Welche Rolle spielt das Hals- und Nackentraining bei der Verletzungsprophylaxe in Team- und Kontaktsportarten?


Masterarbeit, 2019

83 Seiten, Note: 1,3

Fatima Sleiman (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung
1.1 Relevanz der Arbeit
1.2 Literaturrecherche

2 Anatomie & Biomechanik
2.1 Lokale Stabilisatoren
2.1.1 Mm. Longus colli und capitis
2.1.2 M. multifidus
2.1.3 Kurze Nackenextensoren
2.2 Globale Stabilisatoren und Mobilisatoren
2.2.1 Oberflächliche Extensoren
2.2.2 M. trapezius pars descendens und M. levator scapulae
2.2.3 Oberflächliche Flexoren

3 Trainierbarkeit der Hals- und Nackenmuskulatur
3.1 Zusammenfassung zur Trainierbarkeit

4 Gehirnerschütterungen
4.1 Definition
4.2 Entstehungsursache
4.3 Symptome und Folgen
4.4 Epidemiologie im organisierten Sport
4.5 Präventionsprogramme im organisierten Sport

5 Der Einfluss der Hals- und Nackenmuskulatur auf die Kopfbeschleunigung
5.1 Studien zum Einfluss isometrischer Maximalkraft auf die Kopfbeschleunigung
5.2 Studien zum Einfluss von durch Training gesteigerter isometrischer Maximalkraft auf die Kopfbeschleunigung
5.3 Studien zum Zusammenhang zwischen der isometrischen Maximalkraft der Hals- und Nackenmuskulatur und Gehirnerschütterungen
5.4 Zusammenfassung und Diskussion der Studien

6 Häufige Verletzungen des Hals- und Nackenbereichs bei Athleten
6.1 Studien zum Zusammenhang der Hals- und Nackenmuskulatur und Verletzungen des Hals- und Nackenbereichs

7 Therapeutische Maßnahmen
7.1 Hals- und Nackenschmerzen bei Athleten
7.2 Körperhaltung

8 Sportspezifisches Training der Hals- und Nackenmuskulatur
8.1 Vorteile beim Sport
8.2 Prinzipien
8.2.1 Ziele
8.2.2 Sportspezifität
8.2.3 Sicherheit
8.2.4 Zeitpunkt und Einbettung
8.2.5 Hypertrophiespezifisches Training
8.2.6 Ballistisches Training

9 Übungen für die Hals- und Nackenmuskulatur
9.1 Dynamische Aufrollbewegungen
9.1.1 liegende Aufrollbewegungen
9.1.2 Aufrollbewegungen sitzend oder stehend
9.1.3 Aufrollbewegungen an der Wand
9.2 isometrische Halteübungen
9.3 Rotationsübungen

10 Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Gottlob (2009): Halswirbelsäule mit den Wirbeln C1 bis C7

Abbildung 2: Gottlob (2009): Kopf- und Halsbeweglichkeit in den drei Hauptbewegungsebenen. Links: Stre-ckung/Beugung (Extension/Flexion). Mitte: Seitneigung links/rechts (Lateralflexion). Rechts: Rotation um die Längsachse links/rechts (axiale Rotation)

Abbildung 3: Gottlob (2009): Lineare Kopfbewegungen. Links: Forward Head Posture (obere HWS extendiert, untere HWS flektiert). Mitte: Flachhalsstellung (obere HWS flektiert, untere HWS extendiert). Rechts: Rechtsverschiebung (obere HWS Seitneigung links, untere HWS

Abbildung 4: Diemer & Sutor (2010): vor der HWS gelegene Halsmuskeln

Abbildung 5: Diemer & Sutor (2010): M. multifidus des Halses mit oberflächlichem (a) und tiefem Anteil (b)

Abbildung 6: Diemer & Sutor (2010): Kurze Nackenextensoren

Abbildung 7: Gottlob (2009): Extensoren des Halses, oberflächliche Nackenmuskulatur

Abbildung 8: Diemer & Sutor (2010): Oberflächliche Flexoren und neurovaskuläre Struktur in den Skalenuslücken

Abbildung 9: Gottlob (2009): prävertebrale Flexoren

Abbildung 10: Conley et al. (1997): Muskelquerschnittsfläche (cm²) nach Muskel Prä- (hellgrau) und Posttest (dunkelgrau). a) RESX; b) RES; c) CON. Abk.: Trapezius (T), splenius capitis (SC), levator scapulae (LS), longissimus capitis und cervicis (LSC), scalenus medius und anterior (SMA), sternocleidomastoid (SM), semispinalis capitis (SEC), semispinalis cervicis und multifidus (SCM), longus capitis und colli (LCC)

Abbildung 11: Naish et al. (2013): Verwendete isometrische Übungen in Woche 1-5 (a-d)

Abbildung 12: O'Connor et al. (2017): SRC Anzahl und Raten in High School Athleten in 27 Sportarten, National Athletic Treatment, Injury and Outcomes Network (NATION), Schuljahre 2011-2014

Abbildung 13: O’Connor et al. (2017): Vergleich SRC Rate High School Athleten in Training und Wettkampf, National Athletic Treatment, Injury and Outcomes Network (NATION), Schuljahre 2011-2014. NA: keine Daten verfügbar

Abbildung 14: Tierney et al. (2005): Externe Kraftanwendung mit Maschinensystem

Abbildung 15: Schmidt et al. (2014): IMK Messung der Flexoren (A), Extensoren (B), Lateralflexoren rechts (C) und links (D) mit einem Maschinensystem

Abbildung 16: Schmidt et al. (2014): Externe Kraftanwendung durch ein Zugsystem und Vermeidung von forcierter Extension durch Probanden

Abbildung 17: Mihalik et al. (2011): IMK-Messungen: anterior Flexoren (A); anterolateral Flexoren (B); Halsrotatoren (C); posterolateral Extensoren (D); oberer Trapezius (E,F)

Abbildung 18: Lisman et al. (2012): Technik beim Tackling des Dummys

Abbildung 19: Chang et al. (2006): Mechanismus bei Zugverletzung (links) und Kompressionsverletzung (rechts)

Abbildung 20: Chang et al. (2006): Axial einwirkende Kräfte auf den Kopf. Normale Halswirbelsäule (A); Spear Tackler's Spine (B): Verlust der Lordose, Bandscheibenverengung, Verknöcherung

Abbildung 21: Naish et al. (2013): Verwendete isometrische Übungen in Woche 1-5 (a-d)

Abbildung 22: Trewartha et al. (2013): Gedränge im Rugby. Crouch-Position und Touch Position als Vorbereitung. Set Position nach Kraftaufwendung

Abbildung 23: Naish et al. (2013): spezielle Übungen für Front Row Spieler: vorgebeugtes isometrisches Halten für Rechtslateralflexoren bei gleichzeitiger Schulter/Brust Fliegende (a); vorgebeugtes isometrisches Halten für Rechtslateralflexion bei gleichzeitigem Latziehen (b); Gedrängesimulation mit externer Kraftanwendung auf die Lateralflexoren und Extensoren aus verschiedenen RIchtungen (c)

Abbildung 24: Gottlob (2009): liegende Extensionsübung über die volle Bewegungsamplitude. Links: Startposition. Rechts: Endposition. Zu beachten: BWS und LWS gerade halten, langsam und kontrolliert ohne Schwung ausführen. Zusatzwiderstände können auf dem Hinterkopf platziert und mit den Händen fixiert werden

Abbildung 25: Diemer & Sutor (2010): liegende Flexionsübung über die volle Bewegungsamplitude. Links: Startposition. Rechts: Endposition. Zu beachten: Anziehen des Kinns in Endposition, langsam und kontrolliert ohne Schwung ausführen. Zusatzwiderstände können auf der Stirn platziert und mit den Händen fixiert werden

Abbildung 26: Diemer & Sutor (2010): liegende Lateralflexionsübung über die volle Bewegungsamplitude mit Zusatzgewicht. Links: Startposition mit Kopf in neutraler Position und in Verlängerung der Wirbelsäule. Rechts: untere Endposition für Rechtsneigung. Hier nicht gezeigt ist die obere Endposition, sie ist gegengleich zur unteren. Zu beachten: keine Pro- oder Retraktion des Kopfes, langsam und kontrollierte Ausführung ohne Schwung

