Der Reformadel im 11. Jahrhundert - Faktoren eines neuen adligen Bewusstseins


Hausarbeit, 2006

16 Seiten, Note: 1,8


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Königswahl in Forchheim als Ausdruck eines neuen Adelsstandes

3. Religiöse Entwicklungen im Adel des 11. Jahrhunderts

4. Weltliche Faktoren eines neuen adligen Bewusstseins

5. Schlussbetrachtung

6.0 Quellen- und Literaturverzeichnis
6.1 Quellen
6.2 Literatur

1. Einleitung

„obstinatis mentibus ad summovendum a negociis regni regem Heinricum et alium, in quem communis election consensisset, creandum.”[1]

Mit diesem Vorsatz versammelten sich sächsische und schwäbische Adlige und alle anderen Großen des Reiches, die in Opposition zu Heinrich IV. standen, 1076 in Trebur und aus diesem heraus Vorsatz wählten sie auch 1077 Rudolf von Rheinfelden in Forchheim zum Gegenkönig.

Die Auseinandersetzung zwischen dem König und seinen Fürsten, gipfelnd im Investiturstreit[2] und dem Gegenkönigtum Rudolfs von Rheinfelden machen das 11. Jahrhundert zu einer Schlüsselepoche, die für die nachfolgende Zeit prägend wirkt. Dieses Jahrhundert ist eines der Umbrüche, Reformen und Neuanfänge, die die gesamte mittelalterliche Gesellschaft ergreifen. Die vorliegende Arbeit soll nun nicht die Gründe für die Erhebung des Adels gegen den König ausführen, denn diese liegen vor allem in einem geänderten Selbstverständnis und Herrscher- und Herrschaftsbegriff des Adels, sondern vielmehr die Aspekte, die diesen Wandel auslösten und vorantrieben, in ihrer Gesamtheit betrachten.

Auch in der Forschung finden diese Aspekte immer stärker Beachtung, da auch der Adel mehr und mehr als Mitverursacher der gesellschaftlichen wie politischen Umbrüche des 11. Jahrhunderts gesehen wird und nicht mehr nur der König und der Papst. Bisher jedoch sind vielfach nur einzelne Aspekte herausgehoben betrachtet worden, jedoch nie alle Aspekte gemeinsam. Stefan Weinfurter zum Beispiel arbeitet die religiöse Motivation des Adels heraus[3], Karl Schmid betrachtet die Verbindung zwischen der Klosterreform und dem Adel[4] und Jutta Schlick sucht den Aspekt eines neuen Verständnisses von Herrschaft herauszuarbeiten[5]. Dabei ist die Quellenlage zu den einzelnen Punkten sehr gut, denn es finden sich zum einen Angaben zur Motivation und dem Herrschaftsverständnis vielfach in den Beschreibungen der Wahl in Forchheim, wobei hier besonders Brunos Buch vom Sachsenkrieg[6] beachtet werden sollte - denn von einem Gegner Heinrichs geschrieben schildert es doch besonders deutlich die Motivation der Wahl - und zum anderen lassen sich die verschiedenen Verbindungen zwischen Adel und Reform gut anhand der Urkunden der vielen Klostergründungen im 11. Jahrhundert nachvollziehen, wobei hier besonders auf das „Hirsauer Formular“[7] verwiesen sei. Erst bei Thomas Zotz[8] findet sich eine zusammenfassende Darstellung aller Aspekte, die aber eben nur ein Überblick ist.

Die Untersuchung der einzelnen Aspekte, welche das neue Auftreten des Adels hervorbrachten, ist deshalb so interessant, weil aus diesem neuen Auftreten das Wormser Konkordat und damit das Grundgerüst des Herrschaftsverständnisses im Reich bis ins 19. Jahrhundert hinein[9] resultierte. Die Aktualität der Ereignisse des Investiturstreites und Canossas, die in enger Verbindung mit diesem neuen Adel standen, zeigt sich zum Beispiel an der groß angelegten Kunst- und Kulturausstellung 2006 in Paderborn dieses Jahres, die ganz dem Zeitalter des Investiturstreits gewidmet ist.

Die vorliegende Arbeit soll hierbei eine ähnliche Vorgehensweise wie auch die oben genannten Autoren verfolgen, nämlich eine Untersuchung der einzelnen Aspekte, doch soll dies hier nun in einem direkten Nacheinander geschehen und es soll versucht werden ein gemeinsames Wirken der Aspekte aufzuzeigen und nicht einem die Hauptmotivation für den Wandel des Adels zuzuweisen. Dies erfordert natürlich ein informatives Eingrenzen, was heißen soll, dass diese Arbeit die historischen Auswirkungen des Wandels und der einzelnen Aspekte wie zum Beispiel auch „Canossa“ nicht näher betrachten wird, sondern sich vielmehr auf die einzelnen Punkte zu konzentrieren sucht. Auch ist eine zeitliche Eingrenzung von Nöten, da einzelne Aspekte zwar schon unter Heinrich III. auftreten, aber erst unter Heinrich IV. zeigt sich das neue Verständnis des Adels in voll entwickelter Form, weshalb sich der untersuchte Zeitraum besonders auf die zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts beschränken wird.

