Die genauen Umstände der Entstehung des Bildes und Titians Abmachung mit den Frari Mönchen bleiben weiterhin rätselhaft, sicher ist jedoch, dass das Gemälde in dieser Form und Größe von Titian von Anfang an für die Kruzifixkapelle der Santa Maria Gloriosa dei Frari konzipiert wurde. Nygren argumentiert überzeugend, dass die besondere Bedeutung der Kruzifixkapelle in der Votivtafel im Bild aufgegriffen wurde und Titian darin über den Ruf seiner Kunst als wunderwirksam reflektiert und deswegen keinen anderen Standort für sein Gemälde auswählen wollte. Da der Rezipient von diesem Standort aus allerdings auch zum ersten Mal in der Kirche die am Hochaltar hängende Assunta in ihrer Gänze betrachten kann und die Figuren innerhalb des Pietà-Gemäldes in Richtung Pesaro Madonna schauen, lässt sich auch mithilfe der architektonischen Gegebenheiten der Frari-Kirche argumentieren, weswegen Titian diesen Standort auswählte.
Das Vergleichen mit anderen Kunstwerken ist als Methodik durch die Komposition im Pietà Gemälde angelegt und dient als Leseschlüssel für die komplexen Bedeutungsebenen des Bildes. So finden nicht nur Vergleiche innerhalb des Kirchenraums mit Titians eigener Kunst statt, sondern der Betrachter fühlt sich auch sogleich an Titians Selbstbildnisse in der Figur des hl. Hieronymus erinnert. Auch Zitate von Michelangelo und die Architekturform, die Gebäuden Giulio Romanos und Andrea Palladios entnommen ist, deuten auf einen Vergleichsakt zwischen den Künsten und Künstlern hin. Doch die Zitate sind im Gemälde nicht autonom, sondern wurden dergestalt verändert, dass sie untrennbar mit dem Bildgeschehen und seiner Entschlüsselung verbunden sind.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Forschungsstand
- 2.1. Auftragsgeschichte des Gemäldes
- 2.2. Zustand des Gemäldes und Restaurierungsgeschichte
- 2.3. Der Kruzifix-Altar als Standort des Gemäldes
- 2.4. Die Theorie der Bilderweiterung auf dem Prüfstand
- 3. Ein Bild des Vergleichens
- 3.1. Vergleichsstrategien innerhalb des Pietà-Gemäldes
- 3.2. Ikonografische Referenzen auf Künstler aus Titians Zeit
- 3.3. Referenzen auf Titians eigene Kunst
- 3.4. Das Pietà-Gemälde als Kunstanschauungsraum
- 4. Andachtsbild und Grabmal
- 5. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht Titians Pietà-Gemälde im Kontext seiner Entstehungsgeschichte, seiner ursprünglichen Bestimmung als Grabmal und Andachtsbild, sowie im Hinblick auf seine ikonografischen Bezüge. Die Arbeit beleuchtet die widersprüchlichen Quellen zur Entstehungs- und Auftragsgeschichte und analysiert die Bedeutung des Bildvergleichs als interpretativen Schlüssel für das Verständnis des Gemäldes.
- Die Auftragsgeschichte und die ungeklärten Umstände der Entstehung des Gemäldes.
- Die Rolle des Gemäldes als Andachtsbild und gleichzeitig als geplantes Grabmal für Titian.
- Die ikonografischen Referenzen und Vergleichsstrategien innerhalb des Gemäldes.
- Die Bedeutung des Bildvergleichs als methodischer Ansatz zur Interpretation des Werks.
- Titians ursprüngliche Vorstellungen von seiner letzten Ruhestätte.
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema ein und stellt die zentrale Fragestellung nach Titians Vorstellungen von seiner letzten Ruhestätte und der Bedeutung des Pietà-Gemäldes in diesem Kontext vor. Sie hebt die Widersprüchlichkeiten in den historischen Quellen hervor und kündigt den methodischen Ansatz an, den Bildvergleich als Leseschlüssel für das Gemälde zu verwenden.
2. Forschungsstand: Dieses Kapitel fasst den bisherigen Forschungsstand zum Pietà-Gemälde zusammen. Es beleuchtet die Auftragsgeschichte, den Erhaltungszustand und die Restaurierungsgeschichte, den vorgesehenen Standort in der Kruzifix-Kapelle der Frari-Kirche und die Debatte um die Theorie der Bilderweiterung. Die unterschiedlichen Interpretationen der Quellen und die kontroversen Angaben zum Todeszeitpunkt und den Todesumständen Titians werden kritisch gewürdigt.
3. Ein Bild des Vergleichens: Dieser Abschnitt analysiert die verschiedenen Vergleichsstrategien, die innerhalb des Pietà-Gemäldes selbst zum Tragen kommen. Es werden ikonografische Referenzen auf Künstler aus Titians Zeit und auf sein eigenes Werk untersucht. Das Kapitel beleuchtet das Pietà-Gemälde als einen komplexen "Kunstanschauungsraum", der durch seine vielschichtigen Bezüge und Verweise ein tiefes Verständnis der künstlerischen Praxis und der kulturellen Kontexte erfordert.
4. Andachtsbild und Grabmal: Dieses Kapitel behandelt die doppelte Funktion des Gemäldes als Andachtsbild und als geplantes Grabmal. Es untersucht die spezifische Ikonografie des Motivs und seine Bedeutung im Kontext der religiösen Praxis der Zeit. Die Analyse verbindet die künstlerische Gestaltung mit den sozialen und religiösen Riten der Bestattung und dem damit verbundenen Wunsch nach ewiger Erinnerung und dem Jenseits.
Schlüsselwörter
Titian, Pietà, Grabmal, Andachtsbild, Bildvergleich, Ikonografie, Auftragsgeschichte, Forschungsstand, Santa Maria Gloriosa dei Frari, Venedig, Palma Giovane, Restaurierung, Todesumstände.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Titians Pietà
Was ist der Gegenstand dieser Hausarbeit?
Diese Hausarbeit analysiert Titians Pietà-Gemälde umfassend. Der Fokus liegt auf der Entstehungsgeschichte, der ursprünglichen Bestimmung als Grabmal und Andachtsbild sowie den ikonografischen Bezügen. Die Arbeit untersucht widersprüchliche Quellen und nutzt den Bildvergleich als interpretativen Schlüssel.
Welche Themen werden in der Hausarbeit behandelt?
Die Hausarbeit behandelt folgende Themenschwerpunkte: die ungeklärte Auftragsgeschichte des Gemäldes, seine doppelte Funktion als Andachtsbild und Grabmal, die ikonografischen Referenzen innerhalb des Bildes (Vergleichsstrategien mit Werken anderer Künstler und Titians eigenem Schaffen), die Bedeutung des Bildvergleichs als methodischer Ansatz und Titians Vorstellungen von seiner letzten Ruhestätte.
Welche Kapitel umfasst die Hausarbeit?
Die Hausarbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Einleitung, Forschungsstand (mit Unterpunkten zur Auftragsgeschichte, Erhaltungszustand, Standort in der Kruzifix-Kapelle und der Debatte um die Bilderweiterung), "Ein Bild des Vergleichens" (Analyse der Vergleichsstrategien im Gemälde selbst), Andachtsbild und Grabmal, und schließlich ein Fazit.
Was wird im Kapitel "Forschungsstand" behandelt?
Das Kapitel "Forschungsstand" fasst den bisherigen Forschungsstand zum Pietà-Gemälde zusammen. Es beleuchtet die Auftragsgeschichte, den Erhaltungszustand und die Restaurierungsgeschichte, den vorgesehenen Standort in der Kruzifix-Kapelle der Frari-Kirche und die Debatte um die Theorie der Bilderweiterung. Die unterschiedlichen Interpretationen der Quellen und die kontroversen Angaben zum Todeszeitpunkt und den Todesumständen Titians werden kritisch gewürdigt.
Wie wird der Bildvergleich in der Analyse eingesetzt?
Der Bildvergleich dient als zentraler methodischer Ansatz. Die Arbeit analysiert die verschiedenen Vergleichsstrategien innerhalb des Pietà-Gemäldes selbst, untersucht ikonografische Referenzen auf zeitgenössische Künstler und Titians eigenes Werk, und betrachtet das Gemälde als einen komplexen "Kunstanschauungsraum", der vielschichtige Bezüge und Verweise aufweist.
Welche Rolle spielen Andachtsbild und Grabmal im Kontext des Gemäldes?
Das Kapitel "Andachtsbild und Grabmal" untersucht die doppelte Funktion des Gemäldes. Es analysiert die spezifische Ikonografie des Motivs und seine Bedeutung im Kontext der religiösen Praxis der Zeit. Die Analyse verbindet die künstlerische Gestaltung mit den sozialen und religiösen Riten der Bestattung und dem Wunsch nach ewiger Erinnerung und dem Jenseits.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Hausarbeit?
Schlüsselwörter sind: Titian, Pietà, Grabmal, Andachtsbild, Bildvergleich, Ikonografie, Auftragsgeschichte, Forschungsstand, Santa Maria Gloriosa dei Frari, Venedig, Palma Giovane, Restaurierung, Todesumstände.
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- Jennifer Münster (Author), 2019, Ein letzter Vergleich. Der Kunst-Vergleich als Leseschlüssel für Titians Pietà-Gemälde, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/594411