Die Pest in den Europäischen Städten


Dossier / Travail, 2006

19 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Entstehung des Pesterregers

3. Symptome und Krankheitsverlauf
3.1 Bubonen- bzw. Beulenpest
3.2 Lungenpest

4. Der Weg der Pest

5. Ursache der Pest

6.Das hygienische Bild der Stadt
6.1 Die Straßen
6.2 Wasser und Abwasser
6.3 Badehäuser
6.4 Die Heiler: Bader, Ärzte, Quacksalber

7. Soziale Erschütterungen durch die Pest
7.1 Die Judenverfolgung
7.2 Die Geißler

8. Maßnahmen der Städte gegen die Pest
8.1 Pestordnungen und Seuchengesetze
8.2 Das Pariser Pestgutachten

9. Der Pestausbruch in London 1665/66

10. Zusammenfassung und Fazit

11. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„So stieg teils infolge des Mangels an richtiger Pflege,

die keinem Kranken zuteil ward, und teils infolge der

Bösartigkeit der Seuche die Zahl derer, die in der Stadt

Tag und Nacht dahingerafft wurden, so ungeheuer, dass

es grauenhaft war, davon zu hören, und unerträglich es

zu sehen.“[1]

Mit diesen Zeilen beschreibt Giovanni Boccaccio in seinem Buch Il Decamerone den Ausbruch der Pest in seiner Heimatstadt Florenz. Das Buch, verfasst in den Jahren 1349-1353, beschreibt auf den ersten Seiten wie sieben junge Frauen aus ihrer, von der Pest heimgesuchten, Heimatstadt aufs Land fliehen. Nun betont Boccaccio gleich zu Anfang, dass dieses Buch ein erfreuliches sei und keineswegs betrüblich sein möchte. Es wäre jedoch notwendig, eine Schilderung der vorangegangenen Ereignisse vorzunehmen, da diese der eigentliche Grund für die Entstehung dieses Werkes seien. Seiner Meinung nach käme die Pest entweder durch die „Einwirkung der Gestirne“[2] oder den „Zorn Gottes“[3] über die Menschheit. Sie bewege sich in schneller Zeit „von einem Ort zum andern“[4] und kein Mensch könne der Seuche Einhalt gebieten. Im darauf folgenden Abschnitt berichtet Boccaccio, dem damaligen anatomischen Wissen entsprechend, über die verschiedenen Symptome der Krankheit. Des Weiteren beschreibt er wie die Menschen in damaliger Zeit versuchten ihre Gesundheit zu bewahren. Einige schlossen sich in kleinen Gruppen zusammen und flohen aufs Land, wo sie tranken, speisten und sich unterhielten. Man vermied es Neuigkeiten über Pest, Tod und Elend an sich heranzulassen. Andere hingegen versuchten ihr Leben so ausschweifend wie möglich zu gestalten. Man versuchte „jedes Begehren zu befriedigen“[5] und so zogen sie von Schenke zu Schenke, gingen teilweise in die Häuser der Verstorbenen um so lustig und gutgelaunt als möglich zu sein. Trotz allem versuchte man die Kranken zu meiden, um sich nicht anzustecken. Boccaccio beschreibt diese Begebenheiten so anschaulich und reell, dass man sich die Unwissenheit und die damit einhergehende Unbekümmertheit vorstellen kann. Diese Seuche war so allumfassend für die Menschen, dass sie ganze Städte fast völlig auslöschte. Man war so machtlos gegen die Seuche, dass das einzig bekannte und wirksame Heilmittel die Flucht war. Wer sich mit der Krankheit ansteckte war verloren. Man konnte die Kranken nicht richtig pflegen, weil die Ansteckungsgefahr zu groß war. Doch woher kam diese Seuche? Was tat man dagegen? Und kam der sog. „Schwarze Tod“ nur von den Pesterregern?

2. Die Entstehung des Pesterregers

Die Menschen, die zur Zeit des ,,Schwarzen Todes“ 1348-53 lebten, beizeichneten sie als pestilenz, groet sterf oder pestis magna[6]. Aus dem lateinischen übersetzt bedeuten diese Worte nichts anderes als Seuche. Die Pest war also die Seuche schlechthin im Mittelalter. Doch weiß man erst seit der Neuzeit wie sie entstanden ist. Die Pest ist eine Infektionskrankheit, die von einem lebenden Bakterium, in diesem Falle Yersinia Pestis[7], verursacht wird. Sie kann epidemisch (Krankheit bricht massenhaft innerhalb einer Population aus) oder sogar pandemisch (Krankheit bricht länderübergreifend aus, Bsp.: Justinianische Pest 541 betraf den gesamten Mittelmeerraum[8] ) auftreten. Bei der im Mittelalter auftretenden Pest unterscheidet man zwischen zwei Arten: der Bubonen- oder Beulenpest und der Lungenpest. Bei der Bubonenpest steht am Anfang der Erregerkette der Rattenfloh Xenopsylla Cheopis Roth[9]. Der Floh ist ein Parasit, der immer einen Wirt zum Überleben braucht. Man bezeichnet ihn deshalb als Schmarotzer. Nun ist es für den Parasit möglich einen eigenen schmarotzenden Parasit in sich zu tragen. Der Floh ist also gleichzeitig der Wirt für das schmarotzende Pestbakterium. Für den Floh selbst hat dieser Zustand keine weiteren Folgen. Wenn der Floh jedoch die Hausratte beißt, um sie als Wirtstier zu nutzen, löst sich im Inneren des Flohs ein hochinfektiöser Pfropf aus einer kleinen Tasche in der Speiseröhre und gelangt über die Blutbahn in den Körper der Ratte[10].Einmal aufgetreten verbreitet sich die Seuche schnell in der gesamten Rattenpopulation. Die Population stirbt vollständig aus. Das Bakterium kann jetzt noch bis zu dreißig Tagen in Kot, Staub oder Kleidern überleben. Dann braucht das Pestbakterium einen neuen Wirt und sucht sich, da die Hausratte in unmittelbarer Nähe zu den Menschen lebt, oftmals diesen als Wirt aus. So gelangt das Bakterium durch den Flohbiss in den Körper des Menschen. Wenn das Bakterium in den Blutkreislauf gelangt, spricht man von einer Pestsepsis. Diese tritt bei 75% der Infizierten auf.

Bei der Lungenpest muss man in zwei Erscheinungsformen unterscheiden: der primären und der sekundären Lungenpest. Die erstere wird durch die Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen. Oftmals reicht schon ein Händedruck aus, um die Krankheit weiterzugeben, denn die durch das Niesen abgegebenen Sekrettröpfchen können auf der Haut überleben. Die sekundäre Lungenpest geht der primären oftmals voraus. Sie ist eine Folge der Bubonenpest. Wenn der Erreger über die Blutbahn in die Lunge gelangt, verschlimmert sich der Zustand des Infizierten dramatisch. Man spricht von der sekundären Lungenpest. Die Sterblichkeitsrate lag zur Zeit des Schwarzen Todes bei 95%.

3. Symptome und Krankheitsverlauf

Zahlreiche zeitgenössische Schriftstücke beschäftigen sich mit dem Krankheitsverlauf und dem klinischen Bild der Pest. Viele davon widersprechen sich aber und schildern Symptome ausgeschmückt oder gar falsch. So spricht ein anonymer Berichterstatter aus Pisa von „breite[n], schwarze[n] Punkte[n], die wie kleine Blumen aussehen“[11], eine recht lyrische Darstellung der Pestbeulen. Als zuverlässige Quelle gilt jedoch die des Chronisten Lorenzo de Monacis, der von „giftige[n] Brandbeulen oder bläuliche[n] Flecken am Körper“[12] spricht, und beschreibt, dass „diese Symptome […] mit unlöschbarem Durst und extremer Müdigkeit verbunden [waren]. Keine schwangere Frau kam davon. Viele […] verloren ihr Kind samt den Eingeweiden“[13]. Viele der zeitgenössischen Chronisten erkannten jedoch bereits, dass die Bubonen- und die Lungenpest einen unterschiedlichen Krankheitsverlauf haben.

3.1 Bubonen- bzw. Beulenpest

Als typische Symptome der Beulenpest werden folgende angegeben: Anschwellung der Lymphknoten in der Leistengegend, unter den Achseln und am Hals (daher hat diese Pestform auch ihren Namen), Fieber mit Schüttelfrostschüben, Kopfschmerzen, Blutungen unter der Haut, Halluzinationen, Erbrechen und Durchfall, Gliederschmerzen[14], Lichtscheue und als Initialsymptome eine lallende Sprache und ein taumelnder Gang[15]. Des Weiteren berichten viele Chronisten, dass sich die Haut um die Einstichstelle des Flohs bläulich-schwarz verfärbe und dort eine Nekrose (Absterben einzelner Zellen) bilde. Die Inkubationszeit bei der Bubonenpest kann sich zwischen einigen Stunden und sieben Tagen bewegen. Die Heilungschancen steigen, wenn man die sog. Pestbeulen aufschneidet. Trotzdem war die Beulenpest, da sie damals unbehandelt blieb, sehr häufig tödlich. Der Infizierte stirbt dabei an einer Indotoxikation. Der Erreger, in diesem Fall das Pestbakterium, scheidet ein Gift (Endotoxin) aus, das zum Zusammenbruch des Kreislaufs und somit zum Herzstillstand führt[16]. Wenn jedoch der Pesterreger in das Blut wandert, und es zur Sepsis kommt, ist die Todesursache eine Blutvergiftung (Septikämie)[17].

3.2 Lungenpest

Bei der Lungenpest sind folgende Symptome erkennbar: Herzrasen, Bluthusten, Atemnot und Blaufärbung der Lippen. Es kommt im weiteren Verlauf zur Nervenlähmung und Zerstörung des Lungengewebes. Diese bedingen einen (qualvollen) Erstickungstod. Die Inkubationszeit ist sehr kurz (ein bis zwei Tage) und die Lungenpest endet deshalb meistens tödlich. Eine Gemeinsamkeit der Pestformen ist die dunkelrote Hautfärbung der Infizierten kurz vor dem Tode. Deshalb gab man der Pest im 14.Jahrhundert auch den Beinamen Schwarzer Tod.

