Coniuratio Treverensis - Eine Interpretation zum Verbot der Schwureinigung von Trier im Jahr 1161


Hausarbeit, 2001

13 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Der Begriff „coniuratio“

3. Der historische Kontext
3.1 Die „ Großwetterlage “ zur Zeit des Verbotes
3.2 Die Emanzipation der städtischen Ministerialität
3.3 Die Herausbildung der Trierer Kommune 6-
3.4 Die Protagonisten beim Verbot der Kommune 1161 und
ihre Beziehungen zueinander

4. Quelleninterpretation zum Verbot der Schwureinung zu Trier

5. Abschließende Bewertung und Ausblick

6. Quellenverzeichnis

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit dem Verbot „einer gewissen Schwureinung“ bzw. Kommune (cuiusdam communionis) zu Trier im Jahre 1161.

Dieses Verbot war ein Beschluss des „allgemeinen Hoftages“ und des Kaisers Friedrich I. „Barbarossa“. Der zu interpretierende Brief1 wurde von Konrad, Pfalzgraf bei Rhein, an die „Bürger“ der Stadt Trier (burgensibus de Treveri) gerichtet. In ihm verbietet er der Kommune, in seinem Namen gegen den erzbischöflichen Stadtherrn vorzugehen.2

Ziel der vorliegenden Arbeit soll eine Interpretation des von Konrad geschriebenen Briefes sein. Dazu müssen erst die historischen Rahmenbedingungen geklärt werden. Der übergeordnete historische Kontext, die Emanzipation der Ministerialität und, übertragen auf den konkreten Fall, die Ausbildung der Trierer Kommune bis zum Verbot 1161 werden im Anschluss erläutert und beleuchtet.

Fast noch wichtiger jedoch ist es, die für die historischen Vorgänge um 1161 wichtigen Handlungsträger vorzustellen, ihre diversen Interessen zu erklären und ihre Beziehungen zueinander aufzuzeigen. Dies sind Kaiser Friedrich I. „Barbarossa“, Hillin von Fallemagne, Erzbischof von Trier, Konrad von Staufen, Pfalzgraf bei Rhein und, eingeschränkt, Ludwig von der Brücke (de Ponte).

Auf diese Weise wird eine Interpretation der Quelle verständlich und nachvollziehbar.

2. Der Begriff coniuratio

Der Begriff coniuratio hat in der Forschung viele Namen. Edith Ennen nennt nur einige, die hier als Beispiele angeführt werden sollen: coniuratio, Eidgenossenschaft, Schwurverband oder communio.3 Im Lexikon des Mittelalters findet sich folgende Definition: „...Die coniuratio, d.h. die Zusammenschwörung, verbindet die Schwörenden als Schwurbrüder, sei es kurzfristig zur Durchsetzung eines gemeinsamen Ziels, sei es auf Dauer zu einem Schwurverband, der eigene Verbandsgewalt beansprucht und sich eigene Institutionen schafft...“4

Im Handwörterbuch der Rechtsgeschichte heißt es ergänzend: „...Conjuratio heißt [...] jede beschworene Einung; sofern sie, wie die Gilde, eine Schwurbrüderschaft zum Inhalt hat, verpflichtet sie die Genossen u.a. zur Eideshilfe [...] Die beschworene Einung der Conjuratio entzieht sich, da aus eigenem Recht entstanden, dem herrschaftlichen Rechtskreis; sie kann deshalb dazu dienen, die genossenschaftliche Ausübung des Widerstandsrechts gegenüber einem Herrn zu ermöglichen...“5

Zudem ist es wichtig hier zwischen Gilde und coniuratio zu differenzieren: Eine Gilde erfasst nicht alle Einwohner einer Stadt, sondern nur eine Gruppe in ihrer bestimmten Berufsausübung also beispielsweise Kaufleute. Sie ist auch nicht unbedingt auf einen Ort beschränkt. Die coniuratio dagegen ist eine bezirksgebundene Genossenschaft, die alle Bewohner eines Territoriums einschließt und somit einen neuen Stand begründet: den Bürger.6

Wie sich diese allgemein gehaltenen Definitionen auf die Trierer coniuratio im XII. Jahrhundert anwenden lassen, wird im folgenden zu klären sein.

