Lehrerkompetenzen als Führungskompetenzen. Welche Voraussetzungen braucht ein Lehrer, um seine Klasse zu führen?


Thèse de Bachelor, 2015

67 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Klärung der Begrifflichkeiten
2.1 Lehrerkompetenzen
2.2 Lehrerprofessionalität

3. Ansätze der Klassenführung und des Klassenmanagements
3.1 Grundlagen der Klassenführung und des Klassenmanagements
3.2 Voraussetzungen der Klassenführung und des Klassenmanagements

4. Methodisches Vorgehen - empirischer Teil
4.1 Begründung des Vorgehens
4.2 Technik des Leitfaden-Interviews

5. Ergebnisdarstellung der beiden Interviews

6. Zusammenfassung und Schlussfolgerung

7. Literaturverzeichnis

8. Anhang
8.1 Leitfragen zum Interview mit den beiden Lehrern
8.2 Interview 1 zur Bachelorarbeit am 13.01.2015 mit Michael, Lehrer an einem rheinland-pfälzischen Gymnasium
8.3 Interview 2 zur Bachelorarbeit am 31.01.2015 mit Jutta, Lehrerin an einer rheinland-pfälzischen Realschule Plus

1. Einleitung

„Tschüss Felix, wir sehen uns heute Abend bei der Feuerwehr!“ - Dies waren die letzten Worte an meinem dritten Praktikumstag an einer Integrierten Gesamtschule, welche einer meiner Schüler an diesem Vormittag zu mir sagte, bevor er das Klassenzimmer verlies. Und es war das erste Mal, dass ich mir ernsthaft darüber Gedanken gemacht habe, wie ich mich meinen Schülerinnen und Schülern1 gegenüber verhalte, wenn ich ihnen außerhalb der Schule mal im Privatleben begegne. Schließlich ist es wichtig, dass sie mich im Unterricht weiterhin ernst nehmen und als Lehrer respektieren, selbst dann wenn sie mich aus dem Privatleben kennen und dort vielleicht sogar duzen.

Dadurch, dass ich in meiner Freizeit als Jugendwart bei der Feuerwehr aktiv bin und zudem als Fußballschiedsrichter unter anderem auch Jugendspiele leite, ist die Wahrscheinlichkeit sogar recht groß, dass mir auch außerhalb der Schule einer meiner Schüler begegnet. Auffallend bei meinen beiden Hobbies ist, dass ich sowohl als Jugendwart als auch als Schiedsrichter eine Personengruppe zu führen habe - genauso wie in meinem späteren Berufsleben als Lehrer. Mein Aufgabenfeld ist in allen drei Rollen ein anderes, ebenso die Umstände, weshalb die Jugendlichen mit mir zu tun haben: Während sie sich ihren Lehrer in der Schule oder ihren Schiedsrichter bei einem Fußballspiel grundsätzlich nicht aussuchen können, entscheiden sie bei der Feuerwehr selbst, ob sie der Gruppe beitreten möchten oder nicht. Trotz dieser sehr unterschiedlichen, scheinbar nicht zusammengehörenden Tätigkeitsfelder habe ich bemerkt, dass eine Eigenschaft meines Handelns in allen drei Bereichen immer gleich ist, nämlich mein Führungsstiel. Sowohl auf dem Sportplatz als auch im Klassenraum oder bei den Übungen der Feuerwehr stehe ich im Fokus und manage aufgrund meines Verhaltens und meiner Anweisungen das Verhalten und die Tätigkeiten meiner zu führenden Personengruppe.

Diese Beobachtung führte dazu, dass ich mir Gedanken darüber gemacht habe, wodurch sich eine Führungsperson auszeichnet und inwiefern sich eine gute Führung auf das Verhalten der zu führenden Gruppe auswirkt. Wenn ich mich an meine eigene Schulzeit zurückerinnere, fallen mir immer dieselben Lehrer ein, bei denen mir das Lernen Spaß gemacht hat. Selbst in den Fächern, welche mir von Natur aus nicht besonders lagen, konnten mich diese Lehrer aufgrund ihrer Klassenführung zum Mitdenken und Lernen anregen.

Natürlich habe ich mir einige dieser Lehrer zum Vorbild genommen und hoffe, dass auch mir der Umgang mit meinen Jugendlichen im Unterricht so gut gelingen wird wie meinen ehemaligen Lehrern. Allerdings ist Menschenführung auch außerhalb des schulischen Kontextes ein sehr wichtiges Thema, mit welchem sich alle Führungspersonen beschäftigen sollten. Ein Fußballschiedsrichter beispielsweise leitet Fußballspiele und hat dabei die Spieler von zwei unterschiedlichen Mannschaften zu führen. Er hat die Aufgabe, durch seine Spielleitung darauf zu achten, dass alle am Spiel beteiligten Personen die Fußballregeln einhalten (vgl. Deutscher Fußball-Bund 2014: 28). Hierbei ist es wichtig, dass der Unparteiische den Spielcharakter erkennt und seine Spielleitung daran anpasst. Zum Beispiel sollte ein hektisches Spiel eher mal unterbrochen werden als eine ruhig verlaufende Partie, um so einen durchgehend fairen Spielbetrieb zu ermöglichen. Von einem Fußballschiedsrichter wird zudem erwartet, dass er alle Situationen während eines Fußballspiels schnell entscheidet, stets gerecht ist und keine Fehler macht. Doch häufig ist es im Fußball so, dass man als Schiedsrichter 50-50-Entscheidungen zu beurteilen hat. Gerade dann ist es wichtig, dass man bei der Außendarstellung von seinen Chefs unterstützt wird. Das bedeutet, dass sie die Entscheidung des Schiedsrichters nicht nach außen öffentlich kritisieren oder den Referee bloß stellen. Es ist wichtig, dass sich die Schiedsrichter auf ihre Verantwortlichen, von welchen sie geführt werden, verlassen können und von ihnen die notwendige Unterstützung erhalten. Nur so können sie von Spiel zu Spiel selbstbewusst und konzentriert auftreten, was die Voraussetzung für eine gute Spielleitung ist. In einem Bericht der Zeit-online vom 30.01.2015 war zu lesen, dass die derzeitige Führung der deutschen Schiedsrichter nicht mehr so gut ist wie früher. Weiter heißt es dort: „Es ist bekannt, dass unsere Schiedsrichter schlechter werden, weil sie schlechter geführt werden“ (Fritsch 2015: 8).

