Das Grab des Childerich oder Sepulcrum Childerici I. Francorum Regis


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

44 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Gliederung

I. Einleitung

II. Childerich I. – Personengeschichte

III. Forschungsgeschichte

IV. Der Fundplatz

V. Die Funde und ihre Zuordnung

VI. Datierung des Grabes im historisch-archäologischen Kontext

VII. Die Funde im Kontext

VIII. Grabbrauch im Umfeld des Childerich-Grabes

IX. Die Interpretation der Bestattung Childerichs

X. Das Grab und die Funde als Politikum

XI. Bewertung der schriftlichen Quellen

XII. Fazit

XIII. Abbildungsverzeichnis

XIV. Quellen und Literatur

XV. Abbildungen

XVI. Erklärung

I. Einleitung

Im Wintersemester des Jahres 2005 auf 2006, sollten im Rahmen eines Hauptseminars des Institutes für Altertumswissenschaften an der Friedrich-Schiller-Universität zu Jena, am Lehrstuhl der Alten Geschichte, Fragen und Problemen, hinsichtlich altertümlicher Bestattungssitten und Jenseitsvorstellungen in der Antike nachgegangen werden. Verschiedene Themen und Schwerpunkte wurden so ausgewählt, dass überblicksmäßig die herangezogenen Quellen vorgestellt und anschließend die Problematik in einem Referat zusammenfassend erörtert wurde. Das Grundproblem in der Handhabung eines Themas, dass sich mit Jenseitsvorstellungen in einer soweit zurückreichenden Epoche der Menschheitsgeschichte auseinandersetzt, besteht hauptsächlich darin, dass über die spärlichen schriftlichen und etwas reicher ausfallenden archäologischen – also materiellen – Quellen, nur der Ansatz bzw. die Tendenz von ehemals bestandenen Glaubensmustern und Ritualen erkennbar werden kann. Schließlich haben wir es mit einem psychologischen und metaphysischen Phänomen zu tun, wenn es darum geht, sich mit dem Tod und der Frage „was kommt danach“ zu beschäftigen. An diesem Punkt wird sofort deutlich, dass den prä-/historischen Wissenschaften und ihren Nachbardisziplinen Grenzen auferlegt sind, die nicht überwunden werden können. Es gelingen lediglich Erklärungsversuche, die dahin zielen, Argumente und Indizien mit einander zu vergleichen, um letztlich festzustellen, dass der Tod genauso wie die Geburt ein immanenter Bestandteil des Lebens in allen Kulturen war und ist. Der pietätvolle Umgang mit einem Verstorbenen während eines Bestattungsvorganges – innerhalb eines wie auch immer sozial gearteten Verbandes – setzt das Vorhandensein von Empfindungen wie Trauer, Mitgefühl und – nicht zwingend – den Glauben oder das Vorstellungsvermögen an bzw. über eine jenseitige Sphäre voraus. Solche Gefühlsdimensionen wurden paläolithischen Menschen noch gänzlich abgesprochen. Angeblich ging es in der Steinzeit n u r darum die sterblichen Überreste eines Individuums zu entsorgen. In einer für uns sehr archaischen Verhaltensweise, soll dabei der Leichnam einfach liegen gelassen oder an eine andere Stelle verbracht, sozusagen aus dem Wege geräumt worden sein. Erst als man sich – anfänglich noch sporadisch – des Verstorbenen annahm und ihn an einem ausgewählten Orte mit einem Grabe bedachte, erst von da an, wird für uns eine Zäsur im Umgang mit dem Toten (nicht aber mit dem Tod selbst) offenbar. Der frühe Mensch – sei es Homo sapiens sapiens oder Homo (sapiens) neanderthalensis – gab sich von nun an geistig nicht mehr damit zufrieden, die Toten einfach dem sichtbaren natürlichen organischen Zersetzungsprozess zu überlassen, sondern machte sich daran, dem Verblichenen einen Platz herzurichten der als Grablege fungierte. Ob ein solches sepulcrum dann regelmäßig durch die „Bestattungsgemeinschaft“ aufgesucht wurde oder ob mit einer solchen Beisetzung schon ein Ritual bzw. ein Jenseitsglaube verbunden war, dass lässt sich nicht mit Gewissheit erfassen, der erste Schritt aber, hin zu einem Prozess der Kultivierung von Begräbnissen und der Genese unterschiedlichster Jenseitsvorstellungen war seit der ausgehenden Altsteinzeit getan.

