Die Bedeutung von Service in Denise Chávez' "Face of an Angel"


Dossier / Travail de Séminaire, 2004

18 Pages, Note: 1,7


Extrait


I. Einleitung

Mit dem Roman Face of an Angel hat Denise Chávez ein komplexes Werk geschaffen, das durch seinen tiefgründigen, vielseitigen Inhalt durchaus auf eine Stufe mit den wichtigsten Werken der Chicano/a Literature gestellt werden kann. Face of an Angel ist nicht nur ein "literary tribute to servants"[1] und eine Familiengeschichte mit unvergesslichen, lebendigen Charakteren, sondern handelt auch von den vielen Gesichtern der Frauen, die sie in ihren verschiedenen Rollen als Mütter, Ehefrauen, Liebhaberinnen, Töchter und Angestellte tragen.

Darüber hinaus zeigt dieses Werk, wenn es auch in erster Linie von Chicanas handelt, doch die zeitlose, universale Aktualität der zugrunde liegenden Problematik.

Eines der zentralen Themen in Face of an Angel ist die Tätigkeit des Dienens, die sich hinter den im Roman auftauchenden Schlüsselbegriffen service/serving, waiting/waitressing und working verbirgt.

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich nun um den Versuch, die Bedeutungen, die dahinter stehen, zu analysieren. Es soll nicht nur gezeigt werden, welche Bedeutung service für die Protagonistin besitzt, indem ihre Rolle als Kellnerin im Restaurant El Farol untersucht wird, sondern auch herausgestellt werden, inwiefern man diese Bedeutung auf alle Frauen ausweiten kann. Dabei ist die Analyse des Book of Service unverzichtbar. Im letzten Teil der Arbeit werden dann noch Überlegungen zur Übertragung der Bedeutung von service angestellt.

Es wird sich zeigen, ob Aussagen von realen Chicanas wie:

'I started working when I was fourteen. [...] I was busing dishes in a cafeteria after school

and on the weekends. Two things made me want to get a job.: I needed the money, and I

wanted to get out of the house. My dad was so strict that the only way to get out was to get

a job.'[2],

oder: "A lot of us identify with our jobs. I try not to, but I do, I’m proud." (174) auch im Roman Face of an Angel ihre Bestätigung finden.

Bevor damit begonnen wird, soll aber zunächst noch die Autorin Denise Chávez vorgestellt und eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte des Romaninhalts geliefert werden.

I. Denise Chávez’ Face of an Angel

II.1. Die Autorin

Denise Chávez wurde am 15. August 1948 in Las Cruces in New Mexico geboren. Ihr Vater Epifanio war die meiste Zeit abwesend, so dass ihre Kindheit hauptsächlich unter dem weiblichen Einfluss ihrer Mutter Delfina, die als Lehrerin arbeitete, ihren beiden Schwestern Faride Conway und Margo sowie den mexikanischen Angestellten, die nicht nur kochten und putzten, sondern auch bei der Erziehung der Mädchen holfen, stand.[3]

Durch die Zweisprachigkeit der Bewohner des Südens von New Mexico sowie die Anwesenheit mexikanischer Frauen im eigenen Hause lernte Chávez die Kunst der Bilingualität schätzen. Ihre Kindheit wurde von der mündlichen Tradition des storytelling geprägt, was einen gewaltigen Einfluss auf die werdende Schriftstellerin ausübte, und Grund dafür ist, dass sie sich heute selbst als „performance writer“ bezeichnet. An der Madonna High School in Mesilla, New Mexico, nahm Chávez an Theaterkursen teil und entdeckte ihr Interesse für Drama als ein Mittel persönlichen Ausdrucks. Sie erwarb ihren B.A. in Drama an der Nex Mexico State University und zwei master’s degrees, einen Master of Fine Arts Degree in Drama an der Trinity University und einen Master of Fine Arts Degree in Kreativem Schreiben an der University of Mexico. Anfang der siebziger Jahre begann sie Theaterstücke über die sozialen und wirtschaftlichen Werte der Chicano- Kultur zu schreiben. Darauf folgten zahlreiche Gedichte und Kurzgeschichten, von denen 1986 eine Sammlung mit dem Titel „The Last of the Menu Girls“ veröffentlicht wurde, wofür sie den Puerto del Sol Fiction Award gewann. Diese alle miteinander zusammenhängenden Kurzgeschichten scheinen Chávez’ eigene Erfahrungen widerzuspiegeln; auch Rocio, die Protagonistin in The Last of the Menu Girls, wächst ohne Vater auf und arbeitet im Krankenhaus. Chávez jobbte eine Zeit lang selbst in einem Krankenhaus. Mit dem Roman Face of an Angel, der 1994 veröffentlicht wurde, gewann sie im darauffolgenden Jahr den American Book Award, den Premio Axtlan sowie den Mesilla Valley Author of the Year Award. In beiden Werken, The Last of the Menu Girls und Face of an Angel, erscheint das Thema service in Bezug auf Arbeit, Beziehungen, Mutterschaft und Religion.

