Ableitung der Bodenfeuchte aus SIR-C Daten am Beispiel NW-Australiens


Diploma Thesis, 2001

113 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Radarerkundung
2.1 Real Aperture Radar (RAR)
2.2 Synthetic Aperture Radar (SAR)
2.2.1 Aufnahmegeometrie
2.2.2 Streuung von Mikrowellen
2.2.3 Die Radargleichung
2.2.4 Parameter welche die Rückstreuungsenergie (Pr) beeinflussen
2.2.4.1 Systemparameter
2.2.4.1.1 Wellenlänge
2.2.4.1.2 Polarisation
2.2.4.1.3 Beobachtungswinkel
2.2.4.1.4 Blickrichtung & Objektorientierung
2.2.4.1.5 Auflösung
2.2.4.2 Objektparameter
2.2.4.2.1 Oberflächenrauhigkeit
2.2.4.2.1.1 Makroskalige Rauhigkeit
2.2.4.2.1.2 Mesoskalige Rauhigkeit
2.2.4.2.1.3 Mikroskalige Rauhigkeit
2.2.4.2.2 Dielektrizitätskonstante
2.2.5 Speckle
2.2.6 Interpretation von Radardaten
2.2.7 Interferometrie

3. Die SIR-C/X-SAR Mission

4. Ableitung der Bodenfeuchte aus Radardaten
4.1 Die Bedeutung der Bodenfeuchte
4.2 Messung der Bodenfeuchte
4.3 Methoden zur Ableitung der Bodenfeuchte aus Radardaten
4.3.1 Das Modell von Oh, Sarabandi & Ulaby (1992)
4.3.2 Das Modell von Chen, Yen & Huang (1995)

5. Die Untersuchungsgebiete
5.1 Nicholson
5.2 Wolf Creek

6. Vorverarbeitung der SIR-C Daten
6.1 Datengrundlage
6.2 Multilook Prozessierung
6.3 Filter
6.4 Vegetationskorrektur

7. Ergebnisse
7.1 Bestimmung der Bodenfeuchte des Untersuchungsgebietes Nicholson
7.1.1 Ableitung der Bodenfeuchte nach Oh, Sarabandi & Ulaby (1992)
7.1.2 Ableitung der Bodenfeuchte nach Chen, Yen & Huang (1995)
7.1.3 Hauptkomponentenanalyse
7.1.4 Diskussion der Ergebnisse
7.2 Bestimmung der Bodenfeuchte des Untersuchungsgebietes Wolf Creek
7.2.1 Ableitung der Bodenfeuchte nach Oh, Sarabandi & Ulaby (1992)
7.2.2 Ableitung der Bodenfeuchte nach Chen, Yen & Huang (1995)
7.2.3 Hauptkomponentenanalyse
7.2.4 Diskussion der Ergebnisse

8. Zusammenfassung und Bewertung der Ergebnisse

9. Ausblick

10. Literaturliste
10.1 Quellen aus dem Internet

I. Anhang A: Kartenmaterial

II. Anhang B: SIR-C Mode Table

III. Anhang C: Karte I - Nicholson

IV. Anhang D: Karte II - Wolf Creek

1. Einleitung

Die Bodenfeuchte ist Teil des Wasserkreislaufes. Auch wenn sie nur ca. 0,001 % der gesamten Wassermenge des Planeten ausmacht, kommt der Bodenfeuchte eine herausragende Bedeutung für das Leben auf Erden zu. Ein Teil des im Boden gebundenen Wassers, die sogenannte nutzbare Feldkapazität, steht der Vegetation für ihre Stoffwechselprozesse zur Verfügung (vgl. Kuntze et al. 1994). Die zeitliche und räumliche Dynamik der Bodenfeuchte

mit den Prozessen der Evaporation, Transpiration, Infiltration und Grundwasserneubildung ist

für das Verständnis der lokalen Wasserkreisläufe von größter Bedeutung. Mit den konventionellen Meßmethoden ist der Bodenwassergehalt nur punktuell zu erfassen (siehe 4.2). Großflächige Untersuchungen sind durch den hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand kaum zu realisieren.

