Digitalisierung in ländlichen Regionen. Wie ein Ausbau der digitalen Infrastruktur die Attraktivität des Landlebens erhöht


Fachbuch, 2021

88 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Aufbau der Arbeit

2 Allgemeine Definitionen und Situation
2.1 Digitalisierung
2.2 Urbanisierung
2.3 Ländliche Regionen

3 Allgemeines
3.1 Die Messmethodik der Attraktivität einer Region
3.2 IST-Zustand der Attra0ktivität deutscher Regionen und Städte
3.3 Problematik ländlicher Regionen

4 Voraussetzungen der Digitalisierung

5 Digitale Konzepte für ländliche Regionen
5.1 Telearzt und ENurse
5.2 Coworking Space
5.3 Distance School
5.4 Regionaler Onlinemarktplatz
5.5 Mobilität
5.6 Digitales Dorf und Nachbarschaftshilfe

6 Chancen und Grenzen der Digitalisierung

7 Praxisbeispiel der Attraktivitätsgewinnung der Altmark
7.1 Konzepte der Attraktivitätssteigerung
7.2 Umfrage zur Attraktivität der Konzepte
7.3 Aufbau und Hintergrund des Umfragebogens
7.4 Deskriptive Auswertung der Umfrageergebnisse
7.5 Konzeptbeurteilung und Fazit

8 Fazit

Quellenverzeichnis

Anhang

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

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Impressum:

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„Der Fortschritt der Technologie basiert darauf, sie so anzupassen, dass man sie nicht einmal wirklich bemerkt, dass sie also Teil des täglichen Lebens ist.“

Bill Gates

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Urbanisierungsgrad in Deutschland 2000-2017

Abb. 2: Bevölkerungsdichte in Deutschland nach Bundesländern 2017 (Einwohner je Quadratkilometer)

Abb. 3: Stakeholder in Bezug auf die Aufenhaltsqualität

Abb. 4: Attraktivitätsmesszahlen Vergleich Berlin-Stendal (eigene Darstellung).

Abb. 5: Arbeitnehmer-Umfrage zu Arbeiten im Homeoffice 2018

Abb. 6: Anzahl der Unternehmen im Einzelhandel in Deutschland in den Jahren 2002 bis 2017

Abb. 7: Nutzungshäufigkeit der verschiedenen Fortbewegungsarten

Abb. 8: Ranking der gefährdetsten Regionen in Bezug auf Wirtschaft, Demografie und Infrastruktur in Deutschland (2017)

1 Einleitung

Wie können ländliche, strukturschwache Regionen durch die Digitalisierung an Attraktivität gewinnen? In dieser Bachelorarbeit handelt es sich, um eine Darlegung der aktuellen Attraktivitätsverteilung ländlicher Regionen, sowie digitaler Konzepte mit deren Hilfe eine ländliche Region an Attraktivität gewinnen kann. In städtischen Regionen hat die Digitalisierung bereits großen Einzug gewonnen und prägt das unmittelbare Leben. Das nächste Taxi wird per App gerufen, das Abendessen wird per Handy bestellt und abgerechnet, das eigene Auto wurde teilweise durch durchdachte Carsharing Dienste ersetzt. Das oppositive Leben findet meist auf dem Land seine Deutlichkeit. Breite Flächen, wenige Einwohner und Unternehmen. Viele Menschen fühlen sich zurückgelassen und hilflos ausgesetzt. Das Land leidet unter einer großen Landflucht. Doch wie kann die Digitalisierung dazu beitragen die Attraktivität auf dem Land zu verbessern?

