1961 stellte Helmut Schelsky die herausragende Bedeutung, die dem Bildungswesen in fortgeschrittenen Industriegesellschaften für die soziale Entfaltungsmöglichkeiten der verschiedenen Bildungsgruppen zukommt, heraus. Dies tat er durchaus mit kritischer Absicht, denn er wollte damit auch auf den Verlust der Autonomie der Familie gegenüber Instanzen einer bürokratischen Umwelt aufmerksam machen. Kurz darauf thematisierte Georg Picht die Relevanz von Bildungswesen und Bildungsbeteiligung für die sozioökonomische Entwicklung. Das Erziehungs- und Bildungswesen der Bundesrepublik Deutschland sei seiner Meinung nach nicht mehr in der Lage, den Bedarf unserer Gesellschaft an qualifizierten Nachwuchskräften zu decken und den durchschnittlichen Bildungsstand unseres Volkes auf einem Niveau zu halten, das den Standards des 20. Jahrhunderts entspricht. Für die Bundesrepublik Deutschland spielen wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und politische Selbstbehauptung zur konsequenten Ausschöpfung der Begabungsreserven, eine wichtige Rolle. (Geißler, Rainer (1994): Soziale Schichtung und Bildungschancen. Stuttgart, S. 117) Die schulische und berufliche Ausbildung von Kindern und Jugendlichen stellt eine zentrale Ressource für deren zukünftige Chancen auf dem Arbeitsmarkt dar. Verbunden ist damit auch die gesellschaftliche Position, denn anhand von Bildungsabschlüssen werden entscheidende biografische Eckpunkte für das Leben festgemacht. Auf dem Bildungssystem lastet eine Reihe zu erfüllender Aufgaben. Es geht um Sozialisation, Statuszuweisung, die Auswahl wichtiger Wissensbestände und die Sicherung des gesellschaftlichen Grundkonsens. Die PISA-Studie hat jedoch deutlich gemacht, dass sich Deutschlands allgemein bekanntes Selbstbild vom "Volk der Dichter und Denker" nicht bewahrheitet: In den Bereichen Lesekompetenz, Mathematik und Naturwissenschaft erzielten deutsche Schüler lediglich unterdurchschnittliche Ergebnisse. Im Zeitalter des 20. Jahrhunderts, welches geprägt ist von hoher Jugendarbeitslosigkeit sowie steigender Jugendkriminalität, wird anhand von PISA der Handlungsbedarf in den verschiedenen Bereichen des Bildungssystems deutlich. Deshalb ist es wichtig zu erläutern, was die Bildungsexpansion sowie der Wandel der Bildungschancen aussagt, welche Ursachen und Folgen die Bildungsexpansion nach sich zieht und welche Veränderungen im Zusammenhang von Bildungssystem und Sozialstruktur bestehen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Soziale Funktionen des Bildungssystems
- Bildungsexpansion
- Ursachen der Bildungsexpansion
- Folgen der Bildungsexpansion
- Bildung als soziale Ressource
- Schichtspezifische Ungleichheit der Bildungschancen
- PISA-Studie
- Analyse PISA-Studie 2000
- Analyse PISA-Studie 2003
- Gelenkstellen im Bildungssystem
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die soziale Funktion des Bildungssystems in der modernen Gesellschaft und beleuchtet die Ursachen und Folgen der Bildungsexpansion. Dabei wird die Frage nach der Schichtspezifischen Ungleichheit der Bildungschancen und die Bedeutung der PISA-Studie für die Analyse des Bildungssystems untersucht.
- Soziale Funktionen des Bildungssystems
- Ursachen und Folgen der Bildungsexpansion
- Schichtspezifische Ungleichheit der Bildungschancen
- PISA-Studie als Indikator für Bildungserfolg
- Gelenkstellen im Bildungssystem und deren Einfluss auf die Bildungschancen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und erläutert die Relevanz des Bildungswesens für die soziale Entfaltung der verschiedenen Bildungsgruppen in fortgeschrittenen Industriegesellschaften. Des Weiteren werden die zentralen Aufgaben des Bildungssystems und die Problematik der PISA-Studie im Kontext der Bildungslandschaft in Deutschland beleuchtet.
Das zweite Kapitel befasst sich mit den sozialen Funktionen des Bildungssystems, insbesondere mit der Platzierungs- und Auslese- bzw. Selektionsfunktion. Die Bedeutung von Bildung als „schützendes Gut“ und ihr Einfluss auf die Lebenschancen der Menschen werden erläutert.
Das dritte Kapitel behandelt die Bildungsexpansion und ihre Ursachen, die sich aus dem wissenschaftlichen und technischen Fortschritt sowie der zunehmenden Komplexität der Gesellschaft ergeben. Die Folgen der Bildungsexpansion, wie die Veränderung der Qualifikationsstruktur und die zunehmende Bedeutung von Bildungsabschlüssen, werden ebenfalls diskutiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Themen des Bildungssystems, der Bildungsexpansion, der sozialen Ungleichheit der Bildungschancen und der PISA-Studie. Weitere wichtige Schlüsselbegriffe sind soziale Funktionen, Platzierungsfunktion, Auslese- oder Selektionsfunktion, Humankapital, Bildungschancen, Bildungsungleichheit und soziale Mobilität.
- Citar trabajo
- Nicole Böhmer (Autor), 2005, Dauerhafte soziale Ungleichheit der Bildungschancen in der BRD, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58827