„Make it new”, so lautet das zentrale Motto der 1910 in London entstandenen und anschließend nach Amerika ausgewanderten Bewegung des Imagismus, das sogleich die Zielsetzung seiner Vertreter deutlich macht: Bruch mit alten Traditionen, Ablehnen der im Konventionellen erstarrten Lyrik und Experimentieren mit neuen Versformen. Die Erfüllung dieser Grundprinzipien machten sich auch die amerikanischen Schriftsteller und Dichter Ezra Pound und William Carlos Williams, zwei der Wegbereiter und Hauptvertreter des Imagismus, zur Aufgabe. Sie verzichten auf erzählende Elemente, setzen auf Kürze und Präzision des Ausdrucks und werden so zum Vorbild einer neuen Dichtergeneration, die sich als Gegenbewegung zur Romantik sieht, da nach Meinung der Imagisten der romantische Glaube an Vervollkommnung des Menschen falsch sei und die Klassik mit der notwendigen Begrenztheit des Menschen eher ihrer Auffassung nahe kommt. Zudem sehen sie ihre Lyrik als Versuch, der in Amerika herrschenden dichterischen Einfallslosigkeit und Oberflächlichkeit ein Ende zu setzen, sowie die Nachfolge des französischen Symbolismus anzutreten und ihn dabei neu aufzubereiten. Im Gegensatz zu diesem legen sie jedoch mehr Wert auf eine stärkere Konzentration auf ein einziges Ding („Image“) im Gedicht sowie auf die Genauigkeit der Beschreibung. Pound drückt den seiner Meinung nach gewaltigen Unterschied folgendermaßen aus: „The symbolist’s symbols have a fixed value. [...] The imagiste’s images have a variable significance. [...] To use a symbol with an ascribed or intended meaning is, usually, to produce very bad art.” Die vorliegende Arbeit setzt sich vor allem die Herausarbeitung der poetologischen Aspekte der imagistischen Lyrik zum Ziel, will also sowohl die Position und Funktion des Dichters innerhalb der Gesellschaft aufzeigen, als auch die vom Poeten vorgegebenen Entstehungsbedingungen von Dichtung sowie die Auffassung von Sprache und Kunst mit ihren Gesetzen, Problemen und Grenzen erläutern. Hierbei soll besonders auf die minimalistische Dinglyrik Ezra Pounds und William Carlos Williams’ eingegangen werden, die mit ihren revolutionären Ausführungen darüber, wie Poesie sein sollte, einen Meilenstein in der amerikanischen Lyrik des 20. Jahrhunderts setzten und andere bedeutende Dichter ihrer Zeit maßgeblich beeinflussten.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung in das Thema
- 1.1 Grundlegendes
- 1.2 Zielsetzung der Arbeit
- 2. Der geistesgeschichtliche Hintergrund
- 2.1 Die Amerikanische Moderne
- 2.2 Der Imagismus
- 3. Ezra Pound, William Carlos Williams und der Imagismus
- 3.1 Die ambivalente Beziehung der Dichter und ihre gegenseitige Beeinflussung
- 3.2 Andere Einflüsse
- 4. Die Reform der dichterischen Sprache
- 5. Das poetologische Programm der Dichter
- 5.1 Pound: „A Few Don'ts“
- 5.2 Williams: „No Ideas but in Things“
- 6. Weitere Gedichtinterpretationen unter besonderer Berücksichtigung des poetologischen Aspektes
- 6.1 William Carlos Williams - A Sort of a Song
- 6.2 Ezra Pound - Commission
- 7. Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die poetologischen Aspekte der imagistischen Lyrik, insbesondere im Werk von Ezra Pound und William Carlos Williams. Sie beleuchtet die Rolle des Dichters in der Gesellschaft, die Entstehungsbedingungen von Dichtung, sowie die Auffassung von Sprache und Kunst. Der Fokus liegt auf der minimalistischen Dinglyrik und deren revolutionärem Einfluss auf die amerikanische Lyrik des 20. Jahrhunderts.