3. Der historische Kontext

3.1 Die „Großwetterlage“ zur Zeit des Verbotes

Um die Vorgänge 1161 in Trier 7 besser verstehen zu können, muss das Verbot der Schwureinigung zunächst in einem zeitlichen Rahmen betrachtet werden. Kaiser Friedrich I. „Barbarossa“ war erst 1153 König geworden und erst seit sechs Jahren Kaiser des Reiches. Zu dieser Zeit hatte er bereits mehrere Kriegszüge gegen das sizilianische Normannenreich sowie, was entscheidend ist, gegen die Stadt Mailand in Oberitalien geführt. Diese hatte er zwar 1158 erobert, doch begannen mehrere Städte dieser Region aufzubegehren. Schon 1163/64 formierte sich der „Veroneser Städtebund“, bald darauf 1168 der bedeutendere „Lombardische Städtebund“.8

Es war schon länger absehbar, dass mit den norditalienischen Kommunen eine neue selbständige Kraft herangewachsen war, die letztlich gar nicht in den „Griff“ zu bekommen war; eine Erfahrung die neben dem Kaiser fast alle Reichsfürsten gemacht hatten.9 Ähnliches in Trier zu unterbinden, musste im Interesse des Kaisers wie der Fürsten liegen. Als abschreckende Warnung fungierte außerdem die Mainzer coniuratio, die ein Jahr zuvor ihren Erzbischof Arnold von Seelenhofen ermordet hatte. Um sich der militärischen Unterstützung seiner geistlichen Reichsfürsten sicher zu sein, musste Friedrich I. ihnen den Rücken freihalten. (Barbarossa war in seiner Italienpolitik auf die militärische Unterstützung nicht zuletzt seiner geistlichen Reichsfürsten angewiesen- der nächste Feldzug stand unmittelbar bevor.10 )

3.2 Die Emanzipation der städtischen Ministerialität

Entscheidender Faktor bei der Kommunebildung in Mitteleuropa war die zunehmende Emanzipation der städtischen Ministerialität vom Stadtherrn im Verlauf des XI. und XII. Jahrhunderts.

Schulz arbeitet in seiner Schilderung mehrere begünstigende Faktoren heraus: Erstens die Lehnsfähigkeit der als „bischöfliche Beamten“ eingesetzten Ministerialen. Für die Verwaltungstätigkeiten erhielten sie vom Stadtherrn Land zu Lehen, meist im zentralen städtischen Bereich gelegen. Mit zunehmender „Verflüchtigung“ der Lehen wurde das Land zu Grundbesitz und dienten den Besitzern als „Vermögensabsicherung“ sowie der „Betonung des gesellschaftlichen Status“. Des weiteren begünstigten Privilegien im Geldhandel (Zugehörigkeit zu Münzer- und Wechslerhausgenossen und damit Vorrecht im Wechsel- und Edelmetallgeschäft), die aufgrund der Funktion verliehen wurden, ein „Hinübernehmen“ der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Vorrangstellung in den bürgerlichen Bereich. Drittens wurde die städtische Ministerialität auch im Warenhandel tätig.11 Aufgrund der Verflechtung der Ministerialen mit politischem und wirtschaftlichem Leben der Stadt, sieht Schulz sie als „geradezu prädestiniert, das Heft in die Hand zu nehmen“.12

Holbach macht die Emanzipation auch an der veränderten Stellung der Bischöfe fest: im Rahmen einer bereits im XI. Jahrhundert festgestellten Tendenz der Herrschaftsintensivierung, fand ein sogenannter „Entsakralisierungsprozess“ des vom geistlichen Würdenträger zum Territorialherrn gewandelten Stadtherren statt.13 In diesem Zusammenhang erscheinen die politischen und geistigen Umbrüche des Investiturstreits14 ebenfalls als bedeutend. Schulz sieht hierin einen wichtigen Ursachenkomplex, der die Stadtbewohner im allgemeinen geradezu zum „Ungehorsam“ animierte.15 Dieser Prozess und damit die Herausbildung und Entwicklung der Kommune soll nun am Trierer Beispiel nachvollzogen werden.

3.3 Die Herausbildung der Trierer Kommune

Schulz teilt den Emanzipationsprozess der Ministerialität in Trier in drei Phasen ein: im ersten Viertel des XII. Jahrhunderts fand eine Formierung statt, d.h. ein Zusammenschluss und die Ausbildung eines Gruppenbewusstseins der Ministerialität. Zwischen 1125 und 1135 wurde das neue politische Selbstbewusstsein formuliert und artikuliert. In den vierziger und fünfziger Jahren des XII. Jahrhunderts verlagerte sich schließlich das Gewicht allmählich auf die gesamte Stadtgemeinde.