1.1 Problemstellung und Aufbau der Arbeit

Das Ziel dieser Bachelorarbeit ist es, herauszufinden welche digitalen Konzepte existieren mit deren Hilfe die Attraktivität auf dem Land, insbesondere der Altmark Region, verbessert werden kann. Der Leser soll am Ende dieser Bachelorarbeit einen Überblick über die Problematiken ländlicher Regionen und deren Lösungsansätze bekommen. Die Arbeit gliedert sich in 7 Kapitel. Zu Beginn werden die Begriffe der Digitalisierung, Urbanisierung und ländliche Regionen näher definiert und allgemeine Grundlagen nähergebracht. Anschließend wird die Messmethodik der Attraktivität ländlicher Regionen dargelegt, sowie in dem Zusammenhang die Attraktivitätsverteilung Stadt und Land vorgeführt, um abschließend in dem Kapitel auf die Problematiken ländlicher Regionen einzugehen. In Kapitel 4 werden die Voraussetzungen für Digitalisierung erklärt, um anschließend digitale Konzepte vorzustellen, mit deren Hilfe die Attraktivität bereits in ausgewählten ländlichen Regionen gesteigert wird. Dabei werden auf die Konzepte des Telearztes/ENurse, Coworking Space, Distance School, Regionaler Onlinemarktplatz, Mobilität sowie dem digitalen Dorf und der Nachbarschaftshilfe eingegangen. In Kapitel 6 werden die Chancen und Grenzen der Digitalisierung nähergebracht. Das nachfolgende Kapitel beschäftigt sich mit dem Praxisprojekt Altmark. Grüne Wiese mit Zukunft der Altmark Region. Dabei werden Konzeptideen vorgestellt, sowie in einer Umfrage der Bewohner, Touristen, Unternehmer und Studenten die Konzepte auf ihre Attraktivität geprüft und am Ende auswertend zusammengetragen. Die Bachelorarbeit endet mit einer Konklusion der gesamten Arbeit.

Aufgrund der einfacheren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Bachelorarbeit die männliche Sprachform bei personenbezogenen Substantiven und Pronomen verwendet.

2 Allgemeine Definitionen und Situation

Um zu verstehen, welche Chancen und Risiken es für ländliche Regionen gibt von digitalen Konzepten zu profitieren, gilt es die aktuelle Situation der Digitalisierung, Urbanisierung und der ländlichen Regionen näher zu verstehen. Dabei werden in diesem Kapitel die eben aufgeführten Begriffe in ihrer Bedeutung näher aufgefasst und die grundlegende Situation nähergebracht.

2.1 Digitalisierung

Breit umfassend kann unter Digitalisierung die Umwandlung von analogen Elementen in digitale Elemente verstanden werden.1 Jedoch gibt es noch umfassendere Definitionen, die für diese Bachelorarbeit die passendere Anwendung haben. „Digitalisierung ist die strategisch orientierte Transformation von Prozessen, Produkten, Dienstleistungen bis hin zur Transformation von kompletten Geschäftsmodellen unter Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK) mit dem Ziel, nach- haltige Wertschöpfung effektiv und effizient zu gewährleisten.“2 Die Digitalisierung ist nahezu universell einsetzbar, jedoch zeigen sich 3 große Anwendungsfelder und Forschungsziele, die das Leben der Menschen besonders zentral prägen.3 Die Datenanalyse und Datenübertragung, die Arbeit und Produktion sowie Sicherheit und Versorgung.4 Ersteres bildet in der Praxis beispielsweise intelligente Datenanalysen und Simulationen für bessere Medizin. So können sogenannte multimodale Datenanalysen, also der Vergleich verschiedenster Bildaufnahmen wie Röntgen, MRT etc., in Verbundenheit mit fachliterarischen Informationen und individual Parametern zu genaueren Diagnosen führen und Informationslücken schließen, die kein physischer Experte bewerkstelligen könnte.5 Auf dem Gebiet der Arbeit und Produktion hat die Digitalisierung unseren Arbeits- und Produktionsalltag elementar verändert. Der klassische Brief findet in der Alltagskommunikation kaum noch Anwendung, die E-Mail hat die Ablösung geschaffen.6 Digitale Konferenzen ermöglichen die nicht-physische Anwesenheit der teilnehmenden Personen. Auch in der Produktion findet längst eine Revolution statt. Die 4. Stufe der Industrialisierung ist bereits Gegenwart unter dem Begriff der Industrie 4.0.. Produktionsanlagen sind miteinander vernetzt und ermöglichen eine selbstständige Fertigung, in der der Mensch nur noch Supervision betreibt.7 Die Verbindung von digitaler und physischer Welt wird besonders im 3D-Druck hervorgehoben. Objektinformationen über den physischen Aufbau eines Objekts können digital verschickt und beim Gegenüber wieder materialisiert werden.8 Künstliche Intelligenz prägt sogar schon unseren Alltag. So sind bereits kognitive Maschinen in die Wohnzimmer vieler Nutzer eingezogen. Amazon´s Alexa und Apple´s Siri haben die Fähigkeit aus einer riesigen Datenmenge, Muster zu erkennen, abzuleiten und so Befehle oder Feedback entgegenzunehmen und ausführen zu können.9 „Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts.“10 Demnach sind diese der Treibstoff der Digitalisierung, daher stellt auch die Sicherheit und Versorgung einen wichtigen Teil dieser Daten da, denn wer über viele Daten verfügt hat folglich einen elementaren Wettbewerbsvorteil.11 In der Praxis ein torpedierendes Problem. Daten müssen zu Forschungszwecken angeboten und zeitgleich geschützt werden.12 Den Rahmen dieser Schutzmaßnahmen bildet die Europäische Datenschutz Grundverordnung (DS-GVO). Sie ist am 14.04.2016 in Kraft getreten und ersetzt die vorher geltende EU-Datenschutzrichtlinie.13 Wichtige Inhalte sind die Pseudonymisierung von Daten, also die Unmöglichkeit einen Personenbezug der Daten herstellen zu können oder die Transparenzpflicht von Unternehmen, also auskunftspflichtig zu sein was mit den Kundendaten geschieht.14