- Die poetologischen Positionen von Ezra Pound und William Carlos Williams
- Der Einfluss des Imagismus auf die amerikanische Moderne
- Die Reform der dichterischen Sprache im Imagismus
- Analyse der minimalistischen Dingdichtung
- Die gegenseitige Beeinflussung von Pound und Williams
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einführung in das Thema: Dieses Kapitel führt in die Thematik der imagistischen Lyrik ein und legt die Grundsteine für die Analyse der poetologischen Aspekte im Werk von Ezra Pound und William Carlos Williams. Es definiert den Imagismus als eine Bewegung, die einen Bruch mit alten Traditionen anstrebte und mit neuen Versformen experimentierte, wobei Kürze und Präzision des Ausdrucks im Vordergrund standen. Die Autoren werden als Wegbereiter und Hauptvertreter des Imagismus vorgestellt, die sich als Gegenbewegung zur Romantik verstanden und die amerikanische dichterische Einfallslosigkeit überwinden wollten. Der Unterschied zwischen Symbolismus und Imagismus wird anhand von Pounds Aussage über die variable Bedeutung der imagistischen Bilder verdeutlicht.
2. Der geistesgeschichtliche Hintergrund: Dieses Kapitel beleuchtet den historischen Kontext der amerikanischen Moderne, der sich als eine literarische und künstlerische Praxis darstellt, die den Bruch mit alten Traditionen und das Experimentieren mit neuen Formen betonte. Es wird auf die Schwierigkeiten bei der Definition der amerikanischen Moderne eingegangen und zwischen Modernisierung und Modernität unterschieden. Der "Make it new"-Gedanke sowie der Versuch, die Wirklichkeit nicht zu interpretieren, sondern zu präsentieren, werden als Kernpunkte des Modernismus herausgestellt. Schließlich werden die verschiedenen Ausprägungen des Modernismus in den USA, insbesondere die Unterscheidung zwischen internationalen Modernisten und "Homemade Modernists", diskutiert. Der Imagismus wird als eine Bewegung positioniert, die in diesem Kontext auf fruchtbaren Boden fiel.
3. Ezra Pound, William Carlos Williams und der Imagismus: Dieses Kapitel analysiert die Beziehung zwischen Ezra Pound und William Carlos Williams im Kontext des Imagismus. Es untersucht ihre gegenseitige Beeinflussung und beleuchtet weitere Einflüsse auf ihre poetologischen Ansätze. Die komplexe und ambivalente Beziehung zwischen den beiden Dichtern, die sowohl von Zusammenarbeit als auch von Differenzen geprägt war, wird eingehend untersucht. Der Fokus liegt auf der gemeinsamen Suche nach neuen Ausdrucksformen in der Lyrik und dem Bruch mit konventionellen poetischen Traditionen.
4. Die Reform der dichterischen Sprache: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Veränderungen, die Pound und Williams in der dichterischen Sprache herbeiführten. Es untersucht, wie sie mit traditionellen Formen brachen und neue Wege der Ausdrucksfindung beschritten. Die Analyse konzentriert sich auf die technischen und stilistischen Neuerungen, die die beiden Dichter einführten, um ihre poetologischen Ziele zu erreichen. Das Kapitel zeigt die Bedeutung dieser sprachlichen Neuerungen für die Entwicklung der modernen Lyrik auf.
5. Das poetologische Programm der Dichter: Dieses Kapitel untersucht die poetologischen Programme von Ezra Pound und William Carlos Williams, die in ihren Manifesten und theoretischen Schriften zum Ausdruck kommen. Es analysiert Pounds "A Few Don'ts" und Williams' "No Ideas but in Things" als zentrale Dokumente, die Aufschluss über ihre poetischen Ziele, Methoden und Auffassungen von Sprache und Kunst geben. Der Vergleich der beiden Programme ermöglicht ein tieferes Verständnis der Gemeinsamkeiten und Unterschiede in ihren Ansätzen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Poetologische Aspekte der imagistischen Lyrik bei Ezra Pound und William Carlos Williams
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht die poetologischen Aspekte der imagistischen Lyrik, insbesondere im Werk von Ezra Pound und William Carlos Williams. Sie beleuchtet die Rolle des Dichters in der Gesellschaft, die Entstehungsbedingungen von Dichtung, sowie die Auffassung von Sprache und Kunst. Der Fokus liegt auf der minimalistischen Dingdichtung und deren revolutionärem Einfluss auf die amerikanische Lyrik des 20. Jahrhunderts.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit konzentriert sich auf die poetologischen Positionen von Ezra Pound und William Carlos Williams, den Einfluss des Imagismus auf die amerikanische Moderne, die Reform der dichterischen Sprache im Imagismus, die Analyse der minimalistischen Dingdichtung und die gegenseitige Beeinflussung von Pound und Williams.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in ihnen?
Die Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel: Kapitel 1 bietet eine Einführung in den Imagismus und die Autoren. Kapitel 2 beleuchtet den geistesgeschichtlichen Hintergrund, insbesondere die amerikanische Moderne. Kapitel 3 analysiert die Beziehung zwischen Pound und Williams. Kapitel 4 behandelt die Reform der dichterischen Sprache. Kapitel 5 untersucht die poetologischen Programme von Pound ("A Few Don'ts") und Williams ("No Ideas but in Things"). Kapitel 6 interpretiert ausgewählte Gedichte beider Autoren unter poetologischen Gesichtspunkten. Kapitel 7 fasst die Ergebnisse zusammen.
Wie wird der Imagismus definiert und abgegrenzt?
Der Imagismus wird als eine Bewegung definiert, die einen Bruch mit alten Traditionen anstrebte und mit neuen Versformen experimentierte, wobei Kürze und Präzision des Ausdrucks im Vordergrund standen. Der Unterschied zum Symbolismus wird anhand der variablen Bedeutung der imagistischen Bilder verdeutlicht.
Welche Rolle spielt der historische Kontext?
Der historische Kontext der amerikanischen Moderne, mit ihrem Bruch mit alten Traditionen und dem Experimentieren mit neuen Formen, wird ausführlich beleuchtet. Der "Make it new"-Gedanke und der Versuch, die Wirklichkeit zu präsentieren statt zu interpretieren, werden als Kernpunkte des Modernismus herausgestellt. Der Imagismus wird als Bewegung positioniert, die in diesem Kontext auf fruchtbaren Boden fiel.
Wie wird die Beziehung zwischen Pound und Williams dargestellt?
Die komplexe und ambivalente Beziehung zwischen Pound und Williams, geprägt von Zusammenarbeit und Differenzen, wird eingehend untersucht. Der Fokus liegt auf ihrer gemeinsamen Suche nach neuen Ausdrucksformen und dem Bruch mit konventionellen Traditionen.
Welche Bedeutung haben "A Few Don'ts" und "No Ideas but in Things"?
"A Few Don'ts" von Pound und "No Ideas but in Things" von Williams werden als zentrale Dokumente analysiert, die Aufschluss über die poetischen Ziele, Methoden und Auffassungen von Sprache und Kunst der beiden Autoren geben. Der Vergleich der Programme verdeutlicht Gemeinsamkeiten und Unterschiede ihrer Ansätze.
Welche Gedichte werden im Detail interpretiert?
Die Arbeit enthält detaillierte Interpretationen von "A Sort of a Song" von William Carlos Williams und "Commission" von Ezra Pound unter besonderer Berücksichtigung der poetologischen Aspekte.
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- Julia Deitermann (Author), 2002, Poetologische Implikationen in der minimalistischen Lyrik Ezra Pounds und William Carlos Williams, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61144