Abbildung 27: Gottlob (2009): stehende Extensionsübung über volle Bewegungsamplitude: Links: Startposition. Rechts: Endposition. Zu beachten: Gerade BWS und LWS, langsam und kontrollierte Ausführung ohne Schwung

Abbildung 28: Gottlob (2009): Stehende Extensionsübung mit manuellem Widerstand über volle Bewegungsamplitude. Links: Startposition. Rechts: Endposition

Abbildung 29 Gottlob (2009): Wanddrückübung für die Extensoren. Links: Startposition mit Schultern und Hinterkopf an der Wand. Rechts: Endposition mit extendierter HWS, wobei nur der Hinterkopf Kontakt zur Wand hat. Zu beachten: Neigungswinkel gibt die Schwierigkeit vor. Je näher sich die Füße an der Wand befinden, desto einfacher

Abbildung 30: Isometrisches Halten mit Gymnastikball

Abbildung 31: Gottlob (2009): Rechtsrotation mit Theraband. Links: Startposition. Rechts: Endposition. Zu beachten: Augen geschlossen halten um sie bei Reißen des Therabands zu schützen. Keine Pro- und Retraktion des Kopfes. Oberkörper und Unterkörper statisch halten

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Studien zur Trainierbarkeit der Hals- und Nackenmuskulatur

Tabelle 2: Studien zur Kopfbeschleunigung mit und ohne Training und zum Zusammenhang von IMK der HNM und Gehirnerschütterungen

Tabelle 3: nach Chang et al. (2006): Häufige Verletzungen des Hals- und Nackenbereichs bei Athleten

Tabelle 4: Naish et al. (2013): Verletzungsarten und -häufigkeit

1 Einführung

Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, inwiefern ein Hals- und Nackentraining im Sport Vorteile für den Athleten1 bieten kann und wie es gestaltet werden sollte. Es wird dabei sportartbezogen auf die damit einhergehenden möglichen verletzungsprophylaktischen und leistungsverbessernden Aspekte in Sportsituationen eingegangen. Mit „im Sport“ ist in dieser Arbeit der organisierte Sport gemeint. Nach der Definition des Deutschen Olympischen Sportbunds sind dies nur Sportarten, die in Vereinsstrukturen durchgeführt werden. Zu den hier betrachteten Sportarten zählen vor allem Ballsportarten mit Gegnerkontakt, darunter insbesondere Fußball, American Football und Rugby, als auch die Kampfsportart Ringen. Auf Kampfsportarten mit dem Ziel den Gegner zu schlagen und ihn so zum Aufgeben zu bringen, wie es z.B. beim Boxen der Fall ist, wird nicht eingegangen. Die deutsche Bezeichnung des Halses ist nicht deckungsgleich mit ihrer englischen Übersetzung, da im Deutschen umgangssprachlich vom vorderen Hals sowie mit Nacken vom hinteren Teil des Halses die Rede ist, während im Englischen mit „neck“ die Gesamtheit des Halses gemeint ist.

Um einen Überblick über die Hals- und Nackenmuskulatur zu erlangen, werden in Kapitel 2 zunächst die notwendigen anatomischen und biomechanischen Grundlagen dargelegt. Im anschließenden Kapitel 3 wird der Frage nachgegangen, mit welchen Methoden bei der Hals- und Nackenmuskulatur Trainingseffekte nachgewiesen werden konnten. Die Kapitel 4, 5 & 6 gehen der Frage nach, ob ein verletzungsprophylaktischer Effekt bei einem Hals- und Nackentraining hervorgerufen werden kann, ehe in Kapitel 7 weitere therapeutische Anwendungsbereiche dargestellt werden. Abschließend werden auf Basis der bisherigen dargestellten Ergebnisse in Kapitel 8 grundlegende Prinzipien eines Hals- und Nackentrainings für eine Sportart erläutert und in Kapitel 9 dafür anzuwendende Übungen präsentiert.

1.1 Relevanz der Arbeit

Die wissenschaftliche Relevanz wird insbesondere aus verletzungsprophylaktischer Sicht deutlich. Die Kopfschutzfrage im Sport erlangte durch neuere Erkenntnisse zu durch Gehirnerschütterungen verursachten Langzeitschäden des Gehirns in den letzten Jahren immer größere Aufmerksamkeit. Dies zeigt auch die Anzahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen zu Gehirnerschütterungen. Lag die Publikationsrate bei PubMed 2011 noch bei 300 Publikationen, ist diese stetig auf bis zu 1142 Publikationen im Jahr 2018 gewachsen. An Fußballern konnte gezeigt werden, dass Kopfbälle zu Schädel-Hirn-Traumata, auch als Gehirnerschütterung bekannt, führen können. Darüber hinaus zeigten sich bei Fußballern, die regelmäßige Kopfbälle im Rahmen ihres Sports durchführen, abnormale Veränderungen im Gehirn (Lipton et al., 2013). Als Folge möglicher Gesundheitsrisiken durch Kopfbälle hat der amerikanische Fußballverband 2015 Kopfballmanöver für Kinder unter elf Jahren verboten. Darüber hinaus werden neben Verboten verschiedene Ansätze getestet um die Gefahr von Kopfbällen im Fußball zu verringern. Zu ihnen zählen zum Beispiel der Einsatz von speziellen Stirnbändern (McGuine et al., 2019) aber auch die Anwendung von spezifischem Hals- und Nackentraining (Hrysomallis 2016). In Sportarten wie American Football, bei denen Tackles als notwendiges Mittel für den Spielentscheid eingesetzt werden, wurde auf die Gefahr von Verletzungen des Kopfes im Football mit der Einführung von Helmen reagiert. Auch Regeländerungen wurden vorgenommen um Verletzungen an der Halswirbelsäule (HWS) zu verringern. Dennoch bleibt aufgrund der spezifischen Manöver beim Football ein Restrisiko für Verletzungen der HWS und des Gehirns, da die auftretenden Kopfbeschleunigungen von Helmen nicht abgefangen werden kann. Außerdem greifen Regelveränderungen nicht, wenn gegen diese verstoßen wird. Ein Training der Hals- und Nackenmuskulatur (HNM) wird daher als möglicher Ansatz zur Verletzungsprophylaxe gesehen und gegenwärtig erprobt. Die Gestaltung eines Trainings der HNM um einen verletzungsprophylaktischen Effekt herbeizuführen wurde schon vielfach untersucht und es besteht weiterhin ein aktuelles Forschungsinteresse (Gilchrist et al., 2015; Hrysomallis 2016).

1.2 Literaturrecherche

Im Rahmen dieser Arbeit wurde die verwendete Literatur möglichst aktuell gehalten. Die Literatur zur Anatomie und Biomechanik wurde in der Datenbank der Universitäts- und Landesbibliothek Münster recherchiert. Die verwendeten Schlagworte dafür waren „Anatomie“ und „Hals“. Die betrachteten Studien wurden aus internationalen, englischsprachigen Datenbanken herausgefiltert. Primär wurde die englischsprachige textbasierte Meta-Datenbank „PubMed“ verwendet und mit der Suchmaschine für wissenschaftliche Arbeiten „Google Scholar“ des Unternehmens Google LLC ergänzt. Für die in Kapitel 3 dargestellten Studien zur Trainierbarkeit wurden die Schlagwörter „Neck“, „Training“, „Strength“ verwendet, die Ergebnisse gesichtet und zutreffende Artikel gelesen. Für die Studien zu Gehirnerschütterungen in Kapitel 4 wurde ähnlich verfahren. Hier wurden die Schlagwörter „Concussion“, „Neck“, „Strength“ benutzt, die Ergebnisse dieser Suche lieferten auch die notwendige Literatur für Kapitel 6. Für die in Kapitel 6 zu Verletzungen dargestellten Studien wurden „Neck“, „Strength“, „Injury“, Athlete“ verwendet. Die in Kapitel 7 dargestellten therapeutischen Maßnahmen zu Hals- und Nackenschmerzen und zur Körperhaltung wurden anhand der Schlagwörter „Neck“, „Chronic“, „Pain“, „Posture“, gesucht. Als Grundlage des sportspezifischen Trainings der Hals- und Nackenmuskulatur in Kapitel 8 & 9 dienen zum einen die Studien aus den vorherigen Kapiteln, so wie eine zusätzliche Recherche in der Datenbank der Universitäts- und Landesbibliothek Münster mit den Schlagwörtern „Krafttraining“, „Wirbelsäule“ und „medizinische Trainingstherapie“.

