Lebensläufe von Lehrern - Zwangsläufig Burnout?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

26 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

0 Einleitung

1 Studenteneinschätzungen
1.1 Motivationen
1.2 Ziele
1.3 Schwierigkeiten

2 Spezifische Schwierigkeiten des Lehrberufs

3 Lehrerlebensläufe

4 Burnout
4.1 Stadien des Burnout
4.1.1 Begeisterung
4.1.2 Stagnation
4.1.3 Frustration
4.1.4 Apathie
4.2 Vorbeugung und Gegenmaßnahmen

5 Kommunikation im Kollegium: Der Ist-Zustand

6 Zusammenarbeit als Stütze: Der Wunsch-Zustand

7 Ratschläge für den einzelnen Lehrer

8 Schlussfolgerung

9 Bibliographie

0 Einleitung

„Wer den Energiehahn ständig überdreht, der bleibt irgendwann einmal im „rasenden Stillstand“ stecken.“ (Untertitel im Trierischen Volksfreund vom 3.04.2001, S. 22). Eines Tages ausgebrannt zu sein, weil man einmal gebrannt hat für einen Beruf, den man aus Idealismus gewählt hat, ist eine schreckliche Vorstellung. Häufiger als es sich die meisten Studienanfänger vorstellen, schlagen Depressionskrankheiten, Alkoholismus, Burnout-Syndrom und innere Kündigung in deutschen Lehrerzimmern zu. In einer Studie des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) aus dem Jahr 2003 geben 82,3% der Lehrer an, ihr Beruf belaste sie „stark“ bis „sehr stark“. Nur 0,1% der Befragten fühlt sich „nicht belastet“.

Dennoch halten viele Nicht-Lehrer die Schulpädagogik für ein entspanntes Arbeitsfeld, als „Halbtagsstelle mit voller Bezahlung“, die keine Vorbereitungszeit benötigt und mehr Ferien- als Arbeitstage beschert. Aus öffentlicher Sicht erscheint der Lehrberuf ideal für Menschen, die gerne Zeit mit ihrer Familie und ihrem Privatleben zubringen möchten, anstatt für den Beruf zu leben und Karriere zu machen. Eine Lehramtsstudentin berichtete bei der Recherche von ihrem ursprünglichen Wunsch Psychologie zu studieren, wovon ihre Familie ihr abriet. Sie mache sich unglücklich, sich einen so anstrengenden Beruf auszusuchen.

Die vorliegende Arbeit untersucht die Einschätzungen angehender Lehrer bezüglich ihres späteren Arbeitsgebiets und referiert wissenschaftliche Untersuchungen, welche die Belastungen des Lehrberufs evaluieren. Nach den Theorien Hubermans und Terharts untersuche ich Abläufe typischer Lehrerbiographien, zu denen sich wiederum Studenten äußern. Eine der häufigsten Ursachen für Berufsunfähigkeit bei Pädagogen, das Burnout-Syndrom, werde ich anhand von Statistiken des Projekts „Lehrergesundheit Rheinland-Pfalz“ erklären, sowie Präventions- und Lösungsmöglichkeiten sammeln und auswerten.

1 Studenteneinschätzungen

In einer nicht-repräsentativen, nicht-geheimen Umfrage im Plenum zweier Universitätskurse unter Lehramtsstudenten aller Semester wurden den Seminarteilnehmern Fragen zur eigenen beruflichen Zukunft gestellt. Hierbei unterscheidet die Umfrage zwischen Motivationen, Zielen und den befürchteten Schwierigkeiten. Der erste befragte Kurs bestand aus 22 Studenten des Mittelseminars „Schulische Sozialisation“. Die Kursleiterin war bei der Befragung nicht anwesend. Zwei Tage später wurden 67 Kommilitonen des Kurses „Schulqualität, Schulentwicklung“ in Anwesenheit ihrer Kursleiterin befragt.

1.1 Motivationen

Die Studenten des unbetreuten Sozialisationsseminars nannten zuerst Motivationen die aus dem Anliegen entstanden, etwas anders oder besser zu machen als die eigenen Vorbilder. Das Bedürfnis ein besserer Lehrer zu werden, als es die eigenen Lehrer waren, diente vielen als Ansporn. Die Studenten berichteten von negativen Erfahrungen mit unmotivierten, inkonsequenten oder inkompetenten Lehrern, von denen sie in ihrer Schulzeit unterrichtet wurden. Diese schlechten Erfahrungen animierten sie nach eigener Aussage dazu, bessere Ansprechpartner und Experten im eigenen Fach zu werden. Auch ein „Verbessern des Unterrichts“ im Allgemeinen wurde von einigen erwähnt.

Das „Interesse am eigenen Fach“ wurde als wichtige Motivation aufgezählt. Ein großer Teil der Studierenden bestätigte, dass vor allem ihr „Fach“ sie begeistere und dass das „Lehren der jeweiligen Wissenschaft“ eine gute Möglichkeit sei, ein ausführliches Studium mit „sicherer Perspektive“ wahrzunehmen. Andere Studenten betonten die Wichtigkeit der „Kinder- und Jugendarbeit“, die in ihrer Berufswahl eine große Rolle gespielt habe.