In den nachfolgenden Ausführungen war es mir ein Anliegen, die Quellen hinsichtlich der kulturellen Situation der Bestattung eines der ersten nachweislichen Frankenkönige, namentlich Childerich I., darzulegen und zu beurteilen. Es ging mir ursächlich darum, die einzelnen Elemente der Grablege des Regis francorum, also des Befundes und der Funde, für meine Arbeit heranzuziehen. Chiderich I. lebte und starb an der Schwelle der Spätantike zum beginnenden Mittelalter. Noch in einer heidnisch-germanischen Stammestradition verhaftet, sah er sich seiner Zeit durch den Luxus und die Annehmlichkeiten des römischen Imperiums angezogen. In welcher Weise und in welchem Schema sich Childerich letztlich bestatten ließ, war sicher auch ein Resultat seines Lebens zwischen den Mächten seiner Zeit – den Glauben an alte germanische Götter und den Glaube an Macht und Materialität.

II. Childerich I. – Personengeschichte

Childerich I. (457/58 – 482), aus dem Geschlecht der Merowinger stammend, war der Sohn des Merowech (um 451). Nach Childerichs eponymen Vater leitete sich die Bezeichnung der Dynastie der Merowinger ab (Abb. 1). Durch Gregor von Tours ist überliefert, dass die Salfranken in den Jahren 463 und 493 mit Childerich an ihrer Spitze westlich des Rheins herrschten. Der Sitz des Prätendenten lag in bzw. um Tournai (Abb. 2). Er war nicht nur Primus eines germanischen Stammesverbandes, sondern auch Foederat und so im Dienste des Römischen Reiches als Offizier und als Administrator der Provinz Belgica secunda tätig.[1] Nachweislich wird er unter dem magister militum Aegidius, als siegreicher Teilnehmer der Kämpfe gegen die Westgoten bei Orléans (463). Ebenso konnten unter ihm und dem comes Paulus angreifende Westgoten unter König Eurich von Orléans zugedrängt werden. Auch mit diesem Paulus gelang es ihm die Sachsen bei der Loiremündung auszuheben.

Seine politische Stellung entsprach der einer Doppelrolle, zum einen als fränkischer Kleinkönig und zum anderen als römischer Offizier. Er verstand sich in einer gewissen Tradition zur römischen Militäraristokratie, was sich im Folgenden aus dem Beigabenreichtum seiner Bestattung ablesen lässt.

Childerich soll maßlos über die Stränge geschlagen haben, so dass er sich durch ein Aufbegehren des Volkes und des „Adels“ veranlasst sah, ins Exil nach Thüringen hinüber zu flüchten. Wieder zurückgerufen, soll er Basena, die Frau/Schwester/Nichte (?) des thüringischen Königs, aus seinem Exil mitgebracht haben, aus deren ehelichen Vereinigung unter anderem der nachfolgende fränkische König, Chlodwig I. (*466, †511) hervorgegangen ist.