Es gilt nun den Wandel am Beispiel der Wahl Rudolfs in Forchheim erst einmal deutlich zu machen und dann – in geistliche und weltliche Aspekte getrennt – die einzelnen Entwicklungspunkte herauszuarbeiten. Schließen soll die Untersuchung letztendlich mit einer Verdeutlichung der Auswirkungen der Entwicklung auf das Herrschaftsverständnis und einer Zusammenführung der einzelnen Aspekte in ihrer Wirkung auf diese.

2. Die Königswahl in Forchheim als Ausdruck eines neuen Adelsstandes

„Interea Saxones et Suevi Forchheim conveniunt, sed et de aliis regionibus legati aderant“.[10]

So berichtet uns Bruno in seinem Werk vom 13. März 1077. Die bedeutendsten Teilnehmer dieses Aufstandes gegen Heinrich IV. waren die sächsische Adelsopposition um Otto von Northeim und die schwäbische Opposition um die Herzöge Rudolf von Rheinfelden, Welf IV. und Berthold von Zähringen. Diese befanden sich auch schon vor der Erhebung in Forchheim in Opposition zum König.[11] Gerade die Verbindung von Welf IV. und Otto von Northeim sticht besonders hervor: Beide haben sich auf dem Fürstentag in Trebur ausgesöhnt und den Friedenskuss getauscht, da der Welfe 6 Jahr zuvor Nachfolger des abgesetzten Otto von Bayern geworden ist.[12] Einmal abgesehen von den Individualinteressen der einzelnen Adligen hebt der gesamte Vorgang dieser Königswahl die Bedeutung der Fürsten für selbige hervor. Es ist davon auszugehen, dass bereits vor der Wahl Rudolf als Kandidat feststand, jedoch wird die Bedeutung des Wahlprinzips noch einmal explizit hervorgehoben, wenn es heißt

[...]


[1] Lampert von Hersfeld, Lamperti Hersfeldensis Annales, hg. von Oswald Holder Egger, in: Lamperti monachi Hersfeldensis Opera (SS rer. Ger. [38]), Hannover-Leipzig 1894, ND Hannover 1984, S. 276.

[2] Althoff, Gerd, Königsherrschaft und Konfliktbewältigung im 10. und 11. Jahruhundert, in: Frühmittelalterliche Studien 23, 1989, S. 265-290; Erkens, Franz-Reiner, Fürstliche Opposition in ottonisch-salischer Zeit, in: Archiv für Kulturgeschichte 64, 1982, S. 307-370; Zotz, Thomas, Der südwestdeutsche Adel und seine Oppostion gegen Heinrich IV., in: Welf IV. – Schlüsselfigur einer Wendezeit. Regionale und europäische Perspektiven (Zeitschrift für bayrische Landesgeschichte, Beiheft 24), hg. von Dieter R. Bauer – Mathias Becher, München 2004, S. 339-359; Weinfurter, Stefan, Canossa. Die Entzauberung der Welt, München 2006.

[3] Weinfurter, Stefan, Reformidee und Königtum im spätsalischen Reich. Überlegungen zu einer

Neubewertung Kaiser Heinrichs V., in: Reformidee und Reformpolitik im spätsalisch-frühstaufischer

Reich (Quellen und Abhandlungen zur Mittelrheinischer Kirchengeschichte 68), Mainz 1992, S. 1-45.

[4] Schmid, Karl, Adel und Reform in Schwaben, in. Investitur und Reichsverfassung (Vorträge und Forschungen 17), hg. von Josef Fleckenstein, Sigmaringen 1973, S. 295-321.

[5] Schlick, Jutta, König, Fürsten und Reich (1056-1159). Herrschaftsverständnis im Wandel (Mittelalter-Forschungen 7), Stuttgart 2001.

[6] Bruno [Merseburgensis], Brunonis De bello Saxonico liber, hg. von Wilhelm Wattenbach (MGH SS rer. Ger. [7]), Hannover 1880.

[7] MGH D. H. IV. 280

[8] Zotz, Thomas, Die Situation des Adels im 11. und frühen 12. Jahrhundert, in: Vom Umbruch zur Neuerung? Das 11. und beginnende 12. Jahrhundert – Positionen der Forschung (Mittelalter-Studien 13), hg. von Jörg Jarnut – Matthias Wemhoff, München 2006, S. 341-355.

[9] Bis zum Ende des Reiches 1806.

[10] Bruno, Brunonis De bello Saxonico liber, 91, S. 67.

[11] Jakobs, Herrmann, Rudolf von Rheinfelden und die Kirchenreform, in: Investiturstreit und Reichsverfassung (Vorträge und Forschungen 17), hg. von Josef Fleckenstein, Sigmaringen 1973, S. 87-115.

[12] Vgl. Störmer, Wilhelm, Welf IV., in: Lexikon des Mittelalters 8, München-Zürich 1997, Sp. 2144f..

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Details

Titel
Der Reformadel im 11. Jahrhundert - Faktoren eines neuen adligen Bewusstseins
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Note
1,8
Autor
Jahr
2006
Seiten
16
Katalognummer
V61422
ISBN (eBook)
9783638548878
ISBN (Buch)
9783656771708
Dateigröße
472 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Reformadel, Jahrhundert, Faktoren, Bewusstseins
Arbeit zitieren
Sven Weißer (Autor:in), 2006, Der Reformadel im 11. Jahrhundert - Faktoren eines neuen adligen Bewusstseins, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61422

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