Die Radarerkundung bietet da eine kostengünstige und zeitsparende Alternative. Schon seit über 25 Jahren ist bekannt, daß sich die vom Radar aufgezeichnete Rückstreuung sensitiv gegenüber dem Wassergehalt des Bodens verhält (vgl. Ulaby 1974). Da aber auch noch andere Parameter die Rückstreuung maßgeblich beeinflussen, wie z.B. die Vegetationsbedeckung oder die Oberflächenrauhigkeit, konnte lange Zeit kein geeignetes Modell entwickelt werden, mit dessen Hilfe die Bodenfeuchte aus Radardaten abgeleitet werden konnte. Erst Anfang der neunziger Jahre wurde ein halb-empirisches Modell von Oh et. al. (1992) entwickelt, das in der Lage war, die Bodenfeuchte und Oberflächenrauhigkeit unbewachsener Böden aus Radardaten abzuleiten (vgl. Dobson & Ulaby 1998). Die Trennung der einzelnen Parameter ist auch heute noch ein sehr wichtiger Forschungsschwerpunkt der Radarerkundung (Neusch 1998).

Mit der SIR-C/X-SAR Mission stehen seit 1995 erstmals vollpolarimetrische Radardaten aus dem All zur Verfügung. Bisher wurde bei großflächigen Radaruntersuchungen zumeist versucht, die Bodenfeuchte über multitemporale Anwendungen, mit Hilfe von ERS-1 (European Remote Sensing Satellite) oder ERS-2 Daten, zu erfassen (vgl. Wagner 1998, Shoshany et. al. 2000). Diese SAR Systeme zeichnen jeweils nur mit einer Frequenz und Polarisation auf. Der Informationsgewinn ist dadurch entsprechend gering. Die meisten Modelle zur Ableitung der Bodenfeuchte beruhen aber auf der Verarbeitung von vollpolarimetrischen Datensätzen (vgl. 4.3). Diese Modelle wurden zumeist auf der Grundlage kleinräumiger, experimenteller Untersuchungen entwickelt und lassen sich nicht ohne weiteres auf andere Regionen übertragen (Blyth & Evans 1985). Den unterschiedlichen Modellen zur Ableitung der Bodenfeuchte aus vollpolarimetrischen Radardaten stehen bis heute kaum großflächige Untersuchungen gegenüber, die deren Ergebnisse verifizieren könnten.

Mit dieser Diplomarbeit soll der Versuch unternommen werden, die Bodenfeuchte aus SIR-C Daten mit unterschiedlichen Methoden abzuleiten. Es wurden dafür die Modelle von Oh et. al. (1992) und Chen et. al. (1995), sowie eine Hauptkomponentenanalyse verwendet. Eine Evaluation der Ergebnisse ist leider nicht möglich, da keine Feldkampagne zeitgleich zur "Überfliegung" der Testgebiete durchgeführt wurde. Vielmehr soll diese Arbeit ein Versuch sein, nähere Erkenntnisse über die Verarbeitung und Interpretation multifrequenter, vollpolarimetrischer SIR-C Daten zu erlangen.

Da bis jetzt noch keine Diplomarbeit im Zusammenhang mit der Radarerkundung in der Gruppe Fernerkundung des Geographischen Instituts der Universität Bonn geschrieben wurde, ist der theoretische Teil etwas umfangreicher ausgefallen als normal üblich.

Der theoretische Teil beinhaltet die Grundlagen der Radarerkundung, eine Beschreibung der SIR-C/X-SAR Mission und den aktuellen Stand der Forschung bezüglich der Ableitung der Bodenfeuchte aus Radardaten.

Dem grundlegenden theoretischen Teil über die Radarerkundung folgt eine kurze Beschreibung der Untersuchungsgebiete im Nord-Westen Australiens. Ursprünglich sollte sich das Untersuchungsgebiet von der Küste Benins bis hin zur Sahelzone (Niger) erstrecken. Im Rahmen des interdisziplinären Impetus Projektes (Integratives Management- Projekt für einen effizienten und tragfähigen Umgang mit Süßwasser in West Afrika) der Universität zu Köln, der Universität Bonn und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) hätte die Radarerkundung die bisherigen Untersuchungen ergänzen können (IMPETUS_Int). Leider fehlten entsprechende SIR-C Datensätze, die mit einer geeigneten Frequenz und Polarisation aufgenommen wurden. Die Idee, eine Region zu untersuchen, die mehrere Klimazonen vom humiden bis fast ariden Bereich umfaßt, konnte schließlich in Nord-West Australien realisiert werden. Leider fanden sich kaum Flächen, die für eine Modellierung geeignet waren. Aus diesem Grunde konnten nur in zwei unterschiedlichen Klimazonen Untersuchungsgebiete ausgewiesen werden (siehe 5).

Der Beschreibung der Untersuchungsgebiete folgt die konkrete Anwendung. Diese beinhaltet zunächst die Beschreibung und Aufarbeitung der SIR-C Daten. Die Ableitung der Bodenfeuchte erfolgte mit den Modellen von Oh et. al. (1992) und Chen et. al. (1995) sowie einer Hauptkomponentenanalyse (Verhoest et. al. 1998, Klenke 1999). Es wurde dann versucht, die Ergebnisse mit Hilfe von Wetterkarten, Bodenkarten und Niederschlagskarten zumindest theoretisch zu evaluieren und anschließend ein Resümee zu ziehen.

Im letzten Teil dieser Arbeit soll ein Ausblick über zukünftige SAR Satelliten und deren Anwendungsmöglichkeiten gegeben werden.

Da der größte Teil der Literatur über die Radarerkundung in englischer Sprache erschienen ist, wurden hier die englischen Fachausdrücke übernommen, wenn keine adäquate deutsche Übersetzung vorhanden war. Auch die Handhabung der Begriffe ist in der Literatur nicht immer einheitlich. Im wesentlichen wurde sich hier an dem Buch "Pinciples & Applications of Imaging Radar" (Henderson & Lewis 1998a) orientiert, da dort die Begriffe m.E. nach durchweg am sinnvollsten verwendet wurden. Besondere Schwierigkeiten bereitete das Einlesen der SIR-C Daten, welche vom EROS Data Center (EROS_Int) auf high density Exabyte Tapes ausgeliefert werden. Dieses Format hat sich in Europa kaum gegen die hier üblichen DAT Formate durchgesetzt. Entsprechend kompliziert gestaltete sich die Suche nach einem geeigneten Gerät (siehe 6).

Bei der Angabe der Quellen wurde zwischen der konventionellen Literatur und Quellen aus dem Internet differenziert. Alle Quellen aus dem Internet sind mit der Endung "_Int" gekennzeichnet und unter 11.1 zu finden. Das bei den Internet-Quellen angegebene Datum bezieht sich immer auf den Tag, an dem die Web Seiten aufgesucht wurden. Dadurch, daß die Internet Seiten in vielen Fällen einer ständigen Veränderung unterworfen sind, werden sich viele Angaben im Nachhinein nicht mehr überprüfen lassen. Deshalb habe ich, wann immer es mir möglich war, auf die gedruckte Literatur zurückgegriffen. Bei der Aktualität der SIR-C/X-SAR Mission waren viele Informationen allerdings ausschließlich über das Internet erhältlich.

2. Radarerkundung

Radarsysteme erzeugen aktiv elektromagnetische Strahlung und messen deren Reflexion. Bei der dabei verwendeten elektromagnetischen Strahlung handelt es sich um Mikrowellen, deren Spektralbereich sich von ca. einem Millimeter Wellenlänge bis zu über einem Meter erstreckt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.1: Das elektromagnetische Spektrum mit der atmosphärischen Durchlässigkeit und den Einsatzmöglichkeiten von Fernerkundungssystemen in den verschiedenen Wellenlängenbereichen (aus: Löffler 1994).

Der große Vorteil der Radarerkundung gegenüber den optischen Aufnahmesystemen liegt in der relativen Unempfindlichkeit gegenüber den Witterungsverhältnissen[1]. Des weiteren ist dieses aktive Verfahren unabhängig von den Beleuchtungsverhältnissen, wodurch eine zeitliche Kontinuität der Aufnahmen garantiert ist. Sekundäre Effekte, die mit den Beleuchtungsverhältnissen zusammenhängen, wie z.B. die Taubildung in den Morgenstunden, beeinflussen allerdings die Rückstreuung der Mikrowellen. Besonders bei ökologischen Fragestellungen ist deshalb unbedingt auf den Zeitpunkt der Aufnahme zu achten.

Dadurch, daß die Parameter der erzeugten elektromagnetische Strahlung bekannt sind, stehen den Anwendern neue Möglichkeiten der Datenverarbeitung offen, wie z.B. die Polarimetrie (2.2.4.1.2) oder Interferometrie (2.2.7). Mikrowellen liefern generell andere Informationen über die Objekte der Erdoberfläche als der optische Spektralbereich und tragen so zum besseren Verständnis unserer Umwelt bei.

Im folgenden sollen die wichtigsten Funktionsweisen und Begriffe der Radarerkundung erklärt werden. Zum weiteren Studium ist aus der angegebenen Literatur besonders das Buch "Principles & Applications of Imaging Radar" (Henderson & Lewis 1998a) hervorzuheben. Es bleibt zu hoffen, daß sich die in diesem umfangreichen Werk verwendeten Fachtermini allgemein in der Radarerkundung durchsetzen werden. Bis jetzt gibt es leider keine offiziellen Konventionen. Weitere empfehlenswerte Gesamtdarstellungen sind bei Ulaby (1981, 1982,

1986), Elachi (1988), Schreier (1993a), Campbell (1996), Bähr & Vögtle (1998) und Hildebrandt (1996) zu finden.

2.1 Real Aperture Radar (RAR)

Oft wird der RAR auch als Side Looking Airborne Radar (SLAR) bezeichnet oder zu deutsch als Seitenansichtsradar. Diese Bezeichnung ist allerdings irreführend, da es sich sowohl bei dem Real Aperture Radar als auch dem Synthetic Aperture Radar (SAR) um Seitenansichtssysteme handelt.

Die folgende Abbildung 2.2 gibt die Funktionsweise eines Real Aperture Radars wieder.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.2: Prinzip einer Real Aperture Radar Aufnahme (aus: Löffler 1994).

Sender und Empfänger sind an eine Antenne angeschlossen, welche die kohärenten (phasengleichen) Mikrowellen in einer Impulsfolge von ca. 0,1 Mikrosekunden parallel zur Flugrichtung an das Zielgebiet sendet. Der Duplexer sorgt dafür, daß beim Senden der Empfänger abgestellt wird und beim Empfang entsprechend der Sender. Während der Zeitspanne zwischen den Impulsen wird die Rückstreuung vom Empfänger verstärkt und über die Kathodenstrahlröhre in ein Lichtsignal umgesetzt. Dieses Lichtsignal gibt die Intensität der Rückstreuung wieder und kann entweder direkt auf einem Bildschirm transformiert oder auf Film belichtet werden (vgl. Löffler 1994). In beiden Fällen geben die Grauwerte die Intensität der Rückstreuung wieder.

Leider sind die Möglichkeiten des Real Apertur Radars in Bezug auf die Auflösung sehr beschränkt. Die Auflösung in Schrägentfernung (Range Resolution) wird durch die Impulslänge bestimmt und die Auflösung in Flugrichtung (Azimuth Resolution) durch die Breite des Radarstrahls (vgl. Löffler 1994).

Die Auflösung in Schrägentfernung (Range Resolution) ist sowohl bei dem RAR als auch dem SAR durch die gleichen Parameter bestimmt und in erster Linie von der Länge der ausgesandten Impulse abhängig. Diese ist gleich der Lichtgeschwindigkeit (c) multipliziert mit der Dauer der Transmission (t). Je kürzer die Pulslänge (ct) desto feiner ist die Auflösung. Impulslängen zwischen 8 und 210 Metern sind die Regel. Kürzere Impulslängen können nicht mehr von den Sensoren gemessen werden (vgl. Henderson & Lewis 1998b). Moderne Radarsysteme, wie sie etwa bei der SIR-C/X-SAR Mission benutzt wurden, arbeiten mit frequenzmodellierten Impulsen, durch welche deutlich bessere Ergebnisse erzielt werden können (vgl. Elachi 1988, Bamler & Schättler 1993, Bredthauer et. al. 1986, Sties 1998). Die Auflösung ist dann von der Bandbreite abhängig und gegeben durch:

(2.1)

c

res(R) = ------

2Bv

wobei:

res(R): Range Resolution

c: Lichtgeschwindigkeit

Bv: Bandbreite

Die Azimutauflösung ist bei gegebener Flughöhe direkt proportional zur Wellenlänge und umgekehrt proportional zur Länge der Antenne. Optimal für eine hohe Auflösung wäre die Verwendung kleiner Wellenlängen und möglichst großer Antennen. Im ersten Fall ist dies nicht wünschenswert, da ja die ganze Bandbreite des Spektrums der Mikrowellen interessiert, und im zweiten Fall ist dies technisch nicht zu realisieren. Außerdem ist die Azimutauflösung von der Flughöhe abhängig; je näher die Aufnahmeplattform am Objekt ist, desto höher ist die Auflösung.

Diese Beziehung kann in folgender Formel dargestellt werden (vgl. Schreier 1993b):

(2.2)

l * F

d x = ----------

A

wobei:

d x = kleinste vom Aufnahmesystem unterscheidbare geometrische Einheit

l = Wellenlänge

F = Focus (Distanz)

A = Apertur (Antennenlänge)

Ein RAR Satellitensystem, das in einer Entfernung von 860 km die Erde umkreist, hätte, wenn es mit einer 10 m langen Antenne ausgestattet wäre und mit einer Wellenlänge von 24 cm arbeiten würde, eine Auflösung von etwa 20 km (vgl. Schreier 1993b). Für die meisten Anwendungen ist ein solches Auflösungsvermögen natürlich indiskutabel.

2.2 Synthetic Apertur Radar (SAR)

Bei einem Synthetic Apertur Radar wird die Antenne künstlich verlängert, indem die Flugbewegung ausgenutzt wird. Dadurch wird die Auflösung deutlich verbessert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.3: Dopplereffekt bei SAR-Systemen (aus: Herold 2000).

Die Antenne, die bei diesem Systemen wie beim RAR als Sender und Empfänger zugleich fungiert, sendet Mikrowellen parallel zur Flugrichtung an das entsprechende Zielgebiet. Wie in der Abbildung 2.3 zu erkennen ist, kommt es zu einer Frequenzverschiebung. Die reflektierten Frequenzen sind höher, wenn sich die Aufnahmeplattform auf das Objekt zu bewegt, als wenn es sich von diesem entfernt. Sind Objekt und Aufnahmesystem auf einer Höhe, ist die Frequenzverschiebung theoretisch gleich Null (vgl. Löffler 1994). Wie in der folgenden Abbildung 2.4 zu erkennen ist, wird die "Länge der Antenne" dabei durch die Distanz bestimmt, die die Aufnahmeplattform zurücklegt, während sich das Objekt im Bereich des Radarstrahls befindet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.4: Prinzip der synthetischen Apertur. Die Rückstreuung des Objektes wird so lange vom System aufgezeichnet, wie dieses sich innerhalb der Radarkeule befindet (aus: Campbell 1996).

Intensität, Laufzeit und Phase der vom Objekt zurückgestreuten Wellen werden aufgezeichnet, um später seine exakte Position auf der Erdoberfläche berechnen zu können (vgl. Hildebrandt 1996). Nähere Informationen über die komplexen Rechenprozesse sind bei Henderson & Lewis (1998a) oder Schreier (1993a) zu finden. Die Auflösung ist so in erster Linie von der Fähigkeit der Sensoren abhängig, exakte Messungen vorzunehmen. Da die Flughöhe für dieses Verfahren kaum mehr eine Rolle spielt, sind auch noch mit Satelliten Auflösungen von wenigen Metern pro Auflösungszelle zu erreichen.

Theoretisch ist die maximale Azimutauflösung gegeben durch (vgl. Ulaby et al. 1996, Sties (1998)):

(2.3)

ra = La/2

wobei:

ra = Azimutauflösung

La = Antennenlänge

Auch hier sind einer Steigerung der Auflösung technische Grenzen gesetzt. Antennenlängen unter 10 m sind für Satellitensysteme nicht praktikabel (vgl. Hildebrandt 1996). Des weiteren muß dabei noch berücksichtigt werden, daß die Auflösung durch die spezifischen Probleme bei der Radarerkundung (siehe Punkt 2.2.5) durch die in der Praxis verwendeten Multilook

Verfahren auch bei modernen SAR Satellitensystemen bei etwa 30*30 Metern pro Pixel liegt (vgl. Ulaby et al. 1996).

2.2.1 Aufnahmegeometrie

Es sei an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen, daß es bis jetzt keine allgemein gültigen Konventionen in der Radarerkundung für die Fachterminologie gibt. Besonders die unterschiedliche Verwendung der Begriffe für die unten aufgeführten Winkel kann zu Verwirrungen führen (vgl. z.B. Henderson & Lewis (1998b) und Schreier (1993b) in Bezug auf den Depressionswinkel). Eine Übersicht der Aufnahmegeometrie eines SAR ist der folgenden Abbildung 2.5 zu entnehmen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.5: Geometrie einer SAR Aufnahme (aus: Schreier 1993b).

Der Depressionswinkel (depression angle (b)) ist der Winkel zwischen der Horizontalen der Aufnahmeplattform und dem die Auflösungszelle "beleuchtenden" Radarstahl. Den Komplementärwinkel zum Depressionswinkel bildet der sogenannte Beobachtungswinkel (look angle (f)). Der Depressionswinkel vergrößert sich vom Far Range Bereich hin zum Near Range Bereich, während sich der Beobachtungswinkel entsprechend verkleinert.

Der Einfallswinkel (incidence angle (q)) ist der Winkel zwischen dem die Auflösungszelle "beleuchtenden" Radarstrahl und ihrer Vertikalen unter Berücksichtigung der Erdkrümmung (vgl. Henderson & Lewis 1998b). In der folgenden Abbildung 2.6 wird der Unterschied zwischen dem Einfallswinkel und dem lokalen Einfallswinkel, der bei einem unebenen Relief auftritt, verdeutlicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.6: Geometrie des lokalen Einfallswinkel (aus: Schreier 1993b).

Im allgemeinen kann gesagt werden, daß mit zunehmender Größe des lokalen Einfallswinkels die Reflexion der Auflösungszelle abnimmt (vgl. Henderson & Lewis 1998b). Genauer soll auf die damit verbundene Problematik unter 2.2.4.1.3 eingegangen werden.

Weitere wichtige Begriffe in Bezug auf die Aufnahmegeometrie sind Slant Range und Ground Range. Slant Range ist die Entfernung der Antenne zur Auflösungszelle. Ground Range ist die Position der Auflösungszelle auf der Bezugsebene nach Verschiebung über die Wellenfront (vgl. Hildebrandt 1996).

Die Rohdaten können aber ohne größere Schwierigkeiten, eine ebene Oberfläche vorausgesetzt, umgerechnet werden (vgl. Schreier 1993b, Henderson & Lewis 1998b, Hildebrandt 1996). Handelt es sich aber um ein ausgeprägtes Relief, wie z.B. durch den Punkt B der Abbildung 2.7 repräsentiert, so kann ohne ein digitales Höhenmodell die korrekte Position des Punktes in der Ground Range Darstellung nicht mehr berechnet werden. In der Literatur wird eine korrigierte Ground Range Darstellung z.T. auch als True Range Darstellung bezeichnet. Die Korrektur selbst wird auch als Geocodierung bezeichnet (vgl. Hildebrandt 1996). Ausführlichere Informationen über die Methoden zur Korrektur der reliefbedingten Radiometrieverzerrungen sind bei Hagg (1998) zu finden.

Neben dem Phänomen der in Abbildung 2.7 dargestellten Radar Umklappung gibt es noch andere Phänomene, welche durch die spezifische Aufnahmegeometrie der SAR Systeme hervorgerufen werden, auf die hier kurz eingegangen werden soll.