III. Forschungsgeschichte

Entdeckt wurde das reich ausgestattete Grab am 27. Mai 1653 in Tournai (Belgien, heute Doornik, ca. 40km westlich von Brüssel). Ausschachtarbeiten für den Neubau eines Armenhauses, in der Nähe des Areals der Pfarrkirche St. Brictius (St.-Brice) mit daneben gelegenem Friedhof, waren es, die den reichen Beigabenfundus des fränkischen Königs zu Tage brachten (Abb. 3).[2]Johann Jakob Chiflet,[3] der Leibarzt des Habsburger Erzherzogs Leopold Wilhelm[4], erhielt nach Vorlage und Überführung der Funde, in Brüssel den Auftrag zur Publikation, welche bereits 1655 erschien.[5] Seinem Bericht zufolge war das Grab von folgendermaßen Gestalt:[6] der Grabbau war 2,20 m, mit Resten (aus Holz und Eisen) von einem Holzsarg bzw. einer Grabkammer, bis zum anstehenden Fels in den Boden eingetieft. Das Skelett Childerichs war anscheinend noch gut erhalten, es maß 1,79 m und lag in ausgestreckter Haltung – es soll mit einem golddurchwirkten Gewand bekleidet gewesen sein.[7] Neben dem Skelett des Königs fand sich ein kleinerer Schädel eines Menschen, der einer weiteren Bestattung – vermutlich der einer jungen Frau – zugesprochen werden konnte. Eine lederne Tasche, mit über 100 Goldmünzen darin, lag im Schoße des Bestatteten. Weiterhin fanden sich 200 stark korrodierte römische Silbermünzen. Unter den vergangenen Resten des Corpus lag eine Francisca. Chiflet beschreibt, dass man die Cimelia[8] teilweise erst im Aushub barg. Bei der Bestattung Childerichs lag überdies eine Pferdebestattung.

1983 und 1986 wurden am Fundort erneut, 330 Jahre später, archäologische Untersuchungen durchgeführt, wobei die Umgebung des Grabes genauer lokalisiert und geordnet werden konnte und eine merowingische, teilweise mit Childerich I. zeitgleiche, Nekropole ausgegraben werden konnte (Abb. 3).[9] Die Nekropole selbst stand offenbar in räumlicher Beziehung zum Königsgrab. Eine bestattungsfreie Zone zeigte eine Differenzierung zur Sepultur des Umfeldes an. Danebst offenbarten sich um die ehemals bestandene königliche Sepultur mehrere kollektive Pferdebestattungen,[10] die vermutlich in der Peripherie des ehemals bestandenen Grabhügels angelegt worden waren. Heute jedenfalls weiß man, dass Childerich unter einem Grabhügel von etwa 20 bis 40 m Durchmesser, vermutlich in einer Grabkammer bestattet wurde (Abb. 4 und 5).

IV. Der Fundplatz

Tournai war ein gallo-römischer Marktflecken, dessen ältester Nachweis bis in augustäische Zeit zurückreicht. Als Tornaco ist der Ort auch auf der so genannten Tabula Peutingeriana abgebildet.[11]

In der Spätantike weitete sich die Stadt auf etwa 40 ha Fläche aus und erstreckte sich beiderseits des Schelde-Ufers. Nach Ausweis historischer Quellen existiert Tournai bereits im 4. Jahrhundert[12] u. Z. als Metropole und bleibt es während des gesamten Mittelalters. Eine Mauer als Befestigung ließ sich in Ansätzen nachweisen (Abb. 3). Diese umschloss wohl ein Areal von etwa 12 ha. Childerichs Grab lag – der Sitte der Zeit entsprechend – extra muros, also östlich der Altstadt, außerhalb der ehemals bestandenen Befestigung.[13]

Als Childerich I. über die militärische und zivile Administration der Provinz gebot, war Tournai Verwaltungszentrum der Provinz Belgica secunda (Hauptstadt war Reims).[14] Insgesamt wurden 9 Nekropolen in Tournai aufgefunden, von denen 2 seit der älteren römischen Kaiserzeit belegt worden waren. Von denen wiederum wurde nur der Friedhof auf dem rechten Schelde-Ufer bis in die merowingische Zeit hinein belegt. Der damalige Ausgangspunkt für die merowingischen Bestattungen war das wohl noch durch einen Hügel gekennzeichnete Königsgrab des Childerich I. (sozusagen das „Gründergrab“, da es das älteste am Platze zu sein scheint und in exponierter Situation auf der Nekropole angelegt worden war).[15]

V. Die Funde und ihre Zuordnung

Grundproblem: durch die zeitbedingte unsachgemäße Bergung der Fundobjekte, ist die genaue Lage des gesamten Fundus im Grabbefund nicht mehr eindeutig zu rekonstruieren![16]