Auch im Lehrberuf ist eine Führungskompetenz bei Lehrern besonders wichtig. Gerade beim Umgang mit Jugendlichen muss sichergestellt werden, dass die Schüler eine Führungsperson haben, welcher sie vertrauen können und welche gerecht zu ihnen ist. Um einen gewissen Respekt und eine gewisse Disziplin jedoch aufrecht zu halten, darf der Lehrer jedoch kein Freundschaftsverhältnis zu seinen Schülern aufbauen wie beispielsweise zu seinen Kumpels im Sportverein. Dies ist die Grundlage, um einen guten Unterricht zu ermöglichen.

Ziel dieser Arbeit ist es, zu überprüfen, wodurch sich gute Klassenführung auszeichnet und wie wichtig sie für ein professionelles Lehrerhandeln ist. Hierbei soll genauer untersucht werden, welche Voraussetzungen ein Lehrer braucht, um seine Klasse zu führen.

Im folgenden Kapitel wird zunächst auf den Begriff Lehrerkompetenz eingegangen. Hierbei wird erläutert, wodurch sich Kompetenzen bei einem Lehrer auszeichnen und wie diese bestimmt werden können. Neben der Führungskompetenz bestehen noch viele weitere Kompetenzen, welche ein guter Lehrer besitzen sollte. Diese werden im Verlauf dieses Kapitels vorgestellt.

Ein Berufseinsteiger, welcher noch nicht viel praktische Erfahrung an seinem Arbeitsplatz sammeln konnte, lernt im Laufe der Zeit sicher noch einige Routinen und Handlungsschritte dazu, welche seine erfahrenen Kollegen womöglich schon lange verinnerlicht haben. Hierdurch unterscheidet sich auch ein Experte, welcher seinen Job professionell ausübt von einem Laien. Auch unter Lehrern kann man feststellen, dass es Pädagogen gibt, welche ein deutlich höheres pädagogisches Hintergrundwissen beim Umgang mit ihren Klassen haben als andere. Häufig arbeiten sie auch professioneller und motivierter als ihre Kollegen. Womit dies zusammenhängt und wie man Lehrerprofessionalität bestimmen kann, wird daher im Anschluss an die Bestimmung von Lehrerkompetenzen genauer erläutert.

Das anschließende Kapitel behandelt unterschiedliche Ansätze zur Klassenführung. Zunächst wird daher beschrieben werden, wodurch sich gute Klassenführung auszeichnet und wie wichtig sie für einen lehrreichen Unterricht ist. Anhand verschiedener Beispiele wird gezeigt werden, wie der Lehrer durch seinen Stil der Klassenführung dazu beitragen kann, dass in seinem Unterricht möglichst viel gelernt wird und möglichst wenig Lernzeit verloren geht. Zudem wird im Anschluss hieran beschrieben, welche Voraussetzungen für eine gute Klassenführung bereits im Vorfeld des Unterrichts zu treffen sind. Die Lernatmosphäre sowie die Gestaltung des Klassenraumes sind beispielsweise zwei Faktoren, welche erheblichen Einfluss auf den Lernzuwachs der Schüler nehmen, häufig wird diesen Kriterien jedoch bei der Unterrichtsvorbereitung nicht besonders viel Beachtung geschenkt. Auch auf die Bedeutung von Regeln und Ritualen im Unterricht sowie die Bearbeitung von Konflikten wird in diesem Kapitel zur Klassenführung eingegangen werden.

Ausgehend von Experteninterviews wurde im zweiten Teil dieser Arbeit untersucht, welche Erfahrungen zwei erfahrene Lehrpersonen in Bezug auf Klassenführung bisher gemacht haben. Befragt wurden eine Realschullehrerin, welche an einer Realschule Plus unterrichtet, sowie ein Gymnasiallehrer. Wodurch sich ihrer Meinung nach Lehrerprofessionalität auszeichnet, wie wichtig Führungskompetenz im Lehrberuf ist und ob es der Führungskompetenz einen Abbruch tut, wenn man als Lehrer seinen Schülern auch im Privatleben öfters begegnet, waren nur einige Fragen, welche von den erfahrenen Pädagogen zu beantworten waren.

2. Klärung der Begrifflichkeiten

2.1 Lehrerkompetenzen

Der Beruf des Lehrers ist sicher einer der Berufe, welcher in der Gesellschaft sehr stark mit Halbwissen behaftet ist, denn schließlich war jeder selbst mal Schüler und kann sich daher vermeintlich ein Bild über die Arbeit eines Lehrers machen. Und da man in seiner Schulzeit, außer vielleicht in der Grundschule, mehr als eine einzige Lehrperson hatte, weiß man dann auch, dass es gute und sehr gute, aber auch weniger gute Lehrer gibt.

Jedoch ist die Frage, wodurch sich gute und sehr gute Lehrer von ihren weniger guten Kollegen unterscheiden, nicht leicht zu beantworten. Es gibt nämlich keine Liste mit Eigenschaften, welche einen guten Lehrer auszeichnen. Sollte man jemals auf die Idee kommen, eine solche Liste mit Fertigkeiten und Kenntnissen einer idealen Lehrperson anzufertigen, so dürfte diese - falls sie überhaupt fertiggestellt werden könnte - recht lang und vielfältig sein (vgl. Gaedtke-Eckardt 2011: 9).

Im Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 05.10.2000 wird die Kernaufgabe von Lehrerinnen und Lehrern darin definiert, als „Fachleute für das Lernen [.] die gezielte und nach wissenschaftlichen Erkenntnissen gestaltete Planung, Organisation und Reflexion von Lehr- und Lernprozessen sowie ihre individuelle Bewertung und systemische Evaluation“ (Kultusministerkonferenz 2000: 2) durchzuführen. Weiter heißt es, Lehrerinnen und Lehrer „vermitteln grundlegende Kenntnisse und Fertigkeiten in Methoden, die es dem Einzelnen ermöglichen, selbstständig den Prozess des lebenslangen Lernens zu meistern. Die Qualität einer guten Schule und die Wirksamkeit eines guten Unterrichts werden entscheidend durch die professionellen und menschlichen Fähigkeiten von Lehrerinnen und Lehrern geprägt. Für die berufliche Arbeit sind umfassende fachwissenschaftliche wie auch pädagogisch­didaktische und soziologisch-psychologische Kompetenzen sowie kommunikative und soziale Fähigkeiten erforderlich [.]“ (Kultusministerkonferenz 2000: 2-3).

