Hörspielanalyse: Ernst Johannsen - Brigadevermittlung


Dossier / Travail de Séminaire, 2005

15 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Basisdaten

2. Das Hörspiel als literarischer Text

3. Kontext der Hörspielrealisierung

4. Das Hörspiel als realisierter Hörfunktext

5. Aspekte der Rezeption

6. Literaturverzeichnis

1. Basisdaten

Das Hörspiel „Brigadevermittlung“ von Ernst Johannsen (1898-1977) ist eines der bedeutendsten Hörspiele der Weimarer Republik. Es wurde 1929 von dem damaligen Sender „Münchener Rundfunk“ produziert und am 17.10.1929 während der „Deutschen Stunde in Bayern“ urgesendet.[1]

Eine vorherige Anfrage zur Produktion des Hörspiels bei dem Hamburger Sender wurde abgelehnt, da „dessen Hörspieldramaturg es ,aus technischen Gründen für nicht aufführbar hielt’“.[2]

„Brigadevermittlung“ entwickelte sich in den folgenden Jahren zu dem „meistgespielte[n] […] [und] international bekannteste[n] deutsche[n] Hörspiel über den Ersten Weltkrieg“.[3] Es wurde ins Englische und ins Französische übersetzt. Sogar eine Schallplatte wurde gepresst – eine Besonderheit für die damalige Zeit. Allerdings ist heute keine dieser Aufnahmen mehr existent. Insgesamt wurde „Brigadevermittlung“ über 50 Mal in elf verschiedenen Ländern ausgestrahlt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte das Hörspiel eine Art Renaissance. 1958 kam es zu einer Neuproduktion des NDR, wobei der Text jedoch von der Urfassung erheblich abwich.[4] Diese Neuproduktion wurde 1959 erstmals ausgestrahlt.

1963 entstand eine weitere Fassung in der ehemaligen DDR, die noch im gleichen Jahr gesendet wurde.

Eine zusätzliche Produktion und Ausstrahlung der Bundesrepublik von 1967 soll der „Urfassung gleich kommen“.[5] Auch erschien das Hörspiel in diesem Jahr erstmals als Buch im Reclamverlag.[6]

2. Das Hörspiel als literarischer Text

Das Hörspiel „Brigadevermittlung“ entstand während der „erste[n] Welle von Kriegshörspielen [, welche] datiert [wird] um die Jahre 1929/30“.[7]

Zu Beginn des Stücks beschreibt ein Sprecher, der Erzähler des Hörspiels, wie ein deutscher überlebender Soldat des Ersten Weltkrieges in Frankreich einen ehemaligen Kriegsschauplatz der Westfront besucht:

„Kornfelder, Wiesen, spielende Kinder am Bach und vom Bahndamm her eine Dampffahne. Ein Fremder steht am Straßenkreuz und blickt sinnend über die Felder. Dies war die Landschaft des Todes, der Gräben im splitterdurchsetzten Boden, der alten verschütteten Stollen und der immer neuen Trichter. […] Hinter jenem Hügelzug lag die Brigade, und das Ende kam an einem Tag wie diesem.“[8]

Diese Form des Anfangs findet sich in der Urfassung von 1929. Die späteren Neuproduktionen weisen eine Rückblende auf beide Weltkriege auf. Der Sprecher erzählt nun von zwei Männern, die diesen ehemaligen Kriegsschauplatz beider Kriege besuchen. Hierbei handelt es sich vermutlich um Vater und Sohn, wobei der Vater im Ersten und der Sohn im Zweiten Weltkrieg auf diesem Stück Land gekämpft haben.[9] „Zwei Männer sitzen am Straßenkreuz, ein alter, etwa sechzigjähriger und ein jüngerer“.[10] Beide erzählen von ihren Erinnerungen an diesen Ort. Zuerst der jüngere, dann der ältere.

Dieser war Telefonist einer Brigadevermittlung. „Und eines Tages im Sommer 1918 …“.[11] Der Satz bricht an dieser Stelle ab. Es erklingt ein auf einer Mundharmonika gespieltes Frontlied als Überleitung. Der Hörer findet sich nun mitten im Kriegsgeschehen wieder: dreißig Stufen unter der Erde in einer Telefonstation einer Brigadevermittlung an der Westfront. Er wird Zeuge von den Dingen, die in dieser Telefonstation geschehen. Durch den Klappenschrank, eine im Ersten Weltkrieg erstmals eingesetzte Möglichkeit der Vermittlung von Ferngesprächen, erfährt er außerdem, was draußen – rings um die Brigadevermittlung – vor sich geht.

Johannsen hat so eine Möglichkeit geschaffen, den Raum, in dem das Hörspiel stattfindet, ständig zu erweitern oder zu begrenzen.

Insgesamt besteht das Hörspiel aus 48 kurzen oder sehr kurzen Szenen, wobei es sich bei 45 Szenen um Dialogsequenzen handelt und drei Szenen dem Sprecher vorbehalten sind. Diese befinden sich zu Beginn, am Schluss und in der Mitte des Hörspiels. Es wird somit in zwei Abschnitte geteilt.

Typisch für die Dialogsequenzen ist es, dass es sich oft nur um kurze Fragmente handelt, in denen der Hörer Informationen über das Leben der Soldaten und ihre Arbeit in und um die Telefonstation erhält sowie Telefongespräche über das aktuelle Kriegsgeschehen mithört. Man hört so beispielsweise, wie der Telefonist Schneider Anrufe entgegennimmt, die Anrufer mit dem gewünschten Empfänger verbindet und die Gespräche mithört, aber auch wie manche Vermittlungen scheitern.

Man erfährt über die Probleme der deutschen Soldaten bezüglich der fehlenden Verstärkung, des fehlenden Materials, der Überlegenheit der Alliierten und der schlechten Versorgung.[12] Aber auch der Alltag der Soldaten wird dargestellt. Müller und Schmidt spielen Karten, Hinrichsen kocht Kaffee und versucht Zwiebeln zu besorgen, um das Pferdefleisch, welches er von einem „durch Fliegerbomben“[13] frisch gefallenen Tier bekommen konnte, zuzubereiten. Die Karbidlampe geht bei Einschlägen „in der Nähe […] vom Luftdruck aus“[14] und immer wieder müssen die Männer „hoch“, um Leitungen zu flicken, Nachrichten zu überbringen und Verwundete zu versorgen. Nachrichten über Fehlschüsse auf eigene Truppen, das Fallen bekannter Kameraden oder der Tod des Bruders von Oberleutnant Zitsowitz schockieren fast niemanden mehr. Es gehört zum Alltag der Soldaten.

[...]


[1] http://www.hoerdat.in-berlin.de/index.html?select.php?&col1=ti&a=Brigadevermittlung&bool1=and&col2=yr&b=1929 (01.03.2005).

[2] Kreuzer, Helmut (Hg.), Deutschsprachige Hörspiele 1924 – 33. Elf Studien zu ihrer gattungsgeschichtlichen Differenzierung, Frankfurt am Main 2003, 71.

[3] Ebd. 70.

[4] Hörburger, Christian, Das Hörspiel der Weimarer Republik. Versuch einer kritischen Analyse, Stuttgart 1975, 191 f.

[5] Ebd. 192.

[6] Vgl.: Kreuzer, Helmut (Hg.), Deutschsprachige Hörspiele 1924 – 33. Elf Studien zu ihrer gattungsgeschichtlichen Differenzierung, Frankfurt am Main 2003, 71.

[7] Hörburger, Christian, Das Hörspiel der Weimarer Republik. Versuch einer kritischen Analyse, Stuttgart 1975, 184.

[8] Johannsen, Ernst, Brigadevermittlung, 1929. (Entnommen aus: Kreuzer, Helmut (Hg.), Deutschsprachige Hörspiele 1924 – 33. Elf Studien zu ihrer gattungsgeschichtlichen Differenzierung, Frankfurt am Main 2003, 71.)

[9] http://www.uni-stuttgart.de/ndl1/johannsen.htm (01.03.2005).

[10] Johannsen, Ernst, Brigadevermittlung, in: Schwitzke, Heinz (Hg.), Frühe Hörspiele. Sprich, damit ich dich sehe. Band II, München 1962, 159.

[11] Ebd. 159.

[12] Der Proviantwagen kommt so beispielsweise verspätet.

[13] Johannsen, Ernst, Brigadevermittlung, in: Schwitzke, Heinz (Hg.), Frühe Hörspiele. Sprich, damit ich dich sehe. Band II, München 1962, 165.

[14] Ebd. 175.

Fin de l'extrait de 15 pages

Résumé des informations

Titre
Hörspielanalyse: Ernst Johannsen - Brigadevermittlung
Université
University of Siegen
Cours
Rundfunk und Literatur in der Weimarer Republik
Note
1,0
Auteur
Année
2005
Pages
15
N° de catalogue
V58534
ISBN (ebook)
9783638527002
ISBN (Livre)
9783656776086
Taille d'un fichier
464 KB
Langue
allemand
Mots clés
Hörspielanalyse, Ernst, Johannsen, Brigadevermittlung, Rundfunk, Literatur, Weimarer, Republik
Citation du texte
Britta Wüst (Auteur), 2005, Hörspielanalyse: Ernst Johannsen - Brigadevermittlung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58534

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