Arbeit 4.0 und moderne Unternehmensführung. Neue Herausforderungen und Anforderungen an Führungskräfte


Thèse de Bachelor, 2019

64 Pages

Anonyme


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Aktuelle Herausforderungen an Führungskräfte
2.1 Digitalisierung
2.2 Demografie
2.3 Generation Y
2.4 Diversity Management
2.5 Wertewandel
2.6 Individualisierung
2.7 Wissensarbeit

3 Zukünftige Anforderungen an eine Führungskraft
3.1 Vertrauensaufbau
3.2 Innovationsmanagement
3.3 Selbstreflektion
3.4 Vorbildfunktion & Coach
3.5 Partizipation
3.6 Rahmenbedingungen
3.7 Kommunikation
3.8 Flexibilität
3.9 Emotionale Beziehungsebene
3.10 Werteorientierung

4 Forschungsansatz
4.1 Fragestellung
4.2 Qualitative Inhaltsanalyse Vorgehen nach Mayring

5 Methodik
5.1 Halbstrukturiertes Leitfadeninterview
5.2 Auswertung Experteninterviews

6 Qualitative Inhaltsanalyse
6.1 Experten im Überblick
6.2 Kategoriesystem
6.2.1. Generation Y
6.2.2. Coaching
6.2.3. Digitalisierung & Informationstechnologie
6.2.4. Diversity
6.2.5. Globalisierung
6.2.6. Dynamisches Umfeld
6.2.7. Mitarbeiter
6.2.8. Eigenverantwortung
6.2.9. Rahmenbedingungen
6.2.10. Kommunikation
6.2.11. Vertrauen
6.2.12. Führungsstil
6.2.13. Entwicklung in den Führungsstilen
6.2.14. Erfolgskriterien Führungskraft
6.2.15. Zukunft

7 Diskussion

8 Praxisbezug

9 Fazit

10 Literaturverzeichnis

11 Anhang

Abstract

In dieser Bachelorarbeit wird das Thema Führung mit besonderem Hinblick auf die neuen Herausforderungen, die sich aus der Arbeitswelt 4.0 ergeben und die daraus entstehenden Anforderungen an eine moderne Führungsrolle beleuchtet. Der Führungsanspruch hat sich in den letzten Jahren stark modifiziert. In der Nachkriegszeit wurden Mitarbeiter durch monetäre Anreize von autoritären Führungskräften geleitet. Durch die wenigen Ansprüche der früheren Arbeitnehmer basierte Führung oftmals auf einseitiger Kommunikation und wenig Individualität. Heutzutage steht der Mitarbeiter im Vordergrund, Fachkräfte sind selbst teilweise bessere Experten als Ihre Leitungskräfte und das Privatleben erlangt einen höheren Stellenwert. Zudem verändern sich auch externe Rahmenbedingungen immer stärker und bergen sowohl Chancen als auch Risiken für Unternehmen. In dieser Arbeit wird die vorhandene Literatur anhand von Experteninterviews empirisch gestützt. Die Ergebnisse zeigen z.B. einen enormen Zuwachs an Dynamik, Globalisierung und veränderten Werten. Daraus resultieren neue Anforderungen wie z.B. ein gutes Innovationsmanagement, Vertrauensaufbau und individuelle Führung. Den neuen Anforderungen in der Führung gerecht zu werden, ist sehr anspruchsvoll, jedoch können aus dieser Arbeit aktuelle Bewegungen erkannt und mögliche Anregungen zur Bewältigung gezogen werden.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1. Führung 4D (Franken, 2016)

Abbildung 2. Einfluss prägender Ereignisse auf Eigenschaften der Generation Y (Schulenberg, 2016)

Abbildung 3. Maslows Bedürfnispyramide adaptiert auf Mitarbeiter-Engagement (https://karrierebibel.de/beduerfnispyramide-maslow/)

Abbildung 4. Anforderungen an Führungskräfte aufgrund der Trends im Überblick (Franken, 2016)

Abbildung 5. Darstellung des Modells des Vertrauenszyklus „Trust and the Decision Process" nach Zand (Bartelt, 2011)

Abbildung 6. Prinzipien und Empfehlungen für die Selbstreflexion der Führungskräfte (Franken, 2016)

Abbildung 7. Expertenübersicht (eigene Darstellung)

Abbildung 8. Übersicht Kategorien (eigene Darstellung)

1 Einleitung

Kaum einer bleibt von der Arbeitswelt 4.0 verschont. Wir alle merken die Dynamik, die Innovationskraft und die kulturellen Veränderungen. Diese „neue“ Welt ermöglicht viele Chancen, wenn wir lernen mit den aus ihr resultierenden neuen Bedingungen gut umgehen zu können. Besonders Führungskräfte in allen Hierarchiestufen befinden sich in einem starken Wandel. Eine Führungspersönlichkeit ist maßgeblich für zahlreiche richtungsweisende Prozesse in Organisationen verantwortlich. Nur Unternehmen und deren Führungskräfte, die sich den Umschwung entstandenen Herausforderungen gut annehmen können, werden langfristig mit Erfolg belohnt. Denn die Konsequenzen von veralteter Führung sind groß. In qualitativer Hinsicht kann die Mitarbeiterzufriedenheit, die Arbeitsmotivation und die Loyalität gegenüber dem eigenen Arbeitgeber sinken. Mitarbeiter können über- oder unterfordert sein und ein schlechtes Arbeitsklima verbreitet sich. Ebenso können die Auswirkungen in quantitativer Hinsicht auftauchen. Durch mangelnde Motivation wird die Produktivität langfristig gedämpft, weshalb Umsätze sinken und somit gesteckte Ziele nicht erreicht werden können. Die Arbeitswelt zum Ende des 18. Jahrhunderts bot schlechte Arbeitsbedingungen für ihre Beschäftigten, denn der Fokus war auf die reine Produktivität und Effizienzsteigerung gerichtet. Die Arbeitsabläufe gestalteten sich sehr monoton und ohne jegliche Partizipation von Angestellten. Die einzige Motivationsschraube wurde in den monetären Anreizen gesehen. Somit bestand Führung aus der Aufgabenzuordnung und Kontrolle der Ausübung – Bedürfnisse und Arbeitsmotivation wurden aus der Betrachtung entzogen. Mit diesem Modell sanken letztendlich die Motivation und die Leistungsbereitschaft, womit langfristig auch die Produktivität zurückging. Mit der Zeit bildeten sich verschiedene Gewerkschaften, die sich nach und nach für die Arbeitnehmer einsetzten (Schönfelder, 2018). Heutzutage ist dieser Zustand kaum vorstellbar. Ein gutes Arbeitsklima, Mitarbeitergespräche, Auszeiten, Urlaub, verschiedene Leistungsanreizsysteme, individuelle Fördermaßnahmen gehören zum Unternehmensalltag. Somit wächst auch das Leistungsspektrum der Führungskräfte, denn individuell Führen bedeutet auf die Bedürfnisse, Ängste und Wünsche von jedem Mitarbeiter unterschiedlich einzugehen. Somit wird „moderne“ Führung durch die dynamischen Rahmenbedingungen und die starken individuellen Erwartungen der Mitarbeiter immer anspruchsvoller. Diese Anstrengungen sind dennoch notwendig, denn in einer Studie von next practice gaben 77 Prozent der 400 befragten Führungskräften an, dass ein grundsätzlicher Wechsel im Führungssystem notwendig ist. Zudem ist es von immer höherer Bedeutung, Prozesse offen und agil zu gestalten und Partizipation der Mitarbeiter zu fördern. So wird aus einer hierarchischen Ordnung eine Netzwerkaufstellung, aus Fremdsteuerung eine Selbstorganisation und aus Wettbewerb eine Kooperation (Kohlberg, 2016).

Besonders große Unternehmen tendieren dazu, Führung dauerhaft an einen ausgewählten Personenkreis zu vergeben und diese Personen in stabilen hierarchischen Positionen zu verankern. Der Hintergrund dafür ist, dass sich durch die Sozialisation bei den Beteiligten, selbst wenn sie stark darunter leiden mussten, das hierarchische System durch persönlich erlebte Modelle eingeprägt hat. Angefangen in der Kindheit mit Eltern und Lehrern, später waren es die Modelle des Trainers, des Vorgesetzten oder sonstigen Respektpersonen. Eine spezielle Führungsrolle war damit immer ausgewählten Personen, die aufgrund einer bestimmten Eigenschaft höhergestellt waren, vorbehalten. Führung kann aber auch aus einer ganz anderen Perspektive betrachtet werden. Denn Leitung findet in einer Gruppe in irgendeiner Form immer statt. Sie ist informell, flexibel und häufig aufgabenbezogen. Abhängig von der persönlichen Kompetenz, Neigung, Freude oder dem allgemeinen Erfordernis, spontan Dinge in die Hand zu nehmen, kann eine Führungsrolle angenommen werden. Auch eine Blockade oder das Leisten von Widerstand ist eine Art von Führung. Denn dadurch können geplante Vorhaben nicht in der vorausgesehenen Zeit oder Geschwindigkeit erledigt werden. In jeder Gruppe ist Führen eine natürliche Funktion, die sich je nach Situation und Anforderung unterschiedlich ausgestaltet. Wird Führung starr und hierarchisch festgelegt, geht die natürliche Dynamik der Gruppe verloren und gruppendynamische Prozesse mit viel Energie können nicht mehr genutzt werden (von Au, 2017). Deshalb gilt es die modernen Rahmenbedingungen und die daraus entstandenen Anforderungen an Führungskräfte neu zu durchleuchten, um langfristig erfolgreiche Führungsstrategien für den Unternehmenserfolg zu entwickeln.

2 Aktuelle Herausforderungen an Führungskräfte

Überall befinden wir uns im ständigen Wandel. Vorgänge in der Natur, in gesellschaftlichen Werten, in persönlichen Präferenzen oder Umweltbedingungen sind nur einige Beispiele dafür. Die Arbeitswelt hat sich durch große Beschleuniger, wie neue Technologien und visionäre Denkweisen verändert. Klare Strukturen, feste Verantwortlichkeiten und die langsame Marktdynamik erforderten von Führungspersonen, lediglich dafür zu sorgen, dass jeder Mitarbeiter die ihm zugewiesenen Aufgaben pflichtbewusst erfüllt. Heutzutage leben wir in einer veränderten Welt. Diese ist schneller, verflochtener und das Marktgeschehen dynamischer. Diese Veränderungen lassen das bekannte Taylor-Prinzip in den Hintergrund treten. Denn soziale Kräfte spielen mehr als je zuvor eine Rolle in der modernen Welt. Dieser starke Wandel löst in vielen Mitarbeitern und Führungskräften ein hohes Maß an Unsicherheit, dicht gefolgt von Bedrohungsgefühlen aus. Es müssen immer komplexere Aufgabenstellungen, in kleineren Zeitfenster und in flexiblen Strukturen gelöst werden. Das Maß an Qualität soll dabei kontinuierlich steigen, die eingesetzten materiellen und fachlichen Ressourcen sollen auf der anderen Seite eher sinken. Zudem schmälern sich die Zeithorizonte, um nachträglich Verbesserungen durchzuführen, die eine solide Basis schaffen. Trotz der Unsicherheit bleiben uns immer weniger Stunden, um nachjustieren zu können. Die schlanken Strukturen muten wenigen Führungskräften immer größere Bereiche zu. Dadurch steigt die Belastung der Führungsrolle in Organisationen, denn es gibt immer mehr zu verantworten, in immer größeren Führungspannen. Die Verteilung auf mehrere Führungspositionen ist somit nicht mehr möglich. Diese schnelle Veränderung können sich viele nicht erklären oder herleiten und hoffen, dass diese Dynamik bald ein Ende hat. Doch die Geschwindigkeit wird nicht abnehmen, sondern ganz im Gegenteil stark steigen. Deshalb ist es umso bedeutender sich neuen Herausforderungen frühzeitig zu stellen (Hoppe & Okun, 2014). Eine Studie der Bertelsmann Stiftung „Zukunftsfähige Führung - Die Gestaltung von Führungskompetenzen und -systemen“ identifizierte acht Schlüsselherausforderungen für Führung und Führungssysteme. Diese sind die veränderten organisatorischen Rahmenbedingungen, die veränderte Weisungsbefugnis, organisationales Lernen statt Zielsysteme, die steigenden Ansprüche von Mitarbeitern an Führungskräfte. Außerdem ist Führung keine Entscheidung mehr von einer Einzelperson, sondern bedarf die Einbeziehung von allen Betroffenen, die sich die gemeinsamen Ziele erarbeiten. Außerdem müssen die Interessen aller Stakeholder miteinbezogen werden und die Anreizsysteme den Werten zukünftiger Arbeitnehmer angepasst werden (Gebhardt, Hofmann, & Roehl, 2015).

Führung unterliegt einer abhängigen Betrachtung von gesellschaftlichen, kulturellen und historischen Umweltbedingungen. Somit bringt diese dynamische Interaktion zwischen Führungspersonen, Mitarbeitern und der Umwelt neue Wirklichkeiten hervor (Kaudela-Baum, Holzer, & Kocher, 2014).

Um vorab einen Überblick über die nachfolgenden Kapitel zu geben, werden in der Abbildung 1 die vier größten Herausforderungen für Führungskräfte in der Zukunft mit ihren Eigenschaften und die Werte der Unternehmenskultur dargestellt. Diese sind Digitalisierung, Diversity Management, demografischer Wandel, mehr Demokratie und Dynamik. Zudem ändern sich die Werte in der Unternehmenskultur, es wird immer mehr auf gute Vertrauensverhältnisse, Respekt vor allen Mitarbeitern, Wertschätzung für die Mitarbeit im Unternehmen, ganz gleich ob fachlich oder persönlich.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

A bbildung 1. Führung 4D (Franken, 2016).

2.1 Digitalisierung

Kaum ein Bereich in unserem Leben wird von der Digitalisierung nicht beeinflusst. Aufgrund der Digitalisierung verlieren Geschäftsleitung und Führungskräfte die bisherige einseitige Macht über wichtige Informationen. Der veränderte Zugang von Informationen verändert die Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter. Zu welcher Zeit, welche Information der Öffentlichkeit zugetragen werden, kann nicht mehr vollständig vom oberen Management kontrolliert werden. Ein veranschaulichendes Beispiel hierfür sind Bewertungsportale im Internet. Dort können Informationen, Erfahrungswerte sowie Bewertungen transparent und unkompliziert an einen sehr weiten Personenkreis getragen werden. Der erhöhte Wissensstand von Personen lässt diese zielgerichteter agieren und damit an Macht gewinnen. Größere Organisationen und Führungskräfte verlieren immer mehr Kontrolle über den Informationsfluss. Dies wiederum bietet einen guten Ausgangspunkt für mehr Partizipation und Offenheit im Unternehmen (Franken, 2016).

Durch die moderne Technologie verschwimmen Arbeits- und Privatleben zunehmend miteinander. Die Nutzung mobiler Endgeräte und flexible Arbeitsformen, wie virtuelle Teamarbeit stellt Führungskräfte vor neue Herausforderungen im Vertrauensaufbau, der Kommunikation und der Koordination (Eberhardt, 2016).

In einer weltweiten Studie wurden 3500 Voll- und Teilzeitkräfte, die ein Firmenhandy als zentrales Arbeitsgerät besitzen, befragt. Dabei wurde die Verschmelzung von Berufs- und Privatwelt besonders deutlich, denn 58 Prozent der Teilnehmer gaben an, dass sie ein schlechtes Gewissen bei der Vermischung von Beruflichem und Privaten haben. Die Nutzung des privaten Endgerätes für die Erledigung von arbeitsbezogener Tätigkeit gaben 64 Prozent der jungen Arbeitnehmer an. Auf der anderen Seite führen 82 Prozent aller Mitarbeiter während ihrer Arbeitszeit mindestens eine private Tätigkeit durch (Mobilelron, 2019).

Zudem werden Arbeitsprozesse und -beziehungen immer mehr beschleunigt und intensiviert. Digitale Netzwerke bringen mehr Komplexität und Transparenz mit sich. Das „globale Dorf“ ermöglicht einen uneingeschränkten Zugriff auf alle Ressourcen, da rund um die Uhr an verschiedensten Orten gearbeitet werden kann. Doch „always on“ zu sein birgt viele Herausforderungen. Denn immer erreichbar zu sein, stellt eine starke psychische Belastung dar. Gesundheitliche psychische und physische Beeinträchtigungen sind das Ergebnis von einer zu schwachen Abgrenzung. Zudem werden besonders in internationalen Unternehmen durch die Zeitverschiebung Überstunden angesammelt. Die Führungskraft kann nicht immer vor Ort sein, ist jedoch trotzdem für die Arbeitsergebnisse der Mitarbeiter weltweit verantwortlich. So muss eine Führungskraft auf Distanz Vertrauen aufbauen, Ziele erreichen und digitale Arbeitskulturen unterstützen. Dies ist eine große Hürde, da essentiell wichtige nonverbale Kommunikationssignale komplett wegfallen. Um trotzdem eine Basis aufbauen zu können, existieren bereits Mittel, wie Cloud-Lösungen, Webkonferenzen und gemeinsame Tools, um den Datenaustausch zu organisieren und vorhandenes Wissen zu teilen. Es ist die Aufgabe einer guten Führungskraft, ihre Mitarbeiter in der digitalen Welt mit den richtigen Informationen zu versorgen und sie mit den Fachexperten zu verknüpfen (Stehr, 2016).

Eine Führung im digitalen Wandel fordert Führungskräften einen stetig aktuellen Wissensstand über neue Möglichkeiten der Kommunikation und Prozessabläufe ab. So werden zum Beispiel Produkte dezentral gefertigt, mit Wissen von Experten, die nicht mehr geografisch vor Ort sein müssen oder können. Dies fordert Kenntnisse von Führungskräften über die aktuellen Programme für den jeweiligen Arbeitsbereich, die auf dem Markt erscheinen und deren Implementierung (Creusen, Gall, & Hackl, 2017).

2.2 Demografie

Welche Belegschaften zu führen sind, unterliegt dem demografischen Wandel. Peter Drucker, US-amerikanischer Ökonom nannte als schwierigste Managementaufgabe der Zukunft, die Führung von Mitarbeitern, die erst mit 75 Jahren in Rente gehen. Grundlegend für die Entwicklung der Arbeitswelt entscheidend, ist die Prognose über die Arbeitsmarktentwicklung. Dazu existiert eine Studie in welcher deutlich wird, dass die Zahl der Erwerbstätigenpersonen bis 2030 um 2,9 Mio. auf 40,8 Mio. sinkt. Außerdem wird die Zahl der Arbeitnehmer ab 55 Jahren um 1,2 Mio. steigen (Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 2013).

In Folge dessen, stehen Unternehmen zum einen vor der Herausforderung, dass der Altersdurchschnitt der Mitarbeiter immer höher wird. Das Führungsverhalten hat nachweislich den größten Einfluss auf das Alter bzw. die Gesundheit, Qualifikation und Motivation ältere Arbeitnehmer. Somit ist adäquate Führung der einzig langfristige Erfolgsfaktor, der die Arbeitsfähigkeit und -leistung besonders bei älteren Mitarbeitern aufrechterhält oder sogar erhöhen kann. Ältere Belegschaften bringen sowohl Vorteile als Nachteile mit sich. Positive Seiten sind Eigenschaften wie Erfahrungswissen, Verantwortungsbewusstsein, realistische Problemlösekompetenz, Loyalität und Selbstständigkeit. Doch auch Verschlechterungen müssen Führungskräften bewusst sein. Die körperliche Belastbarkeit, die Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit sowie die Lern- und Weiterbildungsbereitschaft lässt im Alter nach. Ein guter Manager muss sich dieser Stärken und Schwächen älterer Teammitglieder immer bewusst sein und diese zielführend einsetzen oder kompensieren. Außerdem sollten Rahmenbedingungen, der Wissenstransfer zwischen alt und jung sowie flexible Modelle wie z.B. Altersteilzeit von der Führungskraft gefördert werden (Schuett, 2014). Zum anderen müssen neue Arbeitskräfte aus einem allgemein kleineren Arbeitsmarkt rekrutiert werden. Durch die sinkenden Geburtenraten fällt die Zahl der deutschen Bürger von 82 Millionen auf 65 bis 70 Millionen im Jahre 2060. Dies bedeutet für alle Bereiche eine Schmälerung des Arbeitsmarktes (Deutscher Bundestag, 2014). Damit gewinnt das Personalmarketing und die Mitarbeiterbindung einen neuen Stellenwert. Die Führungsriege ist dazu angehalten, Arbeitsbedingungen zu schaffen, in denen ein längerer Verbleib im Unternehmen angenehm gestaltet werden kann, um sich als angesehener Arbeitgeber auf dem Markt zu platzieren.

2.3 Generation Y

Die Generation Y bezeichnet die Alterskohorte, die zwischen 1980 und 2000 geboren wurde. Das „Y“ steht dabei für die Eigenschaft der jungen Nachwuchskräfte eine kritische und hinterfragende Grundhaltung zu haben. Die sogenannten „Millennials“ sind in ihrer Jugend mit digitalen Medien aufgewachsen und im Vergleich zu der älteren Generation sehr technologieaffin. Sie gehören zu der bestausgebildetsten Generation, die je auf dem Arbeitsmarkt gekommen ist (Moskaliuk, 2016).

Junge Frauen in Deutschland haben zum Beispiel doppelt so oft einen Hochschulabschluss als noch ihre Mütter. Der gesamte Anteil der Hochschulabsolventen unter den 30- bis 34- Jährigen liegt bei 29 Prozent, bei den aktuellen 60- bis 64-jährigen im Vergleich bei 19 Prozent (Anonymous, 2018). Doch nicht nur das Bildungsniveau ist gestiegen, auch die Erziehung hat sich im Vergleich zur Nachkriegsgeneration verändert. Die junge Generation ist weniger streng erzogen worden und meist im wohlhabenderen Umfeld aufgewachsen. Dadurch gehen sie mit finanzieller Sicherheit, viel Selbstbewusstsein und ohne Zukunftssorgen durch das Leben. Auch deren Sicherheitsbedürfnis ist durch den vorhandenen Reichtum stark gesunken. Der Arbeitsplatz ist nicht mehr auf Lebenszeit garantiert und deshalb wird sich flexibel an neue Herausforderungen angepasst. Dabei wird es im Gegensatz zu der vorherigen Generation nicht mehr bedrückend empfunden, befristete Arbeitsverträge zu erhalten, sondern als normaler Zustand bewertet, der kein Unwohlsein mehr hervorruft. Auch die Anforderungen an den Arbeitgeber sind verändert: Angebote zur Personalentwicklung, zeitnahes und regelmäßiges Feedback, transparente Kommunikation, flexible Arbeitszeitgestaltung und persönliche Entfaltung sind gefordert. Wichtiger als Karriere ist der Generation Y eine sinnstiftende und interessante Arbeitstätigkeit, das Erleben von Wertschätzung und eine ausgewogene Work-Life-Balance. Sie empfinden es als selbstverständlich, während der Arbeitszeit private E-Mails zu beantworten, sind im Gegenzug aber auch bereit, in der Freizeit mobil erreichbar zu sein, oder arbeiten auch außerhalb der Arbeitszeit an ihrer Arbeit weiter. Des Weiteren haben soziale Beziehungen einen immer höheren Stellenwert. Die junge Generation knüpft gerne arbeitsbezogene oder private Kontakte und baut sich damit ein breites Netzwerk an interessanten Beziehungen auf. Zudem ermöglicht die Globalisierung jungen Menschen, international zu studieren, zu arbeiten und zu reisen. Kulturelle Vielfalt wird somit zu einer Selbstverständlichkeit. Da die Dauer der Betriebszugehörigkeit gesunken ist und damit auch die Loyalität zum Arbeitgeber, werden viele junge Arbeitnehmer immer mehr auf ihre eigenen Werte achten und sensibel auf deren Verletzung reagieren (Moskaliuk, 2016).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2. Einfluss prägender Ereignisse auf Eigenschaften der Generation Y (Schulenberg, 2016).

In der zweiten Abbildung werden die prägenden Ereignisse der Generation Y und die daraus resultierenden Eigenschaften der Generation dargestellt. Durch das Internet und die Affinität zu modernen Technologien, sind junge Arbeitnehmer sehr gut informiert.

Durch den zunehmenden Wohlstand und der steigenden Wettbewerbsgesellschaft ist die Generation stark leistungsorientiert. Das hohe Ausbildungsniveau resultiert aus Wohlstand, mehr Zeit für die Ausbildung und einem breiten Bildungsangebot. Die Internationalisierung und das Wachstum alternativer Gemeinschaften stärkt die Gemeinschaftsorientierung. Starker Wettbewerb und verkürzte Innovationszyklen fördern ein hohes Maß an Flexibilität. Durch die Demokratisierung wird Machtdistanz geringer und Partizipation immer größer geschrieben. Das starke Selbstbewusstsein der Millennials wird durch eine geringe Geburtenrate, den Übergang zum Käufermarkt und dem Fachkräftemangel gesteigert. Durch die Globalisierung sind unterschiedliche Kulturen für die Generation Y an der Tagesordnung. Zudem zeichnet die Generation eine hohe Skepsis aus, die immer im Zusammenhang mit geringer Machtdistanz, einem hohen Ausbildungsniveau und starker Leistungsorientierung steht. Über die Leistungsorientierung der Generation Y wird in der Literatur und Praxis stark diskutiert. Zum Einen wird der Wunsch nach einer ausgewogenen Work-Life-Balance und „Sabbaticals“ als weniger ergebnisorientiert, sondern mehr freizeitorientiert gesehen. Andererseits ist es ein starker Wunsch der Millennials, ihr erlangtes Wissen in den meist sehr aufwendigen Ausbildungen in der Praxis einzubringen. Um gute Leistung hervorzubringen, ist es eine große Herausforderung an die Führungskraft, die richtigen Zielvereinbarungen zu treffen. Die Ziele sollten sich bestmöglich mit den Werten der Mitarbeiter decken und ohne große Beeinträchtigungen im Privatleben erreicht werden können. Sollten diese in der jeweiligen Situation nicht umsetzbar sein, müssen die Gründe dafür genauer erklärt werden. Zudem sollten demotivierende Faktoren weitgehend möglichst vermieden werden, damit die Leistungsfähigkeit maximiert werden kann. Um der Generation Y nicht die Motivation zu stehlen, gibt es verschiedene Herausforderungen an die Führungskraft. Die Mitarbeiter sollten über relevante organisationale oder persönliche Neuigkeiten rechtzeitig und umfassend informiert werden. Zudem müssen die zugeteilten Aufgaben komplex und abwechslungsreich gestaltet sein. Soziale Kontakte spielen eine wichtige Rolle. Ihre Unterbindung wird als demotivierend wahrgenommen. Außerdem sind starre bürokratische Strukturen und Prozesse die Bremse von flexiblen Arbeitsmodellen. Sehr wichtig für die Generation Y sind Entwicklungsmöglichkeiten in verschiedene Laufbahnen. Werden Perspektiven beschränkt, sinkt die Motivation. Eine ausgeglichene Work-Life-Balance steht ebenso mit Motivation im Zusammenhang, so sollten private Ziele mit den beruflichen ohne allzu große Differenzen vereinbar sein. Selbst bei einer starken Leistungsorientierung wird es Momente geben, in denen Mitarbeiter in ein Motivationsloch fallen. Hier gilt es als Herausforderung an die Führungskraft, mit Motivationsimpulsen, wie zum Beispiel Lob und Anerkennung oder unterstützender Zuspruch den Mitarbeiter wieder neue Motivation zu geben (Schulenberg, 2016). Eine weitere Herausforderung an Führungskräfte ist die Schaffung der Rahmenbedingungen, um einen schnellen Auf- und Ausbau eines beruflichen Netzwerkes für die jungen Mitarbeiter zu ermöglichen. Dies umfasst die Sicherung einer regelmäßigen Chance, mögliche Netzwerkpartner, wie zum Beispiel wichtige Kunden, Kollegen aus anderen Abteilungen oder Niederlassungen und Lieferanten kennenzulernen. Besonders bei sehr jungen Arbeitnehmern sollte eine Führungskraft bei den ersten Schritten der Kontaktaufnahme zur Seite stehen und die Vermittlung unterstützen. Dabei heben virtuelle Netzwerke die Kommunikation auf eine neue Ebene, denn ein Austausch ist jederzeit und unkompliziert möglich. Um als Führungspersönlichkeit an Anerkennung bei der jungen Generation zu gewinnen, reicht der Status in der Hierarchie oder eine Berufsbezeichnung nicht mehr aus. Für die Generation Y spielt Charisma, funktionale Autorität und Fachwissen eine wichtige Rolle, um als Führungskraft akzeptiert zu werden. Eine Unterordnung die lediglich durch eine bestimmte Position stattfinden soll, wird somit ablehnt. Die jungen Arbeitnehmer erwarten, dass ein hohes Maß an Entscheidungskompetenz an sie abgetreten wird. Das bedeutet, dass ein Vorgesetzter nicht entscheidet, obwohl er es könnte. Diese Partizipation führt dazu, dass die jungen Mitarbeiter sehr stark hinter getroffenen Entscheidungen stehen (Schulenberg, 2016).

Zudem zeigt sich die junge Generation führungsmüde. Der Einsatz von persönlichen Stärken und Kompetenzen ist für Führungskräfte wichtiger denn je, deshalb nimmt die Freude an der Führungsaufgabe immer mehr ab. Bei der Generation Y belegt der Wunsch nach Übernahme von Führungsverantwortung nur noch den 4. Platz (Odgers Berdtson, 2019).

Trotz dieser Entwicklung wird Führung nicht vollkommen vermeidbar sein. Sie wird sich viel mehr in ihrer Art verändern müssen, um für junge Menschen wieder attraktiver zu sein. Das klassische Top-Down-Prinzip in starren Hierarchien wird abgelöst von einer Führung, die aus viel Koordination, Motivation und Teambuilding besteht und ein gemeinsames Ziel verfolgt (Würzburger, 2016).

2.4 Diversity Management

Die Globalisierung, Zuwanderungen, die Veränderung der Frauenrolle und die Mitarbeit älterer Beschäftigter sind die Hauptfaktoren, weshalb die Belegschaften immer heterogener werden. Das bedeutet, dass Mitarbeiter im Unternehmen die unterschiedlichsten Lebenshintergründe, Fähigkeiten, Kulturen und Erfahrungen haben und sich dadurch stark voneinander unterscheiden (Gutting, 2015).

Bahnbrechend für das Diversity Management war die Einführung der Frauenquote von 30 Prozent für die Aufsichtsräte der größten deutschen Unternehmen im Jahre 2014. Dadurch wurde Diversity zu einem viel beachteten Thema, welches in der Öffentlichkeit diskutiert wird und in der Forschung immer größere Zuwendung findet (von Au, 2017).

Doch Diversity Management hat die Ebene der Gleichstellungsbemühungen bereits überschritten. Diversität hat sowohl Vorteile als auch Nachteile, die von der Führungskraft immer situativ und zielführend eingesetzt werden müssen (Eberhardt, 2016).

Im Allgemeinen gibt es keinen signifikanten Unterschied bei der Leistungsfähigkeit homogener Gruppen im Vergleich zu heterogenen. Eine Ausnahme ist die Stärke der Problemlösungskompetenz von heterogenen Teams bei komplexen Fragestellungen, in denen mehrere Blickwinkel betrachtet werden müssen, um eine Lösung zu finden oder ein breites Spektrum möglicher Lösungen zu generieren. Für eine zielführende Planung sollte immer der erhöhte Zeitaufwand für heterogene Gruppen berücksichtigt werden (Gutting, 2015). So kann beispielsweise in Abteilungen, wie dem Innovationsmanagement, dem Change-Management, des Marketings sowie der Forschung und Entwicklung von diversen Mitarbeiterschaften profitiert werden. Auch in der Personalrekrutierung ist Vielfalt ein Vorteil, um operative Risiken mindern zu können. Ein großes Risiko davon ist das „Self-Cloning“. Damit ist die Tendenz von Führungskräften gemeint, die weitere Führungspositionen mit Kandidaten besetzen, die ihnen ähnlich sind. Das kann zum Beispiel mittels gleichen Bildungsweg, der Herkunft oder dem Geschlecht resultieren. Damit lässt sich die Dominanz von weißen Topmanagern mit ähnlichen Bildungswegen in vielen Industrienationen erklären (von Au, 2017).

Im Gegensatz dazu können sich homogene Gruppen schneller einarbeiten, jedoch aber nicht solch kreative Lösungen schaffen. Zudem besteht die Gefahr des Gruppendenkens bei homogenen Teams. Denn homogene Teams tendieren dazu, in Summe schlechtere Entscheidungen zu treffen, als die einzelnen Individuen es getan hätten. Dies passiert, da die an sich kompetenten Experten ihre Meinung an eine vermutete Gruppenabstimmung anpassen, um die Harmonie im Team nicht zu gefährden. Deshalb sollte eine Führungskraft immer abwägen, welches Ziel im Vordergrund steht. Zu beachten von einer Führungskraft ist ebenso, dass in heterogenen Gruppen möglicherweise mehr Konflikte, geringe Interaktion und weniger Zusammenhalt herrscht. Dies kann für Teammitglieder eine erhöhte Fluktuation und eine höhere Stressbelastung darstellen (Gutting, 2015).

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Führung im Kontext des Generationsmix und der Diversität bedeutet, heterogene Eigenschaften der Mitarbeiter in Führungssysteme und -kulturen einzubauen (Eberhardt, 2016).

Damit wird Führung von Diversity zu einem fest verankerten Unternehmensziel und ist nicht nur ein kurzer Trend. Um Ziele erreichen zu können, müssen Mitarbeiter richtig gelenkt und beeinflusst werden. Deshalb sollten Führungskräfte auf die unterschiedlichsten Bedürfnisse eingehen und Strategien entwickeln, wie sie verschiedenen Mitarbeiter zielführend lenken können (Gutting, 2015).

2.5 Wertewandel

Bedeutend für die Arbeitswelt sind geltende Werte und gesellschaftliche Normen, denn sie beeinflussen einen wertvollen Faktor im Unternehmen – die Lebenseinstellung der Mitarbeiter. Der Wertewandel ist eine Veränderung von vielen Werten und findet in verschiedensten Sozialschichten und Altersklassen statt. Da Werte die Mentalität der Menschen beeinflussen, haben diese einen prägenden Einfluss auf das gesamte Verhalten von Mitarbeitern. Anerzogene und gesellschaftliche Werte beeinflussen die eigene Einstellung, ein Wertewandel hingegen gibt Menschen eine neue Orientierung. Die Werte verändern sich über die Zeit, angefangen in der Nachkriegsgeneration, in der die Wirtschaft im Aufbau und viele Menschen finanziell geschwächt waren, standen Pflicht- und Gehorsamswerte im Vordergrund. Dazu zählten Eigenschaften wie Fleiß, Sparsamkeit, Bodenständigkeit, Treue und Entbehrung. Zudem hatten die früheren Generationen einen starken Bezug auf christliche Religiosität, Männlichkeitsbetonung, die Trennung von Arbeit und Freizeit sowie die Selbstdisziplin – „erst die Arbeit dann das Vergnügen“. Veranschaulicht in der Abbildung 3 befanden sich die Arbeitnehmer auf der untersten Ebene. Es ging darum wieder Fuß zu fassen, Geld zu verdienen und Sicherheit zurückzugewinnen. Nach Maslow müssen immer erst die unteren Ebenen erfüllt sein, um die oberen erreichen zu können (Walter, 2016).

Heutzutage leben wir in Deutschland in großer Sicherheit, in einer politisch stabilen Lage und einer großen Berufs- und Ausbildungsvielfalt. Gesundheit, Freizeit und Autonomie gelten als postmaterialistische Werte, die besonders erstrebenswert für Menschen in Wohlstandsgesellschaften sind (Wagner, 1993).

Durch die Erfüllung materialistischer Werte, werden die höheren Bedürfnisse der Pyramide erklommen. Die alten Werte treten in den Hintergrund und sind selten noch von großer Bedeutung. Vielmehr geht es um Zugehörigkeit, Selbstverwirklichung, Gleichberechtigung und Toleranz. Die Menschen streben nach Vergnügen bei der Arbeit, Erlebnisorientierung und Selbstentfaltung. Das hebt Führung auf ein neues Niveau, denn wenn die Werte der Mitarbeiter mit der Arbeit übereinstimmen, sind diese hoch engagiert und bereit hohe Leistung zu erbringen. Durch den Verlust materieller Anreize müssen Führungskräfte die Motivation der Mitarbeiter durch Identifikation hervorrufen. Dies ist eine sehr große Herausforderung in der Zukunft, da der Faktor „Mensch“ wesentlich mehr Variablen unterliegt als ein standardisiertes materielles Vergütungssystem (Walter, 2016).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3. Maslows Bedürfnispyramide adaptiert auf Mitarbeiter-Engagement (https://karrierebibel.de/beduerfnispyramide-maslow/).

2.6 Individualisierung

Die Individualisierung von Lebensstilen ist ein langfristiger und gesellschaftlicher Prozess, indem jedes Individuum nach Selbstverwirklichung und einem selbstbestimmten Leben strebt. Es findet ein zunehmender Rückzug auf das Individuum zulasten des Gemeinschaftsdenken statt. Das führt zu heterogenen Lebenskonzepten, abwechslungsreichen Biografien, unterschiedlichen und flexiblen Familienstrukturen, wie z.B. Patchwork-Familien und Single-Haushalten. Menschen wollen nach ihren eigenen Werten leben und lehnen fremdbestimmte Instanzen immer mehr ab. Dadurch verliert zum Beispiel die Kirche, Parteien und gesellschaftliche Normen, wie Traditionen zunehmend an Bedeutung. Heutzutage sind Werte und Normen instabiler als in vorherigen Generationen und werden vielfältiger. Dabei spielt die Veränderung der Haushaltsstrukturen eine wichtige Rolle, denn der Anteil an Single-Haushalten steigt stetig, während Haushalte mit Kindern immer weiter sinken. Zudem fällt die Zahl der Eheschließungen während gleichzeitig die Scheidungsrate steigt. Dieser Trend wird sich fortsetzen und beeinflusst nicht nur das Privatleben, sondern auch die Arbeitswelt.

Im Vordergrund steht immer das eigene Glück. In der heutigen Gesellschaft hat sich besonders der Lebensentwurf von Frauen verändert. Gut ausgebildet, selbstbewusst, finanziell unabhängig und beruflich aktiv stellen sich die meisten Frauen ihre Zukunft vor. Die Familienplanung wird entweder komplett ausgesetzt oder nach hinten verschoben. Zudem wird zwischen der Jugend und dem Erwachsenalter eine Art Multi-Optionsphase eingeschoben, in der sich ausprobiert, die Welt bereist und erste berufliche Erfahrungswerte gesammelt werden.

Vorgelebte Lebensentwürfe, die eine Abfolge von Ausbildung, Arbeit, Familie und Rente vorsehen, sind unattraktiv und zu wenig autonom. Die Lebensphasen verwässern, verschieben und wiederholen sich. Doch nicht nur für junge Menschen verändert sich der Lebensentwurf. Der Zeitpunkt für den Renteneintritt ist kein festgelegter Moment. Immer mehr ältere Menschen wollen und müssen arbeiten. Die stetige Suche nach einem adäquaten Gleichgewicht von Arbeit und Freizeit ist ein weiteres Kennzeichen für die Individualisierung. Der Mensch priorisiert seine eigene Lebensplanung, um dies möglich zu machen, benötigt er zunehmend Modelle wie flexible Arbeitszeiten und verschiedene Karriereoptionen. Auch Arbeitsformen sind individueller, es wird in agilen Projektgruppen mit unterschiedlichen Rollen gearbeitet (Eberhardt, 2016). Ein weiterer wichtiger Indikator dafür, dass Individualisierung immer mehr eine wichtige Rolle spielt, ist die Produktvielfalt. Durch diese erhält jeder Konsument die Möglichkeit, sein Produkt gemäß eigener Werte und Geschmacksvorstellungen sowie seines eigenen Stiles zu wählen. Im Konsummuster ist der Trend zu erkennen, dass Produkte, die sich personalisieren lassen, immer mehr nachgefragt werden. Massenproduktionen geraten dabei in den Hintergrund, Konsumenten beteiligen sich gerne am Produktionsprozess, um sich ein auf die eigenen Vorlieben angepasstes Produkt zu kreieren (Ewinger, Ternes, Koerbel, & Towers, 2016).

Durch den Wertewandel von materialistischen Werten wie Vermögen und Besitz zu Selbstverwirklichung und Kommunikation lässt sich Individualisierung von Lebensstilen erklären. Menschen richten ihr Leben immer weniger an traditionellen Lebensweisen aus, sondern kreieren ihren eigenen Lebensstil (Franken, 2016). Dies stellt Führungskräfte vor neue Herausforderungen, denn um langfristig glückliche Mitarbeiter im Unternehmen haben zu wollen, müssen sie Raum für Individualisierung schaffen und neue individuelle Geschäftsfelder fördern.

2.7 Wissensarbeit

Die Arbeitswelt hat sich in ihren Anforderungen stark geändert, während der industrielle Sektor mit strukturierten und standardisierten Arbeitsabläufe immer mehr abnimmt, steigt der tertiäre Sektor immer stärker (Würzburger, 2016).

Die intelligente Fabrik der Zukunft, auch Smart Factory genannt, wird in den nächsten Jahren ein hohes Maß an Automatisierung und „Robotisierung“ hervorrufen. Dadurch werden viele Arbeitsplätze in der Produktion wegfallen (Eberhardt, 2016).

Dieser beobachtbare Wandel von der Industrie- zur Wissensgesellschaft führt zu einer Steigerung des Faktors Wissen und den Verfall der klassischen Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital (Hofmann, 2013).

Dadurch rückt die individualisierte Dienstleistung sowie die individualisierte Massenproduktion immer mehr in den Vordergrund und stellt bei richtiger Strategie einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil dar. Gerade wenn es um die Entwicklung immer schnellerer Innovationen geht, ist Fachwissen in all seinen Facetten, seiner Individualität und Dynamik, ein entscheidender Wettbewerbsfaktor (Rehm, Bremer, Zillich, Reuter, & Vollmar, 2013).

Durch diese modernen Prozesse stehen Führungskräfte vor neue Anforderungen. Denn diese können nicht mehr so streng geplant, kontrolliert und gesteuert werden wie früher. Somit entstehen komplexere Herausforderungen in den Prozessen und es werden immer mehr verschiedenste Kompetenzträger benötigt, um den komplexen Aufgabenkonstellationen gerecht zu werden. Dadurch entstehen mehrere Schnittstellen, die wiederum ein höheres Koordinations- und Führungsverhalten notwendig machen (Würzburger, 2016).

Manager müssen einen Spagat zwischen klassischen Management mit Ressourcensteuerung und individualisierte Gestaltungsspielräume mit Freiheiten für die Mitarbeiter machen, da Erwartungen heutzutage an die Arbeitsgestaltung viel höher sind als die von den Arbeitern früher in der Industrie. Die Wissensarbeiter fordern eine andere Leitung, dabei geht es viel weniger um die Vorgaben von Zahlen und Kontrollvariablen. Vielmehr wird von der Führungskraft die Schaffung von förderlichen Rahmenbedingungen, wie z.B. Flexibilität im Berufsalltag, Unterstützung bei der Selbstführung- und Organisation sowie eines individuellen Coachings erwartet. Führungskräfte sollten die eigenen Anforderungen selbst vorleben und auf Bedürfnisse der Wissensmitarbeiter ernsthaft eingehen (Rehm, Bremer, Zillich, Reuter, & Vollmar, 2013).

Zudem ist es eine große Herausforderung für das Management, dass archetypische Wissensarbeit je nach Ausprägung dadurch gekennzeichnet ist, dass sie durch instrumentale Steuerung nur teilweise steuerbar ist. Deshalb wirken externe Anreizsysteme, wie Zielvorgaben, Ablaufpläne und Prämien auf Wissensarbeiter weniger effektiv als in der Nachkriegszeit. Dadurch wird an dieser Stelle humanzentrierte Führung notwendig, um Wissensarbeiter nachhaltig wertzuschätzen und deren optimale Leistungsmotivation zu garantieren. Sie streben nach einem Kompetenzerleben und wünschen sich Autonomie in den Arbeitsprozessen, Demokratie im Unternehmen und sind neben monetären Anreizen durch das soziale Prestige zu entlohnen. Führungskräfte müssen ihre Fachexperten bei dem Teilen von Wissen, der eigenen Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten und der Teilnahme an Wissensnetzwerken positiv bestärken (Schauer & Wolff, 2009).

Außerdem sollte beim „managen“ von Expertenwissen immer die neue Situation beachtet werden, nämlich, dass deren Wissen schwerer zugänglich, die Anwendung stark abhängig von der Bereitschaft des Wissensträger ist und das Unternehmen jederzeit verlassen kann. Damit werden Wissensarbeiter ein immer größerer Erfolgsfaktor in der Wertschöpfung eines Unternehmens und deren Führung rückt in den Fokus (Hofmann, 2013).

Die Wissensarbeit von überwiegend akademischen Fachkräften wird immer stärker wachsen (Franken, 2016). Unternehmen suchen vermehrt hochqualifizierte Mitarbeiter, die kreativ, motiviert, kommunikativ und mit einem hohen Maß an Selbstverantwortung ihren Arbeitsalltag gestalten können. Von diesem Anforderungsprofil profitieren besonders Akademiker (Eberhardt, 2016).

Die gleichzeitige Knappheit hochqualifizierter Arbeitskräfte verstärkt den Aufmerksamkeitsfokus auf den Personalverantwortlichen. Die Gewinnung, kontinuierliche Entwicklung und Arbeitsplatzgestaltung liegt in der Verantwortung der Personalverantwortlichen. Unternehmen müssen sich auf dem Arbeitsmarkt als attraktiven Arbeitgeber darstellen und eine produktivitätsunterstützende Umgebung für Wissensmitarbeiter schaffen, damit sie hochqualifizierte Fachkräfte gewinnen und halten können (Hofmann, 2013).

Die Komplexität der digitalisierten Welt fordert kollektive Intelligenz und kann nur von vielen autonomen Experten bewältigt werden. Eine Führungskraft sollte den Experten dafür möglichst hohe Freiräume und Entscheidungsfreiheiten einräumen (Franken, 2016).

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Fin de l'extrait de 64 pages

Résumé des informations

Titre
Arbeit 4.0 und moderne Unternehmensführung. Neue Herausforderungen und Anforderungen an Führungskräfte
Année
2019
Pages
64
N° de catalogue
V594522
ISBN (ebook)
9783346190857
Langue
allemand
Mots clés
anforderungen, arbeit, führungskräfte, herausforderungen, neue, unternehmensführung
Citation du texte
Anonyme, 2019, Arbeit 4.0 und moderne Unternehmensführung. Neue Herausforderungen und Anforderungen an Führungskräfte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/594522

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