Die Arzneimittelversorgung in Deutschland

Eine Problemanalyse des pharmazeutischen Marktes


Scientific Essay, 2005

42 Pages


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Inhalt

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Basisdaten zum Arzneimittelmarkt
2.1 Die deutsche Pharmaindustrie
2.2 Individuelle und solidarische Finanzierung von Arzneimitteln
2.3 Die Komponenten der Umsatzentwicklung im GKV-Markt

3 Das System der Arzneimittelversorgung
3.1 Nachfrage und Stellenwert der Arzneimitteltherapie
3.2 Struktur des Arzneimittelmarktes
3.3 Ordnungspolitische Besonderheiten und Steuerungsprobleme

4 Regulierung und Steuerung
4.1 Marktzulassung für Arzneimittel
4.2 Preisbildung und Preisregulierung
4.3 Regulierung des Apothekenwesens
4.4 Steuerung des Nachfrage- und Verordnungsverhaltens

5 Fazit

6 Literatur

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Finanzierung der Arzneimittel im ambulanten Sektor

Abb. 2: Faktoren der Marktentwicklung

Abb. 3: Preisbildung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nach der AMPreisV

1 Einleitung

Mit dem GKV-Modernisierungsgesetz reglementierte der Gesetzgeber den Arzneimittelmarkt zum 01.01.2004 erneut. Maßnahmen wie die Ausgrenzung nicht-verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus der GKV-Erstattung oder die Ausweitung der Festbetragsregelung auf Analogpräparate bedeuteten einschneidende Veränderungen. Wie sind diese Regulierungsinstrumente zu bewerten und welche Auswirkungen haben sie auf die Kostensituation und die Qualität der Arzneimittelversorgung? Dieser Aufsatz soll einen umfassenden Überblick über die aktuelle Lage des Arzneimittelmarktes geben.

Zunächst werden die wichtigsten Basisdaten zur deutschen Pharmaindustrie des Jahres 2003 vorgestellt (→ 2.1). Dazu gehören Daten zur Branchenstruktur, zur Pharmaproduktion sowie Daten, die die Stellung des deutschen Pharmamarktes auf dem Pharmaweltmarkt beschreiben. In diesem Kontext werden Arzneimittel nach dem AMG als Produkte der Pharmaindustrie hinsichtlich Zulassungszahlen und Segmenten berücksichtigt. Dieser Darstellung folgt der Abschnitt zur Finanzierung der Arzneimittel (→ 2.2). Der Arzneimittelmarkt lässt sich gemäß der Kriterien Nachfragegenerierung und Bezahlerfunktion in die Teilmärkte Verordnungsmarkt und OTC-Markt aufschlüsseln. Anhand dieser Systematisierung werden gesetzliche Grundlagen zur Verschreibungs- und Verordnungspflicht erläutert sowie Zusammenhänge und Hintergründe zu den GKV-Arzneimittelausgaben aufgezeigt. Im Zuge der Kostenfrage wird zudem auf Arzneimittelausgaben pro Kopf im europäischen Vergleich eingegangen. Diese Thematik wird unter Punkt → 2.3 weiter vertieft. An dieser Stelle werden die Komponenten der Marktentwicklung diskutiert, um Ursachen der Steigerungen der GKV-Arzneimittelausgaben identifizieren zu können. In diesem Kontext werden insbesondere die Verordnungs- und Umsatzzahlen der einzelnen Marktsegmente (Generika, Analoga etc.) dargelegt, wobei sich erste Anhaltspunkte auf die Qualität der Arzneimittelversorgung in Deutschland offenbaren.

Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit dem System der Arzneimittelversorgung. Dazu werden Angebots- und Nachfragebedingungen erörtert sowie der Stellenwert der Arzneimitteltherapie im Spektrum der medizinischen Behandlungsoptionen diskutiert (→ 3.1). Ferner werden die Akteure des Arzneimittelmarktes vorgestellt, die im Geflecht von Leistungs- und Finanzströmen interagieren (→ 3.2). Aus diesen Akteurskonstellationen sowie unter den gegebenen Marktbedingungen resultieren ordnungspolitische Besonderheiten. Der Arzneimittelmarkt ist von verschiedenen Marktfehlern gekennzeichnet, die in Punkt → 3.3 diskutiert werden.

Das vierte Kapitel thematisiert Regulierungsnotwendigkeiten und -instrumente, die der Gesetzgeber in Deutschland einsetzt. Die Regulierung des Arzneimittelmarktes beginnt bereits mit der Marktzulassung (→ 4.1). Weiterhin nimmt der Gesetzgeber durch das Festbetragssystem Einfluss auf die Preisregulierung, die hierzulande zentral gestaltet ist und indirekt auf die Arzneimittelpreise wirken. Ferner spielen im Zuge der Preisbildung die Handelspannen eine Rolle. In diesem Zusammenhang wird die Preisbildung anschaulich entlang der Wertschöpfung der Distributionsakteure an einem Beispiel vorgeführt (→ 4.2). Punkt → 4.3 erläutert Steuerungs- und Regulierungsinstrumente im Rahmen des Apothekenwesens, wobei u.a. auf die Aut-idem-Regelung sowie auf den Importhandel eingegangen wird. Abschließend werden die Regulierungsinstrumente zur Steuerung des Nachfrageverhaltens der Patienten und des Verordnungsverhaltens der Ärzte beleuchtet. Besonders relevante Ergebnisse und Bedingungen werden in einem Fazit kurz aufgeführt und präzisiert, so dass Rückschlüsse hinsichtlich der Entwicklung des Arzneimittelmarktes gezogen werden können (→ 5.).

2 Basisdaten zum Arzneimittelmarkt

2.1 Die deutsche Pharmaindustrie

Die pharmazeutische Industrie ist eine der produktivsten und investitionsstärksten Wirtschaftszweige Deutschlands. Dies liegt vor allem daran, dass sich der Pharmamarkt aufgrund der Nachfragebedingungen von Konjunkturzyklen relativ unbeeinflusst entwickelt. Den deutschen Pharmagesamtmarkt bilden über 800 Hersteller und Unternehmen. Im Jahre 2003 produzierten die deutschen Hersteller Pharmazeutika im Wert von 24 Mrd. €. Der Inlandsumsatz der deutschen Hersteller bewegt sich seit 1995 zwischen 11 und 12 Mrd. €, wobei dieser tendenziell abnimmt. Dagegen verdoppelte sich der Auslandsumsatz zwischen 1995 und 2003. Der Umsatz mit Arzneimitteln lag im Jahre 2003 weltweit bei 466 Mrd. US-$. Rund die Hälfte des Weltumsatzes entfiel auf die USA. Deutschland ist im internationalen Vergleich mit einem Volumen von 22 Mrd. US-$ und einem Marktanteil von 4% nach den USA und Japan der drittgrößte Pharmamarkt. Im Gegensatz zu den USA verliert der deutsche Pharmamarkt jedoch an Dynamik und wächst sogar unterdurchschnittlich. (VFA 2004, S. 40ff.)

Deutschland hat als Pharmaproduktionsstandort an Attraktivität verloren. Der Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (VFA) begründet den Bedeutungsverlust mit den staatlichen Reglementierungen wie Zwangsrabatte oder dem seit 2004 ausgeweiteten Festbetragssystem, die u.a. bedingt durch steigende F&E-Kosten nicht zu den erwarteten Umsätzen führen. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI 2004, S. 4) spricht von Überregulierungen mit einer schrumpfenden Halbwertszeit auf ein Minimum, so dass ein stabiler Rahmen für ein unternehmerisches Handeln fehlt. Infolgedessen belegt Deutschland im internationalen Vergleich nach den USA, Japan, Frankreich und Großbritannien Platz fünf der produzierenden Länder. (VFA 2004, S. 7ff.)

Arzneimittel sind industriell hergestellte Fertigarzneimittel bzw. Produkte der Pharmaindustrie. Sie nehmen aufgrund ihrer Anwendungsbestimmung an Mensch und Tier als „Waren besonderer Art“ eine Sonderstellung ein. Das Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (AMG) stellt bezüglich des Umgangs mit Arzneimitteln nur eine Rahmenbedingung dar. Das AMG § 2 definiert Arzneimittel wie folgt: „Arzneimittel sind Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu dienen, durch Anwendung bei Mensch oder Tier: 1. Krankheiten, Leiden, Schäden und Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen, 2. die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktion des Körpers oder seelische Zustände erkennen zu lassen [...] und zu beeinflussen.“ Arzneimittel dienen somit ausschließlich der Diagnose, Krankenbehandlung und Gesundheitserhaltung.