2 Anatomie & Biomechanik

Strukturell betrachtet besteht die Halswirbelsäule (HWS) aus 7 Halswirbeln. Sie kann weiter unterteilt werden in die oben gelegenen atypischen Halswirbel C1 (Atlas) und C2 (Axis) und die unten gelegenen typischen Wirbel C3 und C7 (siehe Abbildung 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Gottlob (2009): Halswirbelsäule mit den Wirbeln C1 bis C7.

Die Halswirbelsäule stellt die gelenkige Verbindung von Brustkorb und Kopf dar. Darüber hinaus liegen im Hals wichtige Verbindungen wie die Luft- und Speiseröhre für die Nährstoff- und Gasversorgung, sowie die Halsschlagadern und Wirbelarterien für die Versorgung des Kopfes und das für die Informationsweiterleitung zwischen den Wirbelkörpern gelegene notwendige Rückenmark. Die Wirbelkörper schützen dabei das die Wirbelsäule entlanglaufende Rückenmark. Zwischen den einzelnen Wirbeln gehen spezifische Nervenstränge ab um motorische Informationen des zentralen Nervensystems an bestimmte Stellen des Körpers zu senden oder Informationen von diesen Stellen zu empfangen und an das Gehirn weiterzuleiten. Insgesamt sind 36 HWS-Gelenke an der Bewegung des Kopfes beteiligt und ermöglichen eine enorme Bewegungsreichweite der Wirbelsäule. Die Reichweite der Bewegungen liegt bei Streckung und Beugung bei 130-145°, bei Seitneigungen bei 80-90° und Rotationsbewegungen um 160-180°. Eine Kombination aller Bewegungsebenen ist dabei zusätzlich gegeben (siehe Abbildung 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Gottlob (2009): Kopf- und Halsbeweglichkeit in den drei Hauptbewegungsebenen. Links: Stre-ckung/Beugung (Extension/Flexion). Mitte: Seitneigung links/rechts (Lateralflexion). Rechts: Rotation um die Längsachse links/rechts (axiale Rotation).

Zusätzlich sind lineare Kopfbewegungen möglich. Bei diesen Bewegungen wird der Kopf so bewegt, dass keine Neigung nach vorne, hinten oder zur Seite stattfindet (siehe Abbildung 3). Eine sensible Hals- und Nackenmuskulatur (HNM) ist dabei notwendig um präzise Bewegungen des Kopfes zu ermöglichen. Bezüglich der HWS-Belastung kommen vor allem Muskelkräfte und die Gewichtskraft des Kopfes zum Tragen, wobei die Gewichtskraft des Kopfes haltungsabhängig ist. Befindet sich der Kopf z.B. in Vorlage, Rücklage oder Seitlage, so wirken durch Drehmomente und Scherkräfte. Sie werden bei Bewegung noch durch zusätzlich erhebliche Beschleunigungs- und Trägheitskräfte verstärkt. Die HNM hat hierbei die Aufgabe diese einwirkenden Kräfte abzufangen. Vor allem im Sport, wo es z.B. beim Fußballspielen zu hohen Geschwindigkeiten, ruckartigen Bewegungen des Kopfes oder zu Zusammenstößen kommt, erhöhen sich die Belastungen auf die HWS um ein Vielfaches gegenüber statischen Belastungen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Gottlob (2009): Lineare Kopfbewegungen. Links: Forward Head Posture (obere HWS extendiert, untere HWS flektiert). Mitte: Flachhalsstellung (obere HWS flektiert, untere HWS extendiert). Rechts: Rechtsverschiebung (obere HWS Seitneigung links, untere HWS.

Insgesamt werden die Halswirbelsäule und das untere Schädeldach von über 30 Muskeln mit teilweise unterschiedlichen Ansatzpunkten umgeben. Zusammengefasst besteht ihre Funktion in der Bewegung des Halses und Kopfes in alle Richtungen, sowie in der Sicherung der gelenkigen Verbindungen und Dämpfung von Erschütterungen und Stößen (Gottlob 2009). Sie lassen sich in drei funktionelle Untereinheiten unterteilen. Zu diesen zählen die lokalen Stabilisatoren, die globalen Stabilisatoren und die globalen Mobilisatoren (Diemer & Sutor, 2010).

2.1 Lokale Stabilisatoren

Die lokalen Stabilisatoren haben die Kompression ins Gelenk als Funktion, sind monosegmental und besitzen einen kurzen, nah an der Drehachse gelegenen Kraftarm und ein geringes Drehmoment. Zu den lokalen Stabilisatoren gehören Muskeln der Vorderseite, darunter M. longus colli und capitis, sowie der Rückseite mit den Muskeln M. multifidus und den kurzen Nackenextensoren M. rectus capitis posterior minor, M. rectus capitis posterior major, M. obliquus capitis superior und M. obliquus capitis inferior (Diemer & Sutor, 2010).

2.1.1 Mm. Longus colli und capitis

Der M. longus colli reicht von der oberen Brustwirbelsäule bis zum Atlas und unterteilt sich in Abhängigkeit seiner Ansatzstelle in pars recta, pars obliqua superior und pars obliqua inferior. Der M. longus capitis zieht von den Querfortsätzen des 3.-6. Halswirbels an das Hinterkopfbein. Er ist mit dem M. longus colli verbunden und hat eine Verbindung zum Kopf. Beide Muskeln tragen durch ihre Position zur Flexion2 bei und zählen damit zu den Halsflexoren. Sie erzeugen jedoch aufgrund ihres kurzen Kraftarms nur 17% des Gesamtflexionsdrehmoments. Zudem ermöglichen die äußeren Anteile eine Rotation3 und bilden daher einen funktionellen Antagonisten des M. Sternocleidomastoideus. Die prävertebrale4 Muskulatur wird auch als „Wächter“ der Lordose bezeichnet, da sie bei Tragen des Kopfgewichtes eine maßgeblich stützende Funktion einnimmt und die natürliche Lordose der HWS erhält (siehe Abbildung 4). Der M. longus colli besitzt 48 Muskelspindeln pro Gramm Muskelgewicht, was ihn zu den sensibelsten Muskeln im Skelettsystem macht. Bezüglich des Faserspektrums der tiefen Flexoren zeigt sich zwischen Männern und Frauen ein Unterschied. Männer besitzen eine annähernd ausgeglichene Verteilung von schnellen und langsamen Muskelfasern, Frauen hingegen weisen Verteilungen von über 70% an langsamen Muskelfasern auf.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Diemer & Sutor (2010): vor der HWS gelegene Halsmuskeln.

2.1.2 M. multifidus

Der M. multifidus gehört zum transversospinalen System der autochthonen Rückenmuskulatur und kann in einen oberflächlichen und tiefen Anteil unterteilt werden. Der oberflächliche Anteil ist gekennzeichnet durch 3 Faszikel, die mit dem Dornfortsatz von C2 mit den Kapseln der Facettengelenke C4/5, C5/6, C6/7 verbunden sind. Der tiefe Anteil besteht auch aus 3 Faszikel, die jedoch etwas weiter innen liegen und mit den Laminae der Wirbel C2, C3, und C4 verbunden sind (siehe Abbildung 5). Die Aufgabe des M. multifidus besteht in der Stabilisation bei Extension5, Rotation und Lateralflexion6 und ist mit 5-10% am Gesamtextensionsdrehmoment beteiligt. Er besteht bis zu 77% aus Typ-1 Fasern und ist damit ein tonischer Muskel (Diemer & Sutor, 2010).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Diemer & Sutor (2010): M. multifidus des Halses mit oberflächlichem (a) und tiefem Anteil (b).