„Ein sicherer Job“ und die „Vereinbarkeit mit Familie“ war für männliche wie weibliche Befragte gleichermaßen Motivation für den Lehrberuf. Auch andere auf die eigene Person bezogene Gründe wie „halbflexible Arbeitszeit“ durch freie Zeiteinteilung in der Unterrichtsvorbereitung und Korrekturphase, sowie die Erwartung einer „guten Bezahlung“ wurden als Motivationsfaktoren genannt.

Im zweiten befragten Kurs stand der „Spaß an der Arbeit mit Kindern“ an vorderster Stelle. Einer der Befragten betonte, er wolle „mit Jugendlichen diskutieren“, das fände er besonders spannend. Viel Zustimmung bekam auch die Wortmeldung eines Studenten, der erklärte, der Lehrberuf sei „der Beruf, der einem Schüler am nächsten liegt“, da es der Beruf ist, mit dem man als Schüler am meisten zu tun habe. „Idealismus“ gaben einige Studenten als Motivation an, Lehren sei eine „sinnvolle Arbeit“.

Argumente wie „viel Urlaub haben“, „Vereinbarkeit mit der eigenen Familienplanung“; „Sicherheit“ und der „angestrebte Beamtenstatus“ gab dieser Kurs erst nach Anregung der Kursleiterin („Und was ist mit Punkten wie „Sicherheit“?) zu Protokoll.

1.2 Ziele

Ein großer Anteil der Studierenden des ersten Kurses empfand „Selbstverwirklichung“ als wichtiges Ziel, das sie durch den Lehrberuf verfolgten. Viele gaben auch an, einen „Beitrag für die Gesellschaft“ leisten zu wollen, indem sie „Kenntnisse vermitteln“ oder aber ein Bewusstsein für „Umweltschutz“, „Fragen der Ethik und Moral“ oder „Politik“ schaffen wollten. Ein Student betonte, er wolle die Schüler zu „Liberalismus“ erziehen. Ziel sei auch, so erwähnte ein Student, „genug Geld für Familie und Wohlstand“ anzuhäufen; „nebenbei“ wolle er ein nicht näher bestimmtes „Interesse wecken“.

Auch für Studenten des Parallelkurses war eines der Hauptziele, Schüler „für das eigene Fach zu begeistern“. In Bezug auf die Schüler erschien es den Studenten als wichtig, deren „Entwicklung zu beobachten und zu ermöglichen“ und sie „zu anständigen Schülern“ und „kritischen Persönlichkeiten“ zu „erziehen“. Ziel sei es, „Individuen fördern“ und „auf den Weg bringen“ zu können. Dabei sei es wichtig „Erfolge zu sehen“. Als persönliche Ziele wurden „Aufstiegschancen in der Schulhierarchie“ sowie die Möglichkeit „im Ausland zu unterrichten“ genannt.

1.3 Schwierigkeiten

Als bedrohlich sahen die Studenten des ersten Kurses „festgefahrene Strukturen an Schulen“ an, die sie in ihrem späteren Berufsalltag erwarten könnten und denen sie sich „unterordnen“ müssten. Viele Studenten erwarteten, der „Druck durch den Lehrplan“ könnte eine außerordentliche Belastung darstellen. Ebenso hatte die Angst vor „Erfolglosigkeit“ im Sinne der „Nichterkennbarkeit von Fortschritten“ einen hohen Stellenwert. Weitere erwartete psychische Probleme seien „permanenter Stress“ und „Überbelastung“. Diese beiden Punkte wurden nicht konkretisiert. Physisch rechneten die Studenten des ersten Kurses unter anderem mit einer hohen Belastung durch „Anhaltende Lautstärke im Klassenraum“, welche Ohrenleiden, Tinitus und allgemeine Erschöpfung sowie wiederum psychische Probleme hervorrufen könne. Zudem bedinge eine hohe Hintergrundlautstärke die Notwendigkeit, selbst lauter und energischer aufzutreten, was als ermüdend eingestuft wurde. Einige Studenten erwähnten eine schon jetzt große Angst vor „Bedrohung“ oder tatsächlicher „körperlicher Gewalt“ durch Schüler.

Emotionaler waren die Befürchtungen des zweiten befragten Kurses. Sie könnten „dem Beruf nicht gewachsen sein“ ahnten viele Studenten, sie könnten „praxisfern“ oder „unerfahren“ auftreten und der „hohen Verantwortung“ somit nicht standhalten können. Manche erwähnten, sie könnten sich vorstellen, „abzustumpfen“, aus „Hilflosigkeit“ „Schüler über- oder unterfordern“, was wiederum eine „Ohnmacht im System“ hervorriefe. Wenige befürchteten, „keine Festeinstellung“ zu bekommen.