Es ist festzustellen, dass das Thema der Digitalisierung sehr umfassend ist. So gibt es scheinbar zu jedem analogen Themenkomplex in der Praxis digitale Lösungen bzw. Lösungsversuche, um diese ein Stück weiter zu optimieren. Da nicht auf alle Themenkomplexe eingegangen werden kann, wird demnach in dieser Arbeit verstärkt auf die relevanten Elemente in Bezug auf die Digitalisierung zur Attraktivitätssteigerung der ländlichen Regionen eingegangen.

2.2 Urbanisierung

Ein nächster wichtiger Aspekt ist die Urbanisierung, also die Verstädterung. In der heutigen Zeit leben bereits mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten, bis 2050 sollen es sogar mehr als zwei Drittel sein.15 Die untere Abbildung 1 zeigt die Entwicklung des Urbanisierungsgrads in Deutschland in den Jahren 2000 bis 2017. Der Urbanisierungsgrad ist der prozentuale Anteil an der Gesamtbevölkerung, die in der Stadt wohnen. Die Entwicklung zeigt einen rapiden Anstieg. So waren es im Jahre 2000 75%, sind es 2017 schon 77,3 %.16 Demnach macht der Anteil der Stadtbewohner im Jahre 2017 rund 64.000.000 Menschen aus, während rund 18.800.000 Menschen nicht als Stadtbewohner gewertet wurden.17

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Urbanisierungsgrad in Deutschland 2000-2017

Doch wo findet eigentlich die Abgrenzung zwischen Stadt und Land statt? Eine Stadt ist laut Definition eine: „Größere, verdichtete Siedlung mit spezifischen und politischen Herrschaft, abhängig von der gesellschaftlichen Organisation und Produktionsform.“18 Innerhalb Deutschlands besitzen Gemeinden ab 2.000 Einwohnern das Stadtrecht der Landstadt, von 5.000 bis 20.000 Einwohnern das der Kleinstadt, 20.000 bis 100.000 Einwohner werden als Mittelstadt bezeichnet und ab einer Einwohnerzahl größer als 100.000 Einwohnern zählt eine Stadt als Großstadt.19 Die Gründe für die verstärkte Urbanisierung werden in Kapitel 3.3 näher erläutert.

2.3 Ländliche Regionen

Die ländlichen Regionen werden in der allgemeinen Definition oft als Opposition des Städtischen angesehen. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, kurz OECD, hat einen Grenzwert von 150 Einwohnern pro Quadratkilometer festgelegt.20 Die untere Abbildung 2 zeigt die Bevölkerungsdichte in Einwohner je Quadratkilometer, unterteilt nach deutschen Bundesländern aus dem Jahre 2017.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Bevölkerungsdichte in Deutschland nach Bundesländern 2017 (Einwohner je Quadratkilometer)

Nach der allgemeinen OECD Grenze gelten demnach die Bundesländer Thüringen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern als ländliche Region. Die Lage dieser Regionen ist oft außerhalb von Ballungszentren, aber auch die Nähe dieser kann ländlich geprägt sein. Die Raumtypen ländlicher Regionen werden in Deutschland in peripher und sehr peripher unterteilt, demnach sind 90% der Flächen in Deutschland ländlich geprägt.21

Es gibt aber noch einige zusätzliche Merkmale ländliche Regionen. So sind diese vor allem durch ihren Landschafts- und Erholungsraum, mit einer überwiegenden land- und forstwirtschaftlichen Flächennutzung sowie klein- und mittelständische Wirtschaftsstrukturen prägnant.22

3 Allgemeines

3.1 Die Messmethodik der Attraktivität einer Region

Um analysieren zu können wie eine strukturschwache Region durch die Digitalisierung an Attraktivität gewinnen kann, muss zunächst die Messmethodik der Attraktivität definiert werden. Wie kann die Attraktivität gemessen und somit auch verglichen werden mit anderen Regionen? Um diese Frage zu beantworten sollten die Stakeholder einer Stadt oder auch Region näher betrachtet werden. Die untere Abbildung 3 zeigt die Stakeholder, die eine Stadt umfassen. So besteht diese sowohl aus Bewohnern unterschiedlichster Altersstrukturen, Einzelhandel, Museen und Theater, also auch aus Touristen.23 Demnach kommen vielerlei Stakeholder mit unterschiedlichsten Interessen zusammen. Beispielsweise ist ein Interesse des jugendlichen Bürgers eine Schule in der Nähe zu besuchen, die Interessen der Familien betreffen eher die Arbeitsplätze und Mietpreise, der Einzelhandel interessiert sich für Arbeitskräfte und die Touristen für kulturelle Angebote und die Gastronomie.24

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Stakeholder in Bezug auf die Aufenthaltsqualität

So kann eine Region, unabhängig davon ob sie als Großstadt oder als ländliche Region gewertet wird, in 3 große Säulen untergliedert werden.25 Demnach fügt sich ein Standort in Bewohner, Touristen und Unternehmen die als Hauptinteressenten einen Standort indirekt selbst attraktiv machen und sich gegenseitig bedingen.26

Als Messmethodik eignet sich der Blick auf die Binnenwanderungssalden. „Binnenwanderung umfasst die Wanderungsbewegungen, also Zu- und Fortzüge, die sich innerhalb eines bestimmten Territoriums vollziehen.“27 Die überwiegenden Gründe der Migrationen beziehen sich auf die regionalen Arbeits-, Bildungs- und Wohnungsmärkte. Daher geben diese eine anteilige Messmethodik wieder, die die Attraktivitätsveränderung aus Bewohnerperspektive abbildet, als auch die unternehmerische Grundsituation annehmen lässt.28 Als zweite Messmethodik wird die Arbeitslosenquote in Anspruch genommen, welche die Arbeitssituation vor Ort veranschaulicht und Annahmen über die Hauptinteressenten Bewohner und die Ansässigkeit von Unternehmen erahnen lässt. Die dritte Variable bilden die Hebesätze für Gewerbesteuern der jeweiligen Gemeinden, um eine Situation für die Attraktivität für Unternehmen zu bekommen. Letzteres bilden die jährlichen Gästeübernachtungen, als prozentualen Anteil an der Bewohnerzahl die statistische Basis für die Attraktivitätsperspektive der Touristen.

3.2 IST-Zustand der Attra0ktivität deutscher Regionen und Städte

Um den Ist-Zustand deutscher Regionen und Städte miteinander zu vergleichen wird hier stellvertretend der Großraum Berlin mit dem Landkreis Stendal verglichen. Die Regionen unterscheiden sich sehr stark voneinander. Der Kontrast ist wichtig, um die möglichen Gründe des Urbanisierungstrends zu verstehen, die Unterschiede erkennen zu können und diese auf die ländlichen Regionen zu übertragen. Die Auswahl ist auf Basis einer geografischen Vergleichbarkeit gewählt worden, um eine Verfälschung sicherzustellen. Würde der ostdeutsche Landkreis Stendal mit München verglichen werden, könnte z.B. die unmittelbare Anbindung Münchens an die Alpen zu Verfälschungen der beinflussbaren Netto-Attraktivität führen.