Demnach benötigt man als Lehrer weitaus mehr Kompetenzen, als so mancher Laie womöglich im ersten Moment vermuten würde. Zudem ist es nicht möglich, Kompetenzen so zu lernen, wie man sich spezielles Faktenwissen in der Form von „Paris ist die Hauptstadt von Frankreich“ oder das „Kleine Einmaleins“ aneignen kann. Die Lehrerkompetenzen entwickeln sich vielmehr im Laufe der Zeit mit zunehmender Routine und Berufserfahrung - jedoch heißt dies nicht, dass ein Lehramtsanwärter ohne Kompetenzen in den Beruf startet. Vielmehr ist es so, dass die vorhandenen Kompetenzen im Laufe der Zeit ständig erweitert und ausgebaut werden, wodurch sich eine Lehrerprofessionalität entwickelt, doch dazu mehr im anschließenden Kapitel dieser Arbeit.

Zunächst soll näher darauf eingegangen werden, welche wesentlichen Anforderungen mit der Ausübung des Lehrberufs verbunden sind. Hierzu soll der Blick auf die gängigen pädagogischen oder psychologischen Kompetenzmodelle gerichtet werden, welche nach Kliebisch und Meloefski immer auch Persönlichkeitsmodelle sind (vgl. Kliebisch/Meloefski 2011: 60). Dies bedeutet, dass verschiedene Merkmale von Menschen in unterschiedlichen (Lebens-)Bereichen zusammengenommen die Persönlichkeit eines Menschen ausmachen. Die fünf Bereiche, welche von ihnen genannt werden, sind Selbstkompetenz, Sozialkompetenz, Methodenkompetenz, Fachkompetenz und Handlungs-/Aktionskompetenz, wobei sich die einzelnen Kompetenzbereiche gegenseitig bedingen und voneinander abhängig sind (vgl. Kliebisch/Meloefski 2011: 60-61).

Um der Forderung der Kultusministerkonferenz gerecht zu werden, nimmt in Bezug auf den Unterricht die Handlungskompetenz sicher einen besonderen Stellenwert ein. Schließlich sollen die Schülerinnen und Schüler durch den Unterricht Handlungsmuster erlernen und verinnerlichen, welche sie auch in ihrem Alltag nutzen können. Aber auch für die Lehrpersonen ist die Handlungskompetenz eine ganz besondere Eigenschaft, welche im Beruf unabdingbar ist. Schließlich beruht jede Lehrtätigkeit auf bestimmten Handlungen und Tätigkeiten, auf welche die Lernenden dann reagieren. Ob dies lediglich eine mündlich ausgesprochene Frage ist, welche von den Lernenden zu beantworten ist, oder ein strenger Blick, um die Schüler, welche den Unterricht stören, zu ermahnen. Unter dem Deckmantel des Begriffes „Handlungskompetenz“ verbergen sich noch viele weitere Eigenschaften, welche man unterscheiden kann. Bei der Definition von Kompetenzen gilt es stets zu beachten, ob man tatsächlich von „Kompetenzen“ spricht, oder ob es sich womöglich um Kompetenzbereiche handelt.

Schließlich wird in nahezu allen Kompetenzmodellen „jeweils unterschieden zwischen größeren Kompetenzbereichen, deren (abstrakte) Ordnung sich an zentralen Tätigkeitsfeldern des Lehrberufs orientiert (,Unterricht gestaltet, ,Beurteilung‘, ,Schulentwicklung‘) und einer darunter liegenden Konkretisierungsebene, auf der für Einzelkompetenzen Handlungs- und Tätigkeitsstandards beschrieben werden. Die Kompetenzmodelle folgen also einem funktionalen Kompetenzbegriff, der mit tätigkeitsbezogenen Könnensdefinitionen (can do-Beschreibungen) arbeitet.“ (Hallet 2006: 31).

Speziell für die Kompetenz von Lehrkräften benennt Georg Hans Neuweg vier zentrale „Dimensionen“, durch welche sich gute Lehrer auszeichnen: Persönlichkeit, Fachwissen, fachdidaktisches sowie pädagogisches Wissen und Können.

Unter Lehrerpersönlichkeit meint Neuweg das im Gegensatz zum vergleichsweise schnell erlernbaren Wissen und Können das „Ensemble relativ stabiler Dispositionen, die für das Handeln, den Erfolg und das Befinden im Lehrerberuf bedeutsam sind“ (Neuweg 2008: 15). Hierzu zählen beispielsweise das Temperament oder auch die intellektuellen Leistungsfähigkeiten sowie die persönlichen Interessen und Einstellungen eines Lehrers. In diesem Zusammenhang verweist Neuweg auf die drei Persönlichkeitsmerkmale Extraversion, psychische Stabilität und Gewissenhaftigkeit, welche einen kompetenten Lehrer auszeichnen, der seinen Beruf mit Wohlbefinden ausübt. Gerade auch in Bezug auf die Klassenführung und die Akzeptanz in der Klasse wird es ein psychisch angeschlagener Lehrer immer deutlich schwerer haben, um sich bei pubertären Schülerinnen und Schülern durchzusetzen. Aber auch ein chaotisch-unorganisierter Lehrer, welcher seinen Beruf nicht gewissenhaft ausführt, wird es schwer haben, von seiner Klasse ernst genommen zu werden. Neuweg betont, dass man sich als Lehrer durch Routine und Erfahrung viele solcher Fähigkeiten aneignen kann - jedoch gibt es auch bestimmte Charaktereigenschaften, welche man nicht beziehungsweise wenn überhaupt nur sehr schwer verändern kann.