Denise Chávez arbeitet zur Zeit als Assistant Professor for Creative Writing an der New Mexico State University. Zusammen mit ihrem Ehemann lebt sie noch immer in dem Haus, in dem sie geboren und aufgewachsen ist.

II.2. Romaninhalt

Denise Chávez’ Face of an Angel erzählt die Geschichte von Soveida Dosamantes, die als Kellnerin im El Farol, einem mexikanischen Restaurant in Agua Oscura, einer kleinen Stadt im Süden Nex Mexicos, arbeitet.

Soveida verfolgt die Spuren ihrer Familie zurück bis ins 19. Jahrhundert, als ihr Urgroßvater Manuel Dosamantes lebte. Sie besitzt den Wunsch, die Vergangenheit ihrer Familie innerhalb der mexikanisch-amerikanischen Gesellschaft zu erkunden. Dabei geht es ihr nicht um die Vollständigkeit der Präsentation. Vielmehr ist sie bestrebt, die ganz persönlichen Geschichten zu beleuchten. Sie will die Wahrheit ans Tageslicht bringen und persönliche Wunden, die von gesellschaftlichen Konventionen und kulturellen Traditionen vertuscht werden, aufdecken. Nach einem Gespräch mit ihrer Cousine Mara, die als Kind von Soveidas Vater missbraucht wurde, schreibt die Protagonistin: "We were a family without a real history. Ours was a history of lies. Someone’s invention of what a family should be. And yet […] we are undoing the lies."[4]

Rückblickend berichtet Soveida von ihrer Kindheit, in der sie noch den Traum hatte, eine Heilige zu werden und mit ihrer Großmutter Mamá Lupita, die für sie die eigentliche Mutter ist[5], regelmäßig in die Kirche ging. Sie erzählt von ihrer katholischen Erziehung, ihren Beziehungen zu Familie, Freunden, Ehemännern und Liebhabern, wobei so kontroverse Themen wie Inzest, Alkoholmissbrauch, Sexualität, Selbstmord und Machismo zur Sprache kommen.

Hauptsächlich aber erfahren wir von ihrer jahrelangen Arbeit im El Farol und den zahlreichen Erfahrungen, die sie dort sammelt und schließlich im Book of Service, einem Handbuch für angehende Kellnerinnen, niederschreibt. Auch als Soveida beginnt, an Universitätskursen über die Chicano-Kultur teilzunehmen, hört sie nicht auf, im Restaurant zu arbeiten, da es für sie ihr Zuhause und ihre Kollegen zu ihrer Familie geworden sind (305). Im letzten Kapitel des Romans beschließt Soveida nicht nur, ihren B.A. zu machen, also ihre akademische Laufbahn fortzusetzen, sondern auch ein Kind zu bekommen.

III. Die Bedeutung von service für Soveida Dosamantes

III.1. Service im El Farol

Soveida Dosamantes beginnt im Alter von 15 Jahren, in dem mexikanischen Restaurant El Farol zu arbeiten. Sie gelangt nur zufällig an den Job, da sie lediglich ihren jüngeren Cousin A.J. bei seinem Vorstellungsgespräch begleitet, um ihm moralische Unterstützung zu leisten. Da A.J. aber nicht genügend Zeit hat, um in dem Restaurant arbeiten zu können, wendet sich die Besitzerin, Mrs. Consuelo Larragoite, die Mutter des späteren Managers Larry, an Soveida, die daraufhin einwilligt. Zu diesem Zeitpunkt ahnt Soveida noch nicht, wieviel Zeit sie einmal an diesem Ort verbringen und welch große Bedeutung die Arbeit im El Farol für sie haben wird.

Soveida beginnt zunächst als bus girl für Milia Ocana zu arbeiten, die für sie zu einer wichtigen Bezugsperson und einem Vorbild wird und das Mädchen in die Kunst des Kellnerns einführt. Milia war die erste und einzige Kellnerin bei der damaligen Eröffnung des Restaurants. Zu dem Zeitpunkt, als Soveida im El Farol ihre Beschäftigung aufnimmt, arbeitet Milia dort bereits seit 22 Jahren. Für sie ist das Kellnern weitaus mehr als nur irgendein Beruf. Das Restaurant, ihre Kollegen, ihre Kunden und die Arbeit, der sie nachgeht, ersetzen ihr die Familie, das El Farol ist für sie eine ganze Welt:

'I didn’t have a mama, she died when I was little. My father was just a poor man who didn’t know

much except oats and sheep. What I did have was silence and the power of my hands. Anyone

would walk in here and just see tables, with people sitting around them eating. I look around and

I see a world. A complete world.' (109)

