Im 19. Jahrhundert wurden Frauen - entsexualisiert und zur unbefleckten Mutter stilisiert - unter Berufung auf ihre angebliche Natur mehr als je zuvor in die Privatsphäre abgedrängt. Wieder lieferten Mediziner die scheinrationalen Argumente. Der britische Arzt William Acton 1857: „Die Mehrzahl der Frauen - und das ist ihr Glück - wird von sexuellen Gefühlen nicht sonderlich geplagt. Was bei Männern die Regel ist, ist bei Frauen die Ausnahme.“ Auch Krafft-Ebing weiß: „Anders das Weib. Ist es geistig normal und wohlerzogen, so ist sein sinnliches Verlangen ein geringes. Wäre dem nicht so, so müsste die ganze Welt ein Bordell und Ehe und Familie undenkbar sein. Jedenfalls sind der Mann, welcher das Weib flieht, und das Weib, welches dem Geschlechtsgenuss nachgeht, abnorme Erscheinungen.“ Dr. Otto Adler behauptet 1904, „dass der Geschlechtstrieb des Weibes sowohl in seinem ersten spontanen Entstehen, wie in seinen späteren Äußerungen wesentlich geringer ist als derjenige des Mannes“. Und noch 1965 konnte "Die Frau von heute" im gleichnamigen Handbuch lesen: „Da die Frau ihrem Wesen nach normalerweise monogam veranlagt ist, stellt sie sich, wenn sie wirklich liebt, völlig auf den einen Mann ein. Er wird seelisch zu einem Teil ihrer selbst, eine Trennung kommt einer schmerzhaften Amputation gleich. So erklärt sich die Unmöglichkeit häufigen Wechsels für die Frau.“
Inhaltsverzeichnis
- Frauenbilder:
- Rollenverhalten um die Jahrhundertwende:
- Allgemeines
- Biographisches
- Franziska zu Reventlow und die Frauenbewegung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Darstellung von Frauenbildern um die Jahrhundertwende anhand des Essays „Viragines oder Hetären?“ von Franziska von Reventlow. Sie analysiert Reventlows Kritik an der bürgerlichen Frauenbewegung und ihre Gegenposition, die auf einer differenzierten Betrachtung weiblicher Rollen und sexueller Kultur basiert. Die Arbeit beleuchtet Reventlows Biografie im Kontext ihrer Zeit und deren Einfluss auf ihre Ansichten.
- Frauenrollen im 19. und frühen 20. Jahrhundert
- Kritik an der bürgerlichen Frauenbewegung
- Reventlows Konzept einer weiblichen erotischen Kultur
- Die Rolle der Biografie in der Formulierung von Reventlows Argumenten
- Vergleich zwischen bürgerlichen Frauen und antiken Hetären
Zusammenfassung der Kapitel
Frauenbilder: Dieser Abschnitt legt den Grundstein für die gesamte Arbeit, indem er den gesellschaftlichen Kontext für Frauen um die Jahrhundertwende beschreibt. Es werden die gängigen medizinischen und gesellschaftlichen Ansichten über weibliche Sexualität und den Platz der Frau in der Gesellschaft dargestellt, die Frauen stark in die Privatsphäre drängten und ihre Rolle auf die der Mutter reduzierten. Die vorherrschende Meinung über die geringere sexuelle Begierde von Frauen im Vergleich zu Männern wird anhand von Zitaten verschiedener Mediziner der Zeit belegt, was den Rahmen für Reventlows kritische Auseinandersetzung setzt.
Rollenverhalten um die Jahrhundertwende: Biographisches: Dieser Teil beschreibt das Leben von Franziska von Reventlow, um ihre Ansichten im Kontext ihrer persönlichen Erfahrungen zu verstehen. Die Arbeit zeigt ihren frühen Widerstand gegen die konventionelle Erziehung und die gesellschaftlichen Normen. Besonders der Konflikt mit ihrer Mutter, der die unterschiedlichen Gesellschaftsmodelle repräsentiert, wird hervorgehoben. Der Einfluss von Nietzsche und Ibsen auf ihre Denkweise wird ebenfalls beleuchtet, wobei betont wird, wie Nietzsches Immoralismus ihre Idee von „freier Liebe“ prägte. Ihre Scheidung und das Leben in der Schwabinger Boheme werden ebenfalls erwähnt, um ihr unabhängiges Leben zu verdeutlichen.
Franziska zu Reventlow und die Frauenbewegung: Dieses Kapitel analysiert Reventlows Essay „Viragines oder Hetären?“ und seine Kritik an der bürgerlichen Frauenbewegung. Reventlow argumentiert, dass die Frauenbewegung, solange sie an der christlichen Moral festhält, eine emanzipierte, erotische Kultur verhindert und stattdessen Frauen „vermännlicht“ und Männer zur Askese drängt. Der Essay verwendet die Begriffe „Viragines“ und „Hetären“ als polemische Kampfbegriffe um die Positionen verschiedener Frauen zu charakterisieren. Die These, dass eine vollständige Gleichstellung von Mann und Frau aufgrund biologischer und sozialer Unterschiede nicht möglich ist, wird in diesem Abschnitt deutlich.