Allein die fachliche Expertise eines Lehrers ist sicher noch kein Zeichen dafür, von einem guten Lehrer sprechen zu können. Jedoch ist ein hohes fachliches Wissen die Grundlage dafür, ein guter Lehrer zu sein, da es ein flexibles, adaptives und fachlich anregendes Handeln im Unterricht ermöglicht (vgl. Lipowsky 2006: 50). Nur dann, wenn die Lehrerinnen und Lehrer über ein Fachwissen verfügen, welches in einer gewissen Weise über das Wissen der Fachleute hinausgeht, ist es möglich, dass sie den Schülerinnen und Schülern beim Verstehen und Lernen helfen können. Hierbei erweist es sich besonders nützlich, wenn die Lehrpersonen über eine „Philosophie des Schulfaches“ (Neuweg 2008: 14) verfügen, um ihren Klassen zu verdeutlichen, wozu der zu lernende Fachinhalt wichtig ist. Mit einem Wissen über den Inhalt und Aufbau der geltenden Lehrpläne (also ein curriculares Wissen) kann dies noch verdeutlicht werden (vgl. Neuweg 2008: 13-14). Die besondere Bedeutung des Fachwissens sowie die Einordnung der Unterrichtsinhalte in den Lehrplan stellen bei Neuweg die beiden Kompetenzen „Fachwissen“ und „Fachdidaktisches Wissen und Können“ dar.

Die Kultusministerkonferenz sieht in der Planung, Organisation, Reflexion und Evaluation von Lehr- und Lernprozessen eine der Hauptaufgaben eines Lehrers, wozu auch bestimmte Kompetenzen benötigt werden. Beispielsweise ist es nötig, vorausschauend zu denken und über pädagogisches Wissen und Können zu verfügen, um Unterricht planen und durchführen zu können. Dieses pädagogische Wissen und Können ist eine weitere Dimension der Lehrerkompetenzen nach Hans Neuweg, welcher noch unterscheidet, wie sich erziehungswissenschaftliches Wissen und praktisches pädagogisches Können zueinander verhalten (vgl. Neuweg 2010: 29).

Geht man der Frage nach, wodurch sich guter Unterricht auszeichnet, so lassen sich, ähnlich wie bei der Frage nach den Kennzeichen eines guten Lehrers, unzählig viele Merkmale finden. Nicht immer werden diese Merkmale bewusst wahrgenommen. Sie sind jedoch nötig, um überhaupt erst einen Lernzuwachs in der Klasse zu ermöglichen. Hierbei kommt dann dem Lehrer wieder die Hauptaufgabe zu, dafür zu sorgen, dass ein Lernzuwachs ermöglicht wird. Fritz Oser beschreibt in seinem Lehrerkompetenz-Modell zwölf Standardgruppen, welche sich auch als eigene Kompetenzbereiche auffassen lassen, welche zentrale Aspekte der Lehrertätigkeit repräsentieren. Neben den bereits genannten allgemein- und fachdidaktischen Kompetenzen sowie der Persönlichkeit der Lehrperson sind nach Oser unter anderem die Lehrer-Schüler-Beziehung, der Aufbau und die Förderung von sozialem Verhalten oder auch die Selbstorganisationskompetenz der Lehrkraft wesentliche Kriterien für die Lehrertätigkeit. Diese Merkmale können keinesfalls als selbstverständlich vorausgesetzt werden, jedoch sind dies Merkmale, die einem Außenstehenden womöglich zunächst nicht bewusst auffallen, da er sie als selbstverständlich wahrnehmen würde (vgl. Hallet 2006: 30­31).

Ähnlich wie beim Kompetenzmodell nach Oser werden von der Kultusministerkonferenz elf Kompetenzen formuliert, welche sich in 4 Kompetenzbereiche einordnen lassen. Auffallend sind hierbei vor allem die Kompetenzbereiche „Beurteilen“ und „Innovieren“, da sie mit der Lehrertätigkeit im Unterricht vor der Klasse auf den ersten Blick nicht unmittelbar zusammen hängen. Da jedoch jeder Lehrer dazu verpflichtet ist, seine Schülerinnen und Schüler zu beurteilen, kommt dieser Kompetenz eine besondere Bedeutung zu. Wichtig hierbei ist, dass die Erfassung von Leistungen mit transparenten Beurteilungsmaßstäben geschieht. Beurteilung heißt in diesem Zusammenhang nicht nur, dass in einer schriftlichen Leistungskontrolle qualitativ ähnliche Arbeiten die gleiche Note bekommen, sondern auch, dass die Beiträge der Schülerinnen und Schüler im mündlichen Unterrichtsgespräch schon alleine durch die Reaktion des Lehrers beurteilt wird. Mit dem Kompetenzbereich Innovieren ist gemeint, dass Lehrpersonen über eine Bereitschaft verfügen sollten, an Schulprojekten und anderen Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen, um so ihre Lehrerkompetenzen stets auszubauen (vgl. Hallet 2006: 30-31).

Neben den Kompetenzen der Kultusministerkonferenz sowie den unterschiedlichen, bereits vorgestellten Kompetenzmodellen unterschiedlicher Wissenschaftler bestehen viele weitere Kennzeichen, welche gute Lehrer anders machen als ihre Kollegen. Todd Whitaker, ein ehemaliger Lehrer und Schulleiter, nennt in seinem Buch „Was gute Lehrer anders machen“ 14 Dinge, welche von guten Lehrern zum Teil unbewusst richtig gemacht werden, wodurch eine bessere Schüler-Lehrer-Beziehung entsteht, welche wiederum zu einem besseren Klassenklima und einem höheren Lernerfolg führt. Als eine Kompetenz benennt Whitaker beispielsweise die Kunst, bestimmte Dinge auch ignorieren zu können. Demnach ist es nicht nötig, auf jede noch so kleine Störung des Unterrichts reagieren zu müssen. Wichtiger ist vielmehr, dass der Lehrer als Filter die gesamten Vorgänge der Klasse im Blick hat und stets darauf reagieren kann. Zum Beispiel muss er in Konfliktsituationen innerhalb seiner Klasse bei zwei wütenden Schülern anders reagieren, als er dies beispielsweise bei einem Elterngespräch mit einer wütenden Mutter tun würde (vgl. Whitaker 2009: 58). Wichtig ist zudem, dass ein Lehrer in der Lage ist, nonverbale Botschaften wie das Verhalten oder die Ausdrucksweise seiner Schülerinnen und Schüler richtig zu interpretieren, um ihnen bei Problemen als Berater hilfreich zu sein.

