Telematik und Navigation mobiler Agenten im Straßenverkehr


Tesis, 2006

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Extracto


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Autonavigation
2.1 Grundlagen
2.2 Ortungs- und Navigationssysteme
2.2.1 Global Positioning System (GPS)
2.2.2 Differential Global Positioning System (DGPS)
2.2.3 Global Navigation Satellite System (GLONASS) .
2.2.4 Galileo
2.2.5 Beidou Navigation System
2.3 Digitale Straßenkarte
2.3.1 Rolle und Anforderungen
2.3.2 Datenbeschaffung und Aktualisierung
2.3.3 Datenspeicherung im GDF-Format

3 Algorithmen der Routenplanung
3.1 Graphentheorie
3.2 Problemstellung der Routenplanung
3.3 Der Floyd-Warshall-Algorithmus
3.4 Der Dijkstra-Algorithmus
3.4.1 Beispiel
3.4.2 Korrektheit
3.4.3 Varianten und ihre Komplexität
3.5 Der A∗-Algorithmus
3.6 Der Ford-Bellmann-Algorithmus

4 Mobile Kommunikation
4.1 Mobile Ad-hoc Netzwerke (MANETs)
4.2 Routingprotokolle
4.2.1 Destination-Sequenced Distance-Vector Routing (DSDV)
4.2.2 Ad-hoc On-Demand Distance-Vector Routing (AODV)
4.2.3 Zone Routing Protocol (ZRP)
4.3 Technische Realisierung
4.3.1 Bluetooth
4.3.2 IEEE 802.11 und verwandte Standards
4.4 Sicherheit
4.4.1 Kommunikationssicherheit
4.4.2 Verkehrssicherheit

5 Verteilte Wissensbasis
5.1 Ortsbezogene Wissensverteilung
5.2 Zeitbezogene Wissensverteilung
5.3 Testumgebung
5.4 Testergebnisse

6 Zusammenfassung und Ausblick

Abkürzungs- und Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

2.1 Herleitung der Raumkoordinaten eines Objektes mit Hilfe von vier Satelliten

2.2 Weltraumsegment des gps

2.3 Funktionsweise des lokalen dgps

2.4 Fernerkundung

2.5 Ebenen (Levels) des gdf-Formats

2.6 Elemente eines niam-Diagrammes

2.7 Datenmodell des gdf 4.0-Standards

2.8 Struktur und Relationen ausgewählter Records-Typen einer gdf 3.0- Datei

2.9 Beispiel eines Volume Header Records in einer gdf-Datei .

2.10 Beispiel für Definition eigener Elemente in einer gdf-Datei

2.11 Ausschnitt aus dem Rumpf einer gdf-Datei

3.1 Graph G mit Entfernungen als Kantengewichte

3.2 Dijkstra Beispiel

4.1 Arten der Klassifikation von Ad-hoc Netzwerken

4.2 Klassifikation von Routingalgorithmen

4.3 Fahrerfehlverhalten bei Unfällen mit Personenschäden 2004

5.1 Übersicht der Simulationsumgebung

5.2 Aktive Fahrzeuge und deren Zielparkplatz

5.3 Gesamtergebnisse bei Sperrung der Ampel A1

5.4 Gesamtergebnisse bei Sperrung der Ampel A2

5.5 Unfallähnliche Situation

5.6 Nicht angekommene Fahrzeuge bei Sperrung der Ampel A2 und ihre Ursachen

1 Einleitung

Der Begriff Telematik entstand Anfang der 80er Jahre als Verknüpfung von Tele- kommunikation und Informatik. Ursprünglich lag sein Anwendungsschwerpunkt bei der Integration von Telefonsystemen mit pc-Funktionalitäten und anderen Büroan- wendungen. Diese Bedeutung des Begriffes konnte sich im Zuge der Digitalisierung der Telefonnetze nicht durchsetzen. Seit Anfang der 90er Jahre wird der Ausdruck in Europa ausschließlich für das Anwendungsfeld Verkehrstelematik eingesetzt, welches im englischsprachigen Raum als Intelligent Transportation Systems (its) bekannt ist.

Die Verkehrstelematik umfasst alle Informations- und Kommunikationssysteme, welche dynamische Daten aus Verkehrsmitteln und Verkehrssystemen sammeln, bearbeiten und öffentlichen Institutionen sowie privaten Nutzern und Unternehmen bereitstellen. Sie zielt auf die Optimierung der Fahrzeugbewegungen, der Verkehrsströme, sowie auf die Erhöhung der Sicherheit ab (vgl. [Klaus 2004]).

Die Verkehrstelematik kann sowohl die Verkehrsentstehung als auch den Verkehrs- ablauf beeinflussen. Die Entstehung des Verkehrs wird beeinflusst, wenn z.B. durch aktuelle Informationen über Staus, Unfälle oder Straßenzustände der Reiseantritt verschoben oder ein anderes Verkehrsmittel gewählt wird. Beispiel für ein derarti- ges System ist das seit 1998 in Deutschland flächendeckend verfügbare Radio Data System (rds). Das System informiert u.a. über Staus und warnt vor Gefahren.

Der Verkehrsfluss wird auch durch den Einsatz von Ortungs- und Navigationssystemen beeinflusst. Sie ermitteln für den Fahrer die günstigste Route und führen ihn dementsprechend zum Ziel. Dabei kann ‘günstig’ viele Interpretationen haben: Vielleicht ist der kürzeste oder der schnellste Weg gesucht, vielleicht der billigste, vielleicht aber auch einer, auf dem man möglichst selten eine Radarstreife der Polizei antrifft (vgl. [Jungnickel 1994, S. 89]).

Intelligente Navigationssysteme gehen einen entscheidenden Schritt weiter und be- ziehen Informationen über die aktuelle Verkehrssituation in ihre Berechnungen mit ein. Die Gewinnung von Informationen über die Verkehrssituation erfolgt zentral durch Systeme wie das rds oder durch die dezentrale Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmern. Zusätzlich ermöglicht die Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunika- tion die Unterstützung weiterer Fahrerassistenzsysteme. Ein Beispiel für den Aus- tausch aktueller und unter Umständen lebenswichtiger Informationen ist die Benach- richtigung nachkommender Fahrzeuge über die eigenen Bremsvorgänge. Nachkom- mende Fahrzeuge können im Ernstfall automatisch in ihr Fahrwerk eingreifen und die Geschwindigkeit regulieren. Das Cooperative Adaptive Cruise Control (cacc) realisiert ein solches System.

Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Untersuchung der Fragestellung, inwiefern intelligente Navigationssysteme mittels Kommunikation im städtischen Bereich den Gesamtverkehr beeinflussen. Dazu wird zunächst die Funktionsweise der Ortungs- und Autonavigationssysteme beschrieben. Kapitel 3 behandelt die für die Navigation bedeutendsten Algorithmen. Kapitel 4 beschreibt Kommunikation in mobilen Netzwerken. In Kapitel 5 werden Überlegungen zur Verteilung der für die Kommunikation von einzelnen Fahrzeugen gespeicherten verkehrsrelevanten Informationenen angestellt. Einige dieser Überlegungen werden anhand einer agentenbasierten Verkehrssimulation umgesetzt und bewertet.

2 Autonavigation

Navigation umfasst alle Rechenvorgänge, um in einem geographischen Raum ein Objekt entlang des optimalen Weges zum Ziel zu führen. Der Begriff Autonaviga- tion beschreibt die Navigation von Fahrzeugen im Straßenverkehr. Dazu gehören die Ortung, die Berechnung des optimalen Weges und die entsprechende Führung des Fahrzeuges zum Ziel. Fälschlicherweise wird unter Navigation häufig alleine die Zielführung verstanden. Obwohl sie unentbehrliche Bestandteile der Autonavigation darstellen, werden Ortung und digitale Straßenkarte selten thematisiert.

Ortung ist die Ermittlung der Raumkoordinaten eines Objektes. Man unterscheidet zwischen Eigen- und Fremdortung. Während die Eigenortung von dem Objekt selbst durchgeführt wird, erfolgt die Fremdortung durch externe Systeme. Fremdortung kann durch Bodenortungs- oder durch Satellitenortungssysteme durchgeführt werden (vgl. [Mansfeld 1998, S. 1]).

Die ersten Satellitensysteme entstanden Ende der 50-er Jahre. Zu ihnen zählen das sowjetische cikada und das us-amerikanische Navy Navigation Satellite System (nnss). Diese Systeme wurden zu Global Navigation Satellite System (glonass) und Global Positioning System (gps) weiterentwickelt.

Die dreidimensionale Ortung erfordert mindestens vier Satelliten. Sollen die Signale des Satellitensystems auf der ganzen Erdoberfläche verfügbar sein, müssen deutlich mehr Satelliten zum Einsatz kommen. Aus diesem Grund besteht beispielsweise die gps-Konstellation aus mindestens 24 Satelliten. Es gibt jedoch Systeme, welche die Ortung mit weniger Satelliten realisieren wollen. Dazu gehört z.B. das chinesische Beidou-System. Seine Konstellation umfasst derzeit zwei Satelliten.

Nach der Ermittlung des Standortes wird ein Fahrzeug entlang der optimalen Route zum Ziel geführt. Die Berechnung der optimalen Route erfordert das Vorliegen der relevanten Daten in Form einer digitalen Straßenkarte.

Nach einer Beschreibung der Grundlagen werden in diesem Kapitel die Ortung - speziell gps, glonas, Beidou und das zukünftige europäische Navigationssystem Galileo - und digitale Straßenkarte behandelt.

2.1 Grundlagen

Immer mehr Menschen nutzen existierende Möglichkeiten, um ihr Ziel bequem und effizient erreichen zu können. Unter Navigation (im Straßenverkehr) versteht man im weiteren Sinne das Führen eines Fahrzeuges von einem Ausgangsort (ermittelt durch Ortung) auf bestimmten Wegen (gespeichert in einer digitalen Straßenkarte) zu einem Zielort einschließlich der erforderlichen Mess- und Rechenvorgänge (Rou- tenplanung und -berechnung). Im engeren Sinne ist Navigation die Planung und Überwachung der Fahrzeugbewegung in möglichst optimaler Weise (vgl. [Bachmann 1993, S. 20]).

Man unterscheidet für die Autonavigationssysteme zwischen zwei Gruppen von Navigationsverfahren:

1. bordautonome Verfahren, welche vollständig auf eine Unterstützung von außen verzichten können und
2. satellitenbezogene Verfahren.

Die zur ersten Klasse gehörenden Autonavigationssysteme benötigen keine Informa- tionen von außen und arbeiten mit Hilfe des so genannten Dead-Reckoning. Dieses Verfahren basiert auf einer ständigen Berechnung der aktuellen Position. Die Positi- onsberechnung erfolgt durch Abgleich der zurückgelegten Strecke mit den bekannten Distanzen der digitalen Kartengrundlage unter Betrachtung der Fahrtrichtung und Geschwindigkeit. Die zurückgelegte Strecke wird mit Hilfe von Radsensoren ermit- telt. Die Richtung wird durch einen Kreiselkompass bestimmt. Ein Nachteil bordau- tonomer Verfahren liegt darin, dass die Genauigkeit der Positionsermittlung immer geringer wird, je größer die gefahrene Strecke ist (vgl. [May 2002, S. 21]).

Im Gegensatz zu bordautonomen Verfahren lässt sich bei satellitenbasierten Verfahren die Position durchgehend mit einer großen Genauigkeit ermitteln. Die Messung der Koordinaten des navigierenden Objektes erfolgt hierbei durch Signale, welche vom Satellit erzeugt und vom Objekt empfangen werden. Aus der Geschwindigkeit und Laufzeit dieser Signale lässt sich die Entfernung vom Satellit ermitteln. Um die drei Raumkoordinaten des Objektes ermitteln zu können, muss das Objekt Signale von mindestens vier Satelliten empfangen (siehe Abb. 2.1).

Die Genauigkeit der ermittelten Position hängt von der Genauigkeit der Laufzeit- messung ab (vgl. [Mansfeld 1998, S. 114ff]). Aus diesem Grund sind die Navigati- onssatelliten mit mindestens drei Atomuhren ausgestattet, deren Genauigkeit bei 10−13 Sekunden liegt. Störungen der Signale (z.B. in Städten durch Signalschatten) führen dennoch zu erheblichen, nicht tolerierbaren Ungenauigkeiten. Als Gegenmaß- nahme werden korrigierende Verfahren (wie z.B. das dgps, siehe Abschnitt 2.2.2) angewendet.

2.2 Ortungs- und Navigationssysteme

Ortung ist ein Begriff für die Gesamtheit der Mess- und Rechenvorgänge zur Ermittlung des Standortes eines Objektes. Nach [Bachmann 1993, S. 20] versteht man unter Ortung im weiteren Sinne:

- Ermittlung der Lage (Position) von Objekten durch Angabe ihrer Koordinaten und
- Ermittlung der Bewegungsrichtung der Objekte, sowie ihrer Geschwindigkeit und Beschleunigung.

Die Ortung kann durch verschiedene Methoden erfolgen. Außer dem bereits erwähn- ten Dead-Reckoning kann sie unter anderem durch Funknavigation bzw. Satelliten- navigation erfolgen. Bei der satellitengestützten Ortung wird die Position der Ob- jekte, deren Koordinaten ermittelt werden sollen, mit Hilfe der Entfernung zwischen dem Objekt und den von ihm aus sichtbaren Satelliten ermittelt. Ein Objekt ist in Sichtweite eines Satelliten, wenn es Signale vom ihm empfangen kann.

Mit Hilfe der empfangenen Signale wird die Entfernung ds1 zwischen dem Satelliten s1, dessen Raumkoordinaten bekannt sind, und dem Objekt berechnet. Die Men- ge der Punkte mit dem Abstand ds1 vom Satelliten s1 bildet die Oberfläche einer Kugel mit dem Radius ds1 und dem Mittelpunkt s1. Um die 3D-Koordinaten ermit- teln zu können, muss das Objekt Signale von mindestens vier Satelliten empfangen. Durch den Abstand von einem Satelliten s1 und die Koordinaten (x1, y1, z1) dessel- ben Satelliten lässt sich die Menge der möglichen Positionen p(x, y, z) durch folgende Gleichung darstellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Empfangen der Signale von mehreren Satelliten führt zum Vorhandensein meh- rerer quadratischen Gleichungen mit den selben Unbekannten x, y und z. Die Koor- dinaten lassen sich durch die Lösung des Gleichungssystems ermitteln, welches aus den jeweils durch die empfangenen Satellitensignale gewonnen Gleichungen entsteht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dabei sind d1, · · · , d4, x1, · · · , x4, y1, · · · , y4 und z1, · · · , z4 bekannt. Außerdem sind die Mittelpunkte aller Kugeln (die Satelliten) paarweise unterschiedlich, und damit auch die Kugeln selbst. In Abb. 2.1 ist dieser mathematische Sachverhalt graphisch dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.1: Herleitung der Raumkoordinaten eines Objektes mit Hilfe von vier Satel- liten

Aus der Geometrie ist bekannt, dass die Schnittpunktmenge der Oberflächen zweier unterschiedlicher Kugeln einen Kreis bildet. Ein Kreis schneidet die Oberfläche einer Kugel, in der er selbst nicht liegt, in höchstens zwei Punkten. Um aber den Punkt eindeutig zu bestimmen, wird ein vierter Satellit benötigt. Man könnte an dieser Stelle überlegen, ob ebenfalls die approximierte Kugelförmigkeit der Erde nicht ge- nutzt werden kann? In dem Fall würden nur drei Satelliten benötigt, um die Position eines Objektes (den Schnittpunkt der vier Kugeln) zu bestimmen. Diese Überlegung ist zwar interessant, würde jedoch wegen der Geometrie der Erde sowie wegen der Unregelmäßigkeit der Erdoberfläche zu großer Ungenauigkeit führen. Aus diesem Grund erfolgt bei den Satellitensystemen gps, glonass und Galileo die Ortung mit Hilfe von vier Satelliten. Bei dem chinesischen Satellitensystem Beidou werden dagegen durch bestimmte Techniken nur zwei Satelliten eingesetzt.

In den folgenden Abschnitten werden die Navigationssysteme gps, dgps, glonass, Beidou und Galileo behandelt.

2.2.1 Global Positioning System (GPS)

gps (navstar Global Positioning System) wurde 1978 vom US-Verteidigungs- ministerium (Department of Defence, kurz dod) als Nachfolger des ersten USSatellitennavigationssystems nnss (transit) gestartet.

Explorer 1, der erste transit-Satellit wurde am 31.01.1958 ins All geschickt (vgl. [Kumar u. Moore 2002, S. 60]). transit bediente sich nur eines Satelliten. Dies hat

2.2. ORTUNGS- UND NAVIGATIONSSYSTEME

zur Folge, dass die Positionsermittlung 35 bis 45 Minuten dauerte. Die Positionsbestimmung für sich bewegende Objekte war nicht möglich. Durch den Einsatz des mit einer atomaren Uhr ausgestatteten Satelliten timation i konnte das transitSystem ab 1967 auch die Position beweglicher Objekte bestimmen. Danach folgten zahlreiche Verbesserungen, die immer mehr Genauigkeit und Verfügbarkeit garantieren konnten. Bereits im Jahr 2003 bestand die gps-Konstellation aus 24 Satelliten und ist mit einer hohen Ortungsgenauigkeit weltweit verfügbar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.2: Weltraumsegment des gps

Das gps-System setzt sich aus drei Segmenten zusammen: Weltraum-, Kontrollund Benutzersegment. Das Weltraumsegment besteht aus mindestens 24 Satelliten mit einer Lebensdauer von zehn bis 15 Jahren. Diese schweben, wie in Abb. 2.2 modellhaft dargestellt, in insgesamt sechs gleichmäßig verteilten Bahnen in einer Höhe von ca. 20.200 km über der Erde und umkreisen diese zweimal täglich. Die Ausrichtung der Satelliten ermöglicht es, dass jedes Fahrzeug oder Objekt auf der Erde jederzeit von mindestens vier Satelliten erfasst wird.

gps wurde ursprünglich für militärische Zwecke entwickelt. Seine vollständige Funk- tionsfähigkeit erreichte das System 1995. Seit 1990 wurde gps für zivile Nutzung eingeschränkt freigegeben. Die Einschränkungen der zivilen Nutzung werden mit dem Begriff Selective Availability (sa) umschrieben. Damit ist gemeint, dass für zivile Nutzer aus Sicherheitsgründen Verfälschungen der ermittelten Position vor- genommen wurden. Per Zufallsgenerator wurden Verzögerungen der Signallaufzeit verursacht. Dadurch verringerte sich die Ortungsgenauigkeit auf ca. 100 m. Zur Er- reichung einer größeren Genauigkeit wurden Systeme, wie das im nächsten Abschnitt beschriebene dgps, eingesetzt. dgps ist eine Erweiterung des gps. Nach der Ein- stellung der sa am 1. Mai 2000 erreichte gps eine Genauigkeit von ca. 7 bis 20 m (vgl. [May 2002, S. 18]).

Eine detaillierte Beschreibung der Entwicklungsgeschichte, des aktuellen Status und der Anwendungen des gps liefern [Kumar u. Moore 2002].

2.2.2 Differential Global Positioning System (DGPS)

dgps verbessert die Präzision der Positionsermittlung von gps. Das Verfahren ba- siert auf dem Vergleich der durch gps ermittelten Position einer feststehenden Refe- renzstation mit deren genau vermessenen Koordinaten (siehe Abb. 2.3). Anhand der Koordinatendifferenz wird die Korrektur für andere navigierende Fahrzeuge durch- geführt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.3: Funktionsweise des lokalen dgps (vgl. [Mansfeld 1998, S. 218])

Die Korrektur der Koordinaten hängt allerdings von der Entfernung des Fahrzeuges von der Referenzstation ab. Je weiter das Fahrzeug vom Referenzobjekt entfernt ist, desto ungenauer ist die Fehlerschätzung und somit auch die Korrektur (vgl. [Mansfeld 1998, S. 220]). Die Korrektur der Daten ist in diesem Fall nur im Um- kreis von ca. 300 km um die Referenzstation sinnvoll. Wegen dieses relativ kleinen Wirksamkeitsbereiches spricht man auch vom lokalen dgps bzw. Local Area dgps (ladgps).

Basiert die Korrektur der Daten dagegen auf den zusammengetragenen Informationen eines Netzwerkes von Referenzstationen, handelt es sich um das so genannte Weitbereich-dgps bzw. Wide Area dgps (wadgps). Eine genaue Beschreibung der Funktionsweise des wadgps findet sich in [Mansfeld 1998, S. 234ff].

2.2.3 Global Navigation Satellite System (GLONASS)

Unmittelbar nach den ersten Versuchen der usa mit dem navstar-gps, wurde Mitte der 70-er Jahre in der ehemaligen udssr die Entwicklung eines ähnlichen Systems gestartet, das heute unter den Namen glonass bekannt ist.

glonass gilt als Nachfolger des 1966 von der udssr in Betrieb genommenen Systems cikada. Dieses System ist dem transit (vgl. Abschnitt 2.2.1) sehr ähnlich. Im Gegensatz zu gps wurde jedoch bei glonass von Anfang an keine Einschränkung für zivile Nutzer vorgenommen.

glonass umfasst ähnlich wie gps drei Segmente (Raum-, Kontroll- und Nutzersegment). Das Raumsegment besteht im Vollausbau aus maximal 21 Satelliten und drei Reservesatelliten. Diese Satelliten bewegen sich auf drei Bahnen in der Höhe von ca. 19.000 km über der Erde. Die Bahnperioden belaufen sich auf elf Stunden und 16 Minuten. Die insgesamt 24 Satelliten werden vom Kontrollsegment ständig überprüft, um anschließend die besten 21 Satelliten zu aktivieren.

Im Vergleich zu gps (bei aktiver sa) hat glonass die dreifache Positionsgenauig- keit (vgl. [Mansfeld 1998, S. 258]). Ein Nachteil von glonass ist die relativ kurze Lebensdauer der sowjetischen/russischen Satelliten von maximal drei Jahren. Um das System aufrechtzuerhalten, müssen deshalb pro Jahr acht neue Satelliten gest- artet und erfolgreich in Betrieb genommen werden. Dies bedeutet eine erhebliche finanzielle Belastung und konnte vom russischen Staat nicht bewerkstelligt werden. Der sich so verzögernde Aufbau des Raumsegmentes und das Fehlen von Endgerä- ten schränken die praktische Bedeutung des glonass-Systems ein, (vgl. [Dodel u. Häupler 2004, S. 176]).

Mehr Informationen zu den einzelnen Segmenten sowie zur Ortungsgenauigkeit des glonass-Systems und ein Vergleich mit gps finden sich in [Mansfeld 1998, S. 247ff].

2.2.4 Galileo

Den ersten Vorstoß Europas in den Bereich der satellitengestützten Navigation stellt egnos (European Geostationary Navigation Overlay Service) dar. egnos bietet allen Nutzern der Satellitenfunknavigation einen leistungsfähigen Navigationsund Ortungsdienst an. Im Dezember 1994 rief die Europäische Kommission die eu-Mitgliedsstaaten dazu auf, sich an der Entwicklung der zweiten Etappe des egnos-Systems (egnos2) zu beteiligen. Im März 2003 erfolgte die Einigung der eu-Mitgliedsstaaten auf die Rahmenbedingungen des egnos2-Programms, welches später den Namen Galileo erhielt. Das System sollte

1. weltweit und für alle Verkehrsarten nutzbare Ortungssignale liefern,
2. kompatibel zu gps sein,
3. unabhängig von den usa betrieben werden können,
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4. zivil betrieben (im Gegensatz zu gps und glonass) und
5. im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft (public-private partnership) finanziert werden.

Mit Hilfe von egnos können schon jetzt Dienste angeboten werden, die künftig über Galileo erbracht werden sollen. Allerdings ist egnos auf das gps angewiesen. egnos besteht aus mehreren Navigationsnutzlasten von geo1 -Satelliten im Orbit und einem terrestrischen Netz von 34 Ortungsstationen und vier Kontrollzentren, die sämtlich miteinander verbunden sind. Diese Ausrüstungen erhöhen die Zuverlässig- keit der Dienste, welche über die gps- und glonass-Signale in einem geografischen Gebiet angeboten werden. Mehr zu egnos findet sich in der Mitteilung der Kom- mission an das Europäische Parlament und den Rat ([Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2003]).

Die geplante Galileo-Systemarchitektur besteht aus zwei Segmenten, dem Raumseg- ment und dem Bodensegment. Zum Raumsegment gehören 30 Satelliten, davon 27 aktive und drei Reserve. 27 Satelliten des Raumsegmentes umkreisen die Erde in drei gleichverteilten Bahnen mittlerer Höhe (meo)2. In jeder Bahnebene dient ein Satellit als Reserveflugeinheit für die anderen neun. Dazu kommen vier oder mehr Satelliten in geostationären Umlaufbahnen (geo) zur Unterstützung der umlaufen- den Konstellation.

Die Satelliten haben eine Umlaufzeit von ca. 14 Stunden. Ihre nominale Lebensdauer liegt bei zwölf Jahren. Die ersten zwei Satelliten wurden im Jahre 2003 bestellt. Am 28. Dezember 2005 wurde mit dem erfolgreichen Start des ersten Testsatelliten giove-a (Galileo In-Orbit Validation Element) die praktische Testphase des Systems begonnen. giove-a wurde vom Kosmodrom Baikonur in Kasachstan aus gestartet (vgl. [Galileo Joint Undertaking 2005]).

Das Bodensegment dient unter anderem der Überwachung der Satellitenkonstellation, der Bestimmung der Bahnparameter der Satelliten, der Kontrolle der Zeitsynchronisierung und der Generierung der Navigationsinformation, welche von den Satelliten abgestrahlt werden.

Um leistungsfähigere Dienstleistungen für spezielle Anwendungen zu ermöglichen, können die Signale des Galileosystems mit anderen gnss3 - (glonass, gps) oder Nicht-gnss-Systemen (z.B. die Mobilfunknetz-Standards Global System for Mobile Communications (gsm) und Universal Mobile Telecommunications System (umts)) kombiniert werden. Das Galileo-System soll zwischen 2008 und 2012 einsatzbereit sein (vgl. [Dodel u. Häupler 2004, S. 183ff]).

2.2.5 Beidou Navigation System

Beidou ist ein chinesisches auf Asien beschränktes Navigationssystem. Anders als bei gps, glonass oder Galileo besteht die momentane Konstellation dieses Systems aus insgesamt drei geostationären Satelliten, die später um vier weitere Satelliten erweitert wird, was eine weltweite Positionsbestimmung ermöglicht. Nach offiziellen Angaben soll Beidou zivilen Nutzern zur Verfügung stehen.

Die Ortung in Beidou erfolgt durch zwei Satelliten, welche ihre Signale an das zu ortende Objekt senden. Dieses leitet die Signale an das Kontrollzentrum weiter. Das Kontrollzentrum schätzt die Höhe und dadurch die Position des Objektes und sendet anschließend die Koordinaten zu dem zu ortenden Objekt zurück. Die Laufzeit des Signals während dieses Vorgangs - vom Satellit zum Benutzer, vom Benutzer zum Kontrollzentrum und von diesem zurück zum Benutzer - beträgt ca 0,25 Sekunden. Aufgrund dieser relativ langen Signallaufzeit ist eine Ausstattung der Satelliten mit Atomuhren nicht notwendig. Die Ortung durch das Beidou-System wird von Bergen und Gebäuden beeinträchtigt.

Die Genauigkeit von Beidou entspricht der von gps und glonass. Weil das Kon- trollzentrum an der Ermittlung aller Positionen beteiligt wird, bleibt die Anzahl der Benutzer, welche das System gleichzeitig nutzen können, beschränkt (vgl. [Forden 2004]).

Die Mehrzahl der heutigen Neufahrzeuge in Deutschland wird mit einem Navigationssystem ausgeliefert. Es ist zu erwarten, dass Navigationssysteme in naher Zukunft zunehmend zu den normalen Fahrzeugfunktionen zählen und nicht mehr als Luxusausstattung gelten werden. Allerdings ist die Navigation und Routenplanung ohne präzise digitale Straßenkarten nicht möglich. Welche Rolle spielt die Straßenkarte für die Navigation? Was sind in dieser Situation die Anforderungen an die Straßenkarte? Wie werden die Daten digital erfasst und aktualisiert?

2.3.1 Rolle und Anforderungen

Nach der Ermittlung der Koordinaten eines Fahrzeuges wird die entsprechende Po- sition auf der Landkarte erfragt. Wurde die genaue Position ermittelt, so werden zahlreiche Fahrbahn- und Verkehrsinformationen von großer Wichtigkeit. Interessant sind beispielsweise Angaben darüber, ob die Straße, auf der sich das Fahrzeug gera- de bewegt, eine Einbahnstraße ist, ob bzw. welche Geschwindigkeitsbeschränkungen gegeben sind, oder ob scharfe Kurven vorliegen. Relevant sind ebenfalls Informatio- nen über andere in der Umgebung oder im Zielgebiet liegenden Straßen. Um diese für die Routenplanung sehr wichtigen Informationen effizient nutzen zu können, ist eine Digitalisierung der geographischen Daten ( kurz Geodaten) notwendig.

Nach Czommer muss eine digitale Straßenkarte folgenden Anforderungen genügen (vgl. [Czommer 2000, S. 14]):

- digitales Anzeigen der Straßenkarte,
- Ortung und Anzeige einer gesuchten Zieladresse,
- Berechnung der optimalen Route
- Führen des Fahrers entlang der ausgerechneten Route,
- Anzeigen der durch Sensoren möglichst genau ermittelten aktuellen Position und
- Ausgabe bestimmter Reiseinformationen, wie Tankstellen u.ä.

Geodaten lassen sich in Geobasisdaten und Geofachdaten unterteilen. Geobasis- daten stehen am Anfang der Wertschöpfungskette zur Herstellung von Geodaten- produkten. Dazu zählen insbesondere die Daten der Vermessungsverwaltungen, die als Grundlage für viele Anwendungen geeignet sind. Auch atkis (Amtlich-Topo- graphisch-Kartographisches Informationssystem4 ) sowie gescannte topographische Kartenwerke stellen Geobasisdaten zur Verfügung. Gegenwärtig wird auch die Nut- zung von Bilddaten wie Orthophotos5 sowie Luft- und Satellitenbilder als Daten- quelle erforscht.

Geofachdaten sind dagegen die für eine spezielle Fachdisziplin erhobenen Daten (vgl. [Stark 2005, S. 11]). Aus den Definitionen der Geodaten geht hervor, dass für Autonavigation in erster Linie Geobasisdaten relevant sind.

2.3.2 Datenbeschaffung und Aktualisierung

Der erste Schritt zur Herstellung digitaler Straßenkarten ist die Beschaffung analoger Karten und Stadtpläne. Basierend auf den analogen Daten wird die Straßengeome- trie z.B. manuell mit der Fadenkreuzlupe digitalisiert. Dabei werden die Straßen in Segmente zerlegt und mit den Einmündungen und Kreuzungen als Kanten und Kno- ten vektorisiert. Anschließend werden die digitalisierten Daten durch Satellitenbilder oder Orthophotos überprüft. Die Vektorisierung der Karten kann effizienter durch Scannen der analogen Karten durchgeführt werden. Steht kein aktuelles analoges Kartenmaterial zur Verfügung, werden die Daten unter anderem durch die unten beschriebenen Verfahren beschafft bzw. aktualisiert (vgl. [May 2002, S. 49]).

Mobile-Mapping-Verfahren

Die Straßengeometrie einer Strecke wird dadurch erfasst, dass die Straßen mit einem Messfahrzeug unter Verwendung von gps und ins6 abgefahren werden. Dabei ermög- licht eine im Fahrzeug installierte Zentraleinheit die Aufzeichnung der Fahrstrecke. Darüber hinaus werden alle sichtbaren Objekte, wie Straßenschilder und Points Of Interest (poi), durch Stereokameras lokalisiert und aufgenommen (vgl. [May 2002, S. 89]). Mobile-Mapping erlaubt auch die Erfassung von unterirdischen Wegen (z.B. Tunnel).

Bei diesem Verfahren wird eine Datenungenauigkeit ausgeschlossen, da das ins die beim gps existierenden Signallücken füllt. Nachteile dieses Verfahrens sind einerseits die hohen Ausrüstungs- und Personalkosten und andererseits die Erschwerung der Arbeit durch Einbahnstraßen, Abbiegeverbote u.ä. Diese und weitere Gründe verlangsamen den Ablauf der Datenerfassung insbesondere in Städten.

Fernerkundung

Fernerkundung bezeichnet die Durchführung kontaktloser Messungen, um Informa- tionen über Objekte zu erhalten, wie z.B. über die oberste Schicht der Erdhülle (vgl. [Kappas 2004, S. 22]). Neben der Erfassung terrestrischer Objekte können durch die Fernerkundung auch Ozeane erforscht werden. Dabei werden sowohl sichtbares Licht als auch andere elektromagnetische Wellenlängen benutzt. Für die digitale Karte sind die optischen Systeme von großer Wichtigkeit, deswegen werden hier nur diese beschrieben.

Fernerkundungssysteme können satellit-, space-shuttle-, flugzeug-, ballongetragen oder stationär sein. Je nach Aufzeichnungsmodus bzw. Quelle der empfangenen Strahlung lassen sich passive und aktive Systeme unterscheiden. Bei passiven Fer- nerkundungssystemen werden die Daten durch die von den Objekten der Oberfläche reflektierten Strahlen empfangen. Aktive Systeme dagegen erzeugen ihre Strahlung selbst und messen dann die von der Erdoberfläche reflektierte Strahlung. Je nach sensorspezifischer Auflösung ändert sich die Genauigkeit der Daten (siehe Abb 2.4).

Satellitenbilder werden in verschiedenen Spezifikationen angeboten. Die bekanntes- ten Anbieter auf diesem Gebiet sind Space Imaging7 und Digital Globe8. Space Ima- ging bietet das Bildprodukt ikonos ii in drei Spezifikationen an. Diese sind 1p (1 m Auflösung, panchromatisch), 4ms (4 m Auflösung, multispektral) und 1msp (dreikanaliges Naturfarb-, Infrarotbild oder vier Einzelkanäle durch das panchroma- tische Bild geschärft), siehe Abb. 2.4. Das Produkt der Firma Digital Globe quick bird arbeitet mit einer räumlichen Auflösung von 0.6p und 3-4ms. Die Genauigkeit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.4: Beispiele für Fernerkundungsbilder (links nach rechts, oben nach unten): Echtfarbbild, Infrarotbild, Anaglyphenbild und panchromatisches Bild [May 2002, S. 110f]

von ikonos ii reicht für die Anforderungen der Straßennavigation nicht aus. Außerdem sind bis zu 20% Wolkenbedeckung bei den gelieferten Bildern zu erwarten (vgl. [May 2002, S. 98]). Für die Flugzeugnavigation reichen die Daten von ikonos ii und quick bird aus (vgl. [Friedrich 2004]).

Außer der satellitengetragenen Systeme gibt es digital aufzeichnende Kameras, wel- che zurzeit ausschließlich von Flugzeugen getragen werden und eine starke Nachfrage erleben. In den letzten Jahren hat die Kopplung digitaler Luftbildkameras an gps und ins-Systeme zur Gewinnung präziser, 3D-fähiger Bilddaten geführt. Bei digi- talen Luftbildkameras handelt es sich um flugzeuggetragene Stereokameras. Diese Technologie gibt es im operationalen Einsatz erst seit ca. fünf Jahren.

Die Luftbildkamera hrsc-a (High Resolution Stereo Camera - Airborne) gilt als erstes vollständig digital und automatisch operierendes System, das Orthophotos produziert. Sie wurde am Institut für Planetenerkundung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (dlr) entwickelt. hrsc-ax und hrsc-axw folgten als Weiterentwicklung. Ursprünglich war die Technik für Erforschung des Planeten Mars vorgesehen. Nach dem Scheitern des Projektes wurde ein modifiziertes System für die Fernerkundung der Erdoberfläche weiterentwickelt, bei dem die digitale fotogram- metrische Verarbeitung der hochauflösenden Bilddaten vollautomatisch erfolgt. Die Weiterentwicklungskamera hrsc-axw kann in fünf Stunden eine Fläche von bis zu 10.000 km2 als panchromatisches Bild aufnehmen. Eine ausführliche Beschreibung dieser Technik und der Methoden zu ihrer Formatierung liefert [May 2002, S. 100ff].

[Kappas 2004] gibt eine systematische Übersicht zum Thema Fernerkundungssyste- me und beschreibt weitere Tendenzen der zukünftigen Bildverarbeitung von Geoda- ten.

Kartierung

Um Geodaten zu erfassen oder zu aktualisieren, begehen Bearbeiter Gebiete oder befahren sie mit dem Fahrrad. Als Arbeitsgrundlage dienen ihnen Datenbankausdrucke oder mobile Handheld pcs. Vor Ort wird die Realität mit den Vorlagen gezielt abgeglichen und verifiziert.

Diese Methode gilt als die sicherste und genaueste zur Erfassung der Straßengeome- trie und der verkehrslenkenden Attribute. Auch zusätzliche Hinweise (wie zeitliche Beschränkungen), welche in Luftbildern nicht erkennbar sind, werden erfasst. Nach- teile dieser Methode sind die hohen Personal- und pc-Anschaffungskosten sowie die lange Erfassungszeit.

Andere Datenquellen

Außer der oben genannten Verfahren können folgende Quellen der Beschaffung bzw.

-aktualisierung von Geodaten dienen (vgl. [May 2002, S. 57ff]):

Straßenverzeichnisse:

Amtliche Straßenverzeichnisse geben Auskunft über den Bestand und die Rechts- verhältnisse öffentlicher Straßen. Sie können dank ihrer Übersichtlichkeit für die Anfangsphase der Datenbeschaffung nützlich sein. Für die Aktualisierung von Geo- daten sind sie jedoch nicht geeignet, weil sie nicht alle erforderlichen Information enthalten.

Datenaustausch mit der Deutschen Post ag:

Anbieter der Navigationssysteme können durch eine Kooperation mit der Deutschen Post ag auf Informationsmaterial zugreifen. Das Informationsmaterial ermöglicht eine Zuordnung von Hausnummern zu den Straßensegmenten der digitalen Karte. Diese Methodik ist für die Erweiterung der Geodaten und für die 3D-Straßenkarte sehr wichtig.

Autobahn Infomations-System ais:

ais ist eine Bilderdatenbank des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen (bmvbw), welche von der Bundesanstalt für Straßenwesen gepflegt wird. Das Informationssystem wird inklusive eines Programmes auf cd-rom ausgelie- fert. Durch das Programm erfolgt die Anzeige gewünschter Autobahnen und die Durchführung von Suchfunktionen. Die Dokumente der Datenbank im ais sind im jpeg-Format und stammen aus Fotos oder Videos. Bei Datenaktualität des Infor- mationssystems kann die Fortführung der Geodaten mit Hilfe von ais anstatt des Mobile-Mapping-Verfahrens erfolgen.

atkis ist ein bundesweites, von den Landesvermessungsämtern betriebenes, vektorbasiertes, objektstrukturiertes Informationssystem. Es ergänzt traditionelle analoge, topographische Landeskartenwerke um digitale, elektronisch verarbeitungsfähige Geobasisdaten. Da atkis digitale, georeferenzierte Daten zur Verfügung stellt, ist es grundsätzlich als Quelle für die Aktualisierung von Geodaten geeignet. Nachteilig ist jedoch die nicht ausreichende und nicht ländereinheitliche Aktualität der Daten. Für Fahrzeugnavigationssysteme kommt hinzu, dass atkis keine Angaben zu verkehrslenkenden Attributen bereitstellt.

2.3.3 Datenspeicherung im GDF-Format

Liegen die raumbezogenen Daten vor, müssen sie effizient gespeichert und bearbeitet werden. Je nach Anwendungsgebiet werden dafür verschiedene Datenformate eingesetzt. Das im Bereich der Fahrzeugnavigation bekannteste ist das europäische Standardformat für den Austausch digitaler Straßenverkehrsdaten Geographic Data File (gdf). gdf wurde speziell für Anwendungen der Fahrzeugnavigation entwickelt (vgl. [Walter 1996, S. 17]). Unternehmen wie Map24 oder Map&Gide nutzen gdf zur Berechnung kürzester Wege, welche ein wesentlicher Bestandteil der Fahrzeugnavigation sind (vgl. [Stark 2005, S. 19]).

Der erste Ansatz einer Standardisierung digitaler Straßenverkehrsdaten entstand 1987, als sich die Firmen Philips (Niederlande) und Bosch-Blaupunkt (Deutsch- land) einigten, digitale Karten zur Nutzung in Kfz-Navigationssystemen gemeinsam zu erfassen. Im Oktober 1988 wurden die im Zuge des eureka-Projektes demeter (Digital Electronic Mapping of European Territory) erarbeiteten Standards (gdf

1.0) veröffentlicht. Die Entstehung von gdf basierte auf dem britischen Austauschformat ntf (National Transfer Format).

Im Rahmen eines von der Europäischen Kommission gestarteten Projektes zur Ver- besserung der Straßensicherheit, Transporteffizienz und Umweltqualität wurde gdf

1.0 intensiv getestet. Die gewonnenen Erfahrungen flossen in die Entwicklung von gdf 2.0 ein. In dieser Version des europäischen Standards führten Wünsche der neuen Projektpartner (speziell im Bereich der Touristeninformation und Transport- logistik) zu einer signifikanten Erweiterung des Objekt- und Attribut-Kataloges. gdf entwickelte sich immer mehr zu einem Standard, der sich auch außerhalb der

Routenplanung einsetzen ließ. Eine entscheidende Grundlage für die Erweiterung von gdf 1.0 zu gdf 2.0 bildete das französische Standard Echange de Données Informatisées GéOgraphiques (edigéo). 1995 wurde die Version gdf 3.0 veröffent- licht.

Andere internationale Standards setzten andere Schwerpunkte und sind mit gdf nicht vergleichbar. Die Japan Digital Road Map Association orientierte sich bei ihren Standardisierungsbemühungen speziell an Navigationsanwendungen und be- tonte deswegen den Aspekt des schnellen Datenzugriffs und der Dateigröße. Der us-amerikanische Standard Spatial Data Transfer Standard (sdts) zielte dagegen auf eine allgemein anwendbare Beschreibung geographischer Daten und nicht auf die Standardisierung des Inhaltes ab. Der europäische Standard wurde als weltwei- ter Standard ausgewählt und international verarbeitet. In den Jahren 1994 bis 2000 arbeiteten Vertreter aus Australien, Kanada, Deutschland, Japan, Korea, Holland und den usa an der Fortentwicklung von dgf. Ergebnisse dieser Zusammenarbeit sind in gdf 4.0 eingeflossen (vgl. [DIN EN ISO 14825 2005, S. 25]).

Innerhalb dieses Formates werden Eigenschaften der realen Welt durch Objekte - welche in drei Ebenen (Levels) dargestellt werden - Attribute und Relationen abgebildet. (vgl. [DIN EN ISO 14825 2005, S. 36ff]). Im Folgenden werden der Objekt-, Attribut- und Relationenkatalog beschrieben.

Der Objektkatalog (Feature Catalogue)

Enthält Definitionen von Objekten der realen Welt, welche von gdf unterstützt werden. Ein Objekt kann z.B. eine Straße, ein Verkehrszeichen, eine Parkfläche oder auch ein Gebäude repräsentieren. Weiterhin besteht für den Benutzer die Möglichkeit, eigene Objekte zu definieren. In diesem internationalen Standard wird zwischen einfachen und komplexen Objekten unterschieden.

Einfache Objekte werden durch die geometrischen Grundformen Knoten (nodes), Kanten (edges) und Flächen (faces) dargestellt. Jede Straße wird in einzelne Segmen- te geteilt. Die Segmente sind durch Kreuzungen und/oder Einmündungen begrenzt. Ein Straßensegment wird als Kante dargestellt und gilt als einfaches Objekt.

Komplexe Objekte setzen sich aus einfachen Objekten und/oder anderen komplexen Objekten zusammen. Eine Straße z.B. setzt sich aus mehreren Straßensegmenten zusammen. Ein komplexes Objekt kann nicht direkt durch die geometrischen Grundformen dargestellt werden. Jedes Objekt gehört zu höchstens einer Objektklasse (Feature Class), und in einer Objektklasse muss mindestens ein Objekt enthalten sein. Eine Objekt-Themenstellung (Feature Theme) stellt eine Obermenge der Objektklassen dar. Objekte können weiterhin in beliebig vielen Relationen mit anderen Objekten stehen. Sie können beliebig viele Attribute besitzen.

gdf sieht eine konzeptionelle Aufteilung der Objekte der realen Welt in drei Ebenen: Level-0, Level-1 und Level-2 vor. Abb. 2.5 zeigt am Beispiel eines Straßennetzwerkes die Unterschiede der drei Ebenen auf.

[...]


1 Geostationary Earth Orbit (Geostationärer Erd-Orbit): Die Bahn in der Äquatorialebene. Ein Satellit in dieser Kreisbahn hat eine feste Position bezüglich der Erde und bewegt sich mit der Erdgeschwindigkeit. Die Signallaufzeit Satellit-Erde beträgt ca. 120 ms. Mehr zur Wichtigkeit geostationärer Satelliten für die Kommunikation findet sich in [Dodel u. Häupler 2004, S. 82]

2 Medium altitude Earth Orbit, Bahnen mittlerer Flughöhe (ca. 10.000 - 20.000 km), vgl. Mansfeld 1998 [S. 13]

3 Das globale Satellitennavigationssystem, zu dem auch Galileo zählen wird.

4 offizielle Internetseite: http://www.atkis.de

5 Ein Orthophoto ist ein senkrecht zur Erdoberfläche aufgenommenes maßstabgetreues Luftbild. Orthophotos sind wegen der Verfügbarkeit und Aktualität der gelieferten Daten vorteilhaft.

6 Inertial Navigation System, auch Trägheitsnavigation genannt. Mit Hilfe hoch präziser Messge- räte werden Beschleunigung und zurückgelegte Strecke in den drei Raumrichtungen über die Zeit bestimmt. Durch eine Kombination von gps und ins lässt sich die Position eines Objektes exakt ermitteln.

7 Space Imaging Internetseite: http://www.spaceimaging.com/default2.htm 8 Digital Globe Internetseite: http://www.digitalglobe.com/

Final del extracto de 79 páginas

Detalles

Título
Telematik und Navigation mobiler Agenten im Straßenverkehr
Universidad
University of Paderborn
Calificación
1,7
Autor
Año
2006
Páginas
79
No. de catálogo
V59288
ISBN (Ebook)
9783638532785
Tamaño de fichero
2332 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Telematik, Navigation, Agenten, Straßenverkehr
Citar trabajo
Diplom Wirtschaftsinformatiker Youssef El Haoum (Autor), 2006, Telematik und Navigation mobiler Agenten im Straßenverkehr, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59288

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