3.2.1 Berlin

Deutschlands Hauptstadt ist mit über 3,5 Millionen Einwohnern mit Abstand die größte Großstadt Deutschlands.29 Auf 392 Quadratkilometer erstreckt sich die Metropole mit einer Bevölkerungsdichte von über 4.000 Einwohner pro Quadratkilometer.30 Über einen mehrjährigen Zeitraum gemessen hat Berlin 2016 einen Wanderungssaldo von plus 22,2 auf 10.000 Einwohner. Demnach sind rund 22 Einwohner auf 10.000 Einwohner zugezogen. Die Arbeitslosenquote in Berlin betrug im August 2019 8%.31 Die Hebesätze für Gewerbesteuern betragen seit 1999 konstant 410%.32 Die Gästeübernachtungen 2017 betrugen 12.966.347 Touristen, demnach macht der prozentuale Anteil der Touristen an der Bewohnerzahl 370%.33

3.2.2 Stendal

Der Landkreis Stendal, gelegen in dem altmärkischen Teil Sachsen-Anhalts zwischen Wolfsburg und Berlin, umfasst knapp 112.240 Einwohner verteilt auf 2.423 Quadratkilometer Fläche mit einer Bevölkerungsdichte von 46,3 Einwohnern.34 Der Landkreis hat mit einem negativen Binnenwanderungssaldo von 4,8 auf 10.000 Einwohnern zu kämpfen.35 Die Arbeitslosenquote betrug im August 2019 8,7%.36 Die Hebesätze für Gewerbesteuern betragen im Landkreis durchschnittlich 331%.37 Die Gästeübernachtungen 2017 betrugen 251.153 Touristen, also einen prozentualen Anteil an der Bewohnerzahl von 118%.38

Wie in der unteren Abbildung 5 die Attraktivitätsmesszahlen im direkten Vergleich veranschaulicht, unterscheidet sich hauptsächlich der Binnenwanderungssaldo. Es wandern deutlich mehr Einwohner in Richtung Berlin, im Gegensatz zum Landkreis Stendal, in dem eine Wegwanderung festzustellen ist. Aus Bewohnerperspektive ein deutlicher Attraktivitätshinweis für Berlin. Auffällig ist die ähnliche Arbeitslosenquote, die in Stendal minimal höher ist. Es könnte auf eine vergleichbare Arbeitsplatzverfügbarkeit geschlossen werden. Der Hebesatz der Gemeinden ist Berlin deutlich höher, was die mögliche Attraktivität für Unternehmen demonstriert. Aus Sichtweise der Touristen dürfte Berlin wesentlich attraktiver sein, was der prozentuale Anteil der Gästeübernachtungen an den Einwohnerzahlen festmacht. Hier bestehen spürbare Unterschiede.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Attraktivitätsmesszahlen Vergleich Berlin-Stendal (eigene Darstellung)

Insgesamt lässt sich sagen, dass in dem Fallbeispiel die Attraktivität aus Bewohner‑, Unternehmer- und Touristenperspektive in Berlin deutlich höher ist als in Stendal. Über die Hintergründe und Ursachen, also die Problematik der ländlichen Regionen gegenüber urbanen Ballungsräumen wird im folgenden Unterkapitel eingegangen.

3.3 Problematik ländlicher Regionen

Wie im vorherigen Kapitel festgestellt, ist ein deutlicher Messunterschied zwischen Berlin und Stendal, stellvertretend für Großstadt und ländliche Region festzustellen. Doch woran liegt es, dass eine Stadt attraktiver ist als eine ländliche Region? Um herauszufinden was die Ursachen für die sogenannte Landflucht sind, unter der viele Regionen zu kämpfen haben, gilt es einen Blick in die Historie der Lebensräume zu werfen.

Bevor die ersten Städte überhaupt existierten, lebte die Menschheit ausschließlich auf dem Land. Nach der agrarischen Revolution ca. 10.000 v.Chr. resultierte die erste Landflucht.39 Städte waren früher Machtzentren und Handelszentren zugleich.40 Mit der industriellen Revolution wuchs die Stadt zum Produktionszentrum heran und die Menschheit zog in die sich immer vergrößernden Metropole.41 Das Leben auf dem Land war hart und arm. Die Stadt bot somit eine große Chance.42

Ein großer Aspekt, der die Urbanisierung begründet, ist demnach in dem Arbeitsplatzangebot zu finden. Arbeitsplätze in der Zukunft entstehen primär dort wo die drei Komponenten Talente, Technologie und Toleranz zusammenkommen.43 Zukünftig ist das Hauptkapital das Wissen der Menschen, also Bildung, welches neue Produkte und Dienstleistungen formt.44 Gerade in Städten, die durch neue Technologien und die damit verbunden Jobangebote wiederum andere Talente anziehen, findet sich diese Wissensmacht wieder.45 „Toleranz ist wichtig, weil die Kreativen eine offene Gesellschaft schätzen und weil sie offen sind (sein müssen) für Fremdes und fremdes Wissen.“46

Aber auch die Infrastruktur ist im ländlichen Raum ein Problem. So ist die Angebotsdichte an den öffentlichen Verkehr sehr flach und wird von den meisten ländlichen Bewohner nicht als Mobilitätsoption wahrgenommen.47 Die Mobilität so scheint es, ist nicht anders zu gewährleisten als durch ein eigenes Kraftfahrzeug. Gerade für Menschen, die keinen Führerschein besitzen oder ältere Leute ist dies ein großes Problem.48

Demnach sind die großen Hauptproblematiken einer ländlichen Region die Distanzüberwindung und berufliche Verwirklichung. In späteren Kapiteln wird auf digitale Konzepte eingegangen, die diese Problematiken lösen und verändern können.

4 Voraussetzungen der Digitalisierung

Die Entwicklung der Digitalisierung bedeutet gleichermaßen ein Anstieg der übertragenden Datenmenge. Demnach läuft auf dem Gebiet der Datenkomprimierung die Entwicklung auf Hochtouren. „Einige Hochrechnungen gehen davon aus, dass sich die weltweit pro Jahr erzeugte Datenmenge bis 2025 gegenüber 2016 verzehnfachen und auf 163 Zettabyte (eine 163 mit 21 Nullen oder 41.000 Mrd. DVDS) ansteigen könnte.“49 Demnach ist ein Ziel der Forschung und Entwicklung, diese Datenmenge verlustfrei zu komprimieren. Eine weitere Grundlage für alle Anwendungsfelder ist das Gebiet der Datenübertragung. Frei nach dem Motto, je schneller desto besser. Taktiles Internet findet dafür die Bezeichnung und bedeutet in diesem Kontext das Ziel der Datenübertragung: minimale Latenzzeit kombiniert mit schneller Datenübertragung.50 Bei der Verfügbarkeit von schnellen Breitbandinternet, also einer Geschwindigkeit von mehr als 50 Mbits/s, sind vor allem die ländlichen Regionen stark ausbaufähig. Demnach erreichten lediglich 64,1% der ländlichen Haushalte dieses Mindestmaß.51 Im Jahre 2016 betrug die durchschnittliche Downloadmenge 74 Gigabyte pro Haushalt.52 Nicht nur das eine langsame Internetleitung lediglich länger lädt, sondern ein schlechte Breitbandstruktur wirkt sich auch negativ auf die Attraktivität für primär jüngerer Menschen aus.53 So dient das Internet als Standortfaktor. Allerdings ist nicht nur der stationäre Highspeed-Internetzugang wichtig, sondern auch der Mobile. So werden im Zuge der Digitalisierung vor allem immer mehr Gegenstände permanent an das Internet angeschlossen sein. Das Internet der Dinge nennt sich dieser Zustand, bei dem Autos, Roboter, Maschinen, Haushaltsgeräte etc. an das Internet angeschlossen sind.54 Beispielsweise der Sektor des autonomen Fahrens kann nicht ohne flächendeckende, Mobilfunkabdeckung funktionieren. Die Autos müssen dauerhaft immense Datenmengen mit den Servern austauschen, um ein sicheres Fahren zu gewährleisten. „Bis 2020 werden allein in Deutschland rund 770 Millionen Geräte vernetzt sein.“55 Der im Jahr 2020 eingeführt werdende Mobilfunkstandart 5G wird deshalb als Schlüsseltechnologie zur Ermöglichung der digitalen Transformation gewertet.56 5G ist der Nachfolger des 4G (LTE) und soll hundertmal so schnelle Übertragungsgeschwindigkeiten ermöglichen. So ermöglicht das 4G Netz Downloadraten von 1Gbit/s und Uploadraten von 200 Mbit/s. Das 5G Netz erreicht bis zu 10 Gbit/s im Download und 2Gbit/s im Upload.57 Noch im Jahr 2020 sollen die 20 größten Städte mit dem neuen Netzstandart ausgestattet werden.58 Doch die 4G Abdeckung lässt in Deutschland auch zu wünschen übrig, so ist nur zwei Drittel Deutschlands mit dem Mobilfunkstandart versorgt.59

[...]