V. a. Waffen (Prunkbewaffnung) und Zubehör

1) Spatha (zweischneidiges Langschwert) und Sax (Skramasax), (Abb. 6, 7, 9 und 14)
Deutung/Zuordnung: die Grundform des „Childerich-Schwertes“ (Spatha) und der mit ihm verwandten Schwerter sind germanische Schwerter des 5. Jhds. Die einzelnen typischen Merkmale dieser Schwerter sind hauptsächlich aus nordischen Moorfunden und fränkischen Gräbern belegt. Für das so genannte „Sax“ wurden Parallelen zu langen Schmal-Saxen hergestellt, die in mehreren Gräbern des so genannten „Childerich-Horizontes“ auftreten (so u. a. auch in Planig in Rheinlandpfalz) und im Osten als „Säbel mit gerader Klinge“, vor allem im Reiterkampf gebraucht wurden. Von dort, aus dem Osten, sollen sie mit den Hunnenzügen nach Westen gelangt sein. Die besonders schmuckreiche Almandinzellen-Verzierung, als spezifisches Charakteristikum, gehört zu den bekannten Einlageverzierungen der Völkerwanderungszeit und scheint ihren Ursprung in Asien zu haben. Im Besonderen bei den Almandin-Arbeiten der Funde des Childerich-Grabes wurden starke technische Dependancen zu Werkstätten der unteren Donau und zum Norden des Schwarzen Meeres herausgestellt.[17]
2) Magischer Schwertanhänger (Abb. 7, Nr. 1)
Fund: auf der Oberseite mit sternförmigem Almandinzellenwerk verziert und unten mit einer typischen länglichen Öse, durch die eine Meerschaumperle gesteckt und am Schwertriemen befestigt wurde. Angeblich besaßen solche Anhänger für den Träger eine besondere Bedeutung (Talisman?). Im späten Hellenismus und in römischer Zeit waren sie im Iran gebräuchlich und fanden mit der hunnischen Expansion auch im Westen ihre Verbreitung.
3) Schnalle vom Wehrgehänge (Abb. 14, Nr. 3)
Fund: hierzu liegen keine näheren Angaben vor.
4) Francisca (Wurfaxt, Abb. 8)
Vergleichsfunde: vergleichbare Exemplare tauchen in den so genannten „Goldgriffspathen-Gräbern“ der Zeit auf, finden sich aber auch in späteren einfachen fränkischen Waffengräbern und gehören dort gewissermaßen zur Standardausstattung der beigesetzten Männer.
5) Lanzenspitze (Abb. 10)
Vergleichsfunde: wenn das vorliegende Fragment mit breitem Blatt und Schlitztülle einer Lanze zugeordnet werden kann, dann ließen sich eine Vielzahl an Vergleichsfunden aus den Goldgriffspathen-Gräbern heranziehen.

