Controlling in der Praxis


Hausarbeit, 2006

34 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


1. Herangehensweise und Probleme

Nachdem die Controllingliteratur wenig einheitliche Definitionen zum Begriff des Controllers lieferte, wurde von Jürgen Weber und Andreas Kosmider im Jahre 1990 eine Studie durchgeführt, die durch Auswertungen von Stellenanzeigen eine praxisnahe Definition von Controlling und den Aufgaben von Controllern liefern sollte. Da auch die von Weber und Schäffer vorgenommene Aktualisierung mittlerweile 8 Jahre alt ist, haben wir versucht, über Stellenanzeigen ein aktuelles Bild des Controllerberufes zu gewinnen. Unterschiede und Gemeinsamkeiten in den Vorgehensweisen der einzelnen Untersuchungen sind der folgenden Tabelle zu entnehmen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Vergleich der Vorgehensweisen der einzelnen Studien

Das Bild, welches unsere Auswertungen vermitteln können, kann nicht im vollen Umfang als repräsentativ angesehen werden, da folgende Faktoren zu berücksichtigen sind:

- Begrenzte Repräsentanz:
Man kann sicher davon ausgehen, dass die Zahl der in den ausgewählten Tageszeitungen ausgeschriebenen Stellenanzeigen nicht den tatsächlichen aktuellen Bedarf an Controllern in der Wirtschaft widerspiegelt.
- Begrenzte Kapazität:
Da ein positiver Zusammenhang zwischen den Kosten und der Länge einer Stellenanzeige besteht, versucht man sich möglichst kurz zu fassen. Dies ist uns vor allem bei den Anzeigen von Personalvermittlungen aufgefallen.
- Abhängigkeit von konjunktureller Entwicklung:
Da wir keine Zeitraum- sondern eine Zeitpunktbetrachtung durchführen, wirkt sich dieses für uns nicht entscheidend aus (Beobachtungszeitraum weniger als ein Jahr, daher keine nennenswerte Veränderung der Konjunktur zu erwarten).
- Abhängigkeit von personalpolitischen Grundsätzen:
Da viele Stellen auch aus rechtlichen Gründen zunächst intern ausgeschrieben werden, gehen wir davon aus, dass diese (noch) nicht in den Anzeigen auftauchen. Gerade die anspruchsvollen Arbeitsplätze sind schwieriger intern zu besetzen, daher werden diese in den Stellenanzeigen vermehrt zu finden sein.
- Abhängigkeit von Stellenbeschreibungsusancen:
Für Stellenanzeigen bestehen keine Formvorschriften, daher werden diese meist frei formuliert und der Informationsgehalt der Anzeigen ist unterschiedlich. Um den formellen Schwankungen Rechnung zu tragen, haben wir die Eingliederung in die oben beschriebenen Fragebögen vorgenommen (vgl. Anhang I).

Die oben genannten Problematiken wirken sich bei uns noch stärker aus, da unsere Grundgesamtheit nur 75 nationale Stellenanzeigen umfasst.

Im folgenden werden wir uns mit den Unternehmen, welche Controller suchen, sowie mit den Aufgaben und Anforderungen dieses Berufes auseinandersetzen.

2. Welche Unternehmen suchen Controller?

2.1 Einteilung der Unternehmen nach Branche

Nach der Auswertung der vorliegenden Anzeigen haben wir die nachfragenden Branchen in der Häufigkeit betrachtet. Aufgrund der oben bereits erwähnten verhältnismäßig kleinen Grundgesamtheit haben wir neben der Branchenunterteilung außerdem eine Unterteilung nach Sektoren ausgewählt. Des Weiteren werden wir die nachfragenden Unternehmen anhand ihrer Größe in Form von Mitarbeiterzahl und Umsatz unterscheiden, untersucht wurde jeweils die Anzahl der freien Stellen nicht die Anzahl der Unternehmen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abb. 1: Nachfragende Unternehmen nach Sektoren unterteilt

Bereits in der ersten Studie von Weber und Kosmider war der sekundäre Bereich führend. Der Anteil der Dienstleistungen stieg kontinuierlich; eine Entwicklung, die auch in der Nachfolgestudie von Weber und Schäffer bestätigt wurde. Mit 38 % ist auch in unserer Beobachtung ein weiterer Nachfrageanstieg und eine starke Bedeutung der Dienstleistungsbranche zu erkennen. Der öffentliche Sektor trat in den ersten Jahren gar nicht auf, der spätere Anteil blieb mit ca. 2 % ebenfalls gering. Die Ursache hierfür könnte der geringe Stichprobenumfang sein. Weber und Schäffer gingen von einer nachhaltigen Trendwende in diesem Bereich aus, eine These die wir anhand unserer Daten nicht bestätigen können, da der von uns beobachtete Teil unverändert auf dem niedrigen Niveau der ersten Studie liegt. Auffällig ist, dass die Produktionsgewinnung wenig bis gar nicht in Erscheinung tritt (in unserem Beispiel lediglich ein Unternehmen mit Tabakanbau).