Milia ist stolz auf ihre Arbeit und verurteilt diejenigen, die abschätzig über ihre Tätigkeit im Restaurant reden. Diese Leute haben nach ihren Worten einfach keine Ahnung, wie solide dieser Beruf sein kann, wenn man darin gut ist[6]. Milia hat eine Menge Stammkunden, die sie schätzen und respektieren, erhält anständiges Trinkgeld und wird gut bezahlt. Im Kellnern scheint sie offensichtlich ihre Berufung gefunden zu haben: "What was evident was that the woman had found her calling." (105). An ihrem ersten Arbeitstag wird Soveida warmherzig von Milia begrüßt und sogleich mit den von ihr aufgestellten Regeln und den festen Ritualien vertraut gemacht. Soveida soll die Arbeit als Kellnerin schätzen lernen, sich ihrer großen Verantwortung bewusst werden und sich jedes einzelne Detail, sei es, wie man das Besteck putzt oder wie man dem Kunden richtig zuhört, so gut wie nur möglich einprägen. Milia macht Soveida Mut und stärkt ihr Selbstbewusstsein, indem sie ihr erklärt, dass die Arbeit, die sie gemeinsam verrichten, viel wichtiger ist, als es zu Beginn vielleicht erscheinen mag: "Soveida, you’re more than my assistant. You’re the left hand of God extended. […] I am God’s left hand and you, Soveida, are God’s left hand extended." (106). Soveida und Milia sind füreinander verantwortlich: Was die eine tut, muss auch die andere tun, denn nur gemeinsam können sie ihre Arbeit effizient verrichten. Kellnern ist in Milias Augen eine Kunst, für die nicht jeder bestimmt ist. Indem sie Soveida als Ballerina bezeichnet, die sich für ihren Auftritt bereit machen soll[7], und folglich das Kellnern mit einem Tanz vergleicht, vermittelt sie ihr, dass die Arbeit nicht nur mit großem Geschick, sondern auch mit Freude verbunden ist. Der 42jährigen Kellnerin, die ihrer Arbeit mit Stolz nachgeht, ist es wichtig, dass Soveida den gleichen Stolz dabei empfindet wie sie. Sie soll ihr Handwerk bewundern und genießen, denn nur dann kann sie eine wahre Kellnerin sein und würdig genug, Milia eines Tages zu ersetzen. Doch schon vom ersten Tag an besitzt Milia das Gefühl, dass Soveida dieser Aufgabe mehr als nur gerecht wird: "I knew when I saw you, Soveida, that you were like me. [...] A true waitress. Someone who loves people and enjoys the craziness of this work. Someday you’ll replace me." (108). Milia erkennt früh Soveidas Kompetenz und glaubt daran, dass sie eines Tages nicht nur die beste Kellnerin in ganz Agua Oscura wird, sondern sogar für sie die Möglichkeit bestehe, nach Larrys Pensionierung Restaurantmanagerin zu werden[8]. Als ihr Soveida darauf erwidert, dass es sich für sie doch nur um einen vorübergehenden Ferienjob handelt, weiß Milia schon, dass Soveida noch ihre Meinung ändern wird und sagt: "That’s what you say, mi bailarina. Listen to my words. The food gets to you." (109). Und Milia hat Recht: Schon nach ein paar Monaten wird das Kellnern für Soveida zur Vollzeitbeschäftigung. In einem Gespräch mit Larry, der später zum Restaurantmanager aufsteigt, teilt sie ihm mit, dass sie es liebt zu bedienen und spricht Milias Prophezeiung aus: "I can’t believe I’m staying on. The food’s gotten to me." (110).

[...]


[1] Kommentar von William Clark in Publishers Weekly.

[2] Vicki L. Ruíz. Las Obreras. Chicana Politics of Work and Familiy. Los Angeles: UCLA Chicano Studies Research Center Publications Los Angeles, 2000. 164.

[3] Hinsichtlich der biografischen Angaben beziehe ich mich auf die Contemporary Hispanic Biography.Vol. 2. Gale, 2002 sowie die Internetseite http://www.zianet.com/desertx/mar98/chavez.html.

[4] Chávez, Face of an Angel, 53.

[5] Vgl. Chávez, 3.

[6] Vgl Chávez, 107.

[7] Vgl. Chávez, 108.

[8] Vgl. Chávez, 108f.

Fin de l'extrait de 18 pages

Résumé des informations

Titre
Die Bedeutung von Service in Denise Chávez' "Face of an Angel"
Université
Free University of Berlin  (John F. Kennedy Institut für Nordamerikastudien)
Cours
Chicana Literature
Note
1,7
Auteur
Année
2004
Pages
18
N° de catalogue
V61453
ISBN (ebook)
9783638549103
ISBN (Livre)
9783640319398
Taille d'un fichier
530 KB
Langue
allemand
Annotations
Eines der zentralen Themen in Face of an Angel ist die Tätigkeit des Dienens, die sich hinter den im Roman auftauchenden Schlüsselbegriffen service/serving, waiting/waitressing und working verbirgt. Die Arbeit analysiert die Bedeutungen, die sich dahinter verbergen. Sie weitet diese auf allle im Roman auftauchenden Frauen auf. Außerdem beinhaltet sie Angaben zur Autorin sowie eine Romanzusammenfassung.
Mots clés
Bedeutung, Service, Denise, Chávez, Face, Angel, Chicana, Literature
Citation du texte
Jasmina Murad (Auteur), 2004, Die Bedeutung von Service in Denise Chávez' "Face of an Angel", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61453

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