Die weiblichen Prostituierten: Dieser Abschnitt beleuchtet Reventlows idealisierte Darstellung des antiken Hetärentums. Es wird herausgestellt, dass nur wenige Hetären tatsächlich unabhängig waren und dass die meisten von männlicher Gunst abhängig waren. Trotzdem werden die Hetären als gebildete Frauen dargestellt, die im Gegensatz zu anderen Frauen Zugang zu den Künsten hatten. Der Vergleich zwischen den antiken Hetären und den Zielen der bürgerlichen Frauenbewegung wird gezogen, um Reventlows Argumentation zu untermauern.
Schlüsselwörter
Franziska von Reventlow, Frauenbewegung, Jahrhundertwende, Frauenbilder, erotische Kultur, Hetären, Viragines, bürgerliche Moral, Emanzipation, Geschlechterrollen, biografischer Kontext, Kritik.
Häufig gestellte Fragen zu "Viragines oder Hetären?: Frauenbilder um die Jahrhundertwende bei Franziska von Reventlow"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Darstellung von Frauenbildern um die Jahrhundertwende anhand des Essays "Viragines oder Hetären?" von Franziska von Reventlow. Im Fokus steht Reventlows Kritik an der bürgerlichen Frauenbewegung und ihre Gegenposition, die auf einer differenzierten Betrachtung weiblicher Rollen und sexueller Kultur basiert. Die Biografie Reventlows und deren Einfluss auf ihre Ansichten spielen ebenfalls eine wichtige Rolle.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit beleuchtet folgende Themen: Frauenrollen im 19. und frühen 20. Jahrhundert, Kritik an der bürgerlichen Frauenbewegung, Reventlows Konzept einer weiblichen erotischen Kultur, die Rolle der Biografie in der Formulierung von Reventlows Argumenten und der Vergleich zwischen bürgerlichen Frauen und antiken Hetären.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in Abschnitte zu Frauenbildern um die Jahrhundertwende, dem biographischen Kontext von Franziska von Reventlow, Reventlows Kritik an der Frauenbewegung im Essay "Viragines oder Hetären?", und einer Analyse der Darstellung weiblicher Prostituierter und des antiken Hetärentums im Vergleich zur bürgerlichen Frauenbewegung. Zusätzlich enthält die Arbeit ein Inhaltsverzeichnis, die Zielsetzung und Themenschwerpunkte, eine Zusammenfassung der Kapitel und Schlüsselwörter.
Welche Rolle spielt die Biografie Franziska von Reventlows?
Die Biografie Reventlows wird ausführlich behandelt, um ihre Ansichten im Kontext ihrer persönlichen Erfahrungen zu verstehen. Ihr früher Widerstand gegen konventionelle Erziehung und gesellschaftliche Normen, der Konflikt mit ihrer Mutter, der Einfluss von Nietzsche und Ibsen, ihre Scheidung und ihr Leben in der Schwabinger Boheme werden als prägend für ihre Denkweise dargestellt.
Wie kritisiert Reventlow die bürgerliche Frauenbewegung?
Reventlow kritisiert die bürgerliche Frauenbewegung dafür, dass sie, solange sie an der christlichen Moral festhält, eine emanzipierte, erotische Kultur verhindert und stattdessen Frauen "vermännlicht" und Männer zur Askese drängt. Sie verwendet die Begriffe "Viragines" und "Hetären" als polemische Kampfbegriffe, um verschiedene Frauenpositionen zu charakterisieren und argumentiert, dass eine vollständige Gleichstellung von Mann und Frau aufgrund biologischer und sozialer Unterschiede nicht möglich ist.
Welche Rolle spielen die antiken Hetären in Reventlows Argumentation?
Reventlow idealisiert das antike Hetärentum, obwohl sie zugibt, dass nur wenige Hetären tatsächlich unabhängig waren. Sie betont jedoch deren Bildung und Zugang zu den Künsten im Gegensatz zu anderen Frauen und zieht einen Vergleich zwischen den antiken Hetären und den Zielen der bürgerlichen Frauenbewegung, um ihre Argumentation zu untermauern.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: Franziska von Reventlow, Frauenbewegung, Jahrhundertwende, Frauenbilder, erotische Kultur, Hetären, Viragines, bürgerliche Moral, Emanzipation, Geschlechterrollen, biografischer Kontext, Kritik.
- Citar trabajo
- Daniela Wuest (Autor), 2004, Frauenbilder - Franziska von Reventlow: 'Viragines oder Hetären?', Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60786