Um differenziertere Aussagen treffen zu können, haben wir uns anschließend mit der Unterteilung nach Branchen befasst, warnen aber aufgrund der kleinen Grundgesamtheit davor, etwaige Schlüsse als repräsentativ zu betrachten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abb.2: Nachfragende Unternehmen nach Branchen unterteilt

Der in beiden Studien beobachtete Rückgang von Stellenausschreibungen im Textil-, Leder- und Bekleidungsgewerbe kann auch von uns beobachtet werden. Der bereits angesprochene Anteil der erhöhten Controllernachfrage in der Dienstleistungsbranche äußert sich deutlich in der Zahl der Stellenanzeigen im Bereich sonstige Dienstleistungen, die in den Anzeigen am häufigsten nachgefragt werden. Die nächsthöher nachfragende Branche ist Banken und Versicherungen, dies spricht ebenfalls für eine höhere Bedeutung des Dienstleistungssektors.

Die nachfolgenden Branchen sind im produzierenden Sektor tätig. In den bisherigen Studien wurde die dominierende Rolle in diesem Sektor primär dem Stahl-, Maschinen- und Fahrzeugbau sowie der Chemischen Industrie inkl. Mineralölverarbeitung zugesprochen. Auch dies wird in unserer Beobachtung bestätigt. Die weiteren Branchen des sekundären Sektors folgen anschließend mit ähnlich hohen Werten.

Auffällig ist jedoch eine nur geringe Bedeutung der Büro- und Datenverarbeitung. Dies könnte auf den „Hype“ am Neuen Markt Ende der 90er Jahre und der sich anschließenden hohen Anzahl an Insolvenzen in dieser Branche zurückzuführen sein. Da diese Ära in der IT-Branche von massiven Einstellungen geprägt war, und diese Zeit noch nicht zu lange zurückliegt, kann man davon ausgehen, dass der Bedarf an Controllern in dieser Branche vorerst gedeckt sein dürfte. Die untergeordnete Rolle der Textilbranche, nachdem diese im ersten Jahrzehnt der Weber/Kosmider-Studie noch am stärksten nachgefragt hatte, können wir in unseren Studien ebenfalls bestätigen (lediglich eine Nennung durch Adidas-Salomon).

2.2 Einteilung der Unternehmen nach Größe

Auch die Erkenntnisse der vorgehenden Studien, dass Controller in erster Linie von größeren Unternehmen nachgefragt werden, kann von uns unterstützt werden, da es zwar kleinere Unternehmen gibt, die Controller nachfragen, allerdings deutlich in der Minderheit sind. Größe wurde von uns durch die Parameter Umsatz und Mitarbeiterzahl definiert. Die Verteilung ist in den folgenden Diagrammen dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Nachfragende Unternehmen nach Umsatzgröße unterteilt

Bei einem durchschnittlichen Umsatz von 1,6 Mrd. Euro ist davon auszugehen, dass in erster Linie die „Umsatzmilliardäre“ Controller nachfragen. Die obige Graphik zeigt aber auch, dass die „kleineren Unternehmen“, mit einer Umsatzgröße von unter 1 Mrd., nahezu genauso häufig auftreten. Aufgrund der verschiedenen Kapitalintensitäten der Leistungserstellung in den verschiedenen Branchen, kann alleine aufgrund des Umsatzes nicht auf die Unternehmensgröße geschlossen werden. Um hier ein umfassenderes Bild zu erhalten, haben wir zusätzlich die Unternehmensgröße anhand der Anzahl der Mitarbeiter beurteilt. Die nachfolgende Graphik stellt unsere Ergebnisse hierzu dar:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Nachfragende Unternehmen nach Anzahl der Mitarbeiter unterteilt

Auch wenn eine durchschnittliche Mitarbeiterzahl von 16.424 erneut signalisiert, dass in erster Linie große Unternehmen Controller nachfragen, fällt uns die Tatsache, dass 19 % der nachfragenden Unternehmen eine Mitarbeiterzahl von weniger als 500 aufweisen, besonders auf. Dies lässt darauf schließen, dass auch vermehrt kleinere und vor allem mittelständische Unternehmen Controller nachfragen. Sofern sich eine Nachhaltigkeit dieser Beobachtung nachweisen lässt, ist dies erneut eine Erkenntnis im Vergleich zu den vorliegenden Studien von Weber/ Kosmider bzw. Weber/ Schäffer.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Controlling ein Phänomen ist, welches sich in vielfältigen Branchen und Unternehmensgrößen feststellen lässt, wobei ein Fokus auf größere Unternehmen und eine Erhöhung des Dienstleistungsanteils beobachtet werden kann.

3. Erkenntnisse aus den Aufgabenbeschreibungen in den Anzeigen

3.1 Systematisierter Aufgabenkatalog von Controllern

Unsere Aufgliederung der Stellenanzeigen ergab eine Vielfalt an Aufgaben eines angehenden Controllers. Im Gegensatz zu den Studien von Weber/ Kosmider bzw. Weber/ Schäffer haben wir aufgrund unserer kleinen Grundgesamtheit bei den Nennungen der Aufgaben nicht nur exakte Nennungen berücksichtigt, sondern auch Synonyme zugelassen. Bei der Erfassung der Aufgaben haben wir darauf geachtet, dass jedes Merkmal pro Anzeige nur einmal gezählt wird (z.B. Buchführung/ Bilanzierung). Da das Controlling oft als aus dem Rechnungswesen hervorgegangen angesehen wird, sind wir als Basis unserer Systematisierung vom externen Rechnungswesen ausgegangen (I). Die nächsten Schritte in unser Gliederung sind das interne Rechnungswesen (II) und die Analyse der Daten aus internem und externem Rechnungswesen sowie die Überwachung (III). Diese drei Bereiche lassen sich in erster Linie über die Vergangenheits- bzw. teilweise der Gegenwartsbetrachtung des Rechnungswesens aus.

Die logische Konsequenz von der Unterteilung in vergangenheitsbezogen und zukunftsbezogen ist die Nennung der Zukunftsbetrachtung im nächsten Schritt (IV). Die Schritte V-VIII sind vom Rechnungswesen unabhängig zu betrachten. Schritt V ist die Kommunikation inkl. dem Berichtswesen an die Geschäftsführung und der oft angesprochenen Rolle des internen Beraters. Außerdem gehört zu dieser Kategorie die Kommunikation mit externen Adressaten wie Kunden, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer.

Die Überprüfung der These, dass Controller von der Unternehmensstruktur oft nahe der Geschäftsführung angesiedelt sind, soll durch die Einrichtung der nächsten Kategorie überprüft werden. Hierunter fallen sämtliche Managementaufgaben sowie die Mitwirkung bei denselben (VI).

Die Behauptung, dass Controlling ein dynamischer und sich ständig verändernder Prozess ist, soll anhand der Kategorie VII überprüft werden. Die häufige Nennung der Aufgabe „Controllingoptimierung“ bestätigt diese These. Des Weiteren haben wir dieser Kategorie die zusätzlichen Optimierungsaufgaben von Controllern zugeschlagen.

Für jene Aufgaben, die sich keiner der oben genannten Kategorien zuordnen lassen, haben wir die Kategorie VIII (Sonstiges) eingerichtet. Die Häufigkeit und genauen Untergliederungen der oben genannten Kategorien können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden, die dazugehörigen Interpretationen befinden sich im darauf folgenden Abschnitt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Systematisierung der Controlleraufgaben und deren Häufigkeit

3.2 Erkenntnisse aus den Häufigkeiten der Aufgaben

Um eine bessere Vergleichbarkeit unserer Daten mit denen der bereits bestehenden Studien zu gewährleisten, haben wir Tabelle 2 nach Häufigkeiten umsortiert und die absoluten Werte in Prozentwerte umgerechnet. Die bearbeitete Tabelle befindet sich im An-
hang 3.