2 Spezifische Schwierigkeiten des Lehrberufs

Viele dieser Befürchtungen der angehenden Lehrer decken sich mit den Ergebnissen Doyles aus dem Handbook of Research on Teaching zu „Anforderungen des Unterrichts an Lehrer“. Er stellt sechs Elemente der Lehreranforderungen heraus: Mehrdimensionalität, Simultanität, Unmittelbarkeit, Nichtvoraussagbarkeit, Öffentlichkeit und Geschichtlichkeit seien die Säulen der pädagogischen Belastung.

Doyle meint mit Mehrdimensionalität die Schwierigkeit für den Lehrkörper viele Personen und viele unterschiedliche Ziele (fachliche wie soziale und individuelle) unter einen Hut zu bringen und gleichzeitig mit den vielfältigen Konsequenzen zu rechnen. Besonders schwierig sei dieses Agieren auf mehreren Ebenen durch die Simultanität, also Gleichzeitigkeit der Ereignisse, die im selben Moment Beobachten des Umfelds, Fortführen des Unterrichtens, Vorbereiten des nächsten Beitrags, didaktische Planung sowie Erkennen von möglichen Störungsquellen verlangt. Zudem müssten Entscheidungen sofort, also unmittelbar, getroffen werden, was neue unerwartete Entwicklungen hervorruft. Der gesamte Prozess des Unterrichtens sei nur in geringstem Maße voraussagbar, da es sich um einen gemeinsamen Interaktionsprozess von Lehrer- und Schülereinflüssen handele. So ist der Lehrer nicht der einzige Impulsgeber. Auch die Schüler tragen durch Einwürfe, Ablenkungen und gemeinsame Erarbeitungsentwicklungen zum nichtvorhersagbaren Bauplan der Stunde bei.

Eine Umfrage von Gerhard Hüfner für Arbis, der Inititative des BLLV zur Arbeitsbelastung in Schulen, belegt: „Das Lernverhalten der Schüler bereitet den Lehrer/innen „häufig“ Probleme und steht unter den Belastungsfaktoren ganz oben. Etwas weniger belastend, aber immer noch „häufig“ wird das Sozialverhalten der Schüler empfunden. ... Die Belastungen von Lehrer/innen durch Unterrichtsstörungen“ seien ebenfalls „häufig“ sehr groß (Hüfner 1).“ Wie schwerwiegend das Problem der Nicht-Voraussagbarkeit von Schülerreaktionen Lehrer belastet, lässt sich durch einen Blick in die Broschüre „Der Pädagogikführer“ feststellen. Schließt man vom Angebot der dort empfohlenen Ratgeber auf die Nachfrage unter den Lehrern, muss der Leidensdruck der Pädagogen hoch sein. Der Bedarf an Büchern wie „Mit Schülern klarkommen“ (Cornelsen), „Störungen in der Schulklasse“ (Beltz) oder „Schule ohne Stress – 99 Tipps für genervte LehrerInnen“ (Manz) spricht für die Überlastung vieler (vgl. Pädagogikführer 7, 9, 10).

Ist ein Lehrer mit erstgenannten vier Anforderungen an seine Unterrichtskompetenz überfordert, wird seine Schwäche und Unsicherheit laut Doyle nicht lange im Verborgenen, erst recht nicht in den vier Wänden des Klassenzimmers, bleiben. In der Klassenöffentlichkeit entlarvten die Schüler schnell Schwachstellen und Inkonsequenz, besprächen sie und trügen sie durch Gespräche mit anderen Lehrern und Schülern aus Parallelklassen und –kursen in die Schulöffentlichkeit. Die Studenten berichteten, dass der Schritt von der Schulöffentlichkeit zur allgemeinen Öffentlichkeit gerade an ländlichen Schulen häufig nur sehr kurz sei und der Lehrer somit als öffentliche Person mit eingeschränktem Privatleben betrachtet werden könne.

[...]

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Lebensläufe von Lehrern - Zwangsläufig Burnout?
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Pädagogisches Institut)
Veranstaltung
Schulische Sozialisation
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
26
Katalognummer
V61495
ISBN (eBook)
9783638549400
ISBN (Buch)
9783638668088
Dateigröße
670 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit beschäftigt sich mit unterschiedlichen Theorien zur Entwicklung von Burnout. Zu Grunde liegen Ihr die Theorien von Terhart und Huberman, sowie eine nicht-repräsentative Studie unter Studierenden zweier Pädagogik-Kurse der Universität Mainz bezüglich deren Berufserwartungen und Motivationen.
Schlagworte
Lebensläufe, Lehrern, Zwangsläufig, Burnout, Schulische, Sozialisation
Arbeit zitieren
Mareike Hachemer (Autor:in), 2005, Lebensläufe von Lehrern - Zwangsläufig Burnout?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61495

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Lebensläufe von Lehrern - Zwangsläufig Burnout?



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden