Monsieur Hulot ist einer der stillsten Figuren der Filmgeschichte. Sein zaghaftes Auftreten, seine Ungeschicklichkeit und Schüchternheit berühren und das Lachen, das er einem entlockt, ist immer auch ein nachdenkliches, kritisches. Doch wie schafft es die mitunter sehr subtile Komik Jacques Tatis überhaupt uns zum Lachen zu bringen? Diese Arbeit beschäftigt sich mit den Mechanismen, die den komischen Effekten in Tatis Filmen zugrunde liegen.
Es wird zunächst das Wesen der Komik beleuchtet, anhand der Theorie von Henri Bergson, die er in seinem Buch „Das Lachen“ von 1900 darlegt. Nach einer kurzen Biofilmographie Jacques Tatis werden anschließend einige typische Stilmittel und Techniken betrachtet, die Tati zur Erzeugung von Komik in seinen Filmen anwendet. Schließlich soll anhand einer ausgewählten Szene aus Tatis Film PLAYTIME analysiert werden, ob eine allgemeine Theorie der Komik wie die Bergsons Ansatzpunkte bietet, um sich den Wirkungsweisen und Mechanismen von Komik in den Filmen von Tati anzunähern.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Wesen der Komik
2.1 Komik – Allgemeine Definition und Ursprung
2.2 Bergsons Theorie der Komik
3 Jacques Tati – Eine kurze Biofilmographie
4 Die Komik in den Filmen Tatis
4.1 Die Funktion der Komik
4.2 Die Figur des M. Hulot
4.3 Die technischen Stilmittel
5 Analyse einer Szene aus Playtime
6 Fazit
7 Quellenverzeichnis
1 Einleitung
Monsieur Hulot ist eine meiner Lieblingsfiguren in der Filmgeschichte. Sein zaghaftes Auftreten, seine Ungeschicklichkeit und Schüchternheit berühren und das Lachen, das er einem entlockt, ist immer auch ein nachdenkliches, kritisches. Doch wie schafft es die mitunter sehr subtile Komik Jacques Tatis überhaupt uns zum Lachen zu bringen?
In dieser Arbeit möchte ich mich mit den Mechanismen beschäftigen, die den komischen Effekten in Tatis Filmen zugrunde liegen.
Dazu beleuchte ich zunächst das Wesen der Komik anhand der Theorie von Henri Bergson, die er in seinem Buch „Das Lachen“ von 1900 darlegt. Nach einer kurzen Biofilmographie Jacques Tatis betrachte ich anschließend einige typische Stilmittel und Techniken, die Tati zur Erzeugung von Komik in seinen Filmen anwendet. Schließlich soll anhand einer ausgewählten Szene aus Tatis Film Playtime betrachtet werden, ob eine allgemeine Theorie der Komik wie die Bergsons Ansatzpunkte bietet, um sich den Wirkungsweisen und Mechanismen von Komik in den Filmen von Tati anzunähern.
2 Das Wesen der Komik
„Kinder, Wilde, Narren, Dämone und Götter – all diejenigen, die nicht ganz vom Zivilisationsprozeß erfaßt zu sein scheinen – stehen dem Lachen am nächsten.“[1] In diesem Zitat wird ein wesentliches Merkmal des Lachens deutlich: das Wilde, Unbeherrschte. Lachen „kommt über uns“, es hält sich nicht an Regeln oder die guten Sitten. Wir können es kaum abstellen und nur schwer überzeugend künstlich nachmachen. Beim Lachen setzt die ruhige Aufnahme der Realität für einen Moment aus, so Renate Jurzik in ihrem Buch „Der Stoff des Lachens“.[2] Was aber sind die Vorraussetzungen dafür, dass unser Körper auf Situationen mit einer solch heftigen Erschütterung reagiert? Und warum tut er das überhaupt?
Einige Philosophen und andere Denker haben versucht diese Fragen zu beantworten und sich mit dem Wesen der Komik befasst. Ob Kant, Hegel oder Schopenhauer, fast alle großen Denker haben sich in Erörterungen oder Anmerkungen dem Witz, dem Humor und der Komik gewidmet. Besonders ausführlich hat sich Henri Bergson mit dem Thema beschäftigt, weshalb seine Theorie der Komik im Mittelpunkt meiner Arbeit stehen soll.
2.1 Komik – Allgemeine Definition und Ursprung
Der Duden definiert „Komik“ als „die einer Situation oder Handlung innewohnende oder die davon ausgehende erheiternde, belustigende Wirkung“[3] oder auch als „die Kunst, das Komische darzustellen“.[4] Der Ursprung des Begriffes liegt im griechischen Komos. Der Ausdruck bezeichnet die Verehrung des Weingottes durch Schwärme trunkener Männer. In der Ekstase des Komos kommen sowohl der Geist, als auch der Trieb hemmungslos zum Ausbruch. Er symbolisiert die Verwandlung des Todes in ein vom Weinrausch begeistetes Leben. Das Lied zum Anlass des Komos, die Komedia, lebt im Wort „Komödie“ bis heute weiter.[5]
2.2 Bergsons Theorie der Komik
Henri Bergson (1859 – 1941), franz. Philosoph, hat im Jahr 1927 den Nobelpreis für Literatur gewonnen und war zu seiner Zeit eine Kultfigur.[6] Seine Philosophie negiert die Rolle des logischen Denkens und betrachtet die voluntative Intuition, die mystische Schau, als höchste Form der philosophischen Erkenntnis[7]. Im Jahr 1900 entstand sein Werk „Das Lachen“, das sich mit der Theorie der Komik auseinander setzt.
Auch wenn Bergson sich davon differenziert, das Komische in eine Definition zwängen zu wollen,[8] liegt seiner Theorie eine Hauptthese zugrunde, auf die er im Laufe der Arbeit immer wieder zurückkommt:
Das Komische entsteht durch mechanische Starrheit. Wir empfinden eine Situation immer dann komisch wenn sich über das Lebendige eine Kruste des Mechanischen legt.[9]
Sehen wir also z.B. wie ein Mann auf der Straße hinfällt, so lachten wir nicht über den plötzlichen Stellungswechsel an sich, sondern über die Unfreiheit dieses Stellungswechsels. Die Situation hätte von ihm rasche Anpassungsfähigkeit verlangt, doch seine Trägheit ließ ihn im gleichen Rhythmus weiter gehen, was seinen Fall zur Folge hatte. Das Komische ist laut Bergson die mechanische Starrheit des lebendigen Körpers, die Auslöser des Ereignisses war.
Dabei sei es egal, ob diese Starre von äußeren Einwirkungen provoziert wird (wie z.B. ein Stein, der auf der Straße liegt) oder aus der Person selbst hervorgeht (wie z.B. ein Träumer, der tief in Gedanken versunken gegen einen Laternenmast läuft). Das Konzept der Starrheit bezieht sich außerdem nicht nur auf Körperliches, sondern wird im Laufe des Diskurses auch auf eine Art „geistige Steife“ ausgeweitet.[10]
Dieses, wie er es nennt, Leitmotiv[11] der mechanischen Starrheit, zieht sich durch all seine Argumentationen hindurch und wird innerhalb der drei Kapitel des Buches von unterschiedlichen Seiten beleuchtet.
Bergson definiert weiterhin drei Vorraussetzungen für das Entstehen von Komik:[12]
1. Komik gibt es nur im Menschlichen. Lacht man über einen Gegenstand oder über ein Tier, so lacht man über dessen menschliche Züge
2. Komik wendet sich an den Intellekt und kann nur im Zustand einer vorübergehenden Gefühllosigkeit empfunden werden. Gefühle wie Mitleid oder Liebe verhindern die Komik
3. Komik braucht ein Echo und findet daher immer in der Gruppe statt. Es hat somit auch eine soziale Komponente.
[...]
[1] Jurzik 1985, S.15.
[2] vgl. ebd. 1985, S. 13.
[3] Duden Fremdwörterbuch 1990.
[4] Duden „Etymologie“ 1989.
[5] vgl. Jurzik 1985, S. 7.
[6] vgl. http://www.kirjasto.sci.fi/bergson.htm.
[7] http://www.philosophenlexikon.de/bergson.htm.
[8] vgl. Bergson 1914, S.5.
[9] vgl. bspw. ebd., S. 10f oder ebd. S. 29.
[10] vgl. ebd., S. 36.
[11] vgl. ebd., S. 17.
[12] vgl. ebd., S. 5-9.
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