Eine weitere Lehrerkompetenz, welche bisher außer Acht gelassen wurde, ist es, dass sich ein Lehrer immer an seine Klasse anpasst. Diese Anpassung kann sich in vielen Bereichen des Unterrichts bemerkbar machen, beispielsweise bei der Wahl der Unterrichtsmethoden, der Sprachweise oder auch der Zusammensetzung der Klasse. Entscheidendes Kriterium ist, dass ein Lehrer durch seinen Unterricht die „durch die Unterhaltungsbranche verwöhnten Schüler“ (Gaedtke-Eckardt 2011: 9) erreicht und zum Lernen motiviert. Dabei kann in der einen Klasse ein Zeitungsartikel als Motivation ausreichen und in der nächsten Klasse gelingt es dem Lehrer, seine Schülerinnen und Schüler durch ein Rollenspiel für den Unterricht zu begeistern. Hilfreich kann es hierbei auch sein, wenn der Lehrer bei der Wahl des Unterrichtsthemas an die Lebenswelt und den Erfahrungshorizont seiner Schüler anknüpft (vgl. Geadtke-Eckardt 2011: 10).

Wie nun deutlich wurde, ist es nicht möglich, eine Aussage darüber zu treffen, durch welche speziellen Kompetenzen sich ein guter Lehrer auszeichnet. Allerdings gibt es eine große Palette an Merkmalen, welche bei engagierten und guten Lehrpersonen vorzufinden sind - bei manchen sind es diese Kompetenzen und bei anderen jene Kompetenzen, welche stärker ausgeprägt sind.

2.2 Lehrerprofessionalität

Wie für fast jeden anderen Beruf auch benötigt man für die Ausübung des Lehrberufs eine bestimmte Qualifikation, welche man im Zuge des Studiums sowie des anschließenden Referendariats erwirbt. Doch alleine durch diese Ausbildungszeit wird man sicher noch nicht zum professionellen Lehrer. Das in dieser Zeit erworbene Wissen und die erlernten Fähigkeiten stellen vielmehr die Basis dar, welche man als zukünftiger Lehrer besitzen sollte, um im Berufsalltag gut arbeiten zu können. Doch selbst dann, wenn man bereits einige Jahre Berufserfahrung beim Unterrichten sammeln konnte, ist dies noch kein Zeichen dafür, ein professioneller Lehrer zu sein. Die These, dass mit der Berufserfahrung alleine noch keine Professionalisierung einhergeht, konnte durch Forschungsbefunde belegt werden, wonach „lediglich die Berufserfahrung an sich kaum (positive) Effekte auf das Lehrhandeln u nd [die] Schülerleistungen hat“ (Zlatkin-Troitschanskaia/Kuhn/Brückner 2013: 10).

Genau zu definieren, wodurch sich Lehrerprofessionalität auszeichnet, ist jedoch recht schwierig, da sich hierfür in der Literatur unterschiedliche Ansätze finden lassen. Beispielsweise schreiben Olga Zlatkin-Troitschanskaia, Christian Kuhn und Sebastian Brückner in ihrem Artikel über professionelle Lehrer, dass es mindestens drei Ansätze gibt, welche Lehrerprofessionalität beschreiben: Bei der Soziologischen Professionsforschung „zeichnet sich die Professionalität von Lehrenden durch eine spezifische Verantwortungsübernahme gegenüber den Lernenden und der Gesellschaft auf verschiedenen systemischen Ebenen aus“ (Zlatkin-Troitschanskaia/Kuhn/Brückner 2013: 7) während bei der Expertiseforschung der Fokus „auf die kognitiven Voraussetzungen der Lehrenden selbst“ (Zlatkin-Troitschanskaia/Kuhn/Brückner 2013: 7) gerichtet wird. Auch bei der Kompetenzforschung stehen die individuellen Voraussetzungen der Lehrenden im Vordergrund, jedoch finden „in einem umfassenden Verständnis von Kompetenz nicht nur das Wissen und die Erfahrungen eines Lehrers Berücksichtigung, sondern auch seine Motivation, seine emotionalen Befindlichkeiten, sein Wille und seine sozialen Fähigkeiten. Professionelles Handeln im Sinne von kompetentem Handeln erfordert daher kognitive und nicht kognitive Fähigkeiten“ (Zlatkin-Troitschanskaia/Kuhn/Brückner 2013: 7).

Aufgrund dieser unklaren Definition von Lehrerprofessionalität und der damit verbundenen unterschiedlichen Rollenerwartung an den Lehrberuf zögern auch manche Lehrer davor, von beruflicher Professionalität zu sprechen (vgl. Stöger/Lion/Niermann 2010: 51). Weitgehend einig ist man sich hingegen darin, dass die Lehrertätigkeit eine von Professionellen betriebene Aufgabe darstellt. So ist beispielsweise allen Beschreibungen von Lehrerprofessionalität zu entnehmen, dass man als Lehrer bestimmte Kompetenzen besitzen sollte, welche im Verlauf der Jahre mit zunehmender Routine und Berufserfahrung ständig erweitert werden. Die Entwicklung stellt demnach einen Schlüsselbegriff der Lehrersozialisation dar, welcher das „Lehrer-Werden und Lehrer-Bleiben“ zu einem lebenslangen Prozess werden lässt (vgl. Gehrmann 2009: 456).

Man kann also annehmen, dass die im vorherigen Kapitel beschriebenen Kompetenzen die Basis für ein gutes Lehrerhandeln bilden und für eine Professionalität unabdingbar sind. Die Professionalität entsteht jedoch erst im Laufe der Zeit mit zunehmender Erfahrung und Selbstentwicklung der Lehrperson dadurch, dass jede gehaltene Stunde, jedes durchgeführte Elterngespräch und alle sonstigen Arbeitshandlungen im Lehreralltag ständig reflektiert und analysiert werden. Demnach sollte sich eine Lehrperson, welche ihren Beruf professionell ausübt, ständig die Frage stellen, ob man die durchgeführte Lehrerhandlung in Zukunft unter gleichen Bedingungen noch einmal so durchführen würde oder ob womöglich ein anderes Handeln sinnvoller wäre. Der folgende Ausspruch, welchen eine Lehrerin sagte, bringt diese professionelle Qualität recht gut auf den Punkt: „Ich lerne an jeder Stunde, wie ich es anders machen kann, und habe die Chance, einen neuen Versuch zu starten. Das ist eine unendlich wertvolle Arbeitssituation“ (Stöger/Lion/Niermann 2010: 52).

Dieser Prozess der ständigen Überprüfung und Selbstveränderung führt dazu, dass man sich als Lehrer permanent weiterentwickelt und dadurch professioneller wird. Dieser Prozess verläuft bei den meisten Lehrern intrinsisch motiviert ab, das heißt, sie haben den Anspruch an sich selbst, noch besser werden zu wollen als sie es bereits sind. Da jedoch jeder Lehrer einen unterschiedlich hohen Anspruch an sich selbst stellt und zudem meist andere Aspekte als wichtig erachtet als seine Kollegen, ist die Frage, wie man seine eigene Professionalität im Lehrberuf definiert, ganz entscheidend (vgl. Stöger/Lion/Niermann 2010: 51). Während manche, meist junge Lehramtsanwärter, durch Coolness und Lässigkeit versuchen, ihre Schülerinnen und Schüler für den Unterricht zu begeistern, tendieren andere Lehrerkollegen eher dazu, in ihrem Unterricht Experimente oder andere Methoden einzusetzen, welche die Klasse zum Lernen motivieren sollen. Demnach gilt es dann auch, als Lehrperson selbst zu entscheiden, welchem Entwicklungsfeld man sich zuwendet beziehungsweise welches Kompetenzfeld für die entsprechende schulische Situation am ehesten geeignet ist (vgl. Stöger/Lion/Niermann 2010: 52).

Ungeklärt bleibt trotz allem die Frage, ab wann man von einem professionellen Lehrerhandeln sprechen kann - eine feste Messeinheit beziehungsweise fest vorgegebene Kriterien gibt es hierfür nämlich bislang noch nicht (vgl. Zlatkin- Troitschanskaia/Beck/Sembill/Nickolaus/Mulder 2010: 33). Unstrittig ist, dass die Kompetenzen der Lehrenden sicher einen großen Anteil an der Lehrerprofessionalität haben, jedoch ist gerade in den letzten Jahren zu beobachten, dass sich das Kompetenz- und Aufgabenfeld von Lehrern stark verändert beziehungsweise extrem erweitert hat. Während die klassischen Komponenten über deklaratives, prozedurales und strategisches Wissen wie beispielsweise das fachliche, fachdidaktische und allgemeinpädagogische Know-how oder diagnostische Fähigkeiten nach wie vor zum Kern der professionellen Kompetenz von Lehrkräften zählen, haben heutzutage Lehrerinnen und Lehrer verstärkt auch sozialpädagogische und sozialtherapeutische Aufgaben zu erfüllen (vgl. Zastrow 2011: 18). „Es ist heutzutage eine von Bildungspolitikern und Gesellschaft geforderte Aufgabe, dass sich die Schulen und damit die Lehrerinnen und Lehrer zunehmend auf die veränderten Sozialisationsbedingungen im außerschulischen Lebenszusammenhang der Schülerschaft einstellen. Veränderte Kindheit der Schülerklientel und deren Konsequenzen bedeuten, dass die Lehrerschaft ihre Lehrerrolle und die damit verbundene Lehrerarbeit immer wieder neu überdenken und sich den jeweils neuen Anforderungen und Aufgaben stellen muss. [...] Die Konsequenz ist eine Sozialpädagogisierung der Lehrertätigkeit. Das bedeutet, dass die Erziehungsaufgabe nicht mehr, wie bisher eng mit dem Unterricht und dem Schulleben verknüpft ist, sondern dass die Erziehungsaufgabe sich vielfach gegenwärtig neben den Unterricht oder gar vor ihn schiebt“ (Zastrow 2011: 18-19).

Schlüsselbegriff von Lehrerprofessionalität ist also, dass die Professionalisierung mit einem Entwicklungsprozess einhergeht. Dass dieser Prozess von vielen unterschiedlichen Faktoren beeinflusst wird, wurde bereits an mehreren Beispielen aufgezeigt. Ebenso unterschiedlich wie die beeinflussenden Faktoren, sind auch die Fort- und Weiterbildungsmethoden für Lehrkräfte sehr ausdifferenziert.

Im Jahr 2009 veröffentlichte der Pädagoge John Hattie eine Studie, bei welcher er unterschiedliche Indikatoren für gute Schülerleistungen zusammentrug. Hierbei wurde deutlich, dass die Rolle des Lehrers eine ganz bedeutende Funktion für die Schülerleistung hat. So konnte „belegt werden, dass sich die Schülerleistungen bei Lehrpersonen mit niedrigen Kompetenzen nur um 14 Prozent, bei Lehrpersonen mit hohen Kompetenzen demgegenüber aber um 52 Prozent verbessert hatten“ (Steffens/Höfer 2012: 4). Die Leistungen der Schülerinnen und Schülern unter professioneller arbeitenden Lehrpersonen waren drei- bis viermal so hoch als bei Vergleichsgruppen von schlechtqualifizierten Lehrpersonen. Dies zeigt die Notwendigkeit guter Lehrpersonen für den Unterricht. Hatties Studie lieferte zudem Belege dafür, dass Fortbildungen bei Lehrerinnen und Lehrern erhebliche Verhaltensänderungen bei diesen bewirken, welche sich auch in abgeschwächter Form auf die Lernleistungen ihrer Schülerinnen und Schüler auswirken (vgl. Steffens/Höfer 2012: 5). Das dieser Prozess der Verhaltensänderung der Lehrenden meist nicht durch eine einzelne Infoveranstaltung am Nachmittag möglich ist, bei welcher unterschiedliche Lehrstrategien eingeübt werden, sollte verständlich sein. Hattie sieht in der Auseinandersetzung mit neuen Unterrichtsmethoden, Micro-teaching, Video- und Audio­Feedbacks sowie praktischen Übungen besonders effektive Methoden, welche zur Lehrerfortbildung genutzt werden sollten. Weniger wirksam sind seiner Meinung nach jedoch Vorträge, Diskussionen, Rollenspiele und geführte Exkursionen (vgl. Steffens/Höfer 2012: 5). Wodurch sich erfolgreiche Lehrerfortbildungen zudem auszeichnen, konnten Timperley et al. auf der Basis ihrer Metaanalyse zur Lehrerfortbildung aufzeigen. So identifizierten sie sieben Elemente, welche auch in Hatties Studie vorzufinden sind.

„(1) Die Fortbildung war über einen längeren Zeitraum angelegt,
(2) die Fortbildung mit externen Experten war erfolgreicher als schulinterne Initiativen,
(3) die Fortbildungsarbeit war hinlänglich daraufhin ausgerichtet, solches Wissen und solche Fähigkeiten zu erweitern, die bei Kindern und Jugendliche zu einem nachweislichen Lernerfolg führten.
(4) Wirkungen aus Fortbildungen auf Schülerleistungen zeigten eine starke Abhängigkeit davon, inwiefern hierbei vorherrschende Konzepte des Lernens infrage gestellt und effektives Unterrichten spezifischer Inhalte thematisiert wurden.
(5) Fortbildungen waren dann besonders erfolgreich, wenn Lehrkräfte sich intensiv untereinander über ihr Unterrichten austauschten.
(6) Das professionelle Vorankommen im Zuge von Fortbildungen zeigte bessere Erfolge, wenn die Schulleitungen die entsprechenden Entwicklungsmaßnahmen unterstützten.
(7) Dagegen konnten für die Finanzierung der Maßnahmen, eventuelle Freistellungen und Modelle verpflichtender oder freiwilliger Teilnahme keine Einflüsse auf die sich ergebenden Schülerleistungen gefunden werden“ (Steffens/Höfer 2012: 5).

Den Entwicklungsaspekt, welcher mit einer Professionalisierung einhergeht, benennen auch Axel Gehrmann und Reinhold Miller in ihren Beschreibungen von Lehrerprofessionalität. Bei Miller wird dies bereits durch den Titel seines Buches „99 Schritte zum professionellen Lehrer“ (Miller 2008) deutlich. Im Verlauf seines Werkes beschreibt er 99 Handlungsweisen aus den drei Bereichen Selbstkompetenz, Sachkompetenz und Beziehungskompetenz, welche gute Schulen - und somit gute Lehrerinnen und Lehrer - umsetzen müssen, um sich schließlich irgendwann als professionell bezeichnen zu können (vgl. Miller 2008). Axel Gehrmann beschreibt den Weg zum professionellen Handeln so, dass aus einer zunächst nicht erwerbsmäßig betriebenen Tätigkeit (Arbeit) eine solche wird (Beruf). Mit zunehmender Spezialisierung, welche bei Lehrenden beispielsweise in Form von Fortbildungen zu erkennen ist, kann diese Tätigkeit dann ab einem bestimmten Zeitpunkt nur noch von langjährig geschulten Experten ausgeführt werden, was von ihm als Professionalisierung bezeichnet wird (vgl. Gehrmann 2009: 455-456).

Zusammenfassend kann man sagen, dass das Weiterlernen und Fortbilden der Lehrpersonen (auch derer, welche womöglich schon einige Jahre im Lehrberuf tätig sind) einen unverzichtbaren Teil der Lehrerprofessionalität darstellt. Die Professionalität von Lehrkräften entsteht nämlich dadurch, dass durch solche Fortbildungsmaßnahmen die vorhandenen Kompetenzen der Lehrerinnen und Lehrer ständig ausgebaut und erweitert werden, wodurch die Lehrpersonen ihren Beruf noch professioneller ausüben können. Allerdings ist gleichzeitig anzumerken, dass das „Konstrukt ,Professionalität im Lehrberuf [...] bis heute nicht eindeutig geklärt“ (Zastrow 2011: 18) ist und man daher keine allgemeingültige Definition von Lehrerprofessionalität geben kann.

3. Ansätze der Klassenführung und des Klassenmanagements

3.1 Grundlagen der Klassenführung und des Klassenmanagements

„Ein guter Lehrer darf keine Zeit mit unwichtigen Dingen verschwenden“ (Spiewak 2013: 3) - diesen Satz veröffentlichte die Zeit-Online im Jahr 2013 in einen Bericht zur bereits erwähnten Studie von John Hattie. Mit dieser Aussage sprechen die Zeit-Redakteure in nur einem Satz sehr viele Dinge an, welche den guten Unterricht eines professionell handelnden Lehrers kennzeichnen: Planung, Organisation und der richtige Umgang mit Unterrichtsstörungen sind nur einige Dinge, welche man beispielsweise aus dieser Aussage ableiten kann. All diese Kompetenzen nehmen eine wichtige Rolle bei der Definition des Begriffes „Klassenmanagement“ ein, welcher als Synonym für Klassenführung genutzt werden kann.

Als Unterricht werden zielorientierte Lehr-Lernsituationen bezeichnet, welche innerhalb eines begrenzten Zeitrahmens ablaufen. Von Seiten der Lehrer ist daher Unterricht auch immer mit einem methodischen Vorgehen verbunden, welches sowohl normativen Entscheidungen als auch funktionalen Kriterien unterliegt (vgl. Wiechmann 2009: 161). Dies bedeutet, dass eine Lehrperson sich bereits im Vorfeld der Unterrichtsstunde überlegen muss, welche Lerninhalte sie mit ihren Schülerinnen und Schülern innerhalb einer Unterrichtsstunde behandeln möchte und, was noch viel entscheidender ist, wie sie diese Inhalte vermitteln kann. Während die Unterrichtsthemen bereits durch den Lehrplan vorgegeben sind, müssen die Unterrichtsmethoden und die im Unterricht eingesetzten Sozialformen von den Lehrenden selbst bestimmt werden. Diese Planungsentscheidungen müssen gut durchdacht sein und sollten dazu beitragen, dass das jeweilige Lernziel der Stunde erreicht wird. Besonders der Einstieg in eine Unterrichtsstunde sowie die Übergänge zwischen den verschiedenen Unterrichtsphasen sollten besonders gut geplant werden, da dies oft neuralgische Stellen sind, bei denen die Lehrperson besonders gefordert wird, um einen fließenden Übergang hinzubekommen. Durch geschickte Planung lassen sich bestimmte Ereigniskorridore eingrenzen, allerdings ist Unterricht ein dynamisches System, bei dem durch die gegenseitige Interaktion zwischen Lehrer und Schülern oft auch unvorhergesehene, nicht planbare Situationen auftreten können, auf die man als Lehrer dann spontan reagieren muss. Daher stellen rasches Entscheiden und Reagieren grundsätzliche Herausforderungen beim Unterrichten dar (vgl. Ophardt/Thiel 2013: 44). Jürgen Wiechmann bringt dies mit folgender Aussage sehr gut auf den Punkt: „Unterricht ist planungsbedürftig, aber nicht vollständig planbar“ (Wiechmann 2009: 162).

Damit guter Unterricht in Form einer zielorientierten Lehr-Lernsituation möglich wird, spielt also eine ausreichende Planung und Vorbereitung sowie die Kompetenz, spontan situationsangemessen handeln zu können, eine wichtige Rolle. Um jedoch von gutem Unterricht reden zu können, sind diese beiden Kriterien alleine noch nicht ausreichend. „Die Qualität guten Unterrichts ergibt sich im Zusammenspiel dreier Faktoren:

1) der Unterstützung der Informationsverarbeitung oder Wissenskonstruktion, z.B. durch Erklären, Zeigen oder Fragen (kognitive Aktivierung),
2) der Stimulierung von Interesse am Gegenstand und der Freude am Lernprozess, die Verdeutlichung des Nutzens des Lernergebnisses und der Stärkung der Selbstwirksamkeitserwartung im Lernprozess (Motivierung) und
3) der Steuerung der Interaktionsprozesse in der Lerngruppe mit dem Ziel der Maximierung der aktiven Lernzeit für alle Schülerinnen und Schüler (Klassenmanagement)“ (Ophardt/Thiel 2013: 44).

Um seine Klasse zu motivieren benötigt man nicht immer ein ausgefallenes Experiment mit Showcharakter, oft ist es für die Schülerinnen und Schüler viel wichtiger zu verstehen, wieso ein Thema im Unterricht behandelt wird und wie man das zu erwerbende Wissen im Alltag gebrauchen kann. Durch eine positive Einstellung des Lehrers wird oft auch bei den Schülerinnen und Schülern ein Interesse für das Thema geweckt. Damit die neu zu lernenden Informationen und Inhalte von den Lernenden besser aufgenommen werden können, sollte der Unterricht einer nachvollziehbaren Struktur folgen. Zudem sollten die Lernenden bei der Informationsverarbeitung beziehungsweise Wissenskonstruktion dahingehend unterstützt werden, dass sie durch Übungen und Anwendungsbeispiele die neuen Lerninhalte mit vorhandenem Wissen in Beziehung setzen, wodurch im Arbeitsgedächtnis Prozesse der Informationsausweitung stattfinden, wodurch sich das neue Wissen festigen kann (vgl. Ophardt/Thiel 2013: 31-33). Die dritte Komponente guten Unterrichts, das Klassenmanagement, wird nun im Folgenden näher behandelt werden.

Unter Klassenmanagement versteht man die „Steuerung oder Koordination unterschiedlicher Handlungsimpulse von normalerweise 20 bis 30 Schülerinnen und Schülern in einer Schulklasse. Diese Koordination geschieht mit dem Ziel der Maximierung der Lernzeit - möglichst für alle Schülerinnen und Schüler“ (Ophardt/Thiel 2013: 7). Wie genau jedoch eine Maximierung der Lernzeit erreicht wird, das ist von sehr vielen Faktoren abhängig und setzt bei den Lehrenden eine gewisse Kompetenz voraus. Ophardt und Thiel schreiben sogar, dass Klassenmanagement als ein eigenständiger Kompetenzbereich der Lehrerexpertise beschrieben werden kann (vgl. Ophardt/Thiel 2013: 7). Auch andere Autoren, welche sich bisher mit dem Konstrukt des Klassenmanagements beschäftigt haben, sehen in einer effizienten Klassenführung ein Schlüsselmerkmal der Unterrichtsqualität. Häufig taucht dieses jedoch eher versteckt, das heißt als ein Teilaspekt einer anders benannten Kategorie auf; bei Meyer ist dies beispielsweise unter „klarer Strukturierung“ und bei Brophy mit der Kategorie „Schaffung von Lerngelegenheiten“ der Fall (vgl. Helmke 2009: 173).

Das wichtigste Kriterium, welches die Klassenführung maßgeblich beeinflusst, ist der Lehrer der Klasse. Nach Hattie steuert ein guter Lehrer von der ersten bis zur letzten Minute den Unterricht - jedoch nimmt er dabei immer die Perspektive seiner Schülerinnen und Schüler ein. Dies gelingt, indem sich „ein Lehrer vielmehr als Regisseur versteht, als ,activator‘, der seine Klasse im Griff und jeden Einzelnen stets im Blick hat“ (Spiewak 2013: 3). Dabei ist es wichtig, dass ein Lehrer rasch erkennt, wann er auf eine Störung im Unterricht mit Stränge und wann mit Humor reagiert. Die Schülerinnen und Schüler sollten dabei stets erkennen, wann Seriosität im Unterricht gefordert ist und wann es durchaus etwas lockerer zugehen darf. Das die Lernenden verstehen, was der Lehrer von ihnen will, ist dabei besonders wichtig (vgl. Steffens/Höfer 2012: 4). Damit dies gelingt, ist die Kommunikation zwischen dem Lehrenden und der Klasse ganz besonders wichtig, wobei dies auf Lehrerseite unter anderem ein personales Engagement bedeutet, „der Lehrer muss sich seiner Vorbildfunktion bewusst sein. Es bedeutet auch einen bewussten Umgang mit eigenen Emotionen [des Lehrers] - eine notwendige Basis für gelingende kommunikative Prozesse im Unterricht“ (Haag/Streber 2012: 8).

[...]


1 Aufgrund einer besseren Lesbarkeit wird im Verlauf dieser Arbeit oftmals nur eine Geschlechtsform im Text genannt. Selbstverständlich sind jedoch immer beide Geschlechter gemeint.

Fin de l'extrait de 67 pages

Résumé des informations

Titre
Lehrerkompetenzen als Führungskompetenzen. Welche Voraussetzungen braucht ein Lehrer, um seine Klasse zu führen?
Université
University of Koblenz-Landau  (Institut für Erziehungswissenschaften)
Note
2,0
Auteur
Année
2015
Pages
67
N° de catalogue
V594533
ISBN (ebook)
9783346237767
ISBN (Livre)
9783346237774
Langue
allemand
Mots clés
lehrerkompetenzen, führungskompetenzen, welche, voraussetzungen, lehrer, klasse
Citation du texte
Felix Groben (Auteur), 2015, Lehrerkompetenzen als Führungskompetenzen. Welche Voraussetzungen braucht ein Lehrer, um seine Klasse zu führen?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/594533

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