Die in Abbildung 2.8 dargestellte Streckenverlängerung und Streckenverkürzung führt sowohl zu einer geometrischen als auch zu einer radiometrischen Verzerrung. Diese entsteht dadurch, eine homogene Rückstreuung der Fläche vorausgesetzt, daß die Anzahl an Rückstreuern bei der verkürzten Strecke relativ größer ist. Die verkürzte Strecke erscheint somit im Radarbild heller (highlighting) und die verlängerte Strecke entsprechend dunkler (lowlighting) als es ihrer Rückstreuung entsprechen würde (vgl. Rees 2000, Campbell 1996). Dieser Effekt wird durch spiegelnde Reflexionen auch noch verstärkt (vgl. 2.2.2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.7: Radar Umklappung (Layover). Es erfolgt hier eine Verkehrung der Geländepunkte A und B in Slant Range Darstellung durch das spezifische Aufnahmeverfahren eines SAR Systems. Eine Umrechnung der Slant Range Distanzen in eine True Range Darstellung ist bei einem unebenen Relief nur mit einem digitalen Höhenmodell möglich (aus: Campbell 1996).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.8: Streckenverkürzung (foreshortening) und Verlängerungen (lenghtening). Die Längen der Strecken AB und BC sind identisch. Doch, durch die Aufnahmegeometrie bedingt, liegt der Punkt B in Slant Range Distanz relativ näher am Sensor als die Punkte A und C. So kommt es zu einer Verkürzung der Strecke ab und einer entsprechenden Verlängerung der Strecke bc in Ground Range Darstellung (aus: Campbell 1996).

Neben der Verkürzung, Verlängerung und Umklappung treten noch Radarschatten auf. Bei einem stark ausgeprägten Relief oder größeren Objekten kann es vorkommen, daß Teile der Oberfläche verdeckt werden. Die folgende Abbildung 2.9 zeigt einen solchen Radarschatten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.9: Radarschatten (aus: Hildebrandt 1996).

Zu beachten ist, daß die Ausprägung dieser Phänomene stark von der Position der Objekte in Schrägentfernung abhängig ist. Sie verstärken sich grundsätzlich mit zunehmenden Beobachtungswinkel, wie auch aus Abbildung 2.9 zu erkennen ist.

2.2.2 Streuung von Mikrowellen

Mikrowellen werden nicht nur von der Oberfläche der "beleuchteten" Objekte reflektiert (Oberflächenstreuung), sondern können diese auch durchdringen. Es kommt dann zu einer diffusen Streuung, die als Volumenstreuung bezeichnet wird und von der Oberflächenstreuung unterschieden werden muß (vgl. Hildebrandt 1996). Je größer die Wellenlänge der Mikrowelle, desto größer ist auch ihre Fähigkeit, in Medien einzudringen. Dabei ist das Eindringungsvermögen der Mikrowellen in ein Medium von dessen Materialeigenschaften abhängig. In erster Linie sind dies die Oberflächenrauhigkeit (Surface Roughness) und die Dielektrizitätskonstante (Complex Dielectric), welche unter 2.2.4.2 abgehandelt werden. Die folgende Abbildung 2.10 soll diese Beziehung verdeutlichen.

Bei der Oberflächenstreuung wird zwischen einer diffusen Streuung, die bei rauhen Oberflächen auftritt, und einer spiegelnden Reflexion, die bei glatten Oberflächen auftritt, unterschieden. In den folgenden Abbildungen 2.11 und 2.12 ist die Rückstreuung einer glatten und einer rauhen Oberfläche mit dem entsprechenden Streukoeffizienten abgebildet.

Des weiteren können Corner Reflexionen auftreten, bei der die einfallenden Mikrowellen von zwei oder mehr Reflektoren zum Sensor hin zurück reflektiert werden.

[...]


[1] Mikrowellen sind erst ab einer Wellenlänge von ca. 4 cm gegenüber starken Regenereignissen weitgehend unempfindlich.

Excerpt out of 113 pages

Details

Title
Ableitung der Bodenfeuchte aus SIR-C Daten am Beispiel NW-Australiens
College
University of Bonn  (Geographisches Institut)
Grade
1,3
Author
Year
2001
Pages
113
Catalog Number
V5897
ISBN (eBook)
9783638136204
File size
5601 KB
Language
German
Keywords
Fernerkundung Radarerkundung Remote Sensing SAR Bodenfeuchte
Quote paper
Martin Over (Author), 2001, Ableitung der Bodenfeuchte aus SIR-C Daten am Beispiel NW-Australiens, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5897

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