Der am 15.3.1939 erfolgte Einmarsch deutscher Wehrmachtsverbände in die tschechoslowakische Republik setzte der seit 1918 bestandenen politischen Unabhängigkeit des tschechischen Volkes ein plötzliches Ende und führte zur Bildung des sechs Jahre lang bestehenden, semiautonomen Protektorates Böhmen und Mähren. Das gegenständliche Werk möchte neben den formalhistorischen Fakten der Protektoratsentstehung auch die Situation der tschechischen Bevölkerung, ihrer Kollaboration, aber auch ihres Widerstandes gegen die deutsche Bevormundung während des Jahres 1939 eingehend beleuchten.
Dabei wird versucht, folgende Fragestellungen zu beantworten:
Wie manifestierte sich die Kollaboration der Tschechen mit den deutschen Okkupanten ? Wie formiert sich tschechischer Widerstand im Protektorat in der Praxis ? Wer ist daran beteiligt ? Welche politische Gruppen stehen dahinter; von wem werden sie unterstützt ? Ist Kollaboration unter gewissen Umständen rechtfertigbar ?
Gerade die ersten zehn Monate der Protektoratszeit erschienen dem Verfasser in diesem Zusammenhang besonders interessant und für die Beantwortung der obigen Fragen geeignet zu sein. Die Mitglieder der damaligen, neben der deutschen Oberherrschaft weiter bestehenden tschechischen Protektoratsregierung setzten sich aus mehrheitlich patriotisch gesinnten und risikobewußten Personen zusammen; der Gedanke eines temporären, möglichst problemlosen und für das tschechische Volk ungefährlichen "Überwinterns" unter vorübergehender deutscher Dominanz war dominierend und bestimmte das Handeln während dieser ersten Phase. Permanente Geheimkontakte mit den tschechischen Exilgruppen in Großbritannien und Frankreich, sowie die Hoffnung auf eine baldige Niederlage des Deutschen Reiches in einem bewaffneten Konflikt mit Frankreich und Großbritannien waren Angel- und Motivationspunkte für Hoffnung auf Besserung, temporäre Kollaboration und Widerstand.
Die Phase der aktiven Konfrontation zwischen Besetzern und Besetzten wurde stets von einer Phase der bedingungslos erduldeten und manchmal auch gewollten Zusammenarbeit vieler Tschechen mit den deutschen Besatzern begleitet. Das gegenständliche Werk möchte daher beide Phänomene gleichwertig erfassen, darstellen und spätestens im Schlußwort einer analytischen Beurteilung unterziehen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Kollaboration als Folge der militärischen Besetzung
- Formen der Kollaboration
- Die nationale Einheitsbewegung NS
- Reaktionen der tschechischen Zivilbevölkerung
- Bildung einer neuen tschechischen Protektoratsregierung
- Tschechischer Widerstand bis zum Herbst 1939
- Bildung politischer Untergrundbewegungen
- Die Unruhen im Herbst 1939
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit der Situation der tschechischen Bevölkerung im Protektorat Böhmen und Mähren während des Jahres 1939. Sie untersucht die Phänomene der Kollaboration und des Widerstands gegen die deutsche Besetzung.
- Die verschiedenen Formen der Kollaboration und deren Ursachen
- Die Entstehung und Organisation des tschechischen Widerstands
- Die Rolle politischer Gruppen und Akteure im Widerstand
- Die Motivationen und Herausforderungen für die tschechische Bevölkerung im Umgang mit der deutschen Besetzung
- Die Frage der Rechtfertigung von Kollaboration unter besonderen Umständen
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt den historischen Kontext der Besetzung Tschechiens durch das Deutsche Reich im Jahr 1939 dar und führt die zentralen Fragen der Hausarbeit ein.
- Kapitel II beleuchtet die Hintergründe der Kollaboration aus der Sicht der tschechischen Führung und beschreibt die Handlungsweise des damaligen Präsidenten Emil Hacha.
- Kapitel III und IV analysieren unterschiedliche Formen der Kollaboration und die Rolle der nationalsozialistischen Einheitsbewegung in der tschechischen Gesellschaft.
- Kapitel V und VI beleuchten die Reaktionen der tschechischen Zivilbevölkerung auf die Besetzung sowie die Bildung der neuen Protektoratsregierung unter deutscher Kontrolle.
- Kapitel VII und VIII schildern die Herausbildung des tschechischen Widerstands und die Entstehung von Untergrundbewegungen.
- Kapitel IX befasst sich mit den Unruhen im Herbst 1939 und deren Auswirkungen auf die tschechische Bevölkerung.
Schlüsselwörter
Die Hausarbeit konzentriert sich auf die Schlüsselbegriffe Kollaboration, Widerstand, Protektorat Böhmen und Mähren, tschechische Bevölkerung, deutsche Besetzung, nationale Identität, politische Unterdrückung und die Rolle des Jahres 1939 als Beginn der deutschen Herrschaft in Tschechien.
- Quote paper
- B.A. Martin Krämer (Author), 2006, Kollaboration und Widerstand im Protektorat Böhmen und Mähren während des Jahres 1939, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60986