Im Jahre 1984 erhielt Hans Jonas von der Evangelisch-theologischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität den Dr. Leopold-Lucas-Preis verliehen. Das Thema seines Festvortrages „Der Gottesbegriff nach Auschwitz. Eine jüdische Stimme“ drängte sich ihm auf, als er erfuhr, dass der Namensträger des Preises in Theresienstadt starb und dessen Frau ebenso wie Jonas´ Mutter in Auschwitz ermordet wurde. Jonas wählte das Thema, wie er schreibt, mit „Furcht und Zittern“. Denn seinem Philosophieverständnis stand die Schuld gegenüber, den Opfern von Auschwitz „so etwas wie eine Antwort auf ihren längst verhallten Schrei zu einem stummen Gott nicht versagen“ zu können. Anders gesagt, er wollte dem Schweigen Gottes nicht noch das Schweigen von Gott hinzufügen.
Hans Jonas wurde 1903 geboren. Er studierte bei Heidegger und Bultmann. Sein Verhältnis zum Judentum beschreibt er als typisch für moderne zeitgenössische Juden, die ihre Erbschaft nicht preisgeben haben, ohne dabei in strengem Sinne gläubig zu sein. 2 Wohl am besten gibt seine Haltung ein Erlebnis wieder, von dem Jonas in Gesprächen mit Rachel Salamander berichtet: Jonas wurde einmal recht unvermittelt gefragt, ob er an Gott glaube. Salamander schreibt (Jonas wiedergebend): „So direkt bin ich das noch nie gefragt worden - und das von einer fast fremden Person! Ich sah sie erst etwas ratlos an, dachte nach und sagte - zu meiner eigenen Überraschung: ´Ja!` Hannah (Hannah Arendt, B. R.) zuckte zusammen - ich weiß noch, wie sie mich fast erschrocken ansah. >Wirklich?< Und ich erwiderte: >Ja. Letzten Endes ja. Was immer das bedeuten mag, die Antwort ´Ja` kommt der Wahrheit näher als ´Nein`.“ [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hauptteil
- Philosophische Voraussetzungen
- Der ohnmächtig leidende Gott in Hans Jonas' „Der Gottesbegriff nach Auschwitz”
- Eine Reaktion aus christlicher Sicht: Eberhard Jüngels Antwort auf Jonas' Entwurf
- Gemeinsamkeiten und Differenzen des Gottesbegriffs bei Hans Jonas und Eberhard Jüngel
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert Hans Jonas' Versuch, den Gottesbegriff nach Auschwitz zu erklären und beleuchtet dabei die spezifischen Herausforderungen, die das Schweigen Gottes angesichts des Holocaust aufwirft.
- Der ohnmächtige leidende Gott in Jonas' Werk
- Philosophische Voraussetzungen und Kritik an der Theodizee
- Eberhard Jüngels Antwort auf Jonas' Entwurf aus christlicher Perspektive
- Gemeinsamkeiten und Differenzen in der Gottesvorstellung bei Jonas und Jüngel
- Der Einfluss von Jonas' Werk auf die aktuelle Debatte über den Gottesbegriff im Kontext des Leids
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt Hans Jonas und sein Werk „Der Gottesbegriff nach Auschwitz“ vor. Jonas' Motivation, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, wird im Kontext des Holocaust beleuchtet. Zudem wird Jonas' Verhältnis zum Judentum und sein philosophisches Verständnis beschrieben.
Hauptteil
1. Philosophische Voraussetzungen
Dieses Kapitel diskutiert die philosophischen Voraussetzungen, die Jonas' Gottesbegriff prägen. Dabei werden die Theodizee-Debatten von Epikur und Leibniz sowie Kants Kritik an diesen diskutiert.
2. Der ohnmächtig leidende Gott in Hans Jonas' „Der Gottesbegriff nach Auschwitz”
Dieser Abschnitt analysiert Jonas' Gottesbild im Kontext von Auschwitz. Es wird untersucht, wie Jonas die Frage des Leidens und des Schweigens Gottes im Angesicht des Holocaust angeht und welche Schlussfolgerungen er daraus zieht.
3. Eine Reaktion aus christlicher Sicht: Eberhard Jüngels Antwort auf Jonas' Entwurf
Das dritte Kapitel beleuchtet Eberhard Jüngels Antwort auf Jonas' Gottesbegriff. Es werden Jüngels Argumente und die Unterschiede zu Jonas' Position dargestellt.
Gemeinsamkeiten und Differenzen des Gottesbegriffs bei Hans Jonas und Eberhard Jüngel
Dieser Abschnitt vergleicht Jonas' und Jüngels Gottesvorstellungen, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufzuzeigen. Es wird eine kritische Analyse der beiden Positionen und ihrer Relevanz für das Verständnis des Gottesbegriffs nach Auschwitz präsentiert.
Schlüsselwörter
Die Hausarbeit beschäftigt sich mit den Themen Gottesbegriff, Theodizee, Auschwitz, Holocaust, Leid, Schweigen Gottes, Hans Jonas, Eberhard Jüngel, Philosophie, Religion, Judentum, Christentum.
- Quote paper
- Bernhard Riedl (Author), 2004, "Der Gottesbegriff nach Auschwitz". Hans Jonas´ Versuch, das Schweigen Gottes angesichts von Auschwitz zu erklären, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/61502