Ein gewisser Ludwig von der Brücke (de Ponte) war erwiesenermaßen herausragend beteiligt an diesem Emanzipationsprozess. Seit 1107 war er Führer der Trierer Ministerialität, ab 1115 übernahm er das Amt des Kämmerers und bald darauf die Funktion des Stadtpräfekten und Burggrafen (burggravius id est praefectus urbis).16 Aus der Schilderung des Chronisten Balderich geht hervor, dass es Ludwig gelang, den Erzbischof Gottfried (1124-1127) von sich abhängig zu machen, und zwar so vollständig, „...dass er sagen konnte, er habe die Pfalz/den Bischofspalast zu Lehen. Alle bischöflichen Einkünfte müssten dorthin gebracht werden. Für den Unterhalt des Bischofs habe er zu sorgen und alle übrigen zum Bistum gehörigen Dinge seien ihm lehnsrechtlich unterstellt.

[...]


1 Kentenich, Gottfried: Geschichte der Stadt Trier von ihrer Gründung bis zur Gegenwart. Denkschrift zum hundertjährigen Jubiläum der Zugehörigkeit der Stadt zum Preußischen Staat, Trier 1915, S. 149.

2 Weinrich, Lorenz (Hrsg.): Quellen zur deutschen Verfassungs-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte bis 1250 (= Ausgewählte Quellen zur Geschichte des Mittelalters; Frh. v. Stein- Gedächtnisausgabe, Bd. 32), Darmstadt 1977, S. 264-267, Nr. 69.

3 Vgl. Ennen, Edith: Frühgeschichte der europäischen Stadt, Bonn 1953, S. 172.

4 Ennen, Edith: coniuratio, in: LexMA, Bd. 3, München 1986, Sp. 135.

5 Dilcher, Gerhard: Conjuratio, in: HRG, Bd. 1, Berlin 1971, Sp. 631-632.

6 Vgl. Ennen 1953, S. 172-173.

7 Holbach, Rudolf: „...gravissima coniuratione introducta“. Bemerkungen zu den Schwureinungen in Bischofsstädten im Westen des Reiches während des Hochmittelalters, in: Nikolay-Panter, Marlene, Janssen, Wilhelm & Herborn, Wolfgang (Hrsgg.): Geschichtliche Landeskunde der Rheinlande. Regionale Befunde und raumübergreifende Perspektiven. Georg Droege zum Gedenken, Köln 1994, S. 167.

8 Vgl. Engels, Odilo: Friedrich I. (F. Barbarossa), in: LexMA, Bd. 4, München 1989, Sp. 931-933.

9 Vgl. Schulz, Knut: „Denn sie lieben die Freiheit so sehr...“. Kommunale Aufstände und Entstehung des europäischen Bürgertums im Hochmittelalter, Darmstadt 19952, S. 168.

10 Vgl. ebd.

11 Vgl. Schulz, S. 184-185.

12 Vgl. ebd., S. 185.

13 Holbach, S. 178-179.

14 Investiturstreit: grundsätzliche Auseinandersetzung um das Verhältnis von weltlicher und geistlicher Gewalt in der zweiten Hälfte des XI. Jahrhunderts, in: Meyers großes Taschenlexikon, Bd. 10, Mannheim 1992, S. 233.

15 Schulz, S. 169.

16 Vgl. Schulz, S. 169.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Coniuratio Treverensis - Eine Interpretation zum Verbot der Schwureinigung von Trier im Jahr 1161
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Veranstaltung
Städte im Mittelalter
Note
1,7
Autor
Jahr
2001
Seiten
13
Katalognummer
V61271
ISBN (eBook)
9783638547611
Dateigröße
466 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die coniuratio ist im 12. Jahrhundert keine Seltenheit. Während viele Siedlungen des nordalpinen Raums in dieser Zeit erst gegründet werden, entstehen in den alten Römerstädten Emanzipationsbewegungen, die vor allem von der neu entstandenen Ministerialität getragen werden und sich gegen ihre Stadtherren auflehnen. Die Arbeit befasst sich mit dem Fall Trier, der als exemplarisch für die Entstehung einer Stadtgemeinde und für die Anfänge städtischen Bürgertums angesehen werden kann.
Schlagworte
Coniuratio, Treverensis, Eine, Interpretation, Verbot, Schwureinigung, Trier, Jahr, Städte, Mittelalter
Arbeit zitieren
Stefan Röttele (Autor:in), 2001, Coniuratio Treverensis - Eine Interpretation zum Verbot der Schwureinigung von Trier im Jahr 1161, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61271

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