4. Der Weg der Pest

Der genaue Weg der Pest ist geschichtlich nicht genau nachzuvollziehen. Im Mittelalter wurden Epidemien gern und oft als Pest bezeichnet. Da diese Quellen jedoch ungenau sind, weiß man nicht immer ob die angeführten Seuchen tatsächlich der uns heute bekannten Pest gleichzusetzen sind.

So sind z.B. die 430 v. Chr. beschriebene Pest des Thukydides (in Attika) und die 129 n. Chr. erwähnte Pest des Antonin (in Rom) beide Pockenepidemien. Als eine der ersten Pestepidemien bezeichnet man die sog. Justinianische Pest. Sie verseuchte die Stadt Konstantinopel im Jahre 542 n. Chr.[18] Die Chronisten erwähnten die bereits beschriebenen Symptome und unterschieden in Beulen- und Lungenpest. Seitdem grassiert die Pest in Europa. Sie flammt nun in unregelmäßigen Abständen immer wieder auf. Die große Pestepidemie von 1348 hat ihre Anfänge in Zentralasien. Über Handelswege (z.B. die Seidenstraße rot) breitete sie sich immer weiter nach Europa aus. 1347 gelangt die Seuche auf die Halbinsel Krim. Die belagerte Stadt Kaffa wurde mit der Pest verseucht, als die Belagerer tote Pestopfer über die Stadt katapultierten. Viele Stadtbewohner flohen, meist auf Schiffen. So befiel die Seuche 1347 Messina auf Sizilien. Über genuesische Handelsschiffe war bald das europäische Festland erreicht (rot). Über den Seeweg kam die Pest nach England (blau), drang innerhalb kürzester Zeit nach Norwegen (orange) und tiefer in den Osten vor und erreichte nach nur drei Jahren Island und Grönland (braun). Nur wenige Landstriche blieben davon verschont (grün). In ganz Europa forderte Pandemie etwa 25 Millionen Todesopfer unter der Bevölkerung.[19]

[...]


[1] Boccaccio, Giovanni: Das Dekameron des Giovanni Boccaccio. Erster bis fünfter Tag, 8. Aufl., Berlin und Weimar 1982, S.21.

[2] Ebd. S.14.

[3] Ebd.

[4] Ebd.

[5] Ebd. S.18.

[6] Vgl. Jankrift, Kay Peter: Brände, Stürme, Hungersnöte. Katastrophen in der mittelalterlichen Lebenswelt, Ostfildern 2003, S.126.

[7] Vgl. Vasold, Manfred: Pest, Not und schwere Plagen. Seuchen und Epidemien vom Mittelalter bis heute, Augsburg 1999, S.71.

[8] Vgl. Microsoft Encarta Enzyklopädie 2003 (Artikel Epidemie).

[9] Vgl. Jankrift, Kay Peter: Brände, Stürme, Hungersnöte. Katastrophen in der mittelalterlichen Lebenswelt, Ostfildern 2003, S.132.

[10] Vgl. Ebd.

[11] Vasold, Manfred: Die Pest. Ende eines Mythos, Stuttgart 2003, S.104.

[12] Ebd.

[13] Ebd.

[14] Vgl. Jankrift, Kay Peter: Brände, Stürme, Hungersnöte. Katastrophen in der mittelalterlichen Lebenswelt, Ostfildern 2003, S.133f.

[15] Vgl. Vasold, Manfred: Pest, Not und schwere Plagen. Seuchen und Epidemien vom Mittelalter bis heute, Augsburg 1999, S.73.

[16] Vgl. Vasold, Manfred: Die Pest. Ende eines Mythos, Stuttgart 2003, S.14.

[17] Vgl. Jankrift, Kay Peter: Brände, Stürme, Hungersnöte. Katastrophen in der mittelalterlichen Lebenswelt, Ostfildern 2003, S.134.

[18] http://www.amuseum.de/medizin/PDF/CZ73_1955/Der%20schwarze%20Tod_2.pdf, S.4, letzter Zugriff: 16.3.2006.

[19] http://www.edjewnet.de/schwarzertod/schwarzer_tod.htm, letzter Zugriff:18.3.2006.

Fin de l'extrait de 19 pages

Résumé des informations

Titre
Die Pest in den Europäischen Städten
Université
Technical University of Chemnitz
Note
1,7
Auteur
Année
2006
Pages
19
N° de catalogue
V60369
ISBN (ebook)
9783638540681
ISBN (Livre)
9783656780779
Taille d'un fichier
513 KB
Langue
allemand
Mots clés
Pest, Europäischen, Städten
Citation du texte
Stefanie Heidel (Auteur), 2006, Die Pest in den Europäischen Städten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60369

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