Betrachtet man zunächst die acht Kategorien isoliert, so ist auffällig, dass der gesamte Bereich „Kommunikation“ in seiner Bedeutung am stärksten ist. Dies ist ein deutliches Indiz dafür, dass ein Controller kein reiner „Zahlenmensch“ ist, sondern es zunehmend seine Aufgabe ist, die Erkenntnisse, die er aus den Zahlen zieht, anderen so zu kommunizieren, dass gegenläufige Maßnahmen bei Missständen getroffen werden können. Das Bild des internen Beraters (Consultant), auf das wir im Rahmen unserer Einteilung der Controllertypen noch näher eingehen werden, wird hierdurch stark geprägt. Eine starke Affinität des Controllings zu der Bearbeitung des internen und externen Zahlenmaterials lässt sich allerdings nicht leugnen. Hierfür spricht die Nennung von Analyseaufgaben als zweithäufigstes Merkmal.

Weitere Erkenntnisse liefert uns eine Betrachtung der einzelnen Aufgabenfelder losgelöst von den Kategorien, denen wir sie zugeordnet haben. Die von uns ermittelten Prozentwerte fallen niedriger aus, als die entsprechenden bei Weber/ Kosmider bzw. Weber/ Schäffer. Der Grund hierfür liegt in der Tatsache, dass wir viele neue Aufgaben ausmachen konnten, die bei den vorherigen Studien nicht auftauchen. Dies entspricht dem bereits von Weber und Schäffer angezeigten Phänomen, dass Controlleraufgaben immer vielseitiger werden.

Die Entwicklung des Aufgabenbereiches Berichtswesen entspricht in ihrer Richtung den aufgezeigten Entwicklungen von Weber/ Kosmider bzw. Weber/ Schäffer. In den oben bereits angesprochenen Studien stieg die Anzahl der Nennungen in den Stellenanzeigen von 4,7 % in den Jahren 1970-74 kontinuierlich bis auf 13,2 % in den Jahren 1990-94. In dem zuletzt angesprochenen Zeitraum war Berichtswesen bereits das am häufigsten genannte Merkmal, eine Position, die es auch in unseren Beobachtungen einnimmt. Dies kann als Indiz für die bereits oben beschriebene Entwicklung des Finanzcontrollers zum internen Consultant gewertet werden. Verstärkt wird dieses Bild durch die Entwicklung des Aufgabenbereichs „interner Berater“ bzw. „betriebswirtschaftliche Beratung“ (Bezeichnung nach Weber/Kosmider). Ist dieser Aufgabenbereich seit 1960 bis 1994 eher unbedeutend bei ca.
5 % zu beobachten, so liegt diese Aufgabe in unserer Untersuchung mit 7,23 % auf dem dritten Rang.

Die Analyseaufgabe des Controllers können wir ebenfalls nachhaltig bestätigen. Die oben in den Kategorien bereits benannte Häufigkeit der Analysetätigkeit der Controller, spiegelt sich auch in den Einzelbetrachtungen wider. Allein der Bereich Soll/ Ist-Vergleiche und Abweichungsanalysen wurde in 10,70 % der von uns untersuchten Anzeigen erwähnt. Weitere Analyseaufgaben sowie Zukunftsbetrachtungen der Unternehmenssituation finden sich größtenteils im oberen Drittel, ein Indiz dafür, dass das Finanzwesen inkl. der Auswertungen der dort ermittelten Zahlen nicht aus dem Tätigkeitsbereich eines Controllers wegdenken lässt.

Eine weitere interessante Entwicklung zu den bestehenden Studien ist die Mitwirkung bei operativer und strategischer Planung. An der Positionierung beider Merkmale im Mittelfeld hat sich auch in unserer Betrachtung wenig geändert, auffällig ist allerdings, dass in den bestehenden Untersuchungen die operative Planung häufiger genannt wurde als die strategische Planung. Laut unseren Beobachtungen sind beide mit ähnlich hohen Prozentwerten vertreten, die strategische Planung liegt hier sogar vor der operativen. Ein möglicher Erklärungsversuch wäre die aktuelle gesamtwirtschaftliche Lage. Die hohe Zahl von Insolvenzen könnte die Geschäftsführung vieler Unternehmen zu einer vorsichtigeren langfristigen Planung veranlasst haben, wodurch Controller als „kritische Hinterfrager“ des Management mehr Sicherheit in diese Planungsvorhaben bringen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Controlling in der Praxis
Hochschule
Fachhochschule Kiel
Veranstaltung
Controlling Grundlagen
Note
1,3
Autoren
Jahr
2006
Seiten
34
Katalognummer
V61162
ISBN (eBook)
9783638546782
ISBN (Buch)
9783656799467
Dateigröße
620 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Controlling, Praxis, Controlling, Grundlagen
Arbeit zitieren
Timo Voß (Autor:in)Michael Geske (Autor:in), 2006, Controlling in der Praxis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61162

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