V. b. Gewand und Schmuck

1) Brokatgewand
Fund: über den Habitus des Gewandes existieren keine genaueren Angaben.
2) Zwiebelknopffibel (Keller Typ 6, Abb. 11)
Fund: nach Chiflet bestand diese Fibel aus Gold, mit graviertem Ornament (Verzierung in Durchbruchmanier).[18]
Deutung/Zuordnung: kostbare Goldfibeln im Zusammenhang mit zugehörigem Mantel wurden vom Kaiser als Würdeabzeichen, sowohl an germanische Häuptlinge und Könige, als auch an ranghohe Beamte des Römischen Reiches verliehen. Prunkfibeln dieser Art gehörten zur Dienstkleidung von hohen Offizieren und Beamten, die in den Diensten Roms standen. Ebenso gehören ein langer Mantel (chlamys) oder die kürzere Ausführung (paludamentum) der Offiziere in Panzertracht dazu; ein solcher ist auf dem Siegelring des Childerich abgebildet.[19]
3) Gürtelschnalle (Abb. 14, Nr. 9)
Fund: Das Stück ist vergoldet und mit Almandinen verziert.
Vergleichsfunde: Exemplare aus dem so genannten „ersten“ und „zweiten“ Grabfund von Apahida (Siebenbürgen), zeigen sehr starke handwerkliche Beziehungen zum Fund aus dem Childerich-Grab.[20]
Deutung/Zuordnung: im fränkischen Reich zeigt sich eine Nachahmung der östlichen Vorbilder vor allem im späten 5. und frühen 6. Jhd. Nach einer Darstellung auf dem Diptychon des Stilicho,[21] war diese Gürtelschnalle Bestandteil einer Gürteltracht hoher römischen Offiziere (Abb. 12).
4) Siegelring[22] (Abb. 13)
Fund: auf dem Ring ist Childerich als König tituliert (CHILDERICI REGIS, lat. des Königs Childerichs). Darauf ist er ohne Bart und – ganz unrömisch – mit lang herabfallendem, beiderseits des Kopfes gebundenem Haar abgebildet, welche in Locken enden. Die Kleidung Childerichs entspricht vermutlich der eines römischen Feldherren in Panzertracht.
Deutung/Zuordnung: mit der Auffindung des Siegelrings war das Grab des Childerichs archäologisch eindeutig identifiziert. Untersuchungen haben gezeigt, dass Siegelringe auch von so genannten „barbarischen Fürsten“ dazu benutzt wurden – ganz nach römisch-byzantinschem Brauch – bestimmten Handlungen rechtsverbindliche Bedeutung zu kommen zu lassen. Der Ring belegt fast beispielhaft – über den abgebildeten Schriftzug hinaus – den Ausdruck eines germanischen Königtums sowie die Dienststellung eines hohen Offiziers der römischen Truppen.
5) unverzierter Goldring
Fund: hierzu liegen keine näheren Angaben vor.
6) goldener Handgelenkring (Abb. 14, Nr. 1)
Fund: bei dem Ringfund handelt es sich um eine massive Ausführung mit stollenförmigen Enden. Das Gewicht von annähernd 300g, entspricht in etwa dem Gewicht von 67 Solidi.
Vergleichsfunde: ähnliche Goldringe sind aus einigen barbarischen Fürstengräbern des 5. Jhds. bekannt, so z. B. aus Blučina (Mähren), Pouan (Frankreich), Apahida 1 (Siebenbürgen) und Wolfsheim (Deutschland).
Deutung/Zuordnung: zahlreiche Vorkommen ähnlicher Ringe in so genannten „Fürstengräbern“ unterschiedlicher Zeitstellung, sprechen dafür, sie als germanisches Herrschaftszeichen anzusprechen.
7) Schuhschnallen (Abb. 14, Nr. 2)
Fund: die Oberfläche des Fundes ist mit Almandinzellenwerk aus Zickzack-Stegen verziert.
Vergleichsfunde: zwei kleine Goldschnallen mit Almandineinlagen existieren aus dem zweiten Grabfund von Apahida (Siebenbürgen) und in Analogie dazu aus Blučina (Mähren).
Deutung/Zuordnung: die reiche Verzierung der Schuhriemen lässt auf die Amtstracht eines hohen römischen Beamten schließen.
8) Verschlussschnalle und Taschenbügelenden[23] (Abb. 14, Nr. 5 und Abb. 7, Nr. 2)
Vergleichsfund (Verschlussschnalle): als solche können herangezogen werden, je eine nierenförmig gebildete und mit Almandineinlagen verzierte Schnalle aus dem zweiten Grabfund von Apahida und ein Exemplar von Blučina.

Fund (Taschenbügelenden): zwei pferde- oder eberkopfförmige Enden mit Almandinzellenwerk verziert, welche offenbar an die Enden eines Taschenbügels einer Tasche, zu der wiederum der verwitterte Lederbeutel – der die Goldmünzen in sich barg – in Childerichs Schoß gehörte.

Vergleichsfunde (Taschenbügelenden): Taschenbügelenden aus Bronze mit Tierkopfenden waren schon während des spätrömischen Horizontes im 4. und 5. Jhd. gebräuchlich. Im 5. Jhd. wurden Taschenbügel in Eisen und Silbertauschierung ausgeführt.[24] Childerich ließ seine Taschenbügelenden allerdings in dem ihm geläufigen Almandinzellenwerk herstellen. In ähnlicher Form begegnen uns diese auch in zahlreichen Goldgriffspathengräbern der Zeit, wobei Childerichs „Pferdekopfelemente“ oft in „langschnäblige Raubvogelköpfe verwandelt worden sind“.[25]

V. c. Münzen

1) Goldmünzen (Abb. 15)

Fund: mehr als 100 Stück befanden sich, nach Angaben Chiflets, in einem vergangenen Lederbeutel im Schoße des bestatteten Königs. Unter ihnen befanden sich numismata aurea der Kaiser: Valentinian III. (425 – 455 u. Z., 1 Exemplar), Theodosius II. (450 u. Z., 2 Exemplare), Marcian (450 – 457 u. Z., 7 Exemplare), Leo (457 – 474 u. Z., 57 Exemplare), Basiliscus (476 – 477 u. Z., 1 Exemplar), Basiliscus et Marcus (477 u. Z., 1 Exemplar) und des Kaisers Zeno (476 – 491 u. Z., 14 Exemplare).

Deutung/Zuordnung: eine Vielzahl der „Childerich-Münzen“ sind Prägungen des Ostreiches (hauptsächlich aus Constantinopel), wohingegen die frühen Prägungen aus dem Westreich eine eher untergeordnete Rolle spielen. Es wird darüber hinaus vermutet, dass der gesamte Münzschatz des Childerichs aus dem Ostreich stammt – vermutlich als Zahlung aus einem foedus zwischen ihm und der Reichsadministration. Die „Basiliscus/Zeno-Münzen“ sind insofern von absolut-chronologischer Relevanz, als dass sie mit ihrem frühesten Prägedatum von 476 u. Z. einen terminus post quem für die Grablege geben, welcher nahe an das eigentliche Todesjahr Childerichs mit 482 u. Z. heranreicht.

[...]


[1] Die Franken, Bd. I, S. 177, letzteres erfährt man aus einem Brief des heiligen Remigius.

[2] Die Franken, Bd. I, S. 170 ff.

[3] RGA, Bd. 4, S. 441 f., dessen Sohn, Johann Chiflet der Jüngere verfolgte die fortschreitenden Ausgrabungen.

[4] RGA, Bd., S. 441 f., residierte seinerzeit als kaiserlicher Statthalter in den Niederlanden.

[5] RGA, Bd. 4, S. 441, Anastasis Childerici I. Francorum Regis, sive Thesaurus sepulchralis Tornaci Nerviorum effossus et Commentario illustratus [Auferstehung Childerichs I., König der Franken, oder der ausgegrabene und mit einer schriftlichen Aufzeichnung erläuterte Grabschatz der Stadt Tornacum der Nervier].

[6] Aus Tacitus’ Germania wird uns von der Art & Weise, wie Germanen im 1. bzw. 2 Jhd. u. Z. ein „Leichenbegängnis“ durchführen, berichtet; sonderlich ist es bei Germanen dieser Zeit Usus ihre Verstorbenen zu verbrennen: [...] jedem werden seine Waffen, einigen auch ihr Roß in das Feuer mitgegeben. Über die Grabstätte erhebt sich ein Rasenhügel.“ (Germania, Kap. 27).

[7] Die Franken, Bd. I, S. 207, nach Chiflet war der Verblichene von „gerader und eleganter Gestalt“.

[8] Wertgegenstände im materiellem Sinne.

[9] Die Franken, Bd. I, S. 165.

[10] Die Franken, Bd. I, S. 166 u. 209, den Nordosten und Südosten Childerichs Grablege begrenzten die Pferdebestattungen: Grab CV 1 (CV = chevaux) mit 7 Wallachen, Grab CV 2 mit 4 Wallachen, Grab CV 3 mit 2 Wallachen, 5 Hengsten und 3 Fohlen (alle Tiere sollen durch Halsschnitt getötet worden sein; die Datierung mittels Radiokarbonbestimmung verweisen die Pferdebestattungen in die Zeit von 460 – 520).

[11] Verfasser: die Tabula peutingeriana stammt als mittelalterliche Kopie aus dem 12. Jhd. und bezieht sich auf Vorlagen des 4. Jhds.

[12] Im Folgenden als Jhd. abgekürzt.

[13] Die Franken, Bd. I, S. 165 ff. u. 209.

[14] Die Franken, Bd. I, S. 192, das ehemalige Gebiet Toxandriens entsprach dem heutigen Gebiet Belgiens; dieses Gebiet bekamen die Salfranken nach einer Niederlage gegen Kaiser Julian Apostata (durch den Kaiser selbst) im Jahr 359 als neues Siedlungsareal zugewiesen. Die unterlegenen salfränkischen Kriegerverbände wurden den römischen Truppen eingegliedert und im Auxiliardienst gegen die germanischen Nachbarn verpflichtet. Von da an waren die Salfranken bis zum Tode Childerichs I. „treue Gefolgsleute des „Imperium Romanum““ und eventuell eines der wenigen wirksamen Mittel, die rechtsrheinischen Germanen vorerst bzw. teilweise zu bändigen. G ü n t h e r / K o r s u n s k i j, S. 150 f., nachdem im Jahreswechsel von 406/07 der rheinische Übertritt germanischer Stammesverbände gen Westen nicht wirksam aufgehalten werden konnte, „rückten die salfränkischen Einheiten in den Raum von Tournai und Thérouanne vor, so daß um diese Zeit auch das Kommando des dux der Provinz Belgica II aufgegeben wurde.“

[15] Die Franken, Bd. I, S. 166 f., als so genanntes „Gründergrab“ wurde es am Rande einer schon bestandenen antiken Nekropole angelegt, worum sich seit dem 6. und mit Beginn des nachfolgenden Jhds. eine bedeutende Bestattungsanlage entwickelte; im direkten Umfeld der Childerichbestattung gab es allerdings bisher keine Flächengrabungen.

[16] Die Franken, Bd. I, S. 177.

[17] RGA, Bd. 4, S. 445 ff., griechische Goldschmiedestätten wie die in Olbia und Pantikapaion (Kertsch) stehen hier sicher an führender Stelle des Einflusses. Es wird allgemein hin angenommen, dass Goldschmiede aus dieser Region mit den großen Völkerzügen des 5. Jhd., vornehmlich des Attila-Zuges, an den nicht allzu bedeutenden Hof des Childerichs gekommen waren und in ihrer Kunst entscheidenden Einfluss auf die Zellenwerkmanier der fränkischen „Reichskunst“ ausübten.

[18] Die Franken, Bd. I, S. 177, so genanntes opus interrasile.

[19] Die Franken, Bd. I, S. 177, der Verschluss mit einer solchen Fibel erfolgte – den Darstellungen zu entnehmen – zumeist auf der rechten Schulter.

[20] Bei diesen Gräbern handelt es sich mutmaßlich um Bestattungen Angehöriger einer aristokratischen Schicht des germanischen Stammes der Gepiden.

[21] Flavius Stilicho (* um 365, † 408 in Ravenna).

[22] RGA, Bd. 4, S. 452, J. Chiflets Sohn stellte mehrere Abdrücke der Ringplatte her; davon existiert lediglich noch einer im Ashmolean -Museum zu Oxford.

[23] RGA, Bd. 4, S. 453, die Objekte liegen nur noch in Abbildungen bei Chiflet vor.

[24] RGA, Bd. 4, S. 453, in dieser Form wurden auch Riemenhalter von fränkischen Schwertern hergestellt.

[25] RGA, Bd. 4, S. 453.

Ende der Leseprobe aus 44 Seiten

Details

Titel
Das Grab des Childerich oder Sepulcrum Childerici I. Francorum Regis
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Institut für Altertumswissenschaften)
Veranstaltung
Bestattungsformen und Jenseitsvorstellungen im Altertum
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2006
Seiten
44
Katalognummer
V61106
ISBN (eBook)
9783638546324
ISBN (Buch)
9783638731942
Dateigröße
3437 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Grab, Childerich, Sepulcrum, Childerici, Francorum, Regis, Bestattungsformen, Jenseitsvorstellungen, Altertum
Arbeit zitieren
Silvester Tamas (Autor:in), 2006, Das Grab des Childerich oder Sepulcrum Childerici I. Francorum Regis , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61106

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