2.1.3 Kurze Nackenextensoren

Zu den kurzen Nackenextensoren gehören der M. rectus capitis posterior minor, M. rectus capitis posterior major, M. obliquus capitis superior und M. obliquus capitis inferior. Sie stellen eine Verbindung der Kopfgelenke zum Schädel dar und können somit als Weiterführung des M. multifidus gesehen werden. Bei Kontraktion der kurzen Nackenmuskeln kommt es zu einer Extension des Kopfes. Ist die Kontraktion einseitig, so unterstützen sie zusätzlich die Rotation. Funktionell gesehen bestehen Parallelen zum M. multifidus, da auch die kurzen Nackenextensoren hauptsächlich eine stabilisierende Funktion und Feinstellung vornehmen. Der kleine Querschnitt und ihr kurzer Kraftarm führt dazu, dass sie zum Extensionsdrehmoment nur 5-10% beitragen (siehe Abbildung 6). Sie besitzen eine hohe Sensibilität und weisen eine ausgeglichene bis tonische Faserverteilung auf (Diemer & Sutor, 2010).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Diemer & Sutor (2010): Kurze Nackenextensoren.

2.2 Globale Stabilisatoren und Mobilisatoren

Die globalen Stabilisatoren haben wie die lokalen auch die Stabilisation als Funktion. Zusätzlich haben sie eine moderate Bewegungsfunktion. Sie sind mono- bis plurisegmental und besitzen einen kurzen oder langen Kraftarm sowie ein geringes bis hohes Drehmoment. Die globalen Mobilisatoren haben eine Bewegungsfunktion, sind plurisegmental, besitzen einen langen Kraftarm und ein hohes Drehmoment (Diemer & Sutor, 2010).

2.2.1 Oberflächliche Extensoren

Die oberflächlichen Extensoren bestehen aus dem am tiefsten liegenden M. semispinalis cervicis, darüber liegen die M. semipinalis capitis und der M. splenius capitis. Sie stellen die funktionell bedeutendsten Muskeln dar. Zusätzlich gehören noch Anteile der Mm. Longissimus und iliocostalis zu ihnen. Die oberflächlichen Extensoren sind an der Extension und Seitneigung aktiv, wobei der M. splenius capitis der aktivste ist. 30% des Gesamtextensionsdrehmoments werden bei neutraler Kopfposition vom M. splenius und 37% vom M. semispinalis entwickelt, wodurch diese als Hauptmuskeln gelten (siehe Abbildung 7). Ihr Faserspektrum ist zugunsten der langsamen Muskelfasern ausgelegt, womit sie als tonische Muskulatur gelten (Diemer & Sutor, 2010).

2.2.2 M. trapezius pars descendens und M. levator scapulae

Der Kopf als auch die Halswirbelsäule werden mit Hilfe des oberen M. trapezius und des M. levator scapulae mit der Skapula verbunden. Sie gehören nicht zu den Rumpf- oder Wirbelsäulenmuskeln, sondern zum Schultergürtel. Ihre Krafteinwirkung auf die Halswirbelsäule ist begrenzt und ihre Hauptaufgabe besteht im Anheben der Skapula, dennoch sind sie an der Extension, Lateralflexion und Rotation beteiligt (siehe Abbildung 7). Verglichen mit den vorher genannten Muskeln ist ihre Wirkung jedoch äußerst gering (Diemer & Sutor, 2010).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Gottlob (2009): Extensoren des Halses, oberflächliche Nackenmuskulatur.

2.2.3 Oberflächliche Flexoren

Zu den wichtigsten oberflächlichen Flexoren gehören der M. sternocleidomastoideus und die sog. Skaleni-Gruppe. Der M. sternocleidomastoideus besitzt zwei Ursprungssehnen, die am Sternum und der Klavikula ansetzen. Er zieht von dort zum Proc. mastoideus. Er ist der stärkste Beuger der Halswirbelsäule mit einem Anteil am Gesamtflexionsmoment von über zwei Drittel. Darüber hinaus ist er mit 28% an der Lateralflexion und mit 10-20% an der Rotation beteiligt. Der M. scalenus besitzt einen vorderen, mittleren und hinteren Anteil, die die seitliche Halswirbelsäule mit den oberen Rippen verbindet. Sie liegen tiefer als der M. sternocleidomastoideus, wodurch er weniger effektiv zur Kraftentwicklung beiträgt. So steuert er hingegen nur 14% für die Flexion und 5-15% für die Lateralflexion und Rotation bei (siehe Abbildung 8 & 9) (Diemer & Sutor, 2010).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Diemer & Sutor (2010): Oberflächliche Flexoren und neurovaskuläre Struktur in den Skalenuslücken.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Gottlob (2009): prävertebrale Flexoren.

3 Trainierbarkeit der Hals- und Nackenmuskulatur

In diesem Kapitel wird zunächst die Notwendigkeit eines spezifischen Widerstandstrainings für eine Verbesserung der Hals- und Nackenmuskulatur verdeutlicht. Daran anschließend werden verschiedene Trainingsmethoden für diese beschrieben und deren Resultate vorgestellt um aufzuzeigen, inwiefern der Hals- und Nackenbereich trainierbar ist. Die dargestellten Studien finden sich zusammengefasst in Tabellenform am Ende dieses Kapitels.

