legitimation seiner Einwirkungsmöglichkeiten aufgeworfen.
Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Wirtschafts- und Währungspolitik in der Europäischen Union und untersucht die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Mitwirkungsrechte nationaler Parlamente.
Das vierte Kapitel beleuchtet die verschiedenen Ansätze und Problemfelder der Mitwirkung nationaler Parlamente in der Europäischen Union.
Schlüsselwörter
Europäische Union, Deutsche Bundestag, Eurozone, Wirtschafts- und Währungspolitik, Mitwirkung, Legitimation, Asymmetrie, Finanzkrise, nationale Parlamente, EU-Recht.
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- Peter König (Autor), 2016, Der Deutsche Bundestag in EU-Angelegenheiten, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/584229