Anfang des Jahres 2005 verabschiedete der Rat der Wirtschafts- und Finanzminister (ECOFIN-Rat) und schließlich der Europäische Rat (ER) eine sehr umstrittene Reform des 1997 in Amsterdam gegründeten Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP). Nachdem der SWP im November 2003, als das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit für zwei betreffende Mitgliedstaaten (MS), nämlich Deutschland und Frankreich, zum ersten Mal auf Empfehlung der Europäischen Kommission (EK) auf die Stufe der Inverzugsetzung gestellt werden sollte, vom ECOFIN-Rat regelrecht außer Kraft gesetzt wurde und über ein Jahr auf Eis gelegen hatte, sollte er durch diese Reform wieder „reanimiert“ werden. Die EK hatte im Januar 2004 gegen die Entscheidung des Rates, die Verfahren gegen die betroffenen MS auszusetzen, geklagt. Der EuGH hatte in einem beschleunigten Verfahren schließlich im Juli 2004 eine Entscheidung gefällt, die im Rahmen dieser Arbeit näher analysiert werden soll.
Hierzu wird es von Nöten sein, in einem ersten Schritt den SWP und das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit darzustellen. Nach einer Erläuterung der Entstehung sollen die rechtlichen Grundlagen und anschließend die allgemeinen Ziele des SWP erörtert werden. Im Rahmen des juristischen Kontextes dieser Arbeit soll schließlich der Fokus auf einer rechtlichen Analyse des Verfahrens anhand der primär- und sekundärrechtlichen Grundlagen des SWP liegen. Dies soll die Komplexität des Verfahrens aufzeigen und die Grundlage für Teil 2 dieser Arbeit bieten.
Der zweite Teil wird sich zunächst mit den Defizitverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland und die Französische Republik beschäftigen. Beginnend im Jahre 2002 möchte ich versuchen, eine chronologische Abfolge der Ereignisse darzustellen. Anschließend werde ich mich mit der umstrittenen Entscheidung des ECOFIN-Rates vom November 2003 und der Klage der Kommission vor dem EuGH auseinandersetzen. Das letzte Kapitel dieses Teils soll die Entscheidung des EuGH vom 13.7.2004 darlegen und erörtern.
In einem Fazit sollen die Ergebnisse der Arbeit nochmals zusammengefasst sowie vom Autor beurteilt werden. Ein kleiner Blick auf die aktuelle Haushaltssituation der EU-MS soll es schließlich noch ermöglichen, einen Ausblick und eine Prognose hinsichtlich der zukünftigen Handhabung des SWP zu geben.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt
- 1.1 Entstehung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes
- 1.2 Die rechtlichen Grundlagen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes
- 1.3 Die Ziele des Stabilitäts- und Wachstumspaktes
- 1.4 Die Referenzwerte
- 1.5 Die präventive Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts
- 1.5.1 Die Überwachung der Stabilitätsprogramme
- 1.5.2 Die frühzeitige Warnung („blauer Brief“)
- 1.6 Das Verfahren des Stabilitäts- und Wachstumspakts bei einem übermäßigen Defizit
- 1.6.1 Die Feststellung eines übermäßigen Defizits durch die Kommission in Verbindung mit dem Wirtschafts- und Finanzausschuss
- 1.6.2 Die Entscheidung über das tatsächliche Vorliegen eines übermäßigen Defizits
- 1.6.3 Das Verfahren bei Vorliegen eines übermäßigen Defizits
- 1.6.4 Das Ruhen des Verfahrens bei der Ergreifung von Maßnahmen
- 2. Das Urteil des EuGH vom 13.7.2004 zum Verfahren bei einem übermäßigen Defizit
- 2.1 Die Defizitverfahren gegen Deutschland und Frankreich
- 2.2 Die Entscheidung des ECOFIN-Rates vom 25. November 2003 und die Klage der Kommission
- 2.3 Die Entscheidung des EuGH
- 2.3.1 Die Nichtannahme einer Empfehlung durch den Rat
- 2.3.2 Die Schlussfolgerungen des Rates
- a) Die Aussetzung des Defizitverfahrens durch die Schlussfolgerungen
- b) Die Änderung der vom Rat angenommenen Empfehlungen
- 3. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit analysiert das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 13. Juli 2004 zum Verfahren bei einem übermäßigen Defizit im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes (SWP). Der Schwerpunkt liegt auf einer rechtlichen Analyse des Verfahrens und der Entscheidung des EuGH, wobei die Entstehung, rechtlichen Grundlagen und Ziele des SWP erläutert werden.
- Entstehung und rechtliche Grundlagen des SWP
- Ziele und Referenzwerte des SWP
- Das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit im SWP
- Die Defizitverfahren gegen Deutschland und Frankreich
- Das Urteil des EuGH zum SWP-Verfahren
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Hintergrund und den Fokus der Arbeit dar. Kapitel 1 erläutert die Entstehung, rechtlichen Grundlagen und Ziele des SWP sowie das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit. Kapitel 2 beleuchtet die Defizitverfahren gegen Deutschland und Frankreich, die Entscheidung des ECOFIN-Rates und die Klage der Kommission vor dem EuGH. Kapitel 2.3 analysiert die Entscheidung des EuGH vom 13. Juli 2004 zum Verfahren bei einem übermäßigen Defizit. Im Fazit werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und bewertet.
Schlüsselwörter
Stabilitäts- und Wachstumspakt, Europäischer Gerichtshof, Defizitverfahren, übermäßiges Defizit, ECOFIN-Rat, Europäische Kommission, Maastricht-Vertrag, EWWU, Preisstabilität, Wirtschafts- und Finanzpolitik, Rechtsanalyse, Rechtsgrundlagen.
- Quote paper
- Jerome Bourdier (Author), 2006, Der Stabilitäts- und Wachstumspakt und die Rechtsprechung des EuGH, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61064