Conley et al. (1997) verglichen den Einfluss eines konventionellen Krafttrainings, bestehend aus Verbundübungen allein und aus Verbundübungen mit zusätzlichen spezifischen Nackenübungen, auf die Hals- und Nackenmuskulatur. Ziel ihrer Untersuchung war es zum einen herauszufinden, welche Muskulatur des Hals- und Nackens hypertrophierte um die Rolle einzelner Muskeln im Hals- und Nackenbereich bestimmten Bewegungen zuordnen zu können. Zum anderen war es das Ziel festzustellen, ob ein spezifisches Training dieser Körperregion notwendig ist oder ob die durch konventionelles Krafttraining statische, isometrische Belastung zu Hypertrophie des Hals- und Nackenbereichs führt. In der Studie wurden 22 aktive Freizeitsportler aus Collegestudenten ohne Symptome oder Vorgeschichte für Hals- und Nackeneinschränkungen ausgewählt und in 3 Gruppen randomisiert aufgeteilt: Krafttraining plus Nackenextensionsübung (head extension exercise and other resistance exercises „RESX“; n = 8; Alter = 20,5 ± 1,0 Jahre; Gewicht = 74,2 ± 3,7 kg; Größe = 175,8 ± 3,9 cm), Krafttraining ohne spezifische Nackenübung (Resistance exercises without specific neck exercise „RES“; n = 6; Alter = 20,8 ± 1,2; Gewicht = 73,7 ± 5,0 kg; Größe = 176,2 ± 4,8 cm) und eine Kontrollgruppe („CON“; n = 8); Alter = 22,9 ± 1,3; Gewicht = 65,9 ± 5,2 kg; Größe = 168,8 ± 3,8 cm), welche kein Training absolvierte. Die Kraftmessungen und das -Training bei Kopfextension wurden mit Hilfe eines Kopfharnisches durchgeführt. 2 Wochen vor Beginn des Trainings wurden die Teilnehmer durch 3-4 Orientierungstrainings für die Nackenübung geschult. Das Gewicht wurde dabei progressiv erhöht um das Prä-Test Gewicht besser abzuschätzen. Für die Kraftmessung wurde ein 3x10 Wiederholungsmaximum-Schema angewandt. Hierbei sollte der Teilnehmer ein maximales Gewicht über 3 Sätze à 10 Wiederholungen mit einer Satzpause von 1 min bei festgelegter Bewegungsreichweite und Kadenz ausführen, welche durch Markierungen auf dem Harnisch kontrolliert wurden. Im Anschluss an das 12-wöchige Training wurde diese Testung wiederholt. Das konventionelle Krafttraining bestand aus einem periodisierten 2er Push-Pull Split mit 4 Trainingstagen pro Woche. Die Wiederholungsreichweite pro Satz lag bei 3-10 Wiederholungen mit einem Widerstand von 60-90% des 1 WM7 über 3-5 Sätze. Sonntags und mittwochs wurden Parallelkniebeugen, Langhantelstoßen, Bankdrücken und Crunches durchgeführt. Montags und donnerstags hingegen Heben von einer Ablage auf Mitte des Oberschenkels, Nackenziehen, Rumänisches Kreuzheben, vorgebeugtes Rudern und Crunches. Die Satzpause bei den konventionellen Übungen betrug dabei 3 min. Die „RESX“ Gruppe absolvierte zusätzlich 2 Aufwärmsätze und 3 Arbeitssätze Sätze à 10 Wiederholungen der Kopfextensionsübung mit einer Satzpause von 1 min. Wenn die Teilnehmer mit einem Gewicht 3x10 Wiederholungen absolvieren konnten, wurde das Gewicht für die folgenden Trainingseinheiten erhöht. Alle Trainingseinheiten wurden durch 2 Betreuer überwacht. Durch Magnetresonanztomographie (MRT) wurde die Querschnittsfläche (CSA8 ) aller im Rahmen der Studie zu erfassenden Muskeln des Hals- und Nackens zum Prä- und Postzeitpunkt gemessen: M. Trapezius (T), M. splenius capitis (SC), M. levator scapulae (LS), Mm. longissimus capitis und cervicis (LSC), Mm. scalenus medius und anterior (SMA), M. sternocleidomastoideus (SM), M. semispinalis capitis (SEC), Mm. semispinalis cervicis und multifidus (SCM), Mm. longus capitis und colli (LCC). Vor Anwendung des Verfahrens wurde darauf geachtet, dass die Probanden sich vorher 4 Stunden aufrecht hielten, um den Effekt der Körperhaltung auf die Erfassung der Muskulatur zu kontrollieren. Die Datenuntersuchung für die MRT-Messung bei gleichem Probanden ergab eine Test-Retest-Reliabilität von 0,98. Die Reliabilität für die Erkennung der Muskeln durch den Prüfer betrug 0,97. Die Daten wurden mit Hilfe einer ANOVA mehrfaktoriellen Varianzanalyse ausgewertet. Die Resultate für die Kopfextension ergaben eine durchschnittliche Erhöhung des 3x10 WM von 34% (P < 0.05) für die RESX-Gruppe (von 17,9 ± 1,0 auf 23,9 ± 1,4 kg). Die RES-Gruppe konnte keine Steigerungen erkennen lassen (von 17,6 ± 1,4 auf 17,7 ± 1,9 kg), ebenso wie die Kontrollgruppe (von 10,1 ± 2,2 auf 10,3 ± 2.1 kg). Die RESX-Gruppe konnte eine Steigerung der Querschnittsfläche der oben beschriebenen Hals und Nackenmuskulatur von 13% (P < 0,05) vorweisen (von 19,5 ± 3,0 auf 22,0 ± 3,6 cm²). Die RES-Gruppe (von 19,6 ± 2,9 auf 19,7 ± 2,9 cm²) sowie die CON-Gruppe (von 17,0 ± 2,5 auf 17,0 ± 2,4 cm²) jedoch nicht. Da die RESX-Gruppe als einzige signifikante Steigerungen erzielen konnte, wurden für diese spezifische Vergleiche der einzelnen Muskeln untereinander durchgeführt. Die Ergebnisse zur Hypertrophie waren vor allem bedingt durch einzelne, stärker hypertrophierte Muskeln. Zu ihnen zählten die Splenius capitis (23,9 ± 3,2 %], semispinalis capitis (24,0 ± 5,8%), semispinalis cervicis und multifidus (24,9 ± 5,3 %) Muskeln (P < 0,05). Muskeln mit geringerer, jedoch signifikanter Querschnittsflächenvergrößerung waren levator scapulae (9,0 ± 2,8 %), longissimus capitis und cervicis (5,3 ± 3,7 %) und scalenus medius und anterior (6,8 ± 2,9%) (P < 0,05). Für eine graphische Darstellung siehe Abbildung 10.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Conley et al. (1997): Muskelquerschnittsfläche (cm²) nach Muskel Prä- (hellgrau) und Posttest (dunkelgrau). a) RESX; b) RES; c) CON. Abk.: Trapezius (T), splenius capitis (SC), levator scapulae (LS), longissimus capitis und cervicis (LSC), scalenus medius und anterior (SMA), sternocleidomastoid (SM), semispinalis capitis (SEC), semispinalis cervicis und multifidus (SCM), longus capitis und colli (LCC).

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Hypertrophie im gesamten Muskelquerschnitt mit 13% vergleichbar ist zu den in menschlichen Extremitäten erreichten 5-12% nach einem Krafttraining über einen Zeitraum von 8-16 Wochen. Außerdem bewerten sie die erhöhte Anpassung (24-25% Hypertrophie) bestimmter Nackenmuskeln (SC, SEC, SCM) im Vergleich zu anderen Muskeln (LS, LSC, SMA) des Hals- und Nackenbereichs (5-9% Hypertrophie) als Zeichen dafür, dass Kopfextensionsübungen nur bestimmte Muskeln primär trainieren (SC, SEC, SCM). Der Vergleich zwischen der RES-Gruppe und RESX-Gruppe macht deutlich, dass spezifisches Krafttraining für die Hals- und Nackenmuskulatur notwendig ist. Konventionelles Krafttraining, obwohl es Anforderungen an die Stabilisation des Kopfes stellt und die Muskulatur isometrisch angesteuert wird, hat weder die HNM hypertrophieren lassen (Cohens d = 0,01), noch die Kopfextensionskraft erhöht (Cohens d = 0,03). Der RES-Gruppe trainierte jedoch erfolgreich andere Muskeln, wodurch ihr kein unwirksames Training vorgeworfen werden kann: Sie erhöhten zum Beispiel die Querschnittsfläche der quadriceps femoris Muskelgruppe um 7% (Conley et al., 1997).

Leggett et al. (1991) untersuchten die isometrische Trainierbarkeit der Nackenmuskulatur in Extension. 24 gesunde Probanden (14 M, 10 W) wurden dafür randomisiert aufgeteilt in eine Training-Gruppe (n = 14, Alter = 25 ± 3 Jahre) und in eine Kontrollgruppe (n = 10, Alter = 23 ± 3 Jahre). Die Trainierenden absolvierten ein 10-wöchiges, progressives, dynamisches Widerstandstraining mit Hilfe einer Trainingsmaschine (MedX) über eine Bewegungsreichweite von 126°. Das Training bestand aus einem 1-Satz-Training einmal pro Woche bis zum positiven Muskelversagen9 in einem Bereich von 8-12 Wiederholungen. Wenn mehr als 12 Wiederholungen möglich waren, wurde das Gewicht beim nächsten Training um 10% erhöht. Die Kadenz betrug 2 Sekunden für die konzentrische Phase, einer 1 Sekunden langen Pause in voller Extension und einer 4 Sekunden langen exzentrischen Phase. Eine Wiederholung dauerte demnach 7 Sekunden. Bei Prä- und Posttest wurde in 8 verschiedenen Positionen (126°, 108°, 90°, 72°, 54°, 36°, 18° und 0° Flexion) die Kraftentwicklung gemessen. Die Trainingsgruppe konnte sich im Vergleich mit der Kontrollgruppe in 6 Positionen signifikant steigern, mit Ausnahme von 18° und 0° (P < 0,05). Die Trainingsgruppe erhöhte ihr Trainingsgewicht von 12,8 kg auf 17,3 kg (P < 0,01) und die Trainierenden konnten einen 6,3 bis 14,3 prozentigen Kraftanstieg erreichen. Die Autoren geben an, dass von einem effektiven Krafttrainingsprogramm eine 20-30 prozentige Kraftsteigerung erwartet werden kann. Sie sehen die Ursache für die moderaten Ergebnisse in der Frequenz, welche bei einmal pro Woche als niedrig einzustufen ist (Leggett et al., 1991).