1 Vgl. Becker et al. (2019), S. 23.

2 ebd., S. 24.

3 Vgl. Neugebauer (2018), S. 9.

4 Vgl. ebd.

5 Vgl. Neugebauer (2018), S. 10.

6 Vgl. ebd., S.12

7 Vgl. ebd., S.13

8 Vgl. Haring, Robin (2019), S. 14.

9 Vgl. ebd.

10 Steinbach (2018).

11 Vgl. Neugebauer (2018), S. 15.

12 Vgl. ebd.

13 Vgl. Fresenius o.J.

14 Vgl. ebd.

15 Vgl. Müller o. J.

16 Vgl. Thiel (2019).

17 Vgl. ebd.

18 Neumair o.J.

19 Vgl. Neumair o.J.

20 Vgl. Franzen et al. (2008).

21 Vgl. Schwang (2019).

22 Vgl. Schwang (2019).

23 Vgl. Breyer-Mayländer; Zerres (2019), S. 34.

24 Vgl. ebd., S.14

25 Vgl. Breyer-Mayländer; Zerres (2019), S. 34.

26 Vgl. ebd.

27 Thiel o. J.

28 Vgl. ebd.

29 Vgl. Neukum (2016).

30 Vgl. Fidorra (2018).

31 Vgl. Scheele (2019b).

32 Vgl. Kollatz (o.J.).

33 Vgl. Hinz (2019).

34 Vgl. Kraul (2019).

35 Vgl. Eltges (2019).

36 Vgl. Scheele (2019).

37 Vgl. Angel o.J.

38 Vgl. o.A. (2019).

39 Vgl. Hinz o. J.

40 Vgl. ebd.

41 Vgl. ebd.

42 Vgl. ebd.

43 Vgl. ebd.

44 Vgl. ebd.

45 Vgl. ebd.

46 ebd.

47 Vgl. ebd.

48 Vgl. ebd.

49 Neugebauer (2018), S. 11.

50 Vgl. Neugebauer (2018), S. 12.

51 Vgl. Friedrich (2018).

52 Vgl. Lauck (2019).

53 Vgl. Lauck (2019).

54 Vgl. Heeg (2019).

55 Vgl. Heinl (2019).

56 Vgl. Heinl (2019).

57 Vgl. Esser (2019).

58 Vgl. ebd.

59 Vgl. Heeg (2019).

Ende der Leseprobe aus 88 Seiten

Details

Titel
Digitalisierung in ländlichen Regionen. Wie ein Ausbau der digitalen Infrastruktur die Attraktivität des Landlebens erhöht
Autor
Jahr
2021
Seiten
88
Katalognummer
V593986
ISBN (eBook)
9783963561146
ISBN (Buch)
9783963561153
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Digitalisierung, Attraktivität, ländlich, provinz, ländliche region, Landflucht, urbanisierug, stadt, zukunft, land, arbeitsplätze, Verstädterung, coworking space, telearzt, distance school, regionaler onlinemarktplatz, mobilität, digitales dorf, attraktivitätssteigerung, umfrage, ist zustand, bachelorarbeit, betriebswirtschaft, volkswirtschaft, informatik, arbeitnehmer, konzepte, enurse, magdeburg, stendal, altmark, ostdeutschland, deutschland, trend, analyse, ideen, hochschule, meinungsumfrage, festival, Vorraussetzungen, technik, internet, neu, google, facebook, instagram, Altmark-Region, Unternehmen, Metropolen, Fortschritt
Arbeit zitieren
Alexander Meyer (Autor:in), 2021, Digitalisierung in ländlichen Regionen. Wie ein Ausbau der digitalen Infrastruktur die Attraktivität des Landlebens erhöht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/593986

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