Im Jahre 2004 befanden sich nach dem Arzneimittelverzeichnis „Rote Liste“ 8.992 Präparate am Markt. Davon waren 78% chemisch definierte Präparate, 11% der Präparate mit pflanzlicher Herkunft, 7% Homöopatika und 4% entfielen auf sonstige Präparate (VFA 2004, S. 44). Geordnet nach Darreichungsformen und Wirkstärke existieren etwa 50.000 zugelassene Fertigarzneimittel auf dem Markt. Der deutsche Arzneimittelmarkt stellt mit dieser Größenordnung einen besonders unübersichtlichen Markt dar. Auf den meisten europäischen Arzneimittelmärkten sind u.a. bedingt durch die Struktur des Arzneimittelsortiments etwa um die 10.000 Arzneimittel zugelassen.

2.2 Individuelle und solidarische Finanzierung von Arzneimitteln

Der Arzneimittelmarkt im ambulanten Sektor erzielte im Jahre 2003 einen Umsatz von 34,11 Mrd. €. Differenziert nach der Nachfragegenerierung spaltet sich der Markt in den Verordnungs- und den Selbstmedikationsmarkt, deren Umsatzvolumina 29,85 Mrd. € bzw. 4,26 Mrd. € betrugen. (vgl. BAH 2004, S. 4) Der Markt für verordnete Arzneimittel setzt sich nach dem Kriterium der Bezahlerfunktion aus dem Markt der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sowie dem Markt für Selbstzahler und andere Kostenträger zusammen. Letztere umfassen ein Marktvolumen von 3,7 Mrd. € (VFA 2004, S. 50). Der GKV-Markt bildet dagegen mit einem Volumen von 27,5 Mrd. € und einem Marktanteil von 77% im Jahre 2003 den größten und wichtigsten Markt für Arzneimittel. Dieser sowie der gesamte Verordnungsmarkt schließen insbesondere den Markt für verschreibungspflichtige Arzneimittel ein, die öffentliche Apotheken und Internetapotheken distribuieren.

Die Verschreibungspflicht stellt auf die Anwendungsrisiken ab, die mit dem Medikament verbunden sind. Nach dem AMG § 48 sind verschreibungspflichtige Arzneimittel solche Arzneimittel, die die Gesundheit der Verbraucher auch bei bestimmungsgemäßen Gebrauch gefährden können und eine ärztliche Überwachung erfordern. Das Bundesministerium bestimmt durch Rechtsverordnung verschreibungs-pflichtige Arzneimittel, die Apotheken nur nach Vorlage einer ärztlichen Verschreibung an Verbraucher abgeben dürfen (Rezeptpflicht). Apothekenpflichtige Arzneimittel sind zunächst unabhängig von der Verschreibungspflicht verordnungsfähig. Die Verordnung eines Medikaments durch den behandelnden Arzt begründet einen Anspruch auf Bezahlung durch die GKV. Sie erstattet verschreibungspflichtige Arzneimittel wie z.B. Antibiotika oder Hypertonika. Von der Erstattung ausgenommene verschreibungspflichtige Arzneimittel sind z.B. Kontrazeptiva, Präparate zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten oder Abführmittel.

Der Umsatz der rezeptpflichtigen Arzneimittel zu Endverbraucherpreisen betrug im Jahre 2003 27,04 Mrd. €. Der Umsatz rezeptfreier Arzneimittel lag dahingegen bei nur 7,7 Mrd. €, wovon 55,3% auf den Bereich der Selbstmedikation entfielen. (vgl. BAH 2004, S. 4) Die Selbstmedikation grenzt sich explizit von der ärztlich veranlassten Verordnung, von der Patienten-initiierten ärztlichen Verordnung sowie von der Arzt-initiierten Selbstmedikation ab (Hajen et al. 2004, S. 195f.). Bei der Selbstmedikation ergreift der Patient eigenverantwortliche Maßnahmen, die er zur Behandlung von Gesundheitsproblemen selbst finanziert. Auf dem OTC-Markt (over the counter) kann der Patient differenziert nach den Anwendungsrisiken apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel erwerben, die nicht verschreibungspflichtig sind. Freiverkäufliche Arzneimittel wie z.B. spezielle Pflanzensäfte, Heilerde oder Heilwasser enthalten Stoffe, die nur schwach wirksam sind. Aus diesem Grunde rufen sie keine oder nur sehr geringe Nebenwirkungen hervor, so dass der Patient solche Arzneimittel ohne Hinzuziehung des Arztes oder des Apothekers anwenden kann. Der Umsatz der Selbstmedikation mit freiverkäuflichen Arzneimitteln, die Verbraucher- und Drogeriemärkte vertreiben, betrug 0,31 Mrd. € im Jahre 2003. Der Umsatz der Selbstmedikation mit rezeptfreien Medikamenten, die die Apotheken abgeben, beschlug sich auf 3,95 Mrd. €.

Bis zum Jahre 2003 durfte der Vertragsarzt rezeptfreie Medikamente wie z.B. Kopfschmerzmittel zu Lasten der GKV verordnen. Der Umsatz der verordneten rezeptfreien Arzneimittel verringerte sich auf 2,81 Mrd. € (BAH 2004, S. 4). Seit dem 01.01.2004 tragen Patienten die Kosten für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel selbst. Durch diese Regelung entlastet der Gesetzgeber die GKV zukünftig und initiiert einen Preiswettbewerb auf dem OTC-Markt, da sich die Kosten für rezeptfreie Medikamente verstärkt auf diesen verlagern. Der Gesetzgeber sieht jedoch in begründeten Fällen von dieser Regelung ab. Die GKV erstattet die Kosten für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Verordnungen für Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr, für Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen sowie bei Versicherten zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen, wenn solche Medikamente zum Therapiestandard gehören.

Verordnet der Vertragsarzt dem GKV-Versicherten ein erstattungsfähiges Medikament, ist der Patient zu einer Zuzahlung verpflichtet (§ 61 SGB V). Das Volumen der Zuzahlungen belief sich auf 1,8 Mrd. € im Jahre 2003 (VFA 2004, S. 50). Insgesamt setzt sich das Umsatzvolumen des GKV-Verordnungsmarktes neben den Eigenbeteiligungen aus den Apothekenrabatten sowie den GKV-Ausgaben für Arzneimittel zusammen. Für das Jahr 2003 bekam die GKV 3,3 Mrd. € Rabatt und gab 22,8 Mrd. € für die Arzneimittelversorgung ihrer Versicherten aus. Der Anteil der GKV-Arzneimittelausgaben an den Gesamtleistungsausgaben betrug 16,8%. Lediglich die Kosten für die Behandlung der GKV-Versicherten durch niedergelassene Ärzte und die stationären Behandlungskosten lagen um 0,1 bzw. um 23,9 Mrd. € höher (vgl. KBV 2004). Im Spektrum der Leistungssektoren stellen Arzneimittel damit den drittgrößten Ausgabenposten der GKV dar. Unter Berücksichtigung der GKV-Ausgaben für Arzneimittel im stationären Sektor, die die GKV im Rahmen der stationären Behandlungskosten erfasst, belaufen sich die Ausgaben für Arzneimittel sogar auf 24,1 Mrd. €, so dass die Arzneimittelversorgung als den zweitgrößten Kostenfaktor hervortritt (vgl. WIdO 2005). Das im Jahre 2004 in Kraft getretene GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) konnte die Kassenausgaben für Arzneimittel zwar plakativ auf 20,3 Mrd. € im Jahre 2004 reduzieren. Klauber & Selke (2005, S. 32) bewerten die Erfolge des GMG jedoch als Einmaleffekte, da das GMG keine nachhaltig strukturellen Verbesserungen bewirkt und es Kosten nicht dauerhaft zu senken vermag. Sie prognostizieren für das Jahr 2005 erneut Mehrausgaben in Höhe von 2,8 Mrd. € im Vergleich zum Vorjahr. Dies entspricht einer Ausgabensteigerung von 18,1%.

Die Arzneimittelausgaben der GKV erhöhten sich zwischen 1997 und 2003 um 39%. Insgesamt verzeichnet die GKV seit Jahren steigende Gesundheitskosten. Die Kostensteigerungen einzelner Leistungsbereiche nehmen jedoch unterschiedliche Ausmaße an. Die Leistungsarten mit dem größten Ausgabenvolumen, stationäre und ambulante Behandlungskosten, nahmen im besagten Zeitraum „nur“ um 10,8% bzw. um 11,7% zu, während sich die Ausgaben für Zahnbehandlungen um 5,3% erhöhten und die für den Zahnersatz aufgrund der gesetzlichen Regelungen um 11,6% abnahmen. Der Arzneimittelsektor stellt folglich den Leistungssektor mit den stärksten Kostensteigerungen dar und manifestiert sich daher zum größten Kostenfaktor für die GKV. Die Zunahme der Gesundheitskosten bzw. der gesamten GKV-Leistungen erweist sich insbesondere dann als prekär, wenn die Zunahme der GKV-Ausgaben die der beitragspflichtigen Einnahmen übersteigt. Die Konsequenz dieses Ungleichgewichts ist eine Unterdeckung der Gesamtausgaben, die 3% im Jahre 2003 betrug und Anhebungen der Beitragssätze implizierte. Angesichts des überproportionalen Ausgaben-anstiegs im Arzneimittelsektor trägt dieser zum finanziellen Defizit der GKV mit bei. (vgl. KBV 2004)

Die Arzneimittelausgaben pro Kopf betrugen 373 € im Jahre 2001. Davon entfielen 302,52 € auf den GKV-Markt, rd. 20 € auf den PKV-Markt und 51,92 € auf den OTC-Markt. Im europäischen Vergleich lagen die Pro-Kopf-Ausgaben für Arzneimittel in Deutschland am zweithöchsten. Nur Belgien erzielte mit 377 € höhere Pro-Kopf-Ausgaben. (Europa-Kontakt e.V. 2002, S. 43; zit. nach: Glaeske et al. 2003, S. 11)

Bedingt durch den gesamtwirtschaftlichen Wohlstand eines Landes sowie durch die Altersstruktur der Bevölkerung variieren die Pro-Kopf-Ausgaben für Arzneimittel innerhalb der EU-Mitgliedsländer relativ stark. Länder mit einem niedrigen Bruttoinlandsprodukt wie Portugal oder Spanien weisen geringere Arzneimittelausgaben auf. Irland gehört zu den Ländern mit den geringsten Arzneimittelausgaben pro Kopf. Dies resultiert hauptsächlich aus dem geringen Anteil der älteren Bevölkerung. Ein wachsender Wohlstand eines Landes führt jedoch nicht zwangsläufig zu einem hohen Ausgabenvolumen. In Ländern wie Dänemark oder den Niederlanden führt eher ein geringerer Arzneimittelkonsum der Bevölkerung zu relativ geringen Pro-Kopf-Ausgaben für Arzneimittel. Des Weiteren scheinen wohlfahrtsstaatliche Modelle, die auf die Sicherung bzw. Versorgung sozialer Probleme abstellen, die Arzneimittelausgaben zu beeinflussen. In diesem Kontext beobachtete das ÖBIG in ihrer im Jahre 2001 durchgeführten Studie besonders in Ländern mit Sozialversicherungssystemen wie Österreich, Luxemburg, Frankreich oder Belgien hohe Pro-Kopf-Ausgaben für Arzneimittel. (Rosian 2002, S. 23f.)

Insgesamt lässt sich konstatieren, dass das Ausgabenvolumen keine Rückschlüsse auf die Effizienz der Arzneimittelversorgung anzeigen kann. Ebenso lassen sich Ausgabensteigerungen nicht pauschal mit Ineffizienzen in der Versorgung gleichsetzen. Speziell bei Kostensteigerungen für Arzneimittel kann es sich beispielsweise um einen Abbau von Unterversorgung oder auch um die Finanzierung mit effektiven Arzneimittelinnovationen handeln (SVR 2002, S. 13f.). Abbildung 1 fasst die Finanzierung der Arzneimittel im ambulanten Sektor in einer vereinfachten Darstellung zusammen.

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Details

Title
Die Arzneimittelversorgung in Deutschland
Subtitle
Eine Problemanalyse des pharmazeutischen Marktes
College
University of Applied Sciences Neubrandenburg
Author
Year
2005
Pages
42
Catalog Number
V60451
ISBN (eBook)
9783638541268
ISBN (Book)
9783638667432
File size
563 KB
Language
German
Keywords
Arzneimittelversorgung, Deutschland, Problemanalyse, Marktes
Quote paper
M.Sc. Rena Truschinski (Author), 2005, Die Arzneimittelversorgung in Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60451

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