Eine ähnliche Studie führten Pollock et al. (1993) durch. Auch sie verwendeten für den Prä- und Posttest eine MedX Maschine um die Trainierbarkeit der Nackenmuskulatur in 8 verschiedenen Winkeln in Extension zu messen. 50 gesunde Männer (Alter = 26 ± 9 Jahre; Größe = 174 ± 16 cm; Gewicht = 74 ± 9 kg) und 28 gesunde Frauen (Alter = 30 ± 9 Jahre; Größe = 152 ± 32 cm), ohne athletischen Hintergrund, wurden randomisiert aufgeteilt in 5 Gruppen: Gruppe 1 (n = 14) führte 1 x pro Woche einen dynamischen Satz aus (1x-DYN), Gruppe 2 (n = 16) 1 x pro Woche dynamisch und zusätzlich einen Satz maximal isometrisch über eine ROM10 von 126° in 8 verschiedenen Winkeln aus (1x-DYN-IM), Gruppe 3 (n = 19) 2 x pro Woche dynamisch (2x-DYN) und Gruppe 4 (n = 10) 2 x pro Woche dynamisch und isometrisch (2x-DYN-IM). Jede Trainingseinheit wurde nur 1 Satz dynamisch und/oder je nach Gruppe isometrisch durchgeführt. Die Trainingsdauer betrug bei allen Gruppen 12 Wochen. Jede der vier Trainingsgruppen konnte signifikante Kraftzuwächse im Vergleich zur Kontrollgruppe erreichen (p < 0,05). Die Kraftzuwächse betrugen im Durchschnitt 40,4%. Vergleicht man das initiale mit dem finalen Trainingsgewicht, so zeigen sich folgende durchschnittliche Ergebnisse pro Gruppe: 1x-DYN (n = 14) hat ein initiales Trainingsgewicht von 28,3 ± 6,7 kg und ein finales von 38,2 ± 7,8 kg. Der prozentuale Kraftzuwachs beträgt 35%. 1x-DYN-IM (n = 16) hat ein initiales Trainingsgewicht von 28,1 ± 10,0 kg und erreichte ein finales von 39,9 ± 11,6 kg und somit eine Steigerung von 42%. 2x-DYN (n = 19) hatte ein Trainingsgewicht von 27,4 ± 8,5 kg und endete bei 38,2 ± 10,9 kg. Die Gewichtssteigerung betrug 40,9%. Die 2x-DYN-IM (n = 10) startete bei 25,3 ± 8,6 kg und erreichte 36,3 ± 12,3 kg, was in einer Steigerung von 43,5% resultierte. Einzig Gruppe 1, mit einem dynamischen Training 1x pro Woche, konnte nicht über alle 8 gemessenen Testwinkel Kraftzuwächse erzielen: Für die 0° Flexion Position zeigten sich keine Verbesserungen. Als Grund wird hierbei die Frequenz von 1x pro Woche gesehen, welche zu einem zu geringeren Stimulus geführt haben soll. Für die Gruppen die 2 x pro Woche trainierten, konnte über die Reichweite von 36° bis 126° Flexion ein höherer Kraftzuwachs als bei den anderen Gruppen gemessen werden. Er erreichte jedoch nur bei 126° Flexion statistische Signifikanz. Darüber hinaus konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den dynamisch trainierenden und dynamisch als auch isometrisch trainierenden Gruppen festgestellt werden. Die Autoren kommen darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass eine Frequenz von 2x pro Woche notwendig sei, um über die gesamte ROM Kraftzuwächse zu erzielen (Pollock et al., 1993).

Portero et al. (2001) testeten die Auswirkungen eines isometrischen und isokinetischen Widerstandstrainings in lateraler Flexion auf die Hypertrophie, Kraft und den Ermüdungswiderstand. Beim isokinetischen Training wird die wirkende Kraft gleich gehalten, in dem der Widerstand an die Gelenkstellung angepasst wird. Sieben gesunde Männer führten dafür ein acht-wöchiges Trainingsprogramm an einer isokinetischen Maschine (Cybex) aus, bestehend aus einem isometrischen Widerstandstraining mit drei Trainingseinheiten pro Woche. Pro Trainingseinheit wurden drei Sätze à zehn Wiederholungen durchgeführt. Vor Trainingsbeginn wurde die maximale isometrische Kraft getestet. Für jede Wiederholung wurde eine Kontraktion von 6s bei 60% der maximalen isometrischen Kraft des Probanden im ersten Satz und bei 80% im zweiten und dritten Satz durchgeführt. Für die Querschnittsvergrößerung wurde die Muskulatur des Trapezius und des Sternocleidomastoideus (SCM) an den Stellen C5 und C7 mit Hilfe von Computertomographie gemessen. Es konnte für die Querschnittsvergrößerung post-Training für den SCM eine signifikante Vergrößerung von 8,8% bei C5 und 6,4% bei C7 erreicht werden. Für den Trapezius war lediglich die C7 Stelle signifikant um 12,2% vergrößert. Durchschnittlich konnte durch das Training die isokinetische Kraft um 20% und die isometrische um 35% erhöht werden. Mit Hilfe einer EMG Analyse wurde die Kraftausdauer des SCM und TRP aufgezeigt. Hierfür wurde die Dauer der Aufrechterhaltung einer 50 prozentigen maximal isometrischen Kraft des Probanden Prä- und Postintervention gemessen. Im Durchschnitt konnte die Kraftausdauer um 128% gesteigert werden (Portero et al, 2001).

Burnett et al. (2005) verglichen die isometrischen Kraftzuwächse bei einem Maschinentraining mit denen eines Therabandtrainings. 36 männliche Probanden ohne vorherige Einschränkungen im Hals- und Nackenbereich wurden auf 3 Gruppen randomisiert aufgeteilt. Die erste Gruppe (n = 12) trainierte mit der „Multi-Cervical-Unit“ (MCU) und die zweite (n = 12) mit verschiedenen Therabändern (THER). Die Kontrollgruppe (n = 12) trainierte nicht. Es gab für die Trainingsgruppen keine signifikanten Unterschiede untereinander bezogen auf das Alter, Gewicht oder die Größe. Für die Prä- und Posttests wurde die MCU genutzt, da diese eine hohe Reliabilität besitzt. Dabei wurde die isometrisch aufgebrachte Kraft in neutraler Kopfposition über 3 s für Flexion, Extension und laterale Flexion gemessen. Bei Vergleich der Gruppen untereinander konnten keine signifikante Kraftunterschiede bei der Prä-Testung festgestellt werden. Das Training bestand aus einem progressiv gesteigerten und dynamisch ausgeführten 2-3 Sätzen à 10 Wiederholungen pro Trainingseinheit für Flexion, Extension und Lateralflexion für links und rechts zwei Mal pro Woche über 10 Wochen. Die Zeitspanne zwischen den Einheiten betrug dabei 3-4 Tage. Für die MCU-Gruppe wurde die Widerstandsprogression anhand eines Prozentsatzes der je nach Proband individuellen maximalen isometrischen Kraft errechnet und jede Woche gesteigert. Um eine Widerstandsprogression für die Theraband-Gruppe zu erreichen, wurden sechs unterschiedlich starke Therabänder verwendet. Die Bänder wurden an einem Stirnband befestigt. Jeder Satz begann 1 min und 15 s nachdem der vorherige begonnen hatte. Die Kadenz wurde mit einem akustischen Signal angeleitet und betrug 1 s für die konzentrische und 2 s für die exzentrische Phase. Beide Gruppen verbesserten ihre isometrische Kraft für alle Bewegungsrichtungen. Die MCU-Gruppe erreichte für Flexion (von 13,4 ± 6,8 lbs auf 22,0 ± 9,2 lbs), Extension (von 19,5 ± 9,2 lbs auf 31,8 ± 10,3 lbs) und links laterale Flexion (von 16,3 ± 6,9 lbs auf 25,0 ± 9,5 lbs) statistische Signifikanz. Für die rechts laterale Flexion jedoch nicht (von 16,0 ± 7,5 lbs auf 23,8 ± 7,4 lbs). Verglichen mit der Kontrollgruppe ergibt das eine Erhöhung der isometrischen Kraft in Flexion um 64,4%. Die Theraband-Gruppe erreichte nur in Flexion statistische Signifikanz (von 16,9 ± 8,1 lbs auf 23,9 ± 8,1 lbs), konnte sich jedoch auch in Extension (von 20,5 ± 7,8 lbs auf 26,6 ± 9,0 lbs), links lateraler Flexion (von 17,1 ± 6,6 lbs auf 21,6 ± 6,0 lbs) und rechts lateraler Flexion (von 18,2 ± 5,8 lbs auf 22,6 ± 7,6 lbs) steigern. Sie erreichte abhängig von der Bewegungsrichtung im Durchschnitt eine Kraftsteigerung von 24-42,0% im Vergleich mit der Kontrollgruppe. Vergleicht man die Ergebnisse mit der der MCU-Gruppe, so muss angemerkt werden, dass das Testprotokoll zugunsten der MCU-Gruppe ausfällt, da alle Prä- und Posttestungen an der gleichen MCU Maschine ausgeführt wurden (Burnett et al. 2005). Zusätzlich ist anzumerken, dass die Widerstandsprogression bei der MCU-Gruppe feiner ausfällt und zehn Steigerungen angewendet wurden. Die Theraband-Gruppe hingegen hatte sechs verschiedene Progressionsstufen, welches eine genau an die Wiederholungen angepasste Widerstandserhöhung erschwert und teilweise nur Progression alle zwei Wochen erlaubt. Zudem bleibt fragwürdig, ob die Widerstandskurve bzw. Widerstandsentwicklung eines Therabands der MCU ähnelt. Letztlich gilt festzuhalten, dass ein Hals- und Nackentraining mit dem Theraband, welches eine wesentlich günstigere und mobilere Alternative als die MCU ist, eine Methode darstellen kann die Muskulatur des Hals- und Nackenbereichs ausreichend für isometrische und dynamische Kraftzuwächse zu stimulieren.

Sovelius et al. (2006) verglichen bei Airforcekadetten die verletzungsprophylaktischen Effekte eines spezifischen Hals- und Nackenkrafttrainings mit der eines Trampolintrainings. 16 Kadetten wurden dafür aufgeteilt in zwei Gruppen: eine Krafttraining-Gruppe und eine Trampolin-Gruppe. Das Training dauerte sechs Wochen und bestand aus 2-3 Trainingseinheiten pro Woche. Das Krafttrainingsprogramm enthielt dynamische Flexoren-, Extensions- sowie isometrische Rotationsübungen. Für jede Trainingseinheit wurden 2-4 Sätze pro Bewegungsrichtung durchgeführt. Die Sätze bestanden aus 20-40 Wiederholungen mit einem Widerstand von 15-30% der maximal isometrischen Kraft in neutraler Position für jede Bewegungsrichtung. Die maximal isometrische Kraft wurde mit Hilfe einer Maschine („Isometric neck strength measurement system ‚INSMS‘, Kuntoväline Oy) getestet. Das Trainingsgewicht als auch die Wiederholungen pro Satz wurden progressiv pro Woche gesteigert. Der geringe Widerstand von 15-30% und die hohe Wiederholungszahl wurde gewählt, um eine Ausdauerbelastung hervorzurufen und eventuellen negativen Begleiterscheinungen, wie Übertraining und Beschwerden durch höhere absolute Lasten, vorzubeugen. Das Trainingsprotokoll für die Trampolin-Gruppe bestand aus verschiedenen Sprüngen, wie normales Springen, gleichzeitiger Hand und Knie Kontakt und Kontakt des Rückens mit dem Trampolin. Für jede der drei Sprungarten wurden 2-3 Sätze durchgeführt mit einer Dauer von 30-60s bis zur subjektiven Ermüdung. Die Krafttraining-Gruppe verbesserte ihre isometrische Maximalkraft in Flexion um 2,3%, in Extension um 6% und in Rotation um 6,5%. Die Trampolin-Gruppe um 3,2%, 6,4% und 3,1%. Die isometrische Maximalkraft in Flexion war dabei signifikant höher als die der Trainingsgruppe. Um die Wahrscheinlichkeit für eine Muskelzerrung anzuzeigen, wurde ein „cervical loading test“ (CVT) Prä- und Postintervention durchgeführt. Die Wahrscheinlichkeit einer Muskelzerrung wurde definiert als ein prozentualer Anteil der maximal willentlichen Kontraktion (%MWK) und mit einem EMG-Gerät gemessen. Beim CVT wurden die Flexoren und Extensoren jeweils eigenständig gemessen. Der Proband lag für die Messung der Flexoren rücklings, für die Extensoren bäuchlings auf einem Tisch, wobei ein Helm getragen wurde. An dem Helm war ein 8 cm langes, elastisches Seil angebracht und mit einem Gewicht verbunden. Das Gewicht entsprach 10% der individuellen isometrischen Maximalkraft des Prä-Tests für die Messung der Flexoren und 25% für die Extensoren. Für jede der beiden Muskelgruppen wurde das Gewicht 15 Mal, für die Flexoren mit Kontakt zum Hinterkopf und für die Extensoren mit Kontakt zur Stirn, fallen gelassen. Es konnte beim Posttest gezeigt werden, dass die %MWK sich signifikant in der Halsmuskulatur verringerte. Nach Definition der Studie hat sich daher das Risiko einer Muskelzerrung ebenfalls reduziert. Auch bei einem Follow-Up-Test nach 3 Monaten konnte der Effekt nachgewiesen werden (Sovelius et al., 2006).

Stump et al. (1993) untersuchten die Wirksamkeit eines Hals- und Nackentrainings auf die isometrische Maximalkraft, Flexibilität und den Halsumfang. Sie verwendeten einen mit Wasser gefüllten, aufblasbaren, elastischen, runden Ring (Saturn-Ring), welcher um den Kopf getragen wurde. Dafür wurden 50 männliche High School American-Footballspieler aufgeteilt in eine Interventionsgruppe (n = 25) und eine Kontrollgruppe (n = 25). Die Interventionsgruppe absolviert zusätzlich zum normalen Football- und konventionellem Krafttraining 5x pro Woche Übungen mit dem Saturn-Ring für Flexion, Extension, Lateralflexion und Rotation. Das Trainingsprotokoll wurde nicht spezifiziert und lässt keine Aussagen über Wiederholungen, Sätze oder einzelne Übungen zu. Die Kontrollgruppe absolvierte weiterhin Football- und konventionelles Krafttraining. Die isometrische Maximalkraft wurde mit einem in der Hand gehaltenem Dynamometer gemessen (Nicholas Manual Muscle Tester). Für beide Gruppen konnten beim Posttest signifikante Verbesserungen in der IMK11 festgestellt werden. Die Interventionsgruppe hatte jedoch einen Kraftzuwachs von 27-35% und eine Umfangsvergrößerung von 4%. Die Kontrollgruppe hingegen nur einen Kraftzuwachs von 11-14% und eine Vergrößerung des Umfangs von 2% (Stump et al., 1993).

Naish et al. (2013) untersuchten die verletzungsprophylaktischen Effekten eines HNM-Trainings bei professionellen Rugby Union Spielern. Im Zuge dessen führten 27 männliche professionelle Rugbyspieler ein 26-wöchiges Widerstandstraining aus. Es bestand aus isometrischen Halteübungen am Kabelturm, welche in Unterschiedlichen Positionen und Winkeln durchgeführt wurden. Vor und nach der fünfwöchigen Vorsaison-Phase wurden jeweils die IMK für Flexion, Extension und Lateralflexion getestet. Darüber hinaus fanden keine weiteren Kraftmessungen statt. Das Training der ersten fünf Wochen bestand aus 2-3 Sätzen pro Übung à 8-12 Wiederholungen bei 70% des 1RM. Für jede Bewegungsrichtung wurde eine Übung ausgeführt. Eine Wiederholung bestand dabei aus 5s isometrischem Halten bei neutraler Kopfposition. Die Probanden standen aufrecht oder vorgebeugt während der Übungen. Am Kopf wurde ein Harnisch befestigt, welcher durch ein Stahlkabel an einem Kabelturm angebracht wurde (siehe Abbildung 11 a-d).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11: Naish et al. (2013): Verwendete isometrische Übungen in Woche 1-5 (a-d).

Es konnten bei der Posttestung nach 5 Wochen nur nicht-signifikante Verbesserungen für Flexion (von 277,6 ± 63,0 N auf 288 ± 64,1 N), Extension (von 367 ± 47,9 N auf 372 ± 50,9 N), als auch für Links- (von 363,2 ± 53,9 N auf 372,2 ± 50,6 N) und Rechtslateralflexion (von 376,4 ± 44,7 N auf 383,6 ± 51,9 N) erreicht werden (Naish et al., 2013).

Auch Geary et al. (2014) untersuchten den Effekt auf die IMK der HNM bei professionellen und semiprofessionellen Rugbyspielern. Die professionellen Rugbyspieler (n = 15) wurden dabei der Interventionsgruppe zugeordnet, wobei die semiprofessionellen als Kontrollgruppe (n = 10) dienten. Über 5 Wochen führte die Interventionsgruppe ein isometrisches Krafttraining aus, bei der der Widerstand manuell über einen Trainer zugeführt wurde. Das Krafttraining bestand aus 3 Sätzen à 10 s Belastung für Flexion, Extension und Lateralflexion rechts und links. Als Messinstrument wurde ein handgehaltenes Dynamometer verwendet, welcher an einem Kopfharnisch befestigt wurde. Bei der Prätestung konnten keine signifikanten Unterschiede für die IMK zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden. Der Posttest hingegen ergab eine signifikante Leistungssteigerung für die Interventionsgruppe in allen vier Bewegungsrichtungen. Für die Flexion wurde eine Erhöhung um 10% (von 334,45 ± 39,31 N auf 396,05 ± 75,55 N), für die Extension um 21% (von 606,19 ± 97,34 N auf 733,88 ± 127,16 N), für Linkslateralflexion um 18% (von 555,56 ± 88,34 N auf 657,14 ± 122,99 N) und für Rechtslateralflexion um 17% (von 570,00 ± 106,53 N auf 668,00 ± 142,18 N) erreicht (Geary et al., 2014). Diese Studie zeigt, dass ein über eine Person manuell zugeführter Widerstand zu Verbesserungen der IMK führen kann. Dass hierfür keine weitere Ausrüstung benötigt wird, ist ein klarer Vorteil gegenüber Training mit teureren Geräten. Der Nachteil liegt hier jedoch in der mangelnden Kontrollier- und Messbarkeit des zugeführten Widerstands.

3.1 Zusammenfassung zur Trainierbarkeit

Tabelle 1: Studien zur Trainierbarkeit der Hals- und Nackenmuskulatur

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die bisher genannten Studien zur Wirksamkeit eines spezifischen HNM-Trainings zeigen vielfältige Trainingsmöglichkeiten auf. Es gilt zu betonen, dass traditionelles Krafttraining keinen ausreichenden Stimulus für die HNM setzen kann und damit ein spezifisches HNM-Training notwendig ist, wenn die HNM trainiert werden soll (Conley et al., 2014). Bei gesunden Nichtathleten, welche durch ihre weniger aktive Lebensweise einen niedrigen Trainingszustand der Muskulatur vorweisen, waren HNM-Trainings erfolgreich (Conley et al., 1997; Leggett et al., 1991; Pollock et al., 1993; Portero et al., 2001; Burnett et al., 2005). Für die Kraftzuwächse der HNM ist eine Dosis-Wirkungs-Kurve, d.h. höhere Kraftzuwächse bei höherem Volumen12, zu beobachten, wie sie auch für andere Muskelgruppen beschrieben worden ist (Ralston et al., 2017). Das höchste wöchentliche Volumen ergibt sich bei Conley et al. (1997) bei 3 Arbeitssätzen 3x pro Woche, das niedrigste Volumen bei Leggett et al. (1991) mit einem Satz pro Woche. Leggett et al. (1991) zeigten dabei, dass lediglich 1 Satz dynamisches, progressives Widerstandstraining im Bereich des 8-12 WMs ausreichend ist um bei gesunden Nichtathleten signifikante Kraftzuwächse zu erreichen. Pollock et al. (1993) sehen eine höhere Trainingsfrequenz von 2x pro Woche einer Frequenz von 1x pro Woche als überlegen an. Es ist jedoch unklar, ob die größeren Zuwächse erreicht wurden durch eine Erhöhung der Frequenz von einmal auf zweimal oder ob das höhere Satzvolumen pro Woche der ausschlaggebende Grund für ihre Studienergebnisse ist. Conley et al. (1991) und Portero et al. (2001) zeigten, dass ein Hypertrophieeffekt der HNM zu beobachten ist, wenn die Trainingsdauer acht oder mehr Wochen beträgt. Bei drei der vier Studien, die an Athleten durchgeführt wurden, darunter Fußball-, American Football und Rugby Spieler, konnten trotz der geringen Trainingsdauer von 5-8 Wochen signifikante Kraftsteigerungen erreicht werden (Stump et al., 1993; Mansell et al. 2005; Geary et al. 2014). Dies ist von besonderem Interesse, da Athleten, vor allem in Kontakt- oder Kollisionssportarten weitestgehend ein höheres Trainingsniveau durch die sportspezifischen Belastungen vorweisen. Für die HNM-Trainings bei Athleten und Nichtathleten wurden unterschiedliche Trainingsgeräte verwendet. Zu ihnen zählen ein um den Kopf getragener, wassergefüllter, elastischer Schlauch, speziell für HNM entwickelte Maschinen, manuell zugeführter Widerstand durch eine zweite Person, Übungen mit dem Theraband und Halteübungen an einem Kabelzug. Lediglich die Probanden, die ein Trainingsprotokoll verwendeten das isometrisches Training am Kabelzug vorsah, konnten nach 5 Wochen keine signifikanten Verbesserungen vorweisen. Hier gilt hervorzuheben, dass es sich bei den Probanden um professionelle Rugbyspieler handelte und diese ein sehr hohes Trainingsniveau vorwiesen. Im Gegensatz führte jedoch manuell verabreichter Widerstand durch eine zweite Person bei einer anderen Probandengruppe aus professionellen Rugbyspielern, die auch isometrisch trainierten, zu signifikanten Verbesserungen (Stump et al., 1993; Mansell et al., 2005; Naish et al, 2013; Geary et al., 2014; Burnett et al., 2005).

4 Gehirnerschütterungen

4.1 Definition

Um die potenziell präventive Rolle eines Hals- und Nackentrainings für die leichteste Art eines Schädel-Hirn-Traumatas (engl. Traumatic Brain Injury: „TBI“), ugs. „Gehirnerschütterung“ darzustellen, muss der Begriff „Gehirnerschütterung“ zunächst definiert werden. Aus der Konsenserklärung der vierten Internationalen Konferenz für Gehirnerschütterungen in Zürich 2012 lässt sich die „Gehirnerschütterung“ (Engl. „Concussion“) grob eingrenzen: Die Gehirnerschütterung wird als ein komplexer pathophysiologischer Prozess beschrieben, welcher das Gehirn betrifft und mit einer Gehirnverletzung einhergeht (McCrory et al. 2013).

[...]


1 In dieser Arbeit wird auf eine geschlechtliche Anpassung verzichtet. Es sind immer beide Geschlechter gemeint, wenn nicht explizit männlich oder weiblich erwähnt ist.

2 Beugung

3 Drehung

4 Vor den Wirbeln liegend

5 Streckung

6 Seitbeugung

7 Wiederholungsmaximum (WM): Maximal mögliches Gewicht für eine bestimmte Wiederholungsanzahl

8 CSA: (engl. „Cross sectional area“); Summe aller 9 Regionen

9 Positives Muskelversagen: keine Wiederholung mehr ohne Hilfe möglich

10 ROM (engl.): Range of Motion; Bewegungsreichweite

11 IMK = isometrische Maximalkraft

12 Volumen: Arbeitssätze pro Woche

Ende der Leseprobe aus 83 Seiten

Details

Titel
Welche Rolle spielt das Hals- und Nackentraining bei der Verletzungsprophylaxe in Team- und Kontaktsportarten?
Hochschule
Universität Münster
Note
1,3
Autor
Jahr
2019
Seiten
83
Katalognummer
V593716
ISBN (eBook)
9783346187642
ISBN (Buch)
9783346187659
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
"umfangreich recherchiert"
Schlagworte
Sportdidaktik, Sportunterricht, physical therapy, Sportverletzung, Nackentraining
Arbeit zitieren
Fatima Sleiman (Autor:in), 2019, Welche Rolle spielt das Hals- und Nackentraining bei der Verletzungsprophylaxe in Team- und Kontaktsportarten?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/593716

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Welche Rolle spielt das Hals- und Nackentraining bei der Verletzungsprophylaxe in Team